Normen
GewO 1994 §359b;
GewO 1994 §69a;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §81 Abs2 Z7;
GewO 1994 §359b;
GewO 1994 §69a;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §81 Abs2 Z7;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 1. Juli 1996 wurde gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 leg. cit. wahrzunehmenden Interessen für die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 2. August 1994 genehmigte Betriebsanlage ("Imbißstube") des Beschwerdeführers als weitere Auflage vorgeschrieben, daß in der Zeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr (Nachtzeit) der Betrieb dieser Anlage nicht zulässig sei. Die belangte Behörde ging bei dieser Entscheidung, gestützt auf das Gutachten eines lärmtechnischen und eines medizinischen Amtssachverständigen, in sachverhaltsmäßiger Hinsicht (zusammengefaßt) davon aus, daß durch von der in Rede stehenden Betriebsanlage ausgehende, von der Unterhaltung der Gäste, von Lachen, Schreien und Gläserklirren stammende Lärmimmissionen in einem benachbarten Wohnhaus die Gesundheit der Bewohner wegen des durch die Lärmimmissionen gestörten Schlafes gefährdet sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 zwischen 22.00 und 6.00 Uhr seine Imbißstube geschlossen halten zu müssen. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bekämpft der Beschwerdeführer die sachverhaltsmäßigen Annahmen der belangten Behörde als unrichtig.
Die Beschwerde erweist sich bereits aus folgenden Erwägungen als berechtigt:
Hinsichtlich der in Rede stehenden Betriebsanlage wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 2. August 1994 festgestellt, daß sie der Bestimmung des § 359b Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 entspricht. In diesem Bescheid wird die Betriebsanlage wie folgt beschrieben:
"Ein bestehender Büro- und Verkaufsraum mit 31,19 m2 soll zu einer Imibßstube und teilweise zu einer Blumenhandlung umgebaut werden. Der Raum liegt im Kellergeschoß eines altbestehenden Gebäudes auf Grundstück Nr. Bfl. 108 der KG. W.
Der Raum wird durch eine nicht bis zur Decke reichende Trennwand in zwei Bereiche geteilt und der südliche Teil soll als Blumenstüberl genützt werden. Von hier aus Richtung Westen ist auch das Arbeitnehmer-WC, bestehend aus einem Vorraum und einer Sitzzelle mit Waschgelegenheit im Vorraum untergebracht. Die Raumhöhe des Arbeitsraumes beträgt im Mittel 3 m, da es sich dabei um ein leichtes Gewölbe handelt. Die natürliche Belichtung erfolgt ausreichend über 3 Fenster und durch den Eingang, der im wesentlichen einen Glasverbau darstellt. Bis auf das südseitige Fenster sind alle Belichtungsflächen in Sichtglas ausgeführt, die 3 Fenster sind darüberhinaus dreh- und kippbar.
Die Tür ins Freie ist 1 m breit und schlägt in Fluchtrichtung auf. Im Bereich der Speisenzubereitung befinden sich zwei Getränkekühlschränke, ein Tiefkühlschrank, eine Doppelspüle mit Kalt- und Warmwasser, zwei elektrisch betriebene Friteusen, eine Gasgrillplatte sowie ein zweiflammiger Gasherd und ein Mikrowellenherd. Über der Kochstelle ist eine Dunstabzugshaube eingerichtet. Weiters gibt es noch 4 Kühlfächer. Das Kälteaggregat befindet sich unmittelbar daneben im Ausgabebereich. Beim Kältemittel handelt es sich um R 22, das Füllgewicht dürfte unter 1,5 kg liegen.
Vom 31 m2 großen Verabreichungsraum gelangt man weiters in nördlicher Richtung über drei Differenzstufen in einen ehemaligen Heizraum, der künftig als Lagerraum benützt werden wird mit ca. 14 m2. Dieser Raum wird einerseits als Getränkelagerraum, ohne Kühlmöglichkeit verwendet, andererseits auch als Müllagerraum für Restmüll und Plastikabfälle. Er besitzt einen eigenen Zugang von der M-Straße her und ist mit einer Falttür vom Verabreichungsraum abgetrennt.
Die Gasversorgung der gasbefeuerten Küchengeräte erfolgt aus dem Ferngasnetz.
Beheizt wird der Verabreichungsraum mittels elektrischer Fußbodenheizung.
Die Trinkwasserversorgung erfolgt über die öffentliche Wasserleitung, die Abwasserentsorgung durch das öffentliche Kanalnetz, Strom wird vom EVU W bezogen.
Abfallwirtschaftskonzept:
Der Betrieb hat die Abfallbesitzernummer nnn1 für Fritieröle. Diese werden von der Fa. S in M entsorgt. Verpackungsmaterial, Restmüll, Glas und Papier werden über die kommunalen Entsorgungseinrichtungen entsorgt.
Der Biomüll wird in der eigenen Landwirtschaft kompostiert bzw. an die Tiere verfüttert.
Die Betriebszeiten sollen laut Angabe der Vertreterin des Antragstellers täglich von 07.00 Uhr früh bis 22.00 Uhr betragen.
Im Betrieb soll ein Arbeitnehmer beschäftigt werden."
Die belangte Behörde vertritt in diesem Zusammenhang (durch Übernahme der diesbezüglichen Ausführungen im erstbehördlichen Bescheid) die Rechtsansicht, eine Bindung bei Betrieb der in Rede stehenden Betriebsanlage an die im Rahmen ihrer Beschreibung im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 2. August 1994 angeführten Betriebszeiten bestehe deshalb nicht, weil die Änderung der Betriebszeit einer gemäß § 359b GewO 1994 genehmigten Anlage für sich allein zufolge § 81 Abs. 2 Z. 7 leg. cit. nicht genehmigungspflichtig sei, da die Anlage lediglich durch die Erweiterung der Betriebszeit ihren Charakter als eine der dem § 359b leg. cit. unterliegenden Anlage nicht verliere. Diese Rechtsansicht vermag der Verwaltungsgerichtshof in dieser Allgemeinheit nicht zu teilen.
Gemäß § 359b Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353) ergibt, daß das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 300 m2 beträgt, die elektrische Anschlußleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 100 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, daß Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden, mit Bescheid diese Beschaffenheit der Anlage festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 leg. cit. wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage.
Gemäß § 81 Abs. 2 Z. 7 GewO 1994 sind Änderungen einer gemäß § 359b genehmigten Anlage, durch die die Anlage den Charakter einer dem § 359b unterliegenden Anlage nicht verliert, jedenfalls nicht genehmigungspflichtig. Wie sich aus dem Wortlaut des § 359b Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 zweifelsfrei ergibt, wird der Charakter einer Anlage nach dieser Gesetzesstelle nicht nur durch das Ausmaß der Betriebsflächen und die Anschlußleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte bestimmt, sondern auch durch die Erwartung, daß Gefährdungen und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden. Diese Erwartung hat "auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage" gegeben zu sein. Eine Betriebsanlage verliert daher den Charakter einer dem § 359b unterliegenden Anlage nicht nur dann, wenn die Betriebsflächen oder die elektrische Anschlußleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte über das im Gesetz genannte Ausmaß hinaus erweitert werden, sondern auch dann, wenn sie gegenüber der im Feststellungsbescheid nach § 359b GewO 1994 enthaltenen Beschreibung so geändert wird, daß die Erwartung, es würden Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden, nicht mehr gegeben ist.
Im konkreten Fall ergibt sich aus der Beschreibung der Betriebsanlage in dem nach § 359b Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ergangenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 2. August 1994, daß die Behörde bei Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 359b Abs. 1 Z. 2, also insbesondere auch bei der Annahme, es sei die dort genannte Erwartung gegeben, von einer Betriebszeit von 7.00 Uhr früh bis 22.00 Uhr ausging. Berücksichtigt man, daß nach dieser Beschreibung die als Imbißstube zu betreibende Betriebsanlage einen bloß 31 m2 großen Verabreichungsraum besitzt, von dem mangels entsprechender Feststellungen über die Existenz einer mechanischen Entlüftung anzunehmen ist, daß er nur über Türen und Fenster entlüftet werden kann, so kann mit Rücksicht auf ihre Lage im geschlossenen Ortsgebiet bei einer Ausdehnung der Betriebszeit über 22.00 Uhr hinaus nicht mehr davon ausgegangen werden, daß durch die bei geöffneten Fenstern und Türen ins Freie gelangenden Betriebsgeräusche (Unterhaltung, Lärmen, Schreien der Gäste sowie Manipulationen mit Flaschen und Geschirr) die Nachbarn nicht zumindest im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 belästigt würden. Bei dieser Sachlage bedeutet aber entsprechend der oben dargestellten Rechtslage eine Ausdehnung der Betriebszeit weit über 22.00 Uhr hinaus, daß die Betriebsanlage damit den Charakter einer solchen nach § 359b Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 verliert und damit - da der Ausnahmetatbestand des § 81 Abs. 2 Z. 7 leg. cit. nicht gegeben ist - eine derartige Änderung einer Genehmigung im Sinne des § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf.
Als Ergebnis dieser Überlegungen ist somit festzuhalten, daß die gegenständliche Betriebsanlage konsensgemäß lediglich unter Einhaltung einer Betriebszeit von 7.00 bis 22.00 Uhr betrieben werden darf. Damit erweist sich aber eine neuerliche, auf § 79 GewO 1994 gestützte gleichartige Beschränkung der Betriebszeit als zum Schutz der nach § 74 Abs. 2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen nicht als erforderlich.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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