VwGH 95/19/0087

VwGH95/19/00879.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des S in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. April 1995, Zl. 4.306.278/12-III/13/95, betreffend Feststellung gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 AsylG 1991, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §5 Abs1 Z3;
FlKonv Art33 Abs2;
FrG 1993 §37 Abs4;
StGB §46 Abs1;
AsylG 1991 §5 Abs1 Z3;
FlKonv Art33 Abs2;
FrG 1993 §37 Abs4;
StGB §46 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vermeidung von Wiederholungen ist auf das hg. Erkenntnis vom 2. Februar 1995, Zl. 94/19/1391, zu verweisen; mit diesem wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 12. September 1994, Zl. 4.306.278/7-III/13/94, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Mit dem vorliegenden Ersatzbescheid vom 10. April 1995 stellte die belangte Behörde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 15. Juli 1994, Zl. 90 43 219-BAG, neuerlich gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 AsylG 1991 fest, daß hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers der im Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall der Genfer Flüchtlingskonvention genannte Tatbestand eingetreten sei.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem erwähnten Erkenntnis vom 2. Februar 1995 unter Bezugnahme (§ 43 Abs. 2 VwGG) auf das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1995, Zl. 94/01/0746, die Ansicht vertreten, daß nach der Wertung des österreichischen Gesetzgebers unter einem besonders schweren Verbrechen im Sinne des Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ein solches zu verstehen sei, das gemäß der österreichischen Rechtsordnung mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist. Bei dem dem Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang angelasteten Verbrechen des versuchten Raubes ist diese Voraussetzung für den Verlust von Asyl im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 3 AsylG 1991 gegeben.

Die rechtskräftige Verurteilung wegen eines besonders schweren Verbrechens in diesem Sinne zieht jedoch nicht bereits zwangsläufig die Annahme nach sich, daß der Betreffende eine qualifizierte Gefahr für die Gemeinschaft (vgl. § 37 Abs. 4 Fremdengesetz) bilde. Es bedarf hiefür einer entsprechenden Zukunftsprognose.

Im nunmehr bekämpften (Ersatz)bescheid ging die belangte Behörde - zusätzlich zu der Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach den §§ 15, 142 Abs. 1 StGB mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25. August 1993, AZ 13 Vr 1003/93, Hv 15/93 - von einer weiteren gerichtlichen Verurteilung wegen einer am 28. März 1991 verübten Sachbeschädigung (Urteil des Bezirksgerichts für Strafsachen Graz vom 30. Juli 1991, AZ 4 U 347/91), aus. Darüber hinaus sei wegen des zuletzt genannten Sachverhaltes gegen den Beschwerdeführer eine Strafverfügung wegen Anstandsverletzung erlassen worden. Am 31. Dezember 1991 sei der Beschwerdeführer weiters von Beamten der Bundespolizeidirektion Graz gemäß § 35 Z. 2 VStG vorläufig festgenommen worden, da er im Wachzimmer "Fuck Österreich" gesagt, auf den Boden gespuckt und mit den Händen vor dem Gesicht eines Beamten derart gestikuliert habe, daß dieser gezwungen gewesen sei auszuweichen, um nicht getroffen zu werden. Deshalb sei über den Beschwerdeführer gemäß Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- verhängt worden. Am 11. Dezember 1992 sei gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes des Vergehens der Sachbeschädigung eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Graz erstattet worden.

Aus diesem Sachverhalt schloß die belangte Behörde, daß die vom Beschwerdeführer gesetzten Delikte in ihrer Gesamtheit betrachtet eine Neigung des Beschwerdeführers zu aggressiven Handlungen erkennen ließen, aufgrund derer auch in Zukunft die Begehung strafbarer Handlungen nicht ausgeschlossen werden könne; es müsse daher im Falle des Beschwerdeführers von einer Gefahr für die Gemeinschaft ausgegangen werden.

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, ihm sei im Berufungsverfahren keine Gelegenheit gegeben worden, zu der ihm vorgehaltenen Anzeige wegen Sachbeschädigung am 11. Dezember 1992 Stellung zu nehmen, ist diese Verfahrensrüge nicht entscheidungswesentlich; auch bei Nichtberücksichtigung dieses Vorfalles hat die belangte Behörde - zumindest im Ergebnis - zutreffend entschieden.

Wenn der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides eine Zukunftsprognose vermißt, so ist er auf den Inhalt des bekämpften Bescheides zu verweisen, der eine derartige Prognose - wie dargelegt - sehr wohl enthält. Es trifft in diesem Zusammenhang zwar zu, daß eine Prognose - wie dies auch im erwähnten hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1995, Zl. 94/01/0746, ausgeführt wurde - im allgemeinen das Verhalten des Beschwerdeführers während und nach einer gerichtlichen Haft und seiner bedingten Entlassung daraus zu berücksichtigen hat, doch wurde in dem bezogenen Erkenntnis auch ausgeführt, daß die Gefährlichkeitsprognose im Rahmen der Entscheidung gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 AsylG 1991 unabhängig von etwaigen Prognosen im Zusammenhang mit einer bedingten Entlassung aus der gerichtlichen Strafhaft zu stellen ist. Die belangte Behörde konnte daher die von ihr vorgenommene Beurteilung der Gefährlichkeit auf das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers stützen und dabei Ereignisse einbeziehen, die vor Verhängung der gerichtlichen Haft lagen. Insbesondere ist darauf zu verweisen, daß eine gerichtliche frühere Verurteilung den Beschwerdeführer offenbar nicht abgehalten hat, eine noch schwerere Straftat zu setzen. Die von der belangten Behörde angestellte Gefährlichkeitsprognose ist daher nicht unschlüssig.

Soweit der Beschwerdeführer nähere Feststellungen zur Begehung dieser Straftat vermißt, legt er nicht dar, inwieweit diese Feststellungen auf die rechtliche Beurteilung von Einfluß sein sollten; auch der Gerichtshof vermag nach der Aktenlage den Umständen der Tat, die dem Beschwerdeführer als besonders schweres Verbrechen zur Last gelegt wurde, keine relevanten, für den Beschwerdeführer sprechenden Umstände zu entnehmen. Der Beschwerdeführer hat - nach dem Ausweis des bezogenen Urteiles des Landesgerichtes für Strafsachen Graz - nämlich zusammen mit einem weiteren, bereits einschlägig vorbestraften somalischen Staatsbürger auf offener Straße versucht, einen Pasanten dadurch auszurauben, daß er ihn "in die Zange nahm", wobei der Passant nach mehrfachen erfolglosen Versuchen trotz Gegenwehr schließlich niedergeschlagen wurde und die Tatausführung nur durch das Dazwischentreten zweier Zeugen unterblieb.

Der bekämpfte Bescheid erweist sich somit als nicht rechtsirrig und auch nicht mit sekundären Verfahrensmängeln behaftet.

Die Beschwerde war daher als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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