VwGH 96/03/0088

VwGH96/03/008818.3.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde der Schießanlagen Zangtal Gesellschaft m.b.H. in Köflach, vertreten durch Kaan, Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in Graz, Kalchberggasse 1, gegen den der Beschwerdeführerin am 6. März 1996 zugestellten Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung ohne Datum, Zl. 11-22 Z 2-1996, betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 84 Abs. 3 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
StVO 1960 §84 Abs3;
AVG §37;
StVO 1960 §84 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark ist schuldig, der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 24. April 1995 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Anbringung von Hinweistafeln für ihre "Schießsportarena Zangtal" und begründete dies im wesentlichen damit, daß sie Hinweisschilder auf ihre Anlage an der B 70 bei der nächstmöglichen Ausfahrt vor dem Unterflurabschnitt der Umfahrung als unbedingt notwendig erachte, um auch Anreisende aus Richtung Köflach/Pack bei dieser Ausfahrt Richtung Schießanlage lotsen zu können. Die Hinweisschilder sollten für beide Fahrtrichtungen angebracht werden und mit der Aufschrift "Schießsportarena Zangtal" und einem entsprechenden Richtungspfeil versehen werden. Im Zuge des Verfahrens legte die Beschwerdeführerin Muster für die Hinweisschilder vor, die im wesentlichen die Aufschrift "Zangtal Schieß-Sportarena" und zwei stilisierte Schießscheiben aufweisen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 12. Jänner 1996 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 84 Abs. 3 in Verbindung mit § 94 b lit. b StVO 1960 abgewiesen.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen.

Mit der vorliegenden Beschwerde, beantragt die Beschwerdeführerin die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrem als "Gegenschrift" bezeichneten Schriftsatz vom 26. September 1996 die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Erstbescheid, dessen Feststellungen die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausdrücklich übernommen hat, ging davon aus, daß der beantragte Standort der Ankündigung außerhalb eines Ortsgebietes in einer Entfernung von weniger als 100 m von der Bundesstraße liege. Die Zufahrt zu den Schießanlagen im Zangtal erfolge von der alten Bundesstraße (Grazer Vorstadt) im Ortsgebiet von Voitsberg entweder über die Margaretengasse oder über die Neuzufahrt im Bereich des Wohnhauses Grazer Vorstadt 21. Der Begriff "Zangtal" scheine zwischen Graz und diesen beiden Zufahrten nirgends auf, sodaß sich die zukünftigen Besucher der Schießanlagen an "Voitsberg" orientieren müßten, um den Schießplatz aufzufinden. Am Kremserberg im Bereich der Gabelung der Autostraße und der alten Bundesstraße 70 scheine die Wegweisung nach Voitsberg nur über die alte Bundesstraße auf, sodaß sich Ortsfremde an dieser Wegweisung orientieren würden und keinen Grund fänden, auf der Autostraße bis zur Kreuzung Zangtal weiterzufahren, um zum Schießplatz Zangtal zu gelangen. Die Wegweisung aus Richtung Köflach erfolge bei der Kreuzung "Rosental" nach Voitsberg ebenfalls über die alte Bundesstraße, sodaß für Ortsfremde auch hier kein Grund bestehe, auf der B 70 (Autostraße) bis zur Kreuzung Arnstein weiterzufahren, um zum Schießplatz zu gelangen. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß es eine Voraussetzung der Erteilung der Ausnahmebewilligung für die Ankündigung sei, daß diese zumindest im erheblichen Interesse der in Betracht kommenden Straßenbenützer liege und dieses Interesse nicht bloß in untypischen Einzelfällen gegeben sei. Diese Voraussetzung werde durch den von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Zweck, potentielle Kunden ihrer Schießanlage zuzuführen, nicht erfüllt.

Die Beschwerdeführerin wendet dagegen im wesentlichen ein, daß es sich hier nicht um "untypische Einzelfälle" handle, sondern daß insgesamt vier Abfahrten von der Umfahrungsstraße in das Stadtgebiet von Voitsberg gegeben seien und es evident sei, "daß es im Interesse sämtlicher Straßenbenützer und nicht nur derjenigen ist, die die Schießstätte aufsuchen, daß diese häufig ortsunkundigen Besucher auf dem schnellsten Weg zu der außerhalb des Stadtgebietes gelegenen Schießstätte gelangen und nicht zunächst in das Gemeindegebiet von Voitsberg fahren und dort den Verkehr durch Suchen beeinträchtigen". Hinzukomme, daß die beantragte Hinweistafel lediglich als Standortbezeichnung diene und ihr kein Werbecharakter zukomme. Eine derartige Freizeiteinrichtung, wie die Schieß-Sportarena Zangtal, liege im öffentlichen Interesse, weil sie einzigartig in Österreich sei und im Gegensatz zu anderen Freizeiteinrichtungen nirgends sonstwo in dieser Form angeboten werde. Es sei erforderlich, "potentiellen Interessenten einen Hinweis" auf den außerhalb des Stadtgebietes gelegenen Bereich der Schießstätte zu geben. Zudem hätten ein Vertreter des GPK Voitsberg und auch der Vertreter der Stadtgemeinde die Hinweistafel befürwortet. Die "optimale Vermarktung" der Anlage liege in der Interessensphäre aller gewerbebetreibenden Betriebe dieser Region, sie werde von in- und ausländischen Freunden des Schießsports besucht und sei Ziel verschiedener Veranstaltungen. Beim Schießen im weiteren Sinn handle es sich um einen Sportzweig, der nicht nur dem Vergnügen und der Ertüchtigung diene, sondern unerläßlicher Teil des Bildungswesens einer Reihe von Berufen des öffentlich-rechtlichen Bereiches (Gendarmerie, Polizei, Zollwache etc.) sei. Dies habe die belangte Behörde nicht berücksichtigt und habe im übrigen der Beschwerdeführerin nicht hinreichend Parteiengehör gewährt.

Gemäß § 84 Abs. 2 StVO 1960 sind außer den in Abs. 1 dieser Gesetzestelle angeführten Fällen (diese liegen gegenständlich nicht vor) außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Gemäß § 84 Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde Ausnahme von dem in Abs. 2 enthaltenen Verbot zu bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist.

Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO 1960 ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß nicht bloß ein Interesse allgemeiner Natur an der Art der in der Ankündigung enthaltenen Information, sondern ein solches an der konkreten Information besteht. Es rechtfertigt nicht jedes Interesse der Straßenbenützer eine Ausnahmegenehmigung, sondern das Interesse muß zumindest erheblich sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1995, Zl. 94/03/0275, mit weiterem Judikaturhinweis). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß es zwar nicht erforderlich ist, daß die Ankündigung im Interesse sämtlicher Straßenbenützer liege, die Ausnahmebewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO 1960 ist aber dann nicht zu erteilen, wenn die Ankündigung lediglich die speziellen Bedürfnisse einzelner Straßenbenützer anzusprechen geeignet ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1994, Zl. 92/03/0272, mit weiterem Judikaturhinweis).

Die belangte Behörde hat dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, es handle sich bei der gegenständlichen Anlage um eine bedeutende, überregionale Sportanlage, die von Kunden aus dem Inland und Ausland besucht werde, nicht die erforderliche Bedeutung beigemessen.

Auf Grund der Gesetzesmaterialien zu § 84 Abs. 3 StVO 1960 idF BGBl. 1964/101 (RV 97 Blg. Nr X. GP) sollen im Hinblick auf den zunehmenden Fremdenverkehr unter der Voraussetzung, daß eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist, auch für Ankündigungen Ausnahmen bewilligt werden dürfen, die zwar nicht einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dienen, aber doch für sie von erheblichem Interesse sind, wie z.B. Hinweise ohne Reklamecharakter auf Fremdenverkehrseinrichtungen (u.a., vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 27. April 1994, Zl. 92/03/0272, mit weiterem Hinweis).

Die diesbezüglichen Behauptungen der Beschwerdeführerin können nur so verstanden werden, daß sie damit auch geltend macht, es handle sich um eine derartige Fremdenverkehrseinrichtung. Es darf nicht verkannt werden, daß auch große Sportstätten für den Fremdenverkehr als Anziehungspunkt von ausübenden Sportlern und auch allfälligen Zusehern bzw. Gästen von über den lokalen Bereich hinausgehender Bedeutung sein können, daher für einen Hinweis auf eine derartige Anlage zu deren leichterer Auffindbarkeit ein "erhebliches Interesse" für die Straßenbenützer bestehen kann. Ob dies auch für den vorgesehenen Aufstellungsort gilt, kann nicht geprüft werden, weil die belangte Behörde die Prüfung der aufgezeigten Umstände unterlassen hat.

Da somit der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 begründet. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft überhöht verzeichneten Stempelgebührenaufwand.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte