VwGH 95/18/1382

VwGH95/18/138218.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 11. Oktober 1995, Zl. SD 1253/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
SGG §12 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
SGG §12 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 11. Oktober 1995 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer, einen mazedonischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Auffassung der Erstbehörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz erfüllt und die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, werde von ihr als unbedenklich angesehen. Der Beschwerdeführer sei wegen des Verbrechens gemäß § 12 Abs. 1 Suchtgiftgesetz verurteilt worden. Diese Bestimmung pönalisiere das Erzeugen, Einführen, Ausführen oder Inverkehrsetzen großer Mengen Suchtgift. Aus der großen Menge (des Suchtgiftes) sei die besondere Sozialschädlichkeit und Gefährlichkeit der Handlungsweise des Beschwerdeführers erkennbar.

Mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes werde ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 Fremdengesetz bewirkt. Die Beurteilung, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit) dringend geboten sei, entspreche - im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität und die damit verbundene große Wiederholungsgefahr - der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Der Beschwerdeführer übersehe, daß eine Lebensgemeinschaft nicht unter dem Schutz des § 19 Fremdengesetz stehe und daher für sich allein eine Bedachtnahme auf § 20 Abs. 1 leg. cit. nicht erfordern würde. Der aufgrund der Dauer des Aufenthaltes in Österreich (sieben Jahre) gegebene Eingriff in sein Privatleben erfordere eine Beurteilung im Sinne des § 20 leg. cit. Dabei komme aber den Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf eine Lebensgemeinschaft bei weitem kein solches Gewicht zu wie auf eine Ehe. Es dürfe "nämlich überhaupt" nicht übersehen werden, daß bei Suchtgiftdelikten selbst bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht rechtswidrig sei. Die Berufungsbehörde sehe daher auch keinen Grund, Zeugen zum Beweis von Tatsachen zu vernehmen, die ohnedies nicht bezweifelt würden. "Dennoch sei, auch wenn es darauf nicht ankam, bemerkt, daß nicht einmal eine durch gemeinsamen Wohnsitz dokumentierte Lebensgemeinschaft besteht." Die Beweisanträge seien daher abzulehnen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer zieht unter Hinweis auf die über ihn verhängte Freiheitsstrafe von acht Monaten, bedingt auf drei Jahre, die Auffassung der belangten Behörde nicht in Zweifel, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz verwirklicht sei. Er bekämpft auch nicht die - zutreffende - Rechtsansicht der belangten Behörde, daß die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

Die Beurteilung, daß vorliegend die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit) dringend geboten sei, entspricht im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. Jänner 1994, Zl. 94/18/0002).

2. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung. In diesem Zusammenhang sei bemerkt, daß die belangte Behörde zwar vorerst eine Lebensgemeinschaft als "nicht unter dem Schutz des § 19 Fremdengesetz" stehend bezeichnete, dann dem Aufenthaltsverbot aber doch Auswirkungen auf die Lebensgemeinschaft zuerkannte und damit diese in die Abwägung miteinbezog. Wenn der Beschwerdeführer eine Gleichstellung einer Lebensgemeinschaft mit einer Ehe anspricht und weiters darauf verweist, gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. sei auch auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden abzustellen und die Interessenabwägung im Sinne einer "Gesamtschau" vorzunehmen, vermag er damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Denn nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. auch dazu das Erkenntnis Zl. 94/18/0002) ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes angesichts der mit der Suchtgiftkriminalität verbundenen erheblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht als rechtswidrig zu erkennen. Es erübrigt sich somit, die vom Beschwerdeführer angesprochene Bedeutung eines gemeinsamen Wohnsitzes für eine "quasi-familiäre Bindung" zu prüfen.

3. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sieht der Beschwerdeführer darin, daß die belangte Behörde seine künftige Lebenspartnerin nicht vernommen hat, welche "über den bisherigen Verlauf meines Aufenthaltes in Österreich, über die Frage der Integration Aufschluß geben und auch die Frage der Intensität der quasi-familiären oder sonstigen Bindungen erläutern" hätte können. Diese Zeugin hätte angeben können, inwiefern der Beschwerdeführer versuche, den einmaligen Fehltritt durch ein geordnetes integriertes Leben wettzumachen.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde durch den Hinweis, die (vom Beschwerdeführer behaupteten) Tatsachen ohnedies nicht zu bezweifeln, eine diesbezügliche Feststellung getroffen hat. Jedenfalls kommt im Hinblick auf die obigen Ausführungen zu II. 2. der auf das Ausmaß der Integration des Beschwerdeführers in Österreich Bezug nehmenden Verfahrensrüge keine Relevanz zu.

4. Da - wie ausgeführt - bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte