VwGH 95/21/1060

VwGH95/21/106022.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des A in P, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 5. September 1995, Zl. Fr 1921/95, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 FrG ein Aufenthaltsverbot bis 4. April 2000 erlassen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer am 4. August 1991 in das Bundesgebiet eingereist sei. Damals habe für türkische Staatsangehörige prinzipiell Sichtvermerkspflicht bestanden. Zur Erlangung eines Sichtvermerkes sei ein Antrag bei der Vertretungsbehörde zu stellen, in dem die Daten zur Person sowie der Zweck und die Dauer des Aufenthaltes anzuführen seien. Dieser Antrag sei vom Antragsteller zu unterfertigen. Von der österreichischen Vertretungsbehörde in Ankara sei dem Beschwerdeführer am 29. Juli 1991 ein bis 29. August 1991 befristeter Sichtvermerk für den Besuch seines Neffen erteilt worden. Der Beschwerdeführer habe nach seiner Einreise zwar seinen Neffen besucht, sei jedoch in weiterer Folge über den beantragten Zeitraum hinaus im Bundesgebiet verblieben, habe eine österreichische Staatsangehörige geheiratet und sei in weiterer Folge einer Beschäftigung nachgegangen. Nach Ansicht der belangten Behörde seien sowohl falsche Angaben über den Zweck als auch über die Dauer des Aufenthaltes gemacht worden, zumal der Besuch des Beschwerdeführers bei seinem Neffen offensichtlich nur dazu gedient habe, in das Bundesgebiet einzureisen und auch künftighin in Österreich zu bleiben und einer Beschäftigung nachzugehen.

Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG sei daher verwirklicht.

Am 6. November 1991 habe der Beschwerdeführer eine namentlich genannte österreichische Staatsangehörige geheiratet. Zu diesem Zeitpunkt habe er über keinen Sichtvermerk verfügt und sei auch keiner Beschäftigung nachgegangen. Am 23. Dezember 1991 habe der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Baden einen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes eingebracht. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 25. Februar 1992 sei ihm zur Kenntnis gebracht worden, daß beabsichtigt sei, diesen Antrag abzuweisen. Der Beschwerdeführer habe sich daraufhin am 4. März 1992 vom Zuständigkeitsbereich der Bezirkshauptmannschaft Baden abgemeldet und sei nach Wien verzogen. Am 11. März 1992 habe er bei der Bundespolizeidirektion Wien unter Vorlage einer Lohnbestätigung, des Befreiungsscheines und der Heiratsurkunde die Erteilung eines Sichtvermerkes beantragt. Der Beschwerdeführer sei von der Bundespolizeidirektion Wien wegen des rechtswidrigen Aufenthaltes gemäß § 14b Z. 4 Fremdenpolizeigesetz bestraft worden. Es sei der Erstbehörde zu folgen, daß der Beschwerdeführer die Ehe mit der österreichischen Staatsangehörigen nur deswegen geschlossen habe, um in den Besitz eines Befreiungsscheines und einer Aufenthaltsberechtigung zu gelangen. Der Beschwerdeführer habe nach kurzer Bekanntschaft die österreichische Staatsangehörige geheiratet und es habe nur kurzfristig ein gemeinsamer Wohnsitz bestanden. Die Ehe sei am 20. April 1992 einvernehmlich geschieden worden. Die geschiedene Gattin des Beschwerdeführers habe bei ihrer Einvernahme angegeben, daß sie den Beschwerdeführer in einem Lokal kennengelernt habe. Zu dieser Zeit habe der Beschwerdeführer in P gewohnt und angeblich dort auch gearbeitet. Er habe ihr gegenüber gelegentlich erwähnt, daß in der Türkei seine geschiedene Gattin und zwei Kinder leben würden. Der Beschwerdeführer habe seine geschiedene Gattin - die österreichische Staatsangehörige - um die Heirat ersucht, weil er in Österreich habe bleiben wollen und sich auch hier eine Existenz habe aufbauen wollen. Die Gattin habe eingewilligt. Der Beschwerdeführer habe sie auch an seiner Adresse in Wien polizeilich angemeldet. In dieser Wohnung hätten bereits vier weitere Gastarbeiter gewohnt, daher sei sie dort nicht eingezogen. Der Beschwerdeführer habe während eines Krankenstandes im Jänner 1992 bei ihr gewohnt. In weiterer Folge sei das Zusammentreffen seltener geworden. Außer den Kosten für die Hochzeit und einer Kostgeldübergabe während des Jänner 1992 sei es zu keiner Geld- bzw. Sachzuwendung durch den Beschwerdeführer an seine geschiedene Gattin gekommen. Das Verhalten, die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nur deswegen geschlossen zu haben, um sich eine Aufenthaltsberechtigung und einen Befreiungsschein zu verschaffen, rechtfertige die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme.

Der Beschwerdeführer halte sich seit August 1991 im Bundesgebiet auf und gehe einer Beschäftigung nach. Die ihm zuletzt erteilte Aufenthaltsberechtigung sei am 10. September 1994 abgelaufen. Ein rechtzeitig gestellter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei noch nicht erledigt worden.

Durch das Verhalten des Beschwerdeführers würden jene Bestimmungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt und den Aufenthalt im Bundesgebiet regeln, gröblichst mißachtet. Die aufgrund des bisherigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers geschaffenen Tatsachen könnten nicht entscheidend zu seinen Gunsten gewertet werden. Aufgrund der Aufenthaltsdauer sei auch noch von keiner fortgeschrittenen Integration auszugehen. Die belangte Behörde sei daher der Auffassung, daß bei Abwägung der für und gegen ein Aufenthaltsverbot sprechenden öffentlichen und privaten Interessen die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Hinblick auf den von der belangten Behörde festgestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt, gegen dessen Richtigkeit in der Beschwerde nichts vorgebracht wird, stößt es auf keine Bedenken, wenn die belangte Behörde den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG als verwirklicht angesehen und auch darauf die Annahme gegründet hat, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die öffentliche Ordnung gefährde. Mit Rücksicht auf das gewichtige öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen war das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier zum Schutz der öffentlichen Ordnung) dringend geboten und das Aufenthaltsverbot daher im Grunde des § 19 FrG zulässig (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0104, und vom 8. Juli 1993, Zl. 93/18/0129).

Auch gegen die von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung bringt die Beschwerde nichts vor. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die Richtigkeit dieses Ergebnisses keine Bedenken.

Der Beschwerdeführer wendet sich ausschließlich gegen die Annahme der belangten Behörde, es sei von einer Scheinehe auszugehen. Zusammenfassend - so die Beschwerde - könne in einem Fall, in dem kein Urteil gemäß § 23 Ehegesetz vorliege, von einer Scheinehe nicht gesprochen werden.

Auf dieses - an dem entscheidungswesentlichen Sachverhalt und der darauf gründenden rechtlichen Beurteilung völlig vorbeigehende - Vorbringen ist mangels Relevanz nicht einzugehen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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