Normen
AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;
FrG 1993 §14 Abs1;
FrG 1993 §14 Abs3;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Aussetzung Bosnien-Herzegowina 1995;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965;
AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;
FrG 1993 §14 Abs1;
FrG 1993 §14 Abs3;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Aussetzung Bosnien-Herzegowina 1995;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Jugoslawien 1965;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin stellte einen am 14. Dezember 1993 bei der Behörde erster Instanz eingelangten "Erstantrag" auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, in dem sie angab, Staatsangehörige Jugoslawiens und Bosniens zu sein. Dieser Antrag wurde am 27. April 1994 zurückgezogen.
In ihrem vorliegenden, am 29. April 1994 bei der österreichischen Botschaft in Preßburg eingereichten und am 5. Mai 1994 bei der Behörde erster Instanz eingelangten Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) erklärte die Beschwerdeführerin, jugoslawische Staatsangehörige zu sein und ihren Wohnsitz in Wien zu haben; dort sei sie auch aufrecht polizeilich gemeldet und verfüge über eine gesicherte Unterkunft. Als Ort der Ausfüllung des Antrages scheint Preßburg auf. In der in Ablichtung dem Antrag beigeschlossenen Kopie des Reisepasses der Bundesrepublik Jugoslawien scheint als Wohnsitz eine Anschrift in Österreich auf. Dem dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung angeschlossenen Auszug aus dem Geburtenbuch ist zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin in der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien, in der Sozialistischen Republik Bosnien-Herzegowina, geboren wurde. Weiters ergibt sich aus einer Heiratsurkunde, daß die Beschwerdeführerin am 20. September 1993 in Österreich die Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger geschlossen hat. Den den Antrag beigeschlossenen Meldezetteln ist zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin (erstmals) am 24. Juni 1993 im Bundesgebiet gemeldet war. In einer gleichfalls von der Beschwerdeführerin vorgelegten Arbeits- und Einkommensbestätigung eines Unternehmens mit Sitz in Wien ist erwähnt, daß die Beschwerdeführerin seit 22. Jänner 1993 in diesem Unternehmen beschäftigt ist. Die Beschwerdeführerin verfügt weiters über einen aufgrund ihres Antrages vom 23. September 1993 bis zum 22. September 1998 gültigen Befreiungsschein nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz.
Mit Bescheid vom 1. September 1994 wies die Behörde erster Instanz den Antrag der Beschwerdeführerin gemäß § 6 Abs. 2 AufG ab.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung vom 21. September 1994 führte die Beschwerdeführerin unter anderem aus, daß sie im Falle einer Ablehnung "wieder zurück ins Kriegsbebiet" müsse, wo sie alleine ohne Eltern und Familie leben müsse, da ihre "Eltern an diesen Kriegszuständen selbst gestorben" seien.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 6 Abs. 2 AufG und § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ab. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 16. November 1995 zugestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides hatte die belangte Behörde die Rechtslage nach Inkrafttreten der Aufenthaltsgesetz-Novelle BGBl. Nr. 351/1995 anzuwenden.
Die §§ 3 Abs. 1 und 2, 5 Abs. 1 sowie 6 Abs. 2 AufG lauteten in dieser Fassung (auszugsweise):
"§ 3. (1) Ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten
1. von österreichischen Staatsbürgern
...
ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z 3 und 4 eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt.
(2) Die Erteilung einer Bewilligung gemäß Abs. 1 für Ehegatten setzt voraus, daß die Ehe zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits mindestens ein halbes Jahr besteht.
§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, ...
§ 6. ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall ...; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
§ 3 Z. 4 der am 27. Juni 1995 kundgemachten Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995, BGBl. Nr. 408/1995, lautet:
"§ 3. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
...
4. Angehörigen von österreichischen Staatsbürgern (§ 3 Abs. 1 Z 1 AufG), die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde."
Da die Beschwerdeführerin noch niemals über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte, wertete die belangte Behörde daher den Antrag zu Recht als Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, für den grundsätzlich die Vorschriften des § 6 Abs. 2 AufG gelten.
§ 6 Abs. 2 AufG käme jedoch dann nicht zum Tragen, wenn die Beschwerdeführerin zu dem durch die Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 privilegierten Personenkreis gehört hätte. Zwar ist die Beschwerdeführerin nach der Aktenlage mit einem österreichischen Staatsbürger (zum Zeitpunkt der Antragstellung länger als ein halbes Jahr) verheiratet, sie machte jedoch weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde geltend, sie sei gemäß § 14 Abs. 3 FrG (sichtvermerksfrei) nach Österreich eingereist oder habe vor der Einreise einen gewöhnlichen Sichtvermerk erteilt erhalten.
Auch die Aktenlage bietet keine Anhaltspunkte dafür, daß die Voraussetzungen für eine Inlandsantragstellung gemäß § 3 Z. 4 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 vorlägen. Ist die Beschwerdeführerin (allein) Staatsbürgerin der "Bundesrepublik Jugoslawien", wäre sie nämlich aufgrund der Kundmachung des Bundeskanzlers betreffend die Aussetzung der Sichtvermerksfreiheit im Verhältnis zu diesem Staat, BGBl. Nr. 386a/1992, zu einer sichtvermerksfreien Einreise im Jahr 1993 (aus diesem Jahr gibt es die ersten aktenkundigen Hinweise auf einen Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich) nicht (mehr) berechtigt gewesen. Aber auch dann, wenn die Beschwerdeführerin eine Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina wäre, wäre sie zwar noch im Jahr 1993 zur sichtvermerksfreien Einreise aufgrund des pragmatisch angewendeten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der SFR Jugoslawien vom 20. Dezember 1965, BGBl. Nr. 365/1965, berechtigt gewesen (vgl. die Verbalnote über die teilweise Aussetzung der pragmatischen Weiteranwendung dieses Abkommens mit Geltungsbeginn vom 15. April 1995, BGBl. Nr. 252/1995), jedoch wäre dies keine Einreise gemäß dem (erst) am 18. Februar 1994 in Kraft getretenen § 14 Abs. 3 FrG, sondern allenfalls eine solche nach § 14 Abs. 1 FrG gewesen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. März 1998, Zl. 96/19/1677).
Die Beschwerdeführerin kann sich auch nicht auf § 3 Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 stützen. Danach kann der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausnahmsweise im Inland gestellt werden von "Personen, für die ... ein Befreiungsschein ausgestellt ist und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten". Die Möglichkeit einer danach zulässigen Inlandsantragstellung ergibt sich jedoch deshalb nicht aus dieser Bestimmung, weil die Beschwerdeführerin nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1998, Zl. 96/19/0925, mwN).
Die Beschwerdeführerin hat zwar in ihrer Berufung auf die kriegerischen Ereignisse in ihrer Heimat Bosnien-Herzegowina Bezug genommen, doch ist aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich, daß sie sie aufgrund dieser Ereignisse verlassen hätte. Sie rügt insbesondere auch in der Beschwerde nicht, daß die belangte Behörde es unterlassen habe, Ermittlungen im Hinblick auf ein ihr zustehendes Aufenthaltsrecht im Sinne der Verordnung der Bundesregierung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, BGBl. Nr. 389/1995, anzustellen. Aus diesem Grunde war auch nicht zu prüfen, ob ihr etwa nach § 2 der soeben genannten Verordnung die Möglichkeit zukäme, den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG ausnahmsweise während ihres Inlandsaufenthaltes zu stellen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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