VwGH 95/18/0495

VwGH95/18/049512.11.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, in der Beschwerdesache des H T E, (geb. 28.7.1960), in Wien, vertreten durch Mag. Martin Spernbauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schubertring 8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. November 1994, Zl. SD 198/94, betreffend Feststellung nach § 54 des Fremdengesetzes, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §56;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §24;
ZustG §9 Abs1;
AVG §56;
VwGG §34 Abs1;
ZustG §24;
ZustG §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid vom 5. Juli 1994 stellte die Bundespolizeidirektion Wien als Erstbehörde auf Grund des Antrags des Beschwerdeführers vom 31. Jänner 1994 gemäß § 54 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, fest, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in der Türkei gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei.

In der dagegen eingebrachten Berufung schritt zunächst Frau Katharina Ammann in Wien als Vertreterin des Beschwerdeführers ein und berief sich dabei auf die vorgelegte, aus den Verwaltungsakten ersichtliche Vollmacht (Aktenblatt 162). Mit dieser Vollmacht wurde die Genannte auch "dazu ermächtigt", allenfalls im Namen des Beschwerdeführers "einen Rechtsbeistand beizuziehen". Ferner beinhaltete die der Genannten erteilte Vollmacht ausdrücklich auch eine Zustellvollmacht.

Innerhalb der Berufungsfrist brachte weiters Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Rainer in Wien eine "Berufungsergänzung" ein und berief sich dabei auf die ihm von der genannten Vertreterin erteilte Vollmacht.

Mit Bescheid vom 7. November 1994 bestätigte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) den genannten Erstbescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG.

Gegen den erstgenannten Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

2. Der Vollständigkeit halber ist noch folgendes festzuhalten:

Am 21. September 1995 beantragte der Beschwerdeführer beim Bundesminister für Inneres durch den genannten Rechtsanwalt den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung nach § 73 AVG auf diesen Bundesminister.

Mit Bescheid vom 7. Juli 1995 gab der Bundesminister für Inneres der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Erstbescheid statt, behob diesen Bescheid und verwies nach § 66 Abs. 2 AVG die Angelegenheit zur Wiederholung der mündlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Erstbehörde zurück.

Gegen diesen Bescheid vom 7. Juli 1995 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den genannten Rechtsanwalt, Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof. Dieses Beschwerdeverfahren wurde mit hg. Beschluß vom 21. Februar 1996, Zl. 95/21/0875, in Anbetracht der auf § 68 Abs. 2 AVG gegründeten Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. Oktober 1995 als gegenstandslos erklärt und das Beschwerdeverfahren eingestellt.

Schließlich stellte der Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 6. September 1996 fest, daß stichhaltige Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in der Türkei im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG bedroht sei.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde mangels Vorliegens eines gültig zugestellten Berufungsbescheides als unzulässig zurückzuweisen.

II.

Die Beschwerde erweist sich aus folgenden Gründen als unzulässig:

1. Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit derjenige Beschwerde erheben, der durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges. Nach Abs. 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, denen der Mangel der Berechtigung zur Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen. Eine Beschwerde ist nach § 34 Abs. 1 VwGG wegen fehlender Beschwerdeberichtigung immer dann zurückzuweisen, wenn der Verwaltungsgerichtshof zur Erkenntnis gelangt, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in seinem Recht nicht verletzt sein kann.

Für das Zustandekommen eines Bescheides ist es erforderlich, daß er erlassen wird. Erst mit seiner Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz. Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung bzw. Ausfolgung (§24 des Zustellgesetzes) zu erfolgen. Erlassen (oder: ergangen) ist ein Bescheid ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtswirksame Zustellung vorliegt. (Vgl. zum Ganzen den hg. Beschluß vom 18. Mai 1994, Zl. 93/09/0115.)

2. Der von der beschwerdeführenden Partei bekämpfte Bescheid ist ihr gegenüber nicht rechtswirksam erlassen worden.

Die Zustellung des angefochtenen Bescheides wurde nach Ausweis des Verwaltungsaktes nicht an den genannten Rechtsanwalt, sondern die Vertreterin des Beschwerdeführers verfügt (Aktenblatt Nr. 178); der angefochtene Bescheid wurde auf Grund dessen am 15. November 1994 für die Vertreterin hinterlegt (vgl. den Zustellnachweis Aktenblatt 178 verso).

Diese Vorgangsweise stand aber mit § 9 Abs. 1 des Zustellgesetzes nicht im Einklang, enthielt doch die vom Beschwerdeführer seiner Vertreterin erteilte Vollmacht auch ausdrücklich eine Zustellvollmacht, die infolge der von der Vertreterin dem Rechtsanwalt erteilten Vollmacht auf diesen überging.

Im Hinblick darauf hätte die Zustellung des angefochtenen Bescheides im Grunde des § 9 Abs. 1 des Zustellgesetzes an diesen Rechtsanwalt erfolgen müssen. Eine Heilung dieses Zustellmangels kam in Ansehung des § 9 Abs. 1 letzter Satz des Zustellgesetzes nicht in Betracht, weil der angefochtene Bescheid zwar dem Beschwerdeführer, der daraufhin die verfahrensgegenständliche Beschwerde einbrachte, nicht aber - wie der Devolutionsantrag des genannten Rechtsanwaltes vom 21. Jänner 1995 zeigt - dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Mangels rechtswirksamer Zustellung konnte der angefochtene Bescheid gegenüber dem Beschwerdeführer auch keine Rechtswirksamkeit entfalten.

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen (vgl. den schon zitierten Beschluß vom 18. Mai 1994).

4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 12. November 1998

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