VwGH 95/19/0545

VwGH95/19/054526.3.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des am 30. November 1968 geborenen M in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Mai 1995, Zl. 301.308/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §10 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §20;
FrG 1993 §7 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §10 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §20;
FrG 1993 §7 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 11. Mai 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 20. September 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde vom Vorliegen von 17 rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen seit dem Jahre 1991 begangener Verwaltungsübertretungen unter anderem nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) und nach dem Kraftfahrgesetz (KFG) aus. Den Verwaltungsstrafen lägen im einzelnen folgende Übertretungen zugrunde: Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung (fünfmal), Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (fünfmal), "Nichtnachkommen der Lenkerpflichten" (fünfmal) und je einmal Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand und Nichtbeachten der Eisenbahnkreuzungsverordnung.

Durch das Begehen derartig schwerwiegender Verwaltungsübertretungen, wobei insbesondere die Übertretung nach § 5 Abs. 1 StVO (Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand) und die wiederholten Verstöße gegen § 64 Abs. 1 KFG, aber auch die zahlreichen Übertretungen nach § 20 Abs. 2 StVO bzw. § 52a Z. 10a StVO (Geschwindigkeitsüberschreitung) hervorzuheben seien, habe der Beschwerdeführer gezeigt, daß er nicht gewillt sei, die österreichischen Gesetze einzuhalten, sodaß durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und insbesondere Sicherheit gefährdet würde.

Im Hinblick auf die Bestimmung des Art. 8 MRK führte die belangte Behörde aus, im Beschwerdefall seien die öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers an der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung höher zu bewerten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung nach dem genannten Gesetz Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

In seinem Vorbringen vor dem Verwaltungsgerichtshof bestreitet der Beschwerdeführer das Vorliegen von

17 rechtskräftigen Verwaltungsübertretungen nicht, führt jedoch aus, die belangte Behörde sei eine Begründung für ihre Annahme schuldig geblieben, der Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG sei verwirklicht.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang rügt, die belangte Behörde habe lediglich eine Scheinbegründung vorgenommen, der angefochtene Bescheid lasse nicht erkennen, worin die tatsächlichen Gefährdungen öffentlicher Interessen gelegen sein sollen, ist ihm die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach - im Hinblick auf die von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehenden großen Gefahren für die Allgemeinheit und den Umstand, daß das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung zu den schwersten Verstößen gegen das KFG zählt - das diesen Bestrafungen zugrundeliegende Fehlverhalten die Annahme rechtfertigt, daß der weitere Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0593, und vom 3. November 1994, Zl. 94/18/0708).

Der Beschwerdeführer bringt vor, die Behörde sei bisher offenbar nicht von einer Gefährdung öffentlicher Interessen durch den Beschwerdeführer ausgegangen, weil sie in Kenntnis der Verwaltungsübertretungen des Beschwerdeführers nicht mit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn vorgegangen sei. Aus diesem Umstand kann nicht der rechtliche Schluß gezogen werden, einem Verlängerungsantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei jedenfalls stattzugeben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1298). Auch ist es nicht entscheidungsrelevant, daß ein Teil der von der Behörde für die Versagung der Aufenthaltsbewilligung herangezogenen Delikte bereits vor der vorangegangenen - im vorliegenden Fall am 20. April 1994 (Datum der Übertragung in das neue Reisedokument des Beschwerdeführers) erfolgten - Sichtvermerkserteilung begangen worden ist, weil das gesamte Verhalten des Fremden die im § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG umschriebene Annahme rechtfertigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 95/19/0340).

Dem Umstand, daß seit der letzten verwaltungsbehördlichen Bestrafung mehr als ein Jahr vergangen ist, kommt im Hinblick auf die Zahl und die Schwere der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden rechtskräftigen Verwaltungsübertretungen keine Bedeutung zu; dieser Zeitraum ist vielmehr zu kurz, um davon ausgehen zu können, der Beschwerdeführer werde sich in Zukunft keine einschlägigen Verwaltungsübertretungen mehr zuschulden kommen lassen.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, sein Lebensunterhalt sei gesichert, weil er einer geregelten Arbeit nachgehe und er verfüge über eine ortsübliche Unterkunft. Dies habe die belangte Behörde in ihre Erwägungen nicht einbezogen. Soweit diese Ausführungen dahingehend zu verstehen sind, dem Vorliegen eines Sichtvermerksversagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 FrG komme dann keine Bedeutung mehr zu, wenn der Lebensunterhalt und eine ordnungsgemäße Unterkunft für den Fremden gesichert seien, so ist dem entgegenzuhalten, daß ein dahingehender Wille des Gesetzgebers weder dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 AufG noch den Gesetzesmaterialien (XVIII. GP, BlgNR 525) entnommen werden kann (vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. März 1995, B 2259/94).

Dem Beschwerdeführer ist darin zuzustimmen, daß die persönlichen und familiären Verhältnisse des Fremden bei Vorliegen des Versagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG - wenn auch nicht im Rahmen einer Ermessensentscheidung - zu berücksichtigen sind.

Zu seinen persönlichen Verhältnissen bringt der Beschwerdeführer vor, er halte sich seit sechs Jahren rechtmäßig in Österreich auf, sei durchgehend in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis gestanden, verfüge über ein geregeltes Arbeitseinkommen und über eine ortsübliche Unterkunft. Auch habe er der Behörde eine Bescheinigung vorgelegt, daß sein Arbeitgeber an der weiteren Arbeitsleistung des Beschwerdeführers sehr interessiert sei.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde habe es unterlassen, eine konkrete Interessenabwägung vorzunehmen, vielmehr hätten auch die Bestimmungen der §§ 19 und 20 FrG Beachtung finden müssen, so ist ihm zu entgegnen, daß die genannten Bestimmungen kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nur bei Entscheidungen über die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und einer Ausweisung (bei letzterer allein § 19 FrG) anzuwenden sind, nicht hingegen etwa bei der Entscheidung über die Versagung eines Sichtvermerkes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1993, Zl. 93/18/0319). Der Feststellung der Behörde, der Beschwerdeführer habe keine familiären Bindungen zu in Österreich lebenden Personen, tritt dieser nicht entgegen. Die Umstände, daß der Fremde in dem Betrieb, in dem er beschäftigt ist, als Arbeitnehmer dringend gebraucht wird und daß er über eine ordnungsgemäße Wohnung in Österreich verfügt, sind zwar zugunsten des Fremden zu berücksichtigen, haben aber gegenüber dem dadurch in gravierender Weise beeinträchtigten öffentlichen Interesse zurückzutreten, daß dem Beschwerdeführer mehrfache schwerwiegende Übertretungen von Verwaltungsvorschriften zur Last liegen. Den im Heimatstaat des Fremden herrschenden politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen kommt im Rahmen der Interessenabwägung nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. u.a. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0593).

Angesichts der durch das Verhalten des Beschwerdeführers bewirkten schwerwiegenden Gefährdung öffentlicher Interessen (der öffentlichen Ordnung und insbesondere der öffentlichen Sicherheit) begegnet es daher keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde den maßgeblichen öffentlichen Interessen größeres Gewicht beimaß als den zweifellos gegebenen privaten Interessen des Beschwerdeführers an der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung.

Da sich somit die Beschwerde insgesamt als unbegründet erwies, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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