Normen
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
Gemäß § 46 VwGG wird der antragstellenden Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1996, Zl. 96/04/0023-2, bewilligt. Der hg. Beschluß vom 23. April 1996, Zl. 96/04/0023-4, wird aufgehoben.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 15. Jänner 1996 erhob die Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 5. Dezember 1995, Zl. 314.080/5-III/A/2a/95, betreffend Verfahren gemäß § 81 GewO 1994. Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1996 wurde der Beschwerdeführerin die Beschwerde zur Verbesserung durch Bezeichnung der mitbeteiligten Parteien mit Namen und Anschriften und durch Vorlage so vieler Ausfertigungen der Beschwerde, daß für den Verwaltungsgerichtshof, die belangte Behörde und jede mitbeteiligte Partei eine Ausfertigung der Beschwerde zur Verfügung steht, binnen zwei Wochen, zurückgestellt. Innerhalb der gesetzten Frist legte die Beschwerdeführerin in zwei getrennten Sendungen die durch eine Liste mit 45 mitbeteiligten Parteien ergänzte Beschwerde in bloß 16-facher Ausfertigung neuerlich vor. Das Verfahren wurde daher mit hg. Beschluß vom 23. April 1996, Zl. 96/04/0023, mangels vollständiger Behebung der der Beschwerde anhaftenden Mängel wegen der damit gemäß § 34 Abs. 2 VwGG eingetretenen Fiktion der Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eingestellt.
Mit dem nun vorliegenden Antrag begehrt die Beschwerdeführerin, ihr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1996, Zl. 96/04/0023-2, zu bewilligen. Zur Begründung dieses Antrages wird im wesentlichen vorgebracht, der Vertreter der Beschwerdeführerin habe seinem Rechtsanwaltsanwärter, der sich bisher als verläßlicher Mitarbeiter erwiesen habe, den Auftrag erteilt, die Frage zu klären, ob es genügt, in Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages des Verwaltungsgerichtshofes nur so viele Beschwerdeausfertigungen vorzulegen, daß jeder im Verwaltungsverfahren als Vertreter mitbeteiligter Parteien aufgetretenen Person eine Ausfertigung zugestellt werden kann. Der Rechtsanwaltsanwärter habe Literatur studiert und auch Rücksprache im zuständigen Bundesministerium gehalten; er sei zu dem Ergebnis gekommen, daß zwar alle Personen, die auf den insgesamt drei Berufungen gegen den unterbehördlichen Bescheid angeführt seien, als mitbeteiligte Parteien aufzunehmen seien, eine Ausfertigung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde aber nur der jeweilige Vertreter für sämtliche von ihm vertretenen mitbeteiligten Parteien erhalten müsse, weil auch die Vorinstanzen nur diesen Vertretern zugestellt hätten. Die Aufforderung des Vertreters der Beschwerdeführerin, er solle sich am besten noch beim Verwaltungsgerichtshof erkundigen, wie viele Ausfertigungen zu übermitteln seien, habe der Rechtsanwaltsanwärter überhört. Der Rechtsanwaltsanwärter habe sein Ergebnis dem Vertreter der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dieser habe ihn noch gefragt, ob er auch angerufen habe. Der Rechtsanwaltsanwärter habe dies mit "Ja" beantwortet, weshalb der Vertreter der Beschwerdeführerin davon ausgegangen sei, daß diese Abklärung auch einen Anruf beim Verwaltungsgerichtshof umfaßt habe und habe deshalb nicht mehr näher danach gefragt. Da ihm diese Vorgangsweise auch plausibel erschienen sei, seien dann letztlich 13 zusätzliche Ausfertigungen der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht worden. Tatsächlich habe aber der Rechtsanwaltsanwärter die Frage seines Chefs, ob er angerufen habe, auf das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten bezogen, und nicht wie der Vertreter der Beschwerdeführerin auf den Verwaltungsgerichtshof. Der Vertreter der Beschwerdeführerin sei davon ausgegangen, daß die Abklärung umfassend und wie besprochen durchgeführt worden sei und habe deshalb keine Bedenken gehabt, daß die
13 Ausfertigungen der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde nicht ausreichend seien. Da bis dahin nie ein Problem bei der Ausführung von Anweisungen oder Aufgaben durch den Rechtsanwaltsanwärter aufgetreten seien, sondern dieser vielmehr äußerst gewissenhaft seine Agenden ausgeführt habe, habe für den Vertreter der Beschwerdeführerin keine Veranlassung bestanden, daran zu zweifeln, daß die Abklärung umfassend durchgeführt worden sei. Die genannten Umstände seien erst am 29. Mai 1996 durch die Zustellung des Einstellungsbeschlusses des Verwaltungsgerichtshofes hervorgekommen. Da hiemit ein Versehen geringen Verschuldensgrades vorliege und die Beschwerdeführerin durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis von der rechtzeitigen Erfüllung des Behebungsauftrages des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1996 abgehalten worden sei, gehe sie davon aus und hoffe, daß die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfüllt sei. Dies umsomehr, als bei Nichterledigung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde dieser für die Beschwerdeführerin bedeutsamen Angelegenheit große Probleme entstünden, die zu massiven Mehrkosten führten.
Der Verwaltungsgerichtshof erachtet dieses Vorbringen auf Grund der vorgelegten eidesstättigen Erklärung des Mag. G vom 30. Juni 1996 als ausreichend bescheinigt und legt diesen Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Ausgehend vom Vorbringen der Antragstellerin kann zusammenfassend festgehalten werden, daß die Versäumung der Frist infolge eines Rechtsirrtums geschehen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar bereits in seinem Beschluß vom 26. November 1980, Slg. N. F. Nr. 10.309/A, dargetan, daß mangelnde Rechtskenntnis oder ein Rechtsirrtum selbst bei einer anwaltlich nicht vertretenen Partei nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu werten sei, das die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bilden könnte. Der Verwaltungsgerichtshof ging dabei davon aus, daß es Aufgabe der Partei sei, sich über die Rechtslage ausreichend zu informieren. Im vorliegenden Fall hat aber der Vertreter der Antragstellerin durchaus den Versuch unternommen, durch Anfrage insbesondere beim Verwaltungsgerichtshof eine Klärung der zu lösenden Rechtsfrage herbeizuführen. Daß hiebei ein von der Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtshofes abweichendes Ergebnis zustande kam, beruht auf einem Mißverständnis zwischen dem Vertreter der Beschwerdeführerin und seinem Rechtsanwaltsanwärter über die Art der gepflogenen Nachforschungen. Soweit im Zustandekommen dieses Mißverständnisses überhaupt ein der Antragstellerin zuzurechnendes Verschulden ihres Vertreters erblickt werden kann, handelt es sich dabei jedenfalls um einen minderen Grad des Versehens im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles muß daher der dem Vertreter der Antragstellerin unterlaufene Rechtsirrtum als ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG gewertet werden, sodaß die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Gesetzesstelle für die Bewilligung der begehrten Wiedereinsetzung gegeben sind.
Dem Antrag war daher stattzugeben.
Da gemäß § 46 Abs. 5 VwGG durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung das Verfahren in die Lage zurücktritt, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat, war der hg. Beschluß vom 23. April 1996, mit welchem das hg. Verfahren Zl. 96/04/0023, infolge unterlassener Mängelbehebung eingestellt worden war, aufzuheben.
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