Normen
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (belangte Behörde) vom 29. März 1995, mit welchem gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes (FrG) gegen den Beschwerdeführer die Ausweisung verfügt worden ist. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß sich der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, seit Ablauf der Gültigkeitsdauer eines bis zum 6. Dezember 1994 befristeten Touristensichtvermerkes unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Ein Touristensichtvermerk sei auf Grund des Versagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG im Inland nicht verlängerbar. Der Beschwerdeführer habe auch bei der österreichischen Botschaft in Ankara einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung eingebracht. Die Entscheidung über diesen Antrag müsse er aber im Ausland abwarten. Der unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet verstoße gegen den Notenwechsel zwischen der österreichischen Gesandtschaft in der Türkei und dem türkischen Außenministerium über Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 194/1955 und stelle auch eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit dar. Ein geordnetes Fremdenwesen sei für den österreichischen Staat von eminentem Interesse, "dies umsomehr in einer Zeit, in der, wie in jüngster Vergangenheit unübersehbar geworden, der Zuwanderungsdruck kontinuierlich zunimmt". Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen komme daher aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Die Ehefrau des Beschwerdeführers sowie deren Eltern lebten im Bundesgebiet. Die gegen den Beschwerdeführer verfügte Ausweisung bewirke daher einen vorübergehenden Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers. Dieser Eingriff sei jedoch gemäß § 19 FrG gerechtfertigt, weil die öffentliche Ordnung schwerwiegend beeinträchtigt werde, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begäben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen.
2. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen, zunächst an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluß vom 13. Juni 1995, B 1511/95-3 ab und trat sie gemäß Abs. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In ihr werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Verwaltungsgerichtshof hat über sie erwogen:
3. Der Beschwerdeführer hält die Auffassung der belangten Behörde für unrichtig, daß er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und den Ausgang des Verfahrens über seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung im Ausland abwarten müsse. In diesem Fall könne er "keinesfalls mit dem gleichen Einsatz und den gleichen Möglichkeiten seinen Fall betreiben und erledigen", zumal "in kurzer Zeit eigenes Vorbringen oder von der Behörde gefordertes Vorbringen zu erstatten" sei, eine Fristversäumnis gelte als Zurückziehung. Einer derartigen Gefahr könne er sich jedoch nicht aussetzen.
Mit dieser Argumentation verkennt die Beschwerde die Rechtslage. Selbst wenn nämlich zuträfe, daß der Beschwerdeführer seinen Fall im Inland besser "betreiben und erledigen" kann, vermöchte dies ihm keine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet zu verschaffen. Darüberhinaus vermag nicht einmal die Beschwerde einen Grund anzugeben, weshalb der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ein rechtmäßiger sei. Der Verwaltungsgerichtshof hegt daher gegen die Anwendung des § 17 Abs. 1 FrG, wonach Fremde mit Bescheid auszuweisen sind, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, keine Bedenken.
4. Der Beschwerdeführer hält weiters für rechtswidrig, daß die belangte Behörde nicht berücksichtigt habe, daß er in Österreich verheiratet sei und es sich hiebei nicht um eine Scheinehe handle. Es sei für ihn unverständlich, weshalb die Behörde zum Ergebnis gelangt sei, daß "die Nichtanwendung des § 19 FrG zur Erreichung von anderen gesetzlichen Zielen "dringend geboten ist"".
Auch dieses Beschwerdevorbringen ist nicht berechtigt. Gemäß § 19 FrG ist eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 leg. cit. nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist. Der belangten Behörde kann im vorliegenden Fall kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie davon ausging, daß die gegen den Beschwerdeführer verfügte Ausweisung zwar einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben bewirkt, daß dieser Eingriff aber zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Bereiche der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften dringend geboten ist. Für diese Beurteilung ist zwar nicht von ausschlaggebender Bedeutung, ob - wie die Behörde ausführt - in jüngster Vergangenheit der "Zuwanderungsdruck" unübersehbarerweise kontinuierlich zunehme. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht aber ein erhebliches öffentliches Interesse daran, daß Fremde, die nach Österreich einwandern wollen, die dabei zu beachtenden Vorschriften einhalten. Die öffentliche Ordnung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK wird erheblich beeinträchtigt, wenn sich einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, unerlaubt nach Österreich begeben. Die Ausweisung ist in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhielte (vgl. etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0310, und vom 28. April 1995, Zl. 94/18/0890).
5. Soweit die Beschwerde der belangten Behörde vorwirft, sie hätte die aufrechte Ehe, den rechtmäßigen Aufenthalt der Ehegattin des Beschwerdeführers und deren Eltern im Bundesgebiet erörtern und diesbezüglich allenfalls amtswegige Nachforschungen anstellen müssen, ist dies deswegen nicht stichhältig, weil die belangte Behörde diesen Sachverhalt ohnehin als gegeben erachtet hat und die Beschwerde nicht aufzeigt, welches andere, für den Beschwerdeführer günstigere Ergebnis zusätzliche Ermittlungen der Behörde erbracht hätten.
6. Schon der Inhalt der Beschwerde läßt erkennen, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Daher war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
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