VwGH 95/16/0156

VwGH95/16/015616.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des Dr. G in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (Berufungssenat I) vom 27. Februar 1995, Zl. GA 10 - 80/7/95 BS I - 50/94, betreffend Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37 impl;
AVG §45 Abs2;
BAO §167 Abs2;
BAO §208 Abs2;
BAO §93 Abs3 lita impl;
FinStrG §139;
FinStrG §31 Abs1;
FinStrG §31 Abs5;
FinStrG §98 Abs3;
VwGG §41 Abs1;
AVG §37 impl;
AVG §45 Abs2;
BAO §167 Abs2;
BAO §208 Abs2;
BAO §93 Abs3 lita impl;
FinStrG §139;
FinStrG §31 Abs1;
FinStrG §31 Abs5;
FinStrG §98 Abs3;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Erkenntnis vom 31. Jänner 1994 hat der Spruchsenat beim Finanzamt für den 1. Bezirk in Wien als Organ des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien den Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe im Bereich des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern "als Beteiligter dazu beigetragen, daß von dem infolge Selbstanzeige außer Verfolgung gestellten W im Jahr 1983 in Wien vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung von 948.230,-- S an Erbschaftssteuer bewirkt" worden sei. Er habe dadurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG als Beteiligter nach § 11 FinStrG begangen und werde hiefür nach § 33 Abs. 5 FinStrG mit einer Geldstrafe von 250.000,-- S (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Tage) bestraft. Nach der Begründung dieses Erkenntnisses sei folgender Sachverhalt als erwiesen anzunehmen: Am 3. August 1982 habe der Beschwerdeführer mit der (am 7. September 1982 verstorbenen) T ein Testament errichtet, in dem W als Alleinerbe eingesetzt worden sei. Am 19. August 1982 hätten sich der Beschwerdeführer und W in die Wohnung von T begeben, aus einem Versteck in einem Kasten Sparbücher, Bargeld und Pretiosen entnommen und all dies in die Notariatskanzlei des Beschwerdeführers verbracht. Dort sei eine Inventarliste aufgesetzt worden, in die jedoch ein Geldbetrag von S 300.000,-- nicht aufgenommen worden sei. W habe diesen Betrag mit Wissen des Beschwerdeführers sogleich an sich gebracht. Nach dem Ableben der T habe W am 29. Oktober 1982 die in der Inventarliste festgehaltenen Gegenstände vom Beschwerdeführer übernommen. Dabei habe der Beschwerdeführer dem W eröffnet, gegen Überlassung von zwei Sparbüchern mit einem Einlagestand von je S 50.000,-- könne er ihm eine Ersparung von Erbschaftssteuer verschaffen. W habe daraufhin dem Beschwerdeführer zwei derartige Sparbücher ausgefolgt. In das sodann im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens, welches der Beschwerdeführer als Bevollmächtigter des Zeugen W durchgeführt habe, erstattete eidesstättige Vermögensbekenntnis seien vom Beschwerdeführer und W wahrheitswidrig die Aktiva lediglich mit S 3.645,90 an Bargeld, zehn Sparbücher a S 50.000,-- und Schmuck sowie Goldmünzen im Wert von S 300.000,-- aufgenommen worden. Auf dieser Grundlage sei am 20. April 1983 beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern die Erbschaftssteuererklärung eingebracht worden, wobei von einem Reinnachlaß von S 668.489,12 ausgegangen worden sei. Mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern vom 1. Dezember 1983 sei sodann die Erbschaftssteuer mit S 140.565,-- bemessen worden. Am 22. Oktober 1986 habe W durch seinen Steuerberater Dr. S eine Selbstanzeige an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern erstattet, in der er bekanntgegeben habe, aus der Verlassenschaft nach T weitere Barmittel in Höhe von S 349.000,--, weitere Inhabersparbücher mit einem Einlagestand von insgesamt S 1,422.328,-- sowie weiteren Schmuck und weitere Goldmünzen im Wert von S 255.000,-- erhalten zu haben. Mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern vom 19. November 1986 sei sodann die Erbschaftssteuer mit S 1,012.795,-- bemessen worden. Mit neuerlichem Bescheid dieses Finanzamtes vom 21. Dezember 1987 sei diese Steuer endgültig mit S 1,088.795,-- festgesetzt worden. Durch die unrichtige Erbschaftssteuererklärung vom 20. April 1983 seien demnach S 948.230,-- an Erbschaftssteuer hinterzogen worden. Diese Sachverhaltsdarstellung gründe sich auf die bereits erwähnten Beweismittel sowie auf die glaubwürdigen (im Erkenntnis näher ausgeführten) Angaben der einvernommenen Zeugen, die die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers widerlegten. Rechtlich folge aus dem festgestellten Sachverhalt, daß durch die Erstattung des unrichtigen eidesstättigen Vermögensbekenntnisses mit Erlassung des Erbschaftssteuerbescheides vom 1. Dezember 1983 die oben festgestellte Verkürzung an Erbschaftssteuer bewirkt worden sei. Dadurch, daß der Beschwerdeführer als Erbenmachthaber an der Errichtung dieses eidesstättigen Vermögensbekenntnisses mitgewirkt und dem Zeugen W dargelegt habe, daß er sich damit die Entrichtung einer beträchtlichen Summe an Erbschaftssteuer erspare, habe er zu der von W begangenen Hinterziehung von Erbschaftssteuer im Sinne des § 11 FinStrG beigetragen. Da der Beschwerdeführer als Notar die rechtlichen Konsequenzen seiner Vorgangsweise gekannt habe, bestehe am vorsätzlichen Verhalten des Beschwerdeführers nicht der geringste Zweifel.

Gegen dieses Erkenntnis erhoben sowohl der Beschwerdeführer als auch der Amtsbeauftragte des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien Berufung. Der Amtsbeauftragte erhob, weil seiner Ansicht nach der Generalprävention im zu geringen Umfang Rechnung getragen worden sei, das Rechtsmittel gegen die zu geringe Höhe der Strafausspruches. Der Beschwerdeführer bekämpfte das Erkenntnis des Spruchsenates zunächst damit, daß die Selbstanzeige des W keine strafbefreiende Wirkung gehabt habe und dieser nicht als "Zeuge" einvernommen hätte werden dürfen. Insofern liege ein "Beweismittelverbot" vor. Weiters sei unter der Annahme, es handle sich bei den Vermögenswerten um solche, welche W schon vorher gehört hätten, nicht Erbschaftssteuer, sondern Schenkungssteuer hinterzogen worden. Bei den Wertgegenständen, welche nicht in das eidesstättige Vermögensbekenntnis aufgenommen worden seien, handle es sich um jene, welcher W aus der Wohnung der T noch zu deren Lebzeiten entnommen habe. W habe dazu bei seiner Zeugenvernehmung vor Gericht wörtlich angegeben: "Frau T hat dann zu mir gesagt, ich solle mir aus ihrer Wohnung holen, was ich brauche, wenn ich wolle, könne ich mir auch alles holen und behalten". In dieser Erklärung liege eine Schenkungserklärung, welche T gegenüber W noch zu ihren Lebzeiten abgegeben habe. Der Beschwerdeführer habe diese aus der Wohnung der T entnommenen Sachen von W zur Verwahrung übernommen, aber nicht für T, denn hiefür habe er ja weder einen Auftrag noch eine Ermächtigung von ihr erhalten. Er sei hinsichtlich dieser Vermögenswerte Verwahrer für W gewesen.

Das angefochtene Erkenntnis gehe weiters in wesentlichen Feststellungen von einer Aktenwidrigkeit aus und sei darüberhinaus mit entscheidenden Feststellungsmängeln behaftet.

Die wesentlichen Aktenwidrigkeiten seien folgende: Im Erkenntnis werde ausgeführt, W habe dem Beschwerdeführer zwei Sparbücher mit einem Einlagestand von je S 50.000,-- ausgefolgt, weil er ihm "eine Ersparung von Erbschaftssteuer verschaffen könne". Im darauffolgenden Satz stelle der Senat fest, daß in das "sodann" im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens erstattete Vermögensbekenntnis unvollständige Angaben aufgenommen worden seien. Dies sei aktenwidrig, denn die von W hiezu aufgestellten Behauptungen fänden sich auf Seite 8 des Protokolls über seine Zeugenaussage vor dem Strafgericht und dort bekunde W, daß sich dieser Vorfall mit den Sparbüchern "nach Erhalt der Einantwortung" abgespielt hätte. Ein Vermögensbekenntnis sei nun die verfahrensrechtliche Voraussetzung für die Erlassung der Einantwortungsurkunde, sodaß die gerügte Feststellung im Erkenntnis evident aktenwidrig sei. Weiter sei aktenwidrig, daß W durch seinen Steuerberater Dr. S eine Selbstanzeige erstattet habe, denn die Selbstanzeige stamme von der Steuerberatungsgesellschaft A. Weiters sei ein entscheidender Feststellungsmangel, daß eine durch Verkürzung der Erbschaftssteuer bewirkte Abgabenhinterziehung, für welche der Beschwerdeführer Beitragstäter sein soll, nicht durch den Inhalt des im Verlassenschaftsverfahrens gegenüber dem Nachlaßgericht erstatteten eidesstättigen Vermögensbekenntnisses begangen werde, sondern wohl erst durch die Verletzung der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht im Rahmen des Erbschaftssteuerverfahrens gegenüber der Abgabenbehörde. Im angefochtenen Erkenntnis fänden sich nun keine Feststellungen darüber, sondern es gehe der Spruchsenat rechtsirrig davon aus, daß es durch die Erstattung des unrichtigen eidesstättigen Vermögensbekenntnisses zu einer Verkürzung der Erbschaftssteuer gekommen wäre. Die Verkürzung der Erbschaftssteuer sei nicht durch das im Nachlaßverfahren erstattete eidesstättige Vermögensbekenntnis bewirkt worden, sondern durch jene Abgabenerklärung zur Bemessung der Erbschaftssteuer, wie diese von W unterschrieben und dem Finanzamt zur Bemessung der Erbschaftssteuer vorgelegt worden sei. Jener Teil der Begründung des Erkenntnisses, welcher den Schuldspruch rechtfertigen solle, erschöpfe sich in der Wiedergabe der unrichtigen Darstellung des W über jene Vermögenswerte, welche durch diesen in der Gegenwart des Beschwerdeführers aus der Wohnung der T entnommen worden seien, und in Schlußfolgerungen, welche der Spruchsenat aus diesen Bekundungen des W zur Verantwortung des Beschwerdeführers ziehe, wobei aber nicht beachtet werde, daß diese Schlußfolgerungen denknotwendig dann falsch sein müßten, wenn die Prämissen hiefür unrichtig seien. Der Spruchsenat habe in Verletzung der Verfahrensrechtes unterlassen, sich mit dem Vorbringen in den (in der Berufung näher bezeichneten) Schriftsätzen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. Der Beschwerdeführer erhebe sein Vorbringen sowie die diesbezüglichen Sach- und Beweisanträge, welche sich in den vorstehend bezeichneten Schriftsätzen befänden, zum Inhalt seiner Rechtsmittelschrift. Ferner setzte sich der Beschwerdeführer mit den einzelnen im Erkenntnis verwerteten Zeugenaussagen auseinander.

Mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung vom 27. Februar 1995 wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab. In der Begründung trat die belangte Behörde zunächst den Vorwürfen entgegen, W sei zu Unrecht als Zeuge einvernommen worden und seine Zeugenaussage dürfe im Strafverfahren nicht verwertet werden. Weiters heißt es in der Begründung, die Rechtsrüge, der Spruchsenat habe Erörterungen zur Frage unterlassen, ob die im unrichtigen Vermögensverzeichnis festgehaltenen Vermögenswerte dem W nicht auf rechtsgültige Weise von T geschenkt worden seien, kranke daran, daß sie nicht von den Feststellungen des Spruchsenates ausgehe. Völlig willkürlich werde der bereits zitierte Satz der T aus dem Zusammenhang gehoben und die darüber hinausgehende Aussage W vernachlässigt, wonach er eine solche als Schenkung zu wertende Vorgangsweise abgelehnt und die Wertsachen nur deshalb gemeinsam mit dem Beschwerdeführer aus der Wohnung geholt und bei diesem belassen habe, weil er sie im Sinne der Befürchtungen der T vor unredlichen Zugriffen sichern habe wollen. Daß er sich außer einigen Münzen nichts habe schenken lassen, ergebe sich klar aus der Aussage des W. Im übrigen blieben die Berufungsausführungen einen auch nur entfernt schlüssigen Hinweis dafür schuldig, wieso W geschenkte Wertsachen nicht sogleich an sich genommen und selbständig verwahrt haben sollte, sondern beim Beschwerdeführer belassen habe. Dagegen sei schlüssig mit der Aussage W zu erklären, daß nur ein Teil der in der Wohnung der T vorgefundenen Vermögenswerte im eidesstättigen Vermögensverzeichnis Aufnahme gefunden habe, weil auf diese Weise die volle Entrichtung der Erbschaftssteuer vermieden werden sollte. Zutreffend mache der Beschwerdeführer geltend, daß die Hinterziehung der Erbschaftssteuer nicht unmittelbar durch Errichtung eines unrichtigen eidesstättigen Vermögensbekenntnisses herbeigeführt worden sei, sondern erst durch die unrichtige Erklärung der Erbschaftssteuer. Dies habe für den Beschwerdeführer aber nicht die von ihm dargelegte Konsequenz, wonach ihm eine Beitragstäterschaft nicht angelastet werden könne. Denn Beitragstäter sei jeder, der zum Gelingen einer strafbaren Handlung beitrage, mithin deren Tatbildverwirklichung ermögliche, erleichtere, absichere oder sonst fördere. Eben dies sei aber durch die Errichtung eines unrichtigen eidesstättigen Vermögensverzeichnisses geschehen, weil ohne dessen mit der Erbschaftssteuererklärung korrespondierenden Unrichtigkeit eine Verkürzung der Erbschaftssteuer in der Tat nicht hätte bewerkstelligt werden können. Eine Divergenz zwischen Vermögensverzeichnis und Steuererklärung hätte sofort auffallen müssen. Darüberhinaus sei hervorzuheben, daß den Beschwerdeführer auf Grund der Feststellungen des Spruchsenates rechtlich nicht nur der Vorwurf der Beitragstäterschaft, sondern auch jener der Bestimmungstäterschaft treffe, weil er es gewesen sei, der dem Steuerpflichtigen nahegelegt habe, auf die bereits dargestellte Weise Erbschaftssteuer zu hinterziehen. Dieses Verhalten stelle aber die Verwirklichung auch der zweiten Alternative des § 11 FinStrG dar. Selbst wenn man darin bloß die Bestärkung eines zur Tat bereits entschlossenen Steuerpflichtigen erblicken wollte, liege darin ein intellektueller Tatbeitrag im Sinn der dritten Alternative des § 11 FinStrG. Auch insoweit erweise sich daher die Rechtsauffassung des Beschwerdeführers als nicht stichhältig. Entgegen seiner Meinung komme es bei einem Tatbeitrag nach einhelliger Judikatur nicht auf die unmittelbare zeitliche Nähe zur Ausführung, sondern vielmehr nur darauf an, ob und inwieweit durch den Beitrag das Gelingen der Tat gefördert worden sei. Daß aber bei der gewählten Vorgangsweise ohne den Tatbeitrag des Beschwerdeführers die Hinterziehung von Erbschaftssteuer nicht gelungen wäre, habe der Spruchsenat zutreffend festgestellt. Diesem sei auch darin beizupflichten, daß sich für die Richtigkeit des Einwandes des Beschwerdeführers, die in der Wohnung der T aufgefundenen Vermögenswerte hätten gar nicht T, sondern vielmehr W gehört, nicht die geringsten Anhaltspunkte finden ließen. Alle übrigen Ausführungen der Berufung würden auf eine Bekämpfung der Glaubwürdigkeit der belastenden Aussage des W als Zeugen hinauslaufen. In diesem Zusammenhang könne dem Beschwerdeführer nur in seiner Auffassung beigepflichtet werden, daß für die entscheidenden, den Schuldspruch tragenden Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses allein die Bekundungen des W als Zeuge maßgeblich seien, während von den übrigen Aussagen bloß Randprobleme betroffen seien. In der Begründung folgt sodann die Auseinandersetzung mit der Richtigkeit und Glaubwürdigkeit der Zeugenaussage des W.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich - aus der Beschwerde erkennbar - in seinem Recht auf Nichtbestrafung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wenn der Beschwerdeführer die Ansicht vertritt, es sei den Finanzstrafbehörden rechtlich untersagt gewesen, W als Zeugen einzuvernehmen und dessen Aussagen zu verwerten, weil der Eintritt seiner Straffreiheit durch seine Selbstanzeige ausgeschlossen gewesen sei, dann zeigt er damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.

Gemäß § 98 Abs. 1 FinStrG kommt als Beweismittel im Finanzstrafverfahren unbeschadet des Abs. 4 alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Nach § 98 Abs. 4 leg. cit. dürfen Beweismittel, die unter Verletzung der Bestimmungen des § 84 Abs. 2 erster und letzter Satz, des § 89 Abs. 3, 4, 8 oder 9, des § 103 lit. a bis c oder des § 106 Abs. 2 gewonnen wurden, zur Fällung des Erkenntnisses (der Strafverfügung) zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten nicht herangezogen werden.

Nach § 84 Abs. 2 erster und letzter Satz FinStrG dürfen Beschuldigte und Nebenbeteiligte zur Beantwortung der an sie gestellten Fragen nicht gezwungen werden. Beschuldigte und Nebenbeteiligte dürfen nicht durch Zwangsstrafen zur Herausgabe von Tatgegenständen und Beweismitteln verhalten werden.

Im § 89 Abs. 3, 4, 8 und 9 FinStrG ist die Beschlagnahme bestimmter Beweismittel geregelt. Gemäß § 103 FinStrG dürfen bestimmte Personen als Zeugen nicht einvernommen werden, wobei W offenkundig nicht unter diesen Personenkreis fällt. Nach § 106 Abs. 2 FinStrG dürfen Zeugen, abgesehen von Zwangsstrafen, zur Beantwortung der an sie gestellten Fragen nicht gezwungen werden.

Demnach bestand für die Aussage des W kein Verwertungsverbot. Es kann daher im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob die Finanzstrafbehörde W als Zeugen einvernehmen durfte oder ob dieser als Verdächtiger zu hören gewesen wäre. Durch die Einvernahme als Zeuge wird seine unter Wahrheitspflicht abgegebene Aussage, welcher der Beschwerdeführer nicht konkret widerspricht, im Rahmen der Beweiswürdigung allerdings nicht unbedeutender. Die Finanzstrafbehörde konnte sich jedenfalls auf die Zeugeneinvernahme des W als Beweismittel stützen und diese ihrer rechtlichen Würdigung unterziehen.

Nach § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

Die Bestimmung des § 98 Abs. 3 FinStrG, wonach die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht, bedeutet nicht, daß dieser in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Diese Regelung hat nur zur Folge, daß die Würdigung der Beweise keinen anderen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Es obliegt dem Verwaltungsgerichtshof in den Fällen, in denen die Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Erledigung gelangte, insbesondere zu prüfen, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen oder auf logisch unhaltbaren Schlüssen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zustandegekommen sind. Somit wird also vom Verwaltungsgerichtshof geprüft, ob das Ergebnis der von der Behörde durchgeführten Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens in Einklang steht und die Sachverhaltsannahme der Behörde in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren gewonnen wurde (vgl. hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 1990, Zl. 90/16/0031).

Unter diesen Gesichtpunkten ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig zu erkennen. Im übrigen handelt es sich bei der behaupteten Aktenwidrigkeit in Wahrheit ebenfalls nur um die Frage der Beweiswürdigung.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, der angefochtene Bescheid weise Begründungsmängel auf, ist darauf hinzuweisen, daß die Begründung des Bescheides anzugeben hat, welche Tatsachen die Finanzstrafbehörde als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen hat und aus welchen Erwägungen dies geschehen ist, ferner von welchen Erwägungen sie bei der Würdigung der vorgebrachten Einwendungen und bei der Entscheidung der Rechtsfragen geleitet wurde (vgl. hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1989, Zl. 88/16/0191).

Der angefochtene Bescheid genügt diesen Begründungserfordernissen. Die belangte Behörde hat hinreichend dargelegt, aus welchen Gründen sie zu der mit dem angefochtenen Bescheid getroffenen Entscheidung gekommen ist. Sie ist dabei auch auf die Ausführungen in der Berufung eingegangen und hat das auf die Bekämpfung der Glaubwürdigkeit des Zeugen gerichtete Vorbringen unter schlüssiger Darstellung der dafür maßgebenden Umstände ausdrücklich verworfen. Ein wesentlicher Begründungsmangel liegt somit entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht vor.

Auch die Einrede der Verjährung erweist sich als unbegründet.

Gemäß § 31 Abs. 1 FinStrG erlischt die Strafbarkeit eines Finanzvergehens durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Gehört zum Tatbestand ein Erfolg, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dessen Eintritt zu laufen. Sie beginnt aber nie früher zu laufen als die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgabe, gegen die sich die Straftat richtet.

Nach § 31 Abs. 5 FinStrG erlischt die Strafbarkeit jedenfalls, wenn seit dem Beginn der Verjährungsfrist bei Finanzvergehen, für deren Verfolgung das Gericht zuständig ist 15 Jahre, bei Finanzvergehen, für deren Verfolgung die Finanzstrafbehörde zuständig ist, 10 Jahre verstrichen sind.

Der Beginn der Festsetzungsverjährungsfrist betreffend Erbschaftssteuer ist für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Anzeige bei der Abgabenbehörde im § 208 Abs. 2 BAO geregelt:

"Wird ein der Erbschafts- und Schenkungssteuer oder der Grunderwerbsteuer unterliegender Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß der Abgabenbehörde angezeigt, so beginnt die Verjährung des Rechtes zur Festsetzung dieser Abgaben nicht vor Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenbehörde von dem Erwerbsvorgang Kenntnis erlangt."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes heißt ordnungsgemäß angezeigt zeitgerecht, richtig, vollständig und bei der zuständigen Behörde angezeigt. Nach dieser Bestimmung wird der Lauf der Festsetzungsverjährungfrist erst dann in Gang gesetzt, wenn der zuständigen Abgabenbehörde durch entsprechende Meldungen, Erklärungen usw. durch den hiezu Verpflichteten alle den steuerpflichtigen Tatbestand bildenden Umstände und Verhältnisse bekannt geworden sind, das heißt, wenn die Abgabenbehörde vom steuerpflichtigen Erwerbsvorgang tatsächlich in einer Weise und in einem Umfang davon Kenntnis erlangt hat, daß ein vollständiges Bild über den abgabenrechtlich relevanten Sachverhalt gewonnen werden kann und demgemäß eine sachgerechte Festsetzung objektiv möglich ist (vgl. z.B. hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 1993, Zlen. 93/16/0026, 0027). Für die Festsetzungsverjährungsfrist kommt es demnach auf den Zeitpunkt an, in dem die Abgabenbehörde von dem Erwerbsvorgang vollständig Kenntnis erlangt hat (vgl. hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1983, Zlen. 82/16/0158, 0159). Wird ein Erwerbsvorgang zwar angezeigt, das tatsächlich Erworbene aber nur unvollständig angegeben, so ist der Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß angezeigt (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 92/16/0114).

Die Behörde hat frühestens auf Grund der Anzeige des W im Jahre 1986 ein vollständiges Bild über die tatsächliche Erbschaft erhalten. Somit hat erst mit Ende 1986 die Festsetzungsverjährungsfrist nach § 208 Abs. 2 BAO und damit auch die Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 1 FinStrG zu laufen begonnen. Die zehnjährige Verjährungsfrist endet daher nach § 31 Abs. 5 FinStrG erst Ende 1996. Demnach war die Verjährung der Strafbarkeit entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde noch nicht eingetreten.

Aus den angeführten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Mit der Entscheidung in der Sache ist der Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte