VwGH 96/03/0245

VwGH96/03/02459.10.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der B in K, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (nunmehr: Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst), vom 26. März 1996, Pr.Zl. 53.325/2-7/96, betreffend Parteistellung in einer Luftfahrtangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
LuftfahrtG 1958 §116;
LuftfahrtG 1958 §117;
LuftfahrtG 1958 §68;
LuftfahrtG 1958 §73 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §73 Abs3;
LuftfahrtG 1958 §78 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §79 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §79 Abs2;
AVG §8;
LuftfahrtG 1958 §116;
LuftfahrtG 1958 §117;
LuftfahrtG 1958 §68;
LuftfahrtG 1958 §73 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §73 Abs3;
LuftfahrtG 1958 §78 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §79 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §79 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der Parteistellung im Verwaltungsverfahren betreffend den Antrag der H-Hubschraubertransporte GmbH auf Erteilung einer Vermietungsbewilligung gemäß § 116 des Luftfahrtgesetzes (LFG), LGBl. Nr. 253/1957, zurückgewiesen. Nach der Begründung habe die Beschwerdeführerin ihr Begehren damit begründet, daß durch den Betrieb des Hubschraubers ein zusätzlicher Lärm auf dem Flugplatz V entstehe und somit eine erhöhte Lärmimmission auf die an den Flugplatz angrenzenden Grundstücke der Beschwerdeführerin verursacht werde. Dem komme jedoch keine Berechtigung zu, weil im Verfahren zur Erteilung einer Vermietungsbewilligung für Zivilluftfahrzeuge außer dem Antragsteller niemand Parteistellung habe.

Mit Beschluß vom 11. Juni 1996, B 1551/96, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:

Die hier maßgebenden Bestimmungen des LFG lauten:

"§ 116. Vermietungsbewilligung

(1) Zur gewerbsmäßigen Vermietung von Zivilluftfahrzeugen ist eine Bewilligung des Landeshauptmannes erforderlich (Vermietungsbewilligung).

(2) Zivilluftfahrzeuge dürfen nur an Personen vermietet werden, die den zur Führung des betreffenden Luftfahrzeuges erforderlichen Zivilluftfahrerschein besitzen.

§ 117. Voraussetzungen für die Erteilung derVermietungsbewilligung

(1) Die Vermietungsbewilligung ist zu erteilen, wenn

a) der Antragsteller die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, verläßlich, fachlich geeignet und Halter (§ 13) der zu vermietenden Luftfahrzeuge ist,

b) die Sicherheit des Betriebes gewährleistet und ein Bedarf vorhanden ist.

(2) Vor Erteilung der Vermietungsbewilligung ist der zuständigen Kammer der gewerblichen Wirtschaft sowie der Gemeinde, in deren örtlichem Wirkungsbereich das Luftfahrzeug-Vermietungsunternehmen betrieben werden soll, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Die Vermietungsbewilligung ist insoweit bedingt, befristet oder mit Auflagen zu erteilen, als dies im Interesse der Verkehrssicherheit geboten erscheint."

Nach § 8 AVG sind Parteien eines Verwaltungsverfahrens Personen, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind. Der Rechtsanspruch oder das rechtliche Interesse im Sinne des § 8 AVG kann nur aus der Wirksamkeit erschlossen werden, die die den Einzelfall regelnde materielle Norm auf den interessierten Personenkreis entfaltet, es sei denn, daß der Gesetzgeber die Parteistellung ausdrücklich bestimmt und damit die Prüfung des Falles auf die Grundsätze des § 8 AVG entbehrlich macht. Die Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren bestimmt sich demnach nach den in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften. Es kommt darauf an, ob diese Vorschriften dem einzelnen eine Berechtigung einräumen. Bloß wirtschaftliche Interessen, die durch keine Rechtsvorschriften zu rechtlichen Interessen erhoben werden, begründen keine Parteistellung im Verwaltungsverfahren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 94/03/0077).

Auf dem Boden dieser Rechtsprechung ist der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig. Die angeführten Verwaltungsvorschriften, die die Voraussetzung für die Erteilung einer Vermietungsbewilligung regeln, sehen nämlich nicht vor, daß bei der Erteilung dieser Bewilligung die Interessen von Flugplatzanrainern zu berücksichtigen wären. Diesen räumt das Gesetz somit keine subjektiven Rechte und daher auch keinen Rechtsanspruch und kein rechtliches Interesse in bezug auf die Vermietungsbewilligung ein. Sie haben deshalb in dem betreffenden Verwaltungsverfahren keine Parteistellung.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, daß "Anrainern im weiteren Sinn" in jedem Fall "im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung und vor allem auch deshalb, weil sie auf Grund der Bestimmungen der §§ 364ff ABGB auch in ihren unmittelbaren Rechten durch Genehmigungsbescheide nach dem LFG beeinträchtigt sind," Parteirechte zukämen, ist entgegenzuhalten, daß nicht jede Wirkung einer Entscheidung auf ein Rechtsverhältnis zu einer anderen Person die Angelegenheit schon mit zu deren Sache macht und ihr damit Parteistellung vermittelt (vgl. das bereits im Ablehnungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes zitierte Erkenntnis dieses Gerichtshofes vom 13. Dezember 1988, VfSlg. 11934). Insbesondere ist nicht zu erkennen, daß die Erteilung einer Vermietungsbewilligung unmittelbar die Privatrechte eines Dritten zu beeinträchtigen geeignet sein könnte. Wenn die Beschwerdeführerin dazu ins Treffen führt, daß an ihrem rechtlichen Interesse im Sinne des § 8 AVG kein Zweifel bestehen könne, "da gemäß § 364a ABGB eine entsprechende Betriebsbewilligung nach dem Luftfahrtgesetz eine zivilrechtliche Unterlassungsklage wegen übermäßiger Lärmbelästigung der Anrainer ausschließt", geht dies schon deshalb fehl, weil es sich im vorliegenden Fall nicht um eine "Betriebsbewilligung", sondern um eine Vermietungsbewilligung handelt. Im übrigen sei auf die hg. Rechtsprechung hingewiesen, wonach Personen, die nicht Eigentümer von innerhalb der Flugplatzgrenzen gelegenen Grundstücken sind, weder im Verfahren betreffend die Zivilflugplatzbewilligung noch im Betriebsaufnahmebewilligungsverfahren noch im Genehmigungsverfahren nach den §§ 78, 79 LFG Parteistellung zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1996, Zl. 95/03/0085).

Soweit die Beschwerdeführerin ein rechtliches Interesse aus der durch die Bewilligung der Vermietung eines Hubschraubers am Standort Flugplatz V zu erwartenden Beeinträchtigung der Umwelt abzuleiten versucht, ist sie neuerlich darauf zu verweisen, daß Interessen von Grundstückseigentümern an der Hintanhaltung derartiger Beeinträchtigungen vom Gesetz nicht zu rechtlichen Interessen erhoben wurden.

Ob der Gesetzgeber "heute bei Neugestaltung des LFG auch Anrainerrechte als Parteirechte berücksichtigt hätte", ist für die auf der Grundlage der derzeit geltenden Rechtslage zu treffende Entscheidung ohne Bedeutung.

Wenn die Beschwerdeführerin schließlich eine "Verletzung allgemeiner Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, insbesondere der im Gemeinschaftsrecht enthaltenen Verfahrensgarantien" geltend macht, ist ihr zwar einzuräumen, daß zum Gemeinschaftsrecht der EU auch allgemeine Rechtsgrundsätze einschließlich der Grundrechte gehören (vgl. Thun-Hohenstein - Cede, Europarecht2 74 ff); das Gebot zur Wahrung der Grundrechte des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens vermag jedoch für sich allein nicht jedem, der meint, von einer behördlichen Entscheidung "betroffen" zu sein, Parteistellung im jeweiligen Verfahren zu verschaffen. Da die Beschwerdeführerin - abgesehen von der Berufung auf die erwähnten allgemeinen Grundsätze - keine Grundlagen im Gemeinschaftsrecht für die von ihr in Anspruch genommene Parteistellung aufzuzeigen vermag, sieht der Verwaltungsgerichtshof auch keine Veranlassung, beim EuGH ein Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 177 EGV einzuleiten.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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