Normen
ABGB §1002;
ABGB §26;
AusgleichsO §36 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
EVKOAOAnfO Art11 Abs1;
KO §172 Abs3;
KO §72 Abs2;
KO §75 Abs3 Z4;
KO §88 Abs1;
VwRallg;
ABGB §1002;
ABGB §26;
AusgleichsO §36 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
EVKOAOAnfO Art11 Abs1;
KO §172 Abs3;
KO §72 Abs2;
KO §75 Abs3 Z4;
KO §88 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der beschwerdeführende Verein hat dem Bund (Bundesministerium für Justiz) Aufwendungen in der Höhe von S 8.235,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der beschwerdeführende Verein beantragte mit Schriftsatz vom 19. November 1992 die Gewährung des Vorrechts nach Art. XI der Kaiserlichen Verordnung vom 10. Dezember 1914, RGBl. 337, über die Einführung einer Konkursordnung, einer Ausgleichsordnung und einer Anfechtungsordnung (im folgenden: EinfV KO). Mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 15. April 1993 wurde dieser Antrag abgewiesen.
Die belangte Behörde stellte folgenden Sachverhalt fest:
"Zur Person der Antragstellerin
Die Antragstellerin "A" wurde am 30.8.1990 als Verein gegründet. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 3.9.1990, Zahl III-Vr-4603/90, wurde dieser Verein nicht untersagt.
MR war Proponent des Vereins A und ist seit der Gründung Obmann. Er ist außerdem Gesellschafter des Inkassobüros A-GmbH und Kommanditist.
Zur Gründung des Vereins kam es auf Anregung von Kunden des Inkassobüros A-GmbH & Co KG, die den Wunsch äußerten, auch im Insolvenzbereich tätig zu sein.
Der Verein hat 5 Mitglieder. Diese - sie sind auch Kunden des Inkassobüros Salzburg - waren Mitgründer des Vereins.
Zwischen dem Verein "A" und der A-GmbH & Co KG besteht eine enge Zusammenarbeit, wobei Informationen aus der A-GmbH & Co KG auch Kunden des Verbands zur Verfügung gestellt werden.
Die Unternehmensgruppe der Gesellschaften im Inkassobereich besteht aus der A Inkassobüro GmbH & Co KG in Salzburg, die seit 1973 besteht, sowie Gesellschaften in Wien, Deutschland, Schweiz, Frankreich und Ungarn.
Der Verein selbst hat keine Angestellten. Der Personalaufwand für die zwei, bei der A GmbH & Co KG angestellten und dem Verein als Arbeitskräfte überlassenen Beschäftigten wird ebenso wie der Sachaufwand vorerst von der A GmbH & Co KG getragen und monatsweise im nachhinein verrechnet.
Die ACC (Austria Credit Control) ist ein weiterer Bereich der A-GmbH & Co KG. Eine Sparte davon ist eine ADV-mäßig geführte Schuldnerdatei.
Gemäß Punkt 2 der Vereinsstatuten der Antragstellerin ist die Tätigkeit des Vereins eine gemeinnützige. Der Verein bezweckt, alle denkmöglichen Schritte zur Wahrung der Interessen seiner Mitglieder zur Hintanhaltung von Vermögensnachteilen welcher Art auch immer zu setzen und insbesondere die Gläubigerinteressen seiner Mitglieder im In- und Ausland zu wahren.
Nach Punkt 3 der Statuten soll der beabsichtigte Vereinszweck durch folgende Tätigkeiten verwirklicht werden:
Beratung von Vereinsmitgliedern; Ausübung aller Tätigkeiten, die dem umfassenden Gläubigerschutz im engeren und weiteren Sinn dienen und zum Vorteil aller Gläubiger sind; in allen Fällen einer Insolvenz außergerichtliche und gerichtliche Maßnahmen, die zur Geltendmachung, Durchsetzung und Befriedigung der Ansprüche der Vereinsmitglieder notwendig und zweckdienlich sind; Koordination der Gläubiger; Herausgabe von Listen zahlungsunfähiger Schuldner zum Schutz aller Gläubiger; Herausgabe eines periodischen Druckwerkes (Vereinszeitung).
Die Vereinsstatuten kennen ordentliche, außerordentliche Mitglieder und Ehrenmitglieder. Ordentliche Mitglieder sind solche, die sich an der Vereinsarbeit aktiv beteiligen, außerordentliche Mitglieder sind solche, die die Vereinstätigkeit durch die Zahlung eines Mitgliedsbeitrags fördern und die Einrichtungen des Vereins in Anspruch nehmen. Ehrenmitglieder sind Personen, die dazu wegen ihrer besonderen Verdienste um den Verein ernannt werden. Mitglieder des Vereins können alle physischen und juristischen Personen und Handelsgesellschaften werden. Nach Punkt 7 der Vereinsstatuten haben die Vereinsmitglieder die Beitrittsgebühr, den Mitgliedsbeitrag und allfällige Kostenbeiträge für die Inanspruchnahme der Leistungen des Vereins pünktlich zu bezahlen. Der Verein ist berechtigt, verschiedene Dienstleistungen auch für Nichtmitglieder zu erbringen. Diese bezahlen dafür nach Aufforderung lediglich einen nicht gewinnorientierten Kostenanteil.
Tätigkeit der Antragstellerin
Der Verein sammelt Informationen sowohl allgemeiner Natur als auch rechtlicher und wirtschaftlicher Art und gibt diese an die Kunden weiter. Sie werden etwa darüber beraten, was ein Ab- oder Aussonderungsrecht ist. Den Kunden werden auch Informationen aus der Schuldnerdatei der ACC kostenlos zur Verfügung gestellt.
Die Kunden werden über Konkurseröffnungen informiert. Die Information der Kunden über Konkurseröffnungen erfolgt lediglich, soweit solche aus dem Inkassobereich bekannt werden. Der Verein erhebt nicht, etwa von der Amtstafel der Gerichte, über das Vermögen welcher Personen Konkurs eröffnet wurde, um die Kunden hievon zu verständigen.
Die Antragstellerin ist in ganz Österreich tätig. Die Kunden des Vereins stammen sowohl aus dem Inkassobereich und aufgrund von mündlichen Empfehlungen als auch aufgrund der Zusammenarbeit mit Rechtsanwaltskanzleien. Zum Stichtag 28.1.1993 hatte der Verein 316 Kunden.
Die Antragstellerin bereitet die Forderungsanmeldungen vor. Dies erfolgt durch Sammeln von Rechnungskopien; diese werden sodann mit weiteren Nachweisen dem Rechtsvertreter Dr. R übermittelt, der die Forderungen bei Gericht anmeldet. Die Höhe der Forderung wird von der Antragstellerin ermittelt und Dr. R lediglich bekanntgegeben. Für jede Forderungsanmeldung wird dem Kunden eine Pauschale von 280 S verrechnet, die dem Kunden vom Verein vorgeschrieben wird. Der die Forderungsanmeldung durchführende Rechtsanwalt Dr. R wird vom Verein entlohnt. Der Kunde hat Dr. R kein Honorar zu zahlen, wobei der Ausfall vom Verein getragen wird.
Im Insolvenzverfahren werden die Gläubiger über den Fortgang des Verfahrens und das Ergebnis informiert. Es werden Informationen, insbesonders die Berichte des Masseverwalters und des Ausgleichsverwalters, - unkommentiert - an die Gläubiger weitergeleitet. Weiters werden den Gläubigern Informationen über den Stand des Verfahrens, eine zu erwartende Annahme des Ausgleichs oder zu erwartende Quoten weitergeleitet. Eine Beratung der einzelnen Gläubiger erfolgt nur bei Rückfrage. Die Beurteilung, ob ein Zwangsausgleich günstig ist und daher angenommen werden soll, wird den einzelnen Gläubigern überlassen. Das Abstimmungsverhalten mehrerer Gläubiger wird nicht koordiniert.
Mit Hilfe der ADV überwacht der Verein, ob sich der Gläubiger hinsichtlich der Ausübung des Stimmrechts beim Zwangsausgleich gegenüber dem Verein äußert und entsprechend der Äußerung des Gläubigers wird Dr. R ersucht, das Stimmrecht bei der Zwangsausgleichstagsatzung auszuüben.
Wird die Forderung bestritten, so übernimmt der Verein die Aufklärung über das Bestehen der Forderung, zum Beispiel über bestrittene Verzugszinsen.
Schließlich erfolgt per ADV die Überwachung der Zahlungen von Zwangsausgleichs- oder Konkursquoten.
Weitere Tätigkeiten, insbesondere zur Ermittlung und Sicherung des Vermögens zum Vorteil aller Gläubiger, können nicht festgestellt werden. Insbesondere werden Bilanzen der Unternehmen nicht analysiert, nach Gläubigerbegünstigungen wird nicht geforscht.
Die oben genannten Tätigkeiten übt der Antragsteller seit mehr als zwei Jahren aus.
Mit Beschluß des OLG Linz vom 18.6.1992 (richtig wohl: 1991), 3 R 162/91 (dem Revisionsrekurs gab der OGH mit seiner Entscheidung vom 24.9.1991, 4 Ob 81/91, keine Folge) wurde der Antragstellerin die gerichtliche Geltendmachung von Forderungen ihrer Auftraggeber in Insolvenzverfahren, insbesondere durch Forderungsanmeldungen, verboten. Der Oberste Gerichtshof führte dazu aus, daß im gegenständlichen Verfahren der Beklagte (A) in den von einem Rechtsanwalt verfaßten Forderungsanmeldungen als Vertreter von Gläubigern genannt worden sei; daß er die einschreitenden Gläubiger in Fragen des Gläubigerschutzes beraten und auch Dritten (zum Beispiel Masseverwaltern) gegenüber vertreten habe, sei nicht strittig. Der Beklagte sei damit aber im Insolvenzverfahren als Vertreter von Gläubigern aufgetreten, ohne dazu durch § 172 Abs 3 KO berechtigt zu sein, wobei die Tatsache, daß er sich damit von einem Rechtsanwalt vertreten habe lassen (so in den früheren Eingaben) oder daß der Rechtsanwalt sowohl die Gläubiger als auch den Beklagten vertreten habe (so in den späteren Eingaben), nichts an dieser Vertretungstätigkeit des Beklagten ändere.
Hierauf gab die Antragstellerin keine Informationsblätter mehr heraus und führte keine Seminare mehr durch. Auch die Korrespondenz mit dem Masseverwalter stellte sie ein. Sie schien auch nicht mehr in den Forderungsanmeldungen auf. Davor wurden sämtlichen Kunden Informationsblätter der A GmbH & Co KG über die gerichtliche Forderungsbetreibung in Österreich, die Exekutionsordnungs-Novelle 1991 und den Eigentumsvorbehalt zugesandt. Diese enthalten Ausführungen allgemeiner Natur. Überdies bezog sich ein Vortrag im Rahmen eines Seminars über modernes Forderungsmanagement im März 1992 auf die Tätigkeit der Antragstellerin."
Die belangte Behörde gründete ihre Tatsachenfeststellungen auf die im Verwaltungsverfahren vorgelegten unbedenklichen Urkunden sowie auf die Ergebnisse der durchgeführten mündlichen Verhandlung. Einander widersprechende Verfahrensergebnisse lägen nicht vor.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte die belangte Behörde den festgestellten Sachverhalt wie folgt:
"Nach Art XI Abs 1 der Kaiserlichen Verordnung über die Einführung einer Konkursordnung, einer Ausgleichsordnung und einer Anfechtungsordnung (im folgenden EV genannt) hat der Bundesminister für Justiz einen Gläubigerschutzverband auf Antrag mit Bescheid zu bevorrechten, wenn der Verband verläßlich ist und sich seit mindestens zwei Jahren auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes erfolgreich betätigt hat. Nähere Bestimmungen über die Voraussetzungen, die ein Verband erfüllen muß, enthält die Rechtsordnung nicht.
Die Lehre setzte sich mit dem Problem, wer als bevorrechteter Gläubigerschutzverband zugelassen werden kann, nicht oder wenig auseinander. Bartsch/Heil, Grundriß des Insolvenzrechts4, Holzhammer, Insolvenzrecht2, und Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht, beschäftigen sich mit der Frage nicht. Wegan, Österreichisches Insolvenzrecht 219 f, führt zur Rechtslage vor dem IRÄG 1982 aus, daß das Bundesministerium für Justiz in der Auswahl der Verbände frei sei. Es solle dieses Vorrecht aber jenen Verbänden erteilen, die seit mindestens 2 Jahren auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes erfolgreich tätig sind.
Verbandseigenschaft der Antragstellerin
Die erste Voraussetzung ist, daß die Antragstellerin ein Verband ist. Ein Verband ist der Zusammenschluß von (natürlichen oder juristischen) Personen oder Vereinigungen zur Förderung gemeinsamer Interessen, insbesondere wirtschaftlicher, sozialer, kultureller oder politischer Art (Greifelds (richtig wohl: Creifelds), Rechtswörterbuch9, 1192). Zum Zwecke der gemeinsamen Interessenvertretung bündelt der Verband Einzelinteressen und bringt sie als Forderungen von Teilkollektiven in den politischen Prozeß ein (Münchener Rechtslexikon, Rechtswörterbuch). Auch Reimer, Die Stellung der Gläubigerschutzverbände im österreichischen Insolvenzverfahren, in FS 100 Jahre Kreditschutzverband von 1870 (1970), 49, fordert einen Zusammenschluß von Personen, von Gläubigern. Er führt aus, daß es das Gesetz den Gläubigern überläßt, sich zur besseren Wahrung ihrer Interessen in einem Gläubigerschutzverband zusammenzuschließen. Es bleibe der Privatinitiative der Gläubiger überlassen, die Organisationsform des Gläubigerschutzverbandes zu wählen. Es seien Gläubigerschutzverbände sowohl in Form von Vereinen als auch in Form einer Gesellschaft, etwa einer GmbH, denkbar, wobei der Zusammenschluß nach den verschiedensten Gesichtspunkten, insbesondere nach Branchen geordnet, erfolgen könne.
Bei Beurteilung der Verbandseigenschaft ist auch auf die den bevorrechteten Schutzverbänden im Insolvenzverfahren eingeräumte Position abzustellen.
Ausfertigungen des Edikts über die Eröffnung des Vorverfahrens (§ 82 Abs 1 AO), des Ausgleichs (§ 5 Abs 4 Z 4 AO) und des Konkurses (§ 75 Abs 3 Z 4 KO) sind jedem bevorrechteten Gläubigerschutzverband zuzustellen. Gemäß § 172 Abs 3 KO ist satzungsmäßig berufenen Organen der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände sowie ihren Bevollmächtigten auch dann, wenn die Bevollmächtigung durch einen Gläubiger nicht ausgewiesen ist, die Einsichtnahme in die Konkursakten zu gestatten, ohne daß ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht werden muß. Die Kosten der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände, soweit sie für die Vorbereitung des Zwangsausgleiches sowie für die Ermittlung und Sicherung des Vermögens zum Vorteil aller Gläubiger zweckmäßig aufgewendet wurde, sind gemäß § 46 Abs 3 Z 8 KO Masseforderungen.
Daraus ist ersichtlich, daß den bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden eine Sonderstellung insofern eingeräumt wird, als ihnen einerseits Leistungen des Gerichts angeboten werden, für die sie kein Entgelt zu entrichten haben, und andererseits unbeschränktes Akteneinsichtsrecht gewährt wird.
Diese Bestimmungen wie auch die Erhebung der zweckmäßig aufgewendeten Kosten der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände zu Masseforderungen sind bei teleologischer Interpretation nur dahin zu verstehen, daß der Gesetzgeber Zusammenschlüsse von Gläubigern bevorzugen wollte. Diese gläubigerschützende Funktion soll keinesfalls eine fremde Gesellschaft oder auch eine Einzelperson erfüllen.
Ein Verein mit lediglich 5 Mitgliedern erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Durch eine hohe Anzahl der Kunden wird dies nicht ausgeglichen.
Tätigkeit auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes
Der Verein hat sich überdies nicht auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes bewährt. Hiezu hätte er auch - zumindest in einer Seitenwirkung - den Schutz aller Gläubiger bezwecken müssen. Die gemeinsamen Interessen eines Verbandes haben neben dem Schutz der Mitglieder als Gläubiger auch ein umfassender Gläubigerschutz zu sein. Auch Reimer zählt als eine Hauptgruppe der Tätigkeiten der Gläubigerschutzverbände Tätigkeiten auf, die sie als Gläubigerschutzverbände selbst kraft ihrer Bestimmung, die Gläubiger zu schützen, ausüben, also, wie es das Gesetz besonders hervorhebt, Tätigkeiten für die Vorbereitung des Ausgleichs sowie für die Ermittlung und Sicherung des Vermögens zum Vorteil aller Gläubiger.
Die Antragstellerin erfüllt die Voraussetzungen eines derart umfassenden Gläubigerschutzes nicht. Lediglich die Überwachung der Ausübung des Stimmrechts bei Ausgleich oder Zwangsausgleich, um zu verhindern, daß der Ausgleich durch Nichtausübung des Stimmrechts scheitert, kann als Tätigwerden im Rahmen eines umfassenden Gläubigerschutzes gesehen werden. Die übrigen Tätigkeiten beschränken sich vielmehr auf die Vertretung der Interessen des einzelnen an einem Insolvenzverfahren beteiligten Gläubigers, ohne auch nur in einer Seitenwirkung eine Wahrung der Interessen der Gesamtgläubigerschaft zu beabsichtigen. Es wird nur der die Antragstellerin mit der Wahrung seiner Interessen beauftragende Gläubiger unterstützt. Eine Tätigkeit, die über den Schutz des einzelnen Auftraggebers hinausgeht, liegt - abgesehen von der oben genannten Ausnahme - nicht vor.
Eine Betätigung auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes im Sinne des Art XI EVO setzt auch das Vorliegen mehrerer Gläubiger eines Schuldners voraus, deren Koordination das Ziel des Gläubigerschutzverbandes ist. Auch diese Voraussetzung wird von der Antragstellerin nicht erfüllt.
Aus all den aufgezeigten Gründen war daher der Antrag abzuweisen. Das Eingehen auf die Rechtslage vor dem IRÄG 1982 ist hiebei entbehrlich, weil der Antrag aufgrund der derzeitigen Rechtslage zu entscheiden ist. Auch kann dahingestellt bleiben, ob aufgrund der steigenden Insolvenzzahlen ein Bedarf nach weiteren Gläubigerschutzverbänden besteht, weil eine Erteilung des Vorrechts nur möglich ist, wenn der Antragsteller die Voraussetzungen des Art XI EV erfüllt."
Der beschwerdeführende Verein erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Er bekämpfte die Rechtsauffassung der belangten Behörde, ein Verein mit nur fünf Mitgliedern stelle keinen Gläubigerschutzverband im Sinne des Art. XI Abs. 1 EinfV KO dar. Die belangte Behörde verlange offenbar für das Vorliegen eines Gläubigerschutzverbandes eine sogenannte "Spontanvereinigung" von Gläubigern. Diese Beurteilung verbiete sich schon aufgrund der in Art. XI Abs. 1 EinfV KO geforderten zweijährigen Praxiszeit. Der beschwerdeführende Verein habe auch viele Fälle betreut, in deren Zusammenhang mehrere Gläubiger einem Schuldner gegenübergestanden seien. Er habe daher die Aufgabe der Koordination mehrerer Gläubiger gegenüber einem Schuldner tatsächlich wahrgenommen.
Damit sei aber das wesentliche Begründungselement für die abweisliche Entscheidung der belangten Behörde die fehlende erfolgreiche zweijährige Tätigkeit des beschwerdeführenden Vereines als Gläubigerschutzverband. Dieses Erfordernis fuße jedoch auf einem verfassungswidrigen Gesetz. Der Verband, der die Anerkennung als bevorrechteter Gläubigerschutzverband anstrebe, müsse zuvor selbst durch zwei Jahre in dem entsprechenden Aufgabenbereich erfolgreich tätig gewesen sein. Damit normiere das Gesetz Voraussetzungen für die Erteilung einer behördlichen Bewilligung, um eine bestimmte Erwerbstätigkeit, nämlich jene als bevorrechteter Gläubigerschutzverband entfalten zu dürfen. Diese Regelung greife daher in das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Erwerbsfreiheit, wie sie durch Art. 6 StGG garantiert sei, ein. Berührt werde auch das Recht auf Berufswahl- und Berufsausbildungsfreiheit gemäß Art. 18 StGG.
Der Oberste Gerichtshof habe in dem von der belangten Behörde zitierten Beschluß vom 24. September 1991 dargelegt, daß die geschäftsmäßige Beratung einschreitender Gläubiger in Fragen des Gläubigerschutzes und die Vertretung derselben gegenüber Dritten (etwa gegenüber Masseverwaltern) Winkelschreiberei und damit (im Wettbewerbsverhältnis zu bevorrechten Gläubigerschutzverbänden) einen Verstoß gegen § 1 UWG darstelle. Sei aber diese Vertretungstätigkeit verboten und strafbar, so ergebe sich, daß im Rahmen der österreichischen Rechtsordnung es für einen Gläubigerschutzverband von vornherein ausgeschlossen sei, die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen, um im Sinne der einschlägigen insolvenzrechtlichen Vorschriften die Bevorrechtung verliehen zu bekommen, weil er die dafür erforderliche praktische Qualifikation nicht zu erbringen vermöge. Zur Entfaltung einer erfolgreichen Tätigkeit im Sinne des Art. XI Abs. 1 EinfV KO gehöre es zwangsläufig, Aufgaben zu übernehmen, die den bevorrechten Gläubigerschutzverbänden vorbehalten seien. Damit werde den beiden bestehenden Gläubigerschutzverbänden ein Monopol garantiert. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes seien jedoch gesetzliche, die Erwerbsausübungsfreiheit beschränkende Regelungen nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen seien. Art. XI Abs. 1 EinfV KO genüge aufgrund des Vorgesagten keiner dieser Kriterien für eine zulässige Einschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit.
Mit Beschluß vom 13. Juni 1995, B 1072/93, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie über Antrag des beschwerdeführenden Vereines dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, der angefochtene Bescheid gehe davon aus, daß der beschwerdeführende Verein kein Gläubigerschutzverband im Sinne der maßgebenden Rechtsvorschrift sei. Dieser Annahme könne aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden. Es erübrige sich daher, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
Über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte der beschwerdeführende Verein die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Er führte aus, er erachte sich in seinem Recht auf rechtsrichtige Anwendung des Art. XI EinfV KO verletzt. Er beantragte, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Auffassung der belangten Behörde, ein Verein mit lediglich fünf Mitgliedern sei kein Gläubigerschutzverband im Sinne des Art. XI Abs. 1 EinfV KO, sei unrichtig. Wie auch im angefochtenen Bescheid zugestanden werde, bleibe es nach einem Teil der Lehre der Privatinitiative der Gläubiger überlassen, die Organisationsform des Verbandes selbst zu wählen. Es seien daher Gläubigerschutzverbände sowohl in Form von Vereinen als auch in Form einer Gesellschaft, etwa einer Gesellschaft mit beschränker Haftung, denkbar. Dieser Auffassung werde auch im angefochtenen Bescheid nicht grundsätzlich widersprochen. Auch bei den beiden bestehenden bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden sei festzustellen, daß die tatsächliche Außenvertretung, Geschäftsführung und wesentliche Tätigkeit, so sie nicht von bevollmächtigten oder untergeordneten Angestellten ausgeübt werde, immer nur von wenigen Personen durchgeführt werde. Es sei nicht erforderlich, daß die von einem Gläubigerschutzverband vertretenen Gläubiger diesem auch als Mitglieder beitreten; ein Gläubigerschutzverband im Sinne der zitierten Bestimmung liege auch vor, wenn die Gläubiger lediglich Kunden des Verbandes seien. Auch die beiden bestehenden bevorrechteten Gläubigerschutzverbände würden Kunden, die nicht Miglieder seien, in einzelnen Insolvenzverfahren vertreten. Hätte der Gesetzgeber eine bestimmte Mindestzahl oder eine bestimmte Rechtsform gefordert, so hätte er dies ohne weiteres im Gesetz selbst niedergelegt. Der beschwerdeführende Verein sei daher ein Gläubigerschutzverband im Sinne des Art. XI Abs. 1 EinfV KO. Seine Verläßlichkeit werde von der belangten Behörde nicht bezweifelt.
Der beschwerdeführende Verein habe sich auch seit zwei Jahren auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes erfolgreich betätigt. Die von der belangten Behörde geforderte Seitenwirkung zum Schutze aller Gläubiger könne der beschwerdeführende Verein vor Erlangung des Vorrechtes nicht in derselben Breite erreichen, wie sie die bevorrechteten Gläubigerschutzverbände erzielten, zumal - wie der Oberste Gerichtshof ausgeführt habe - der nicht bevorrechtete Gläubigerschutzverband die den bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden vorbehaltenen Tätigkeiten auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes nicht ausüben dürfe. Im Sinne einer gebotenen verfassungskonformen Interpretation der in Rede stehenden Bestimmung dürfe das Erfordernis der Bewährung auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes nicht überspannt werden. Im Rahmen des gesetzlich Erlaubten nehme der beschwerdeführende Verein die Vertretung von Gläubigerinteressen seit mehr als zwei Jahren erfolgreich wahr und habe sich daher im Sinne des Art. XI Abs. 1 EinfV KO bewährt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Art. XI EinfV KO in der im Hinblick auf das Datum der Bescheiderlassung anzuwendenden Fassung des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1982, BGBl. Nr. 370, lautete:
"Bevorrechtung eines Gläubigerschutzverbands
Artikel XI
(1) Der Bundesminister für Justiz hat einen Gläubigerschutzverband auf Antrag mit Bescheid zu bevorrechten, wenn der Verband verläßlich ist und sich seit mindestens zwei Jahren auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes erfolgreich betätigt hat.
(2) Das Vorrecht erlischt mit der Auflösung des Gläubigerschutzverbandes. Der Bundesminister für Justiz hat das Erlöschen mit Bescheid festzustellen.
(3) Der Bundesminister für Justiz hat das Vorrecht mit Bescheid zu entziehen, wenn die Voraussetzungen wegfallen, unter denen es erteilt worden ist.
(4) Der Bundesminister für Justiz hat die Erteilung, die Entziehung oder das Erlöschen des Vorrechts unverzüglich im Amtsblatt zur Wiener Zeitung kundzumachen.
(5) Die Erteilung, die Entziehung und das Erlöschen des Vorrechts werden mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung wirksam."
Der Bericht des Justizausschusses 1147 BlgNR 15. GP, Seite 27, lautet auszugsweise:
"Die Regelungen über die Bevorrechtung von Gläubigerschutzverbänden (Artikel XI) entsprechen dem durch die RV vorgeschlagenen § 180 KO; die Einreihung in die Einführungsverordnung beruht auf systematischen Gründen."
In der Regierungsvorlage 3 BlgNR 15. GP, Seite 61, heißt es:
"Die Bestimmungen über die Erteilung und den Widerruf des Kostenvorrechts an Gläubigerschutzverbände (§ 23a AO) sind zwar nach dem Inkrafttreten des Bundes-Verfassungsgesetzes geschaffen worden; gleichwohl sind sie verfassungsrechtlich nicht unbedenklich; das gilt besonders für den nicht hinreichend determinierten Widerruf des Vorrechts.
Diese Mängel gleicht die neue Bestimmung (§ 180 KO) aus. Die Voraussetzungen der Vorrechtserteilung werden verdeutlicht. Neu ist neben dem Tatbestand des Widerrufs, der an den Wegfall der Erteilungsvoraussetzungen gebunden wird, der Tatbestand des Erlöschens kraft Gesetzes. Die Kundmachung der Vorrechtserteilung im Bundesgesetzblatt ist entbehrlich; sie wird durch die Einschaltung in der Wiener Zeitung ersetzt. Gleiches gilt für die Kundmachung über das Erlöschen und den Widerruf des Vorrechts. Eine Übergangsbestimmung bewirkt, daß die bereits erteilten Vorrechte nicht neuerlich erteilt und in der Wiener Zeitung kundgemacht werden müssen."
Das Rechtsinstitut der Bevorrechtung von Gläubigerschutzverbänden wurde durch die Einschaltung eines § 23a in die AO durch das Bundesgesetz vom 20. Februar 1925, betreffend die Abänderung einiger Vorschriften der Ausgleichs- und der Konkursordnung, BGBl. Nr. 87/1925, geschaffen. Diese Bestimmung lautete:
"§ 23a.
(1) Ein Vorrecht im Ausgleichsverfahren genießen ferner die Kosten der vom Bundeskanzleramte bezeichneten Gläubigerschutzverbände, soweit sie für die Vorbereitung des Ausgleiches sowie für die Ermittlung und Sicherung des Vermögens zum Vorteil aller Gläubiger zweckmäßig aufgewendet wurden.
(2) Dieses Vorrecht soll nur Verbänden erteilt werden, die seit mindestens zwei Jahren auf dem Gebiete des Gläubigerschutzes erfolgreich tätig sind; es kann jederzeit widerrufen werden. Die Erteilung des Vorrechtes sowie dessen Widerruf sind im Bundesgesetzblatte kundzumachen.
..."
In den Erläuternden Bemerkungen zu § 23a AO idF BGBl. Nr. 87/1925 (RV 240 BlgNR 2. GP) heißt es:
"Die durch Artikel I, P. 6, als § 23a aufgenommenen Bestimmungen sollen den Gläubigerschutzverbänden die Möglichkeit geben, eine Entlohnung für ihre zur Vorbereitung des Ausgleiches sowie zur Ermittlung und Sicherung des Vermögens des Ausgleichsschuldners zweckmäßig geleistete und allen Gläubiger zum Vorteil gereichende Tätigkeit zu erlangen.
Die neuen Bestimmungen entsprechen einem Wunsche der wirtschaftlichen Körperschaften, dem zu folgen der Entwurf um so weniger ein Bedenken trug, als es nicht in der Absicht der Ausgleichsordnung lag, die Entlohnungsansprüche der Gläubigerschutzverbände unter das Sonderbegünstigungsverbot fallen zu lassen; ...
Geteilt waren die Meinungen nur darüber, ob auch die nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens von den Gläubigerschutzverbänden geleistete Arbeit entlohnt werden soll. Dagegen wurde hauptsächlich angeführt, daß im Ausgleichsverfahren ohnehin ein Ausgleichsverwalter bestellt werde und neben ihm kein Raum für die gleichartige Tätigkeit privater Organisationen sei. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß gut geleitete Gläubigerschutzverbände - wie insbesondere das Beispiel des Kreditorenvereins vom Jahre 1870 dartut - dank ihrer ausgebildeten Technik der kommerziellen, nicht nur rein buchmäßigen Prüfung der schuldnerischen Geschäftsgebarung, ferner dank ihrer ausgebreiteten Organisation und der durch ihre Vertrauensmänner gewährleisteten Kenntnis der Branchenverhältnisse auch neben dem Ausgleichsverwalter äußerst wertvolle, der Gesamtheit der Gläubiger zustatten kommende Funktionen zu erfüllen in der Lage sind. Hiezu kommt, daß die den Gläubigerschutzverbänden zugedachte Begünstigung nahezu wirkungslos wäre, wenn sie auf die Honorierung der vor der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens geleisteten Tätigkeit eingeschränkt würde; denn es kommt heute, wie der Kreditorenverein vom Jahre 1870 durch Vorlage statistischen Materials nachgewiesen hat, in den seltensten Fällen vor, daß die Tätigkeit solcher Organisationen schon vor der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens in Anspruch genommen wird."
Der Ausschußbericht 268 BlgNR 2. GP lautet schließlich:
"Für zeitgemäß hält der Ausschuß ferner die Vorschriften des Entwurfes, welche den Gläubigerschutzverbänden die Möglichkeit der Hereinbringung eines Teiles ihrer Kosten und damit ihre Fortexistenz gewährleisten. Gerade der Mangel entsprechender Organisation der Gläubigerschaft macht es den Schuldnern leicht, die günstige Situation während der Dauer des Ausgleichsverfahrens - die Gläubiger können weder Exekution führen noch den Schuldner in Konkurs treiben - in rücksichtsloser Weise auszunützen."
Schließlich heißt es in den Erläuterungen zur Ausgleichsnovelle 1934 (JABl 1934 91):
"Die Novelle 1925 hat endlich durch die Schaffung eines Kostenvorrechts für die seriösen Gläubigerverbände den Zusammenschluß der Gläubiger als die wirksamste Maßnahme gegen Umtriebe des Schuldners zu fördern gesucht."
Die Rechtsstellung bevorrechteter Gläubigerschutzverbände im Konkursverfahren wird in den §§ 46, 72, 75, 88, 127, 172, 183 und 202 KO geregelt.
Die zitierten Bestimmungen der KO lauten auszugsweise:
"§ 46. (1) Masseforderungen sind:
...
8. die Kosten der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände, soweit sie für die Vorbereitung eines Zwangsausgleichs sowie für die Ermittlung und Sicherung des Vermögens zum Vorteil aller Gläubiger zweckmäßig aufgewendet wurden.
...
§ 72. (1) ...
(2) Fehlt es an einem zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögen, so ist der Konkurs dennoch zu eröffnen, wenn der Antragsteller ... auf Anordnung des Gerichtes innerhalb einer bestimmten Frist einen von diesem zu bestimmenden Betrag zur Deckung der Kosten vorschußweise erlegt. ... Wenn der Vorschuß nicht rechtzeitig erlegt wird, ist der Antrag sofort abzuweisen; darauf ist der Antragsteller zugleich mit der Anordnung aufmerksam zu machen. Die Anordnung des Kostenvorschusses erfolgt durch Beschluß; dieser ist auch jedem bevorrechteten Gläubigerschutzverband zuzustellen. ...
(3) Wird der Konkurs mangels hinreichenden Vermögens nicht eröffnet, so ist der Beschluß nach dem Eintritt seiner Rechtskraft öffentlich bekannt zu machen ... sowie jedem bevorrechteten Gläubigerschutzverband zuzustellen. ...
Bekanntmachung der Eröffnung des Konkurses
§ 74. (1) Die Eröffnung des Konkurses ist durch ein Edikt öffentlich bekannt zu machen.
...
§ 75. (1) ...
...
(3) Ausfertigungen des Ediktes sind zuzustellen:
...
4. jedem bevorrechteten Gläubigerschutzverband;
Gläubigerausschuß
§ 88. (1) Das Gericht hat unverzüglich dem Masseverwalter von Amts wegen oder auf Antrag der ersten oder einer späteren zur Verhandlung dieses Gegenstands einberufenen Gläubigerversammlung (§ 91 Abs. 1) einen Gläubigerausschuß von drei bis sieben Mitgliedern (hievon eines für die Belange der Arbeitnehmer) beizuordnen, wenn die Eigenart oder der besondere Umfang des Unternehmens des Gemeinschuldners dies geboten erscheinen läßt. Hiebei ist, wenn tunlich, auf Vorschläge der Gläubiger, der im Unternehmen errichteten Organe der Belegschaft sowie der gesetzlichen und der freiwilligen Interessenvertretungen der Gläubiger (einschließlich der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände) Bedacht zu nehmen. ...
§ 127. (1) Über die Ansprüche der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände hat das Konkursgericht nach Vernehmung des Masseverwalters und des Gläubigerausschusses zu entscheiden. ...
§ 172. (1) ...
...
(3) Gläubiger können sich auch durch einen bevorrechteten Gläubigerschutzverband vertreten lassen. Zur Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Konkurses und im Verfahren erster Instanz kann sich der Gläubigerschutzverband, wenn er nicht durch ein satzungsgemäß berufenes Organ vertreten ist, nur eines seiner Bediensteten oder eines gesetzlich befugten Parteienvertreters als Bevollmächtigten bedienen. Läßt sich ein Gläubiger zur Erhebung eines Rekurses durch einen Gläubigerschutzverband vertreten, so muß das Rechtsmittel mit der Unterschrift eines Rechtsanwalts versehen sein. Satzungsgemäß berufenen Organen der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände sowie ihren Bevollmächtigten ist auch dann, wenn die Bevollmächtigung durch einen Gläubiger nicht ausgewiesen ist, die Einsichtnahme in die Konkursakten zu gestatten (§ 219 Abs. 2 ZPO), ohne daß ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht werden muß.
§ 183. (1) Wenn es an einem zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögen fehlt, ist der Konkursantrag aus diesem Grund nicht abzuweisen, wenn der Schuldner ...
(2) Betreibt der Schuldner kein Unternehmen, so muß er auch bescheinigen, daß ein außergerichtlicher Ausgleich, insbesondere vor einer bevorrechteten Schuldnerberatungsstelle oder einem bevorrechteten Gläubigerschutzverband, gescheitert ist oder gescheitert wäre.
§ 202. (1) Liegen keine Einleitungshindernisse vor, so leitet das Gericht das Abschöpfungsverfahren ein.
(2) Zugleich bestimmt das Gericht für die Dauer des Abschöpfungsverfahrens einen Treuhänder, auf den der pfändbare Teil der Forderungen des Schuldners auf Einkünfte aus einem Arbeitverhältnis oder auf sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion nach Maßgabe der Abtretungserklärung (§ 199 Abs. 2) übergeht.
(3) Zum Treuhänder kann auch ein bevorrechteter Gläubigerschutzverband bestellt werden."
Vergleichbare Regelungen sehen § 5 AO (Zustellung des Ausgleichsediktes), § 23 AO (Kostenvorrecht im Ausgleichsverfahren) und § 36 AO (Mitwirkung bei der Bestellung des Gläubigerbeirates) im Bereich des Ausgleichsverfahrens vor.
Im Konkursverfahren herrscht gemäß § 173 Abs. 1 KO keine Anwaltspflicht. Für die geschäftsmäßige Vertretung von Parteien im Konkursverfahren gilt jedoch § 1 der Justizministerialverordnung vom 8. Juni 1857, betreffend die Behandlung der Winkelschreiber, RGBl. Nr. 114, welcher auszugsweise lautet:
"§ 1. Als Winkelschreiber ist anzusehen:
...
b) wer, ohne von der zuständigen Behörde dazu berechtigt zu sein, es zu seinem Geschäftsbetriebe macht, Rechtsurkunden oder gerichtliche Eingaben in oder außer Streitsachen, wenn auch das Einschreiten eines Rechtsfreundes bei denselben gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, für Parteien zu verfassen oder als Bevollmächtigter derselben bei Gericht einzuschreiten, es möge der Bezug eines Entgeltes hiebei erwiesen sein oder die gewinnsüchtige Absicht auch nur aus der Menge der verfaßten Rechtsurkunden oder Eingaben, aus häufigen Einschreitungen in der Eigenschaft eines Bevollmächtigten, aus der Beibringung verstellter Zessionen oder aus anderen Umständen mit Grund zu folgern sein."
Winkelschreiber sind zur Vertretung auch im Konkursverfahren nicht zugelassen (§ 171 KO, § 29 ZPO).
Die belangte Behörde hat unter Berufung auf Creifelds, Rechtswörterbuch9, den Begriff "Verband" als Zusammenschluß von (natürlichen oder juristischen) Personen oder Vereinigungen zur Förderung gemeinsamer Interessen, insbesondere wirtschaftlicher, sozialer, kultureller oder politischer Art definiert und dieses Begriffsverständnis auch dem in Art. XI Abs. 1 EinfV KO gebrauchten Begriff des Gläubigerschutzverbandes zugrundegelegt. Diese Interpretation ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal sie auch in nachstehenden Überlegungen ihre Stütze findet:
§ 88 Abs. 1 KO und § 36 Abs. 1 AO reihen die bevorrechteten Gläubigerschutzverbände unter den Begriff der "freiwilligen Interessenvertretungen der Gläubiger" ein, wenn dort von den "freiwilligen Interessenvertretungen der Gläubiger (einschließlich der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände)" die Rede ist. Der Begriff der "freiwilligen Interessenvertretung", auch "Koalition" genannt, findet sich etwa auch in der Dogmatik des Arbeitsrechtes, wo er als eine freiwillig gebildete Vereinigung von Arbeitnehmern oder Arbeitgebern mit dem selbst gesetzten Ziel der Förderung und Wahrung der beruflichen Interessen ihrer Mitglieder zu verstehen ist (vgl. Tomandl, Arbeitsrecht I3, 27). Dieser Autor betont auch, daß das Vorliegen einer körperschaftlichen Verfassung einen für das moderne Österreich charakteristischen Zug des Vereinigungslebens darstellt. Die Bezeichnung der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände als freiwillige Interessenvertretungen der Gläubiger in § 88 Abs. 1 KO und § 36 Abs. 1 AO indiziert folglich das Erfordernis des Zusammenschlusses von Gläubigern zu solchen freiwilligen Interessenvertretungen.
Für diese Interpretation sprechen auch die zitierten Materialien (AB 268 BlgNR 2. GP), wonach die Bevorrechtung von Gläubigerschutzverbänden dem Mangel "entsprechender Organisation der Gläubigerschaft" entgegenwirken soll. Schließlich bezeichnen die Erläuterungen zur Ausgleichsnovelle 1934 die Einräumung des Kostenvorrechts als Maßnahme zur Förderung des "Zusammenschlusses der Gläubiger".
Aus all diesen Umständen ergibt sich, daß ein Gläubigerschutzverband im Sinne des Art. XI Abs. 1 EinfV KO eine körperschaftlich strukturierte Selbstschutzorganisation von Gläubigern, die ihre Mitglieder sind, voraussetzt, womit jedoch nicht ausgesagt ist, daß eine Vertretung bzw. Beratung auch von Nichtmitgliedern die Qualifikation einer solchen Vereinigung als Gläubigerschutzverband hinderte. Wenn der beschwerdeführende Verein schließlich darauf verweist, auch bei den beiden bestehenden Gläubigerschutzverbänden sei festzustellen, daß die tatsächliche Außenvertretung, Geschäftsführung und wesentliche Tätigkeit immer nur von wenigen Personen durchgeführt werde, so ist ihm zu entgegnen, daß nicht die Zahl der Organwalter das charakteristische Element für die Qualifikation einer juristischen Person als eines mitgliedschaftlich strukturierten "Verbandes" darstellt. Entscheidend hiefür ist vielmehr die gesetzlich oder statutarisch verankerte Beteiligung der Verbandsmitglieder an der Willensbildung sowie an der Bestellung, Kontrolle und Abberufung der Organe (also etwa die Rechte der Mitgliederversammlung als obersten Organes des Vereines (§ 13 VereinsG; Fessler/Keller, Österreichisches Vereinsrecht, 50); der Generalversammlung einer GesmbH gemäß §§ 15 Abs. 1, 20 Abs. 1 und 35 Abs. 1 GmbHG; der Generalversammlung einer Genossenschaft gemäß §§ 15, 19, 34 Abs. 1 GenG; wohl auch noch der Hauptversammlung der Aktionäre gemäß §§ 75 Abs. 4, 87 Abs. 1, 103 Abs. 2, 118 ff AktG). In bezug auf diese Rechte unterscheidet sich das Verhältnis des Mitgliedes eines "Verbandes" zu seinem "Verband" von jenem eines Kunden zu einem von ihm beauftragten Unternehmer (oder auch jenem des Benützers einer Anstalt bzw. des Begünstigten einer Stiftung zu dieser).
Dem beschwerdeführenden Verein ist lediglich insoweit beizupflichten, als ein spontaner Zusammenschluß von Gläubigern (eines einzelnen Konkursverfahrens) nicht gefordert ist, wie sich schon aus der Erwähnung des Kreditorenvereines vom Jahre 1870 in den Gesetzesmaterialien (RV 240 BlgNR 2. GP) ergibt. Das Erfordernis einer körperschaftlichen Organisation erhellt auch aus der Bestimmung des § 172 Abs. 3 KO, welcher von "satzungsgemäß berufenen Organen" bevorrechteter Gläubigerschutzverbände spricht.
Aus dem Vorgesagten folgt, daß die Vertretung oder Beratung von Gläubigern bloß aufgrund eines Auftragsverhältnisses durch eine natürliche oder durch eine juristische Person, deren Mitglieder die Kunden nicht sind, dieser nicht die Eigenschaft eines Gläubigerschutzverbandes verschafft, weil es an dem dafür erforderlichen Zusammenschluß von Gläubigern zu einer Organisation fehlt.
Darüber hinaus läßt der vom Gesetzgeber gewählte Begriff des "Verbandes" erkennen, daß es sich dabei um eine Organisation handeln muß, die aufgrund ihrer Mitgliederzahl oder -struktur (und nicht: Kundenzahl oder -struktur) zur Vertretung von Gläubigerinteressen in einer Vielzahl von Konkursverfahren berufen ist. Nur bei einer solchen Organisation erscheint die Einräumung der mit der Stellung eines bevorrechteten Gläubigerschutzverbandes verbundenen Begünstigungen der §§ 72 Abs. 2 und 3, 75 Abs. 3 Z. 4, 88 Abs. 1 und 172 Abs. 3 letzter Satz KO sowie der vergleichbaren Bestimmungen der Ausgleichsordnung sachlich gerechtfertigt. Dieses Auslegungsergebnis findet seine Stütze auch in den Gesetzesmaterialien zu § 23a AO (RV 240 BlgNR 2. GP), wo von einer "ausgebreiteten Organisation und der durch ihre Vertrauensmänner gewährleisteten Kenntnis der Branchenverhältnisse" gut geleiteter Gläubigerschutzverbände die Rede ist.
Aus diesen Erwägungen folgt, daß der beschwerdeführende Verein, selbst wenn er (neben der Betreuung seiner Kunden) auch die Gläubigerinteressen seiner fünf Mitglieder verfolgt, mangels repräsentativer Breite dieser letztgenannten Gläubigerinteressen - Feststellungen darüber, daß den fünf Mitgliedern des beschwerdeführenden Vereines aufgrund ihres Unternehmensgegenstandes bzw. ihrer Marktstellung eine herausragende Bedeutung als Gläubiger zugekommen sei, welche eine Beteiligung an zahlreichen Konkursverfahren erwarten habe lassen, wurden von der belangten Behörde nicht getroffen und werden vom beschwerdeführenden Verein auch nicht als fehlend reklamiert - kein Gläubigerschutzverband im Sinne des Art. XI Abs. 1 EinfV KO ist.
Der Auffassung Reimers (Die Stellung der Gläubigerschutzverbände in den österreichischen Insolvenzverfahren, in FS 100 Jahre Kreditschutzverband von 1870 (1970), 49), wonach es der Privatinitiative der Gläubiger überlassen bleibe, die Organisationsform des Gläubigerschutzverbandes zu wählen und dabei auch die Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gebraucht werden könne, schließt sich der Verwaltungsgerichtshof nach dem Vorgesagten nur mit der Maßgabe an, daß eine solche Gesellschaft mit beschränkter Haftung aufgrund ihrer Mitgliederzahl oder -struktur (also der Zahl und Struktur - z.B. Branchenstruktur - ihrer Gesellschafter) auch repräsentative Gläubigerinteressen vertritt.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber auch der Auffassung der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, der beschwerdeführende Verein habe sich nicht im Sinne des Art. XI Abs. 1 EinfV KO erfolgreich auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes betätigt.
Aus den vom beschwerdeführenden Verein vor dem Verfassungsgerichtshof vorgetragenen Gründen verbietet sich bei - auch vom beschwerdeführenden Verein nach seinem Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren für geboten erachteter - verfassungskonformer Interpretation des Art. XI Abs. 1 EinfV KO die Auslegung, daß die erfolgreiche Betätigung auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes gerade in jenem Bereich zu erfolgen hätte, der bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden vorbehalten ist, also im Bereich der Prozeßvertretung von Gläubigern im Konkursverfahren. Nur von solcher Vertretungstätigkeit ist ein nicht bevorrechteter Gläubigerschutzverband auf Basis der im Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 24. September 1991, 4 Ob 81/91, geäußerten Rechtsmeinung ausgeschlossen.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Auffassung, daß die erfolgreiche Betätigung eines (noch) nicht bevorrechteten Gläubigerschutzverbandes auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes gerade in jenem Bereich zu erfolgen hat, der für den historischen Gesetzgeber für die Zuerkennung der Bevorrechtung maßgebend war. Dies war nach den zitierten Gesetzesmaterialien zu § 23a AO die Hintanhaltung eines Mißbrauches der günstigen Situation des Schuldners während der Dauer des Ausgleichsverfahrens mit Hilfe der diesen Verbänden zur Verfügung stehenden ausgebildeten "Technik der kommerziellen, nicht nur rein buchmäßigen Prüfung der schuldnerischen Geschäftsgebarung" und ihrer "ausgebreiteten Organisation und der durch ihre Vertrauensmänner gewährleisteten Kenntnis der Branchenverhältnisse". Eine erfolgreiche Betätigung auf dem Gebiet des Gläubigerschutzes im Sinne des Art. XI Abs. 1 EinfV KO setzt daher insbesondere Tätigkeiten zur Ermittlung und Sicherung des Vermögens zum Vorteil aller Gläubiger, insbesondere die Analyse der Unternehmensbilanzen und die Forschung nach Gläubigerbegünstigungen bzw. -benachteiligungen voraus. Gerade diese Tätigkeiten hat der beschwerdeführende Verein auf Basis der insofern unbeanstandet gebliebenen Bescheidfeststellungen jedoch nicht entfaltet.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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