VwGH 95/18/0138

VwGH95/18/01389.3.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des J in Wien, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 22. November 1994, Zl. SD 944/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 22. November 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der im Dezember 1991 illegal nach Österreich eingereiste Beschwerdeführer sei zweimal vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen Suchtgiftbesitzes, nämlich am 19. November 1993 zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, bedingt auf drei Jahre Probezeit, und am 1. April 1994 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bedingt auf drei Jahre Probezeit, rechtskräftig verurteilt worden. Damit lägen die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG vor. Das diesen Verurteilungen zugrunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers, der derzeit auch über keine Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet verfüge, und die dadurch bewirkte Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung rechtfertigten auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme.

Der Asylantrag des Beschwerdeführers sei rechtskräftig abgewiesen worden. Aufgrund seines nur kurzen Aufenthaltes in Österreich könne er sich nicht mit Erfolg auf einen hohen Grad seiner Integration berufen. Da er jedoch seit 17. August 1992 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei, liege ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener relevanter Eingriff in sein Privat- und Familienleben i.S. des § 19 FrG vor. Dessen ungeachtet sei aber das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten. Immerhin sei der Beschwerdeführer innerhalb weniger Monate zweimal wegen Suchtgiftbesitzes verurteilt worden, sodaß im Hinblick auf die damit verbundene enorme Wiederholungsgefahr eine Zukunftsprognose für ihn nicht positiv ausfallen könne. Angesichts der krassen Mißachtung der Bestimmungen des Suchtgiftgesetzes sei das Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen sowie zum Schutz der Volksgesundheit dringend geboten und daher im Grunde des § 19 FrG zulässig. Daran vermögen auch der Hinweis in der Berufung, der Beschwerdeführer habe sich nunmehr einer Drogentherapie unterzogen, nichts zu ändern, zumal die letzte Verurteilung erst wenige Monate zurückliege. Auch die gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmende Interessenabwägung gehe zu Ungunsten des Beschwerdeführers aus. Dem hier beeinträchtigten öffentlichen Interesse an der Verhinderung jeglicher Art der Suchtgiftkriminalität müsse das weitaus erheblichere Gewicht beigemessen werden als den mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzuweisen, daß der Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin schon allein deshalb kein entscheidendes Gewicht zukomme, weil der Beschwerdeführer aufgrund seines unberechtigten Asylantrages von vornherein nicht mit einem längerfristigen Aufenthalt in Österreich habe rechnen dürfen.

2. In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt aus diesen Gründen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers pflichtet der Gerichtshof der Auffassung der belangten Behörde bei, daß aufgrund des unbestritten gebliebenen maßgeblichen Sachverhaltes der unter I.1. genannten rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 (vierter Fall) FrG verwirklicht sei. Auch gegen die im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsmeinung, daß im Hinblick auf das den Verurteilungen zugrunde liegende Fehlverhalten die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, bestehen keine Bedenken.

2. Daß mit einem Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer - aufgrund seiner seit 17. August 1992 aufrechten Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin - ein im Grunde des § 19 FrG relevanter Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden ist, wurde von der belangten Behörde berücksichtigt und davon ausgehend die Frage des Dringend-geboten-seins i.S. dieser Bestimmung geprüft. Anders als die Beschwerde meint, stößt die Ansicht der belangten Behörde, daß das Aufenthaltsverbot aufgrund des dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Fehlverhaltens zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen, nämlich zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Gesundheit, dringend geboten sei, im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität - die Wiederholungsgefahr bei diesen Delikten entspricht der Lebenserfahrung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0555) - auf keinen Einwand.

3. Der Beschwerdeführer hält das Ergebnis der nach § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung mit dem Hinweis auf seine intensiven familiären Bindungen und den durch die Rechtsordnung gewährleisteten Schutz der "Einheit" und des "faktischen Zusammenlebens" von Familien für rechtswidrig. Dazu ist festzuhalten, daß die belangte Behörde auf die Ehe wie auch auf die Integration des Beschwerdeführers Bedacht nahm. Wenn sie letzterer keinen hohen Grad zubilligte, so ist dies im Hinblick auf die relativ kurze Dauer und die noch dazu - wie von der belangten Behörde festgestellt und im Sachverhaltsvorbringen der Beschwerde bestätigt - bloß zum Teil gegebene Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Beschwerdeführers nicht als rechtsirrig anzusehen. Aber auch die Auffassung der belangten Behörde, daß der Ehe des Beschwerdeführers deshalb kein erhebliches Gewicht zukomme, weil diese zu einer Zeit geschlossen worden sei, zu der sich der Beschwerdeführer lediglich aufgrund eines unberechtigten Asylantrages in Österreich aufgehalten habe, und er daher nicht mit einem längeren (rechtmäßigen) Aufenthalt im Bundesgebiet habe rechnen dürfen, ist sachverhaltsbezogen (unbestrittene rechtskräftige Abweisung des Asylantrages) nicht zu beanstanden. Den somit nicht allzu hoch zu veranschlagenden privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers stellte die belangte Behörde die von ihr zutreffend als sehr gewichtig eingeschätzten öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegenüber. Dem hiebei von ihr erzielten Ergebnis, daß die maßgeblichen öffentlichen Interessen bzw. die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als die gegenläufigen Interessen des Beschwerdeführers bzw. die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie (Gattin) haftet die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an; dies umsoweniger, als auf der Waagschale der beeinträchtigten öffentlichen Interessen auch der schon seit geraumer Zeit (April 1993) unerlaubte Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu berücksichtigen war.

4. Bei diesem Ergebnis ist den die unzureichende Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes in bezug auf die §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG geltend machenden Verfahrensrügen der Boden entzogen.

5. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

6. Aufgrund der Entscheidung in der Hauptsache erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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