VwGH 95/21/1103

VwGH95/21/110326.11.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, in der Beschwerdesache des am 14. April 1976 geborenen I in Linz, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr, Rechtsanwalt in 4010 Linz, Marienstraße 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 13. Juli 1995, Zl. St 200/95, betreffend Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 FrG, den Beschluss gefasst:

Normen

Aufenthaltsrecht Kosovo-Albaner Nov 1999/II/461 §2 idF 1999/II/133;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §29;
FrG 1993 §54 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;
Aufenthaltsrecht Kosovo-Albaner Nov 1999/II/461 §2 idF 1999/II/133;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §18;
FrG 1993 §29;
FrG 1993 §54 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 13. Juli 1995 wurde auf Grund eines im Verfahren betreffend die Ausweisung der beschwerdeführenden Partei gestellten Antrages gemäß § 54 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, festgestellt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger der Bundesrepublik Jugoslawien, in diesem Staat gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei. Seine Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien sei somit zulässig.

Der Beschwerdeführer hatte im Wesentlichen vorgebracht, bei ihm zu Hause wäre dreimal nach Waffen gesucht worden, wobei sein Vater und er selbst verprügelt worden wären, und er habe Angst vor einer Einberufung zum Militärdienst - es würden viele Kosovo-Albaner an die Front nach Bosnien geschickt, um dort zu sterben. Die belangte Behörde führte aus, eine Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG habe nicht festgestellt werden können, weil die Waffensuche der allgemeinen Kriminalitätsbekämpfung zuzurechnen sei und die Befürchtung des Beschwerdeführers, an die bosnische Front geschickt zu werden, angesichts des bekannten Umstands unbegründet sei, dass Albaner aus dem Kosovo kaum mehr einberufen würden, da die Armeeführung damit rechne, dass sie im Falle eines Einsatzes ohnehin desertierten oder gar auf ihre (nicht albanischen) Vorgesetzten schießen würden, und Einheiten der Armee der Bundesrepublik Jugoslawien nicht mehr in Kriegshandlungen außerhalb der Grenzen ihres Heimatlandes verwickelt seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete keine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Nach der Aktenlage wurde die beschwerdeführende Partei mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 26. Mai 1995 gemäß § 17 Abs. 1 FrG ausgewiesen.

Mit Verfügung vom 23. September 1999 teilte der Verwaltungsgerichtshof den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit, er gehe nach dem Inhalt der Beschwerde und der Verwaltungsakten vorläufig davon aus, dass die beschwerdeführende Partei im Sinn der Verordnung der Bundesregierung vom 27. April 1999, BGBl. II Nr. 133, der Volksgruppe der Kosovo-Albaner angehöre, vor dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet eingereist sei und infolge des bewaffneten Konfliktes derzeit nicht in ihre Heimat zurückkehren könne. Den Parteien wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen zweier Wochen zu dieser Annahme Stellung zu nehmen und allenfalls bekannt zu geben, ob die beschwerdeführende Partei anderweitig Schutz vor Verfolgung finden könne; diese wurde weiters aufgefordert, anzugeben, ob und bejahendenfalls in welchen subjektiven Rechten sie sich durch den angefochtenen Bescheid (noch) als verletzt erachte.

Die beschwerdeführende Partei und die belangte Behörde sahen von der Erstattung einer Stellungnahme ab und ließen die gesetzte Frist ungenutzt verstreichen.

Gemäß § 2 des am 28. April 1999 in Kraft getretenen Art. I der auf Grundlage der §§ 18 und 29 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75, erlassenen Verordnung der Bundesregierung, BGBl. II Nr. 133, mit der das Aufenthaltsrecht kriegsvertriebener Kosovo-Albaner geregelt und die Niederlassungsverordnung 1999 geändert wird, kommt Staatsangehörigen der Bundesrepublik Jugoslawien, die glaubhaft machen, Kosovo-Albaner zu sein, sowie deren Ehegatten und minderjährigen Kindern, die vor dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet eingereist sind, infolge des bewaffneten Konfliktes derzeit nicht in ihre Heimat zurückkehren und anderweitig keinen Schutz vor Verfolgung finden können, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu. Dies gilt nicht für Fremde, die sonst ein Aufenthaltsrecht haben.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens lassen keinen Zweifel daran erkennen, dass eine nachträgliche Legalisierung des Aufenthalts der beschwerdeführenden Partei eingetreten ist.

In Fällen, in denen die behauptete Rechtsverletzung im Sinn des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG nicht mehr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Verfahren wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 27. Juni 1990, Slg. Nr. 13.239/A, vom 1. Juli 1998, Zlen. 97/09/0095, 0110, und vom 9. September 1999, Zl. 97/21/0578).

Im vorliegenden Fall hat die Einräumung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts nach Art. I § 2 der genannten Verordnung der Bundesregierung zur Legalisierung des Aufenthalts der beschwerdeführenden Partei und damit zur Gegenstandslosigkeit der gegen sie verhängten Ausweisung geführt. Damit steht der beschwerdeführenden Partei auch keine Abschiebung mehr bevor (vgl. die hg. Beschlüsse vom 13. November 1997, Zlen. 96/18/0139, 0140, und vom 27. November 1998, Zl. 95/21/0983, auf die gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird). Daher ist auch ihr rechtliches Interesse hinsichtlich der Erledigung der Beschwerde gegen den angefochtenen, mit der Gegenstandslosigkeit der Ausweisung ebenfalls wirkungslos gewordenen Bescheid betreffend die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien nachträglich weggefallen.

Da der angefochtene Bescheid die beschwerdeführende Partei mit seinem Ausspruch betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien sohin nicht mehr in ihrer Rechtssphäre belastet, war die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Senat - als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Im vorliegenden Fall wäre der Beschwerde aus folgenden Gründen kein Erfolg beschieden gewesen: Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren behaupteten Hausdurchsuchungen sowie auch seiner Aussage, er sei dabei von der Polizei verprügelt worden, war die belangte Behörde - die dieses Vorbringen nicht als unglaubwürdig qualifizierte - angesichts der mangelnden Konkretisierung der Intensität dieser Maßnahmen nicht gehalten, daraus die Gefahr einer Gefährdung oder Bedrohung im Sinn des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG abzuleiten; auch wäre ihre Annahme, ihm drohe im Zusammenhang mit einer Einberufung zum Militärdienst deswegen keine Gefährdung im Sinn des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG, weil Einheiten der jugoslawischen Armee im bosnischen Krieg nicht mehr eingesetzt würden, nicht als rechtswidrig zu qualifizieren gewesen, hat doch der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht dargelegt, dass seine Einberufung oder eine unterschiedliche Behandlung während des Militärdienstes aus einem der in § 1 Z. 1 des Asylgesetzes 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) genannten Gründe erfolgt wäre oder dem Beschwerdeführer aus solchen Gründen - im Vergleich zu anderen Staatsangehörigen - schärfere Sanktionen drohten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 10. September 1997, Zl. 97/21/0472).

Wien, am 26. November 1999

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