Normen
ABGB §1357;
ABGB §891;
AngG §23 Abs1;
ArbAbfG 1979 §2 Abs1;
BewG 1955 §6 Abs1;
BewG 1955 §64 Abs1;
EStG 1972 §14 Abs1;
EStG §14 Abs1;
HGB §198 Abs8 Z4;
ABGB §1357;
ABGB §891;
AngG §23 Abs1;
ArbAbfG 1979 §2 Abs1;
BewG 1955 §6 Abs1;
BewG 1955 §64 Abs1;
EStG 1972 §14 Abs1;
EStG §14 Abs1;
HGB §198 Abs8 Z4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die belangte Behörde stellte mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid im Instanzenzug den Einheitswert des Betriebsvermögens der beschwerdeführenden Partei jeweils zum 1. Jänner der Streitjahre fest. Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei anerkannte die belangte Behörde dabei die geltend gemachten Rückstellungen für Abfertigungen zum 1. Jänner 1986 bis 1. Jänner 1988, die Rückstellung für eine Bürgschaft zum 1. Jänner 1988 und die Rückstellung für so genannte "Prozesskosten" zum 1. Jänner 1985 bis 1. Jänner 1988 nicht als abziehbare Schulden im Sinne des § 64 Abs. 1 Bewertungsgesetz 1955.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Rückstellung für Abfertigung:
Die Beschwerdeführerin vertritt unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1994, 91/14/0110, die Auffassung, die Rückstellung für Abfertigungen sei zu Recht vorgenommen worden, weil es sich um die Abfertigungen für Personen handle, die vor dem Bilanzstichtag der beschwerdeführenden Partei von der Beendigung des Dienstverhältnisses wegen Übertrittes in den Ruhestand Mitteilung gemacht hätten und deren Dienstverhältnis in der Folge nach dem Bilanzstichtag aber vor dem Bilanzerstellungstag tatsächlich geendet habe.
Die belangte Behörde führte dazu aus, die von der beschwerdeführenden Partei herangezogenen Rechtssätze aus dem hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1994, 91/14/0110, hätten zwar im Rahmen des Ertragssteuerrechtes ihre Berechtigung, seien aber auf das Bewertungsrecht nicht übertragbar, weil für die Einheitsbewertung die Grundsätze der statischen Bilanztheorie gelten. Der Abfertigungsanspruch stelle nach der ständigen Rechtsprechung eine aufschiebend bedingte Last dar, für die der Abzug als Schuld im Sinne des § 64 Bewertungsgesetz ausgeschlossen sei.
Der Auffassung der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 11. März 1983, 81/17/0048, mit ausführlicher Begründung dargelegt, dass Vorsorgen für Abfertigungen keiner am Bewertungsstichtag bestehenden Verbindlichkeit entsprechen und daher für einen Abzug als Schulden im Sinne des § 64 Abs. 1 Bewertungsgesetz nicht in Betracht kommen. An dieser Rechtsauffassung hielt der Verwaltungsgerichtshof auch in der Folge trotz der in der Literatur geäußerten Kritik an dieser Rechtsprechung (vgl. Jabornek-Strasser, Die bewertungsrechtliche Behandlung von Abfertigungsansprüchen aus zivilrechtlicher und arbeitsrechtlicher Sicht, ÖStZ 1984, 114 ff) fest (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. März 1988, 87/13/0148, vom 26. November 1990, 89/15/0052, und vom 20. Oktober 1993, 92/13/0110). Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die von der Beschwerdeführerin herangezogenen Rechtssätze des Erkenntnisses vom 5. Juli 1994, 91/14/0110, zum EStG 1972 ergangen sind und daher für das Bewertungsrecht keine Geltung haben. Die unterschiedliche Behandlung von Abfertigungsansprüchen im Bereich des Handelsrechts, des Bilanzsteuerrechtes und des Bewertungsrechtes sind in den jeweils anzuwendenden Gesetzen begründet. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die in den zitierten Erkenntnissen dargelegte Rechtsauffassung auch auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden. Der Verwaltungsgerichtshof (vgl. etwa das oben zitierte Erkenntnis vom 26. November 1990, 89/15/0052) hat in Übereinstimmung mit der Judikatur des OGH und einen Teil der Lehre (vgl. zuletzt Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht, 7. Auflage, Seite 335) immer die Auffassung vertreten, dass der Abfertigungsanspruch nicht bereits mit der Auflösungshandlung, hier also Kündigung vor dem Bilanzstichtag, entsteht, sondern erst mit dem rechtlichen Erlöschen des Arbeitsverhältnisses, wie hier nach Ablauf der Kündigungsfrist nach dem Bilanzstichtag. Entscheidend ist, dass erst zu diesem Zeitpunkt der Abfertigungsanspruch entsteht, wenn sämtliche gesetzlichen Voraussetzungen verwirklicht sind. Ob, wie die Beschwerdeführerin meint, mit dem Ausspruch der Kündigung die Parteien des Arbeitsvertrages ein Recht auf Beendigung des Dienstverhältnisses haben, kann dahingestellt bleiben, weil es darauf nicht ankommt.
Rückstellung für eine Bürgschaft:
Die Beschwerdeführerin übernahm für einen der Foto Handels GmbH von einer Sparkasse gewährten Kredit die Bürgschaft. Die Sparkasse stellte mit dem an den Kreditschuldner gerichteten Schreiben vom 4. Dezember 1987 den Kredit per 15. Dezember 1987 fällig. Mangels Zahlung wurde gegen den Kreditschuldner die mit 21. Dezember 1987 datierte Klage aus dem Kreditvertrag eingebracht. Die Beschwerdeführerin wurde von diesen Schritten verständigt.
Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, die Fälligstellung der Schuld gegenüber dem Hauptschuldner gelte auch gegen den Bürgen und Zahler. Dieser hafte als Mitschuldner für die ganze Schuld gemäß § 1357 ABGB im Zusammenhang mit § 891 ABGB. Durch den fruchtlosen Ablauf der Zahlungsfrist am 15. Dezember 1987 sei die Schuld der Beschwerdeführerin entstanden.
Die belangte Behörde vertritt dagegen die Auffassung, die Sparkasse habe die Forderung vor dem Bilanzstichtag lediglich beim Hauptschuldner gemahnt (4. Dezember 1987) und eingeklagt (21. Dezember 1987), nicht jedoch gegenüber der Beschwerdeführerin. In Ermangelung einer Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin vor dem Bilanzstichtag könne der strittige Betrag bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens nicht als Schuldpost berücksichtigt werden. Die Beschwerdeführerin sei nach dem unstrittigen Sachverhalt tatsächlich erst nach dem 1. Jänner 1988 von der Sparkasse in Anspruch genommen worden.
Der Auffassung der Beschwerdeführerin kann nicht beigetreten werden. Die Bürgschaft dient der Sicherstellung einer fremden Schuld. Die Verpflichtung zur Erfüllung der fremden Schuld hängt davon ab, ob eine Inanspruchnahme durch den Gläubiger erfolgt. Vor der Inanspruchnahme ist diese Verpflichtung aufschiebend bedingt und daher bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens gemäß § 6 Bewertungsgesetz nicht zu berücksichtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1973, 1539/72). Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses kann daran nichts ändern. Weder die Mahnung noch die Klageerhebung gegen den Kreditschuldner stellt eine Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin als Bürge und Zahler dar.
Rückstellung für "Prozesskosten":
Zwischen der Beschwerdeführerin und Alphons B. bestand ein Lizenzvertrag. Nach Beendigung dieses Vertrages machte Alphons B. gegenüber der Beschwerdeführerin Schadenersatz aus diesem Vertrag geltend. In den gerichtlichen Verfahren klagte Alphons B. Beträge zwischen S 9,5 Mio. und S 95 Mio. ein. Zeitweise wurden mehrere Verfahren parallel geführt. In dem fast 40 Jahre (nach Vorbringen der Beschwerdeführerin im Antrag auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz) geführten Verfahren wurde der Anspruch des Alphons B. von der Beschwerdeführerin nie anerkannt und erging keine eine Zahlungspflicht der Beschwerdeführerin aussprechende gerichtliche Entscheidung. Hingegen wurden Teile der geltend gemachten Klagsforderung wegen Verjährung abgewiesen und letztlich mit Beschluss vom 21. April 1989 die Gewährung der Verfahrenshilfe für Alphons B. abgelehnt.
Die Beschwerdeführerin machte in den Streitjahren eine Rückstellung in Höhe von S 5 Mio. für Prozessrisiko geltend. In der Beschwerde macht sie dazu geltend, sie sei auf Grund des Lizenzvertrages geklagt worden. Es sei lediglich die Forderung der Höhe nach strittig gewesen, nicht jedoch dem Grunde nach. Es würde jedem vernünftigen Rechtsverständnis widersprechen, wenn die Justizverwaltung einem Kläger über 40 Jahre hindurch Verfahrenshilfe bei der Durchsetzung seiner Forderung gewähre, wenn keinerlei Verpflichtung oder Rechtsgrund vorliege. Erst nach Erkennen der Aussichtslosigkeit der Forderungsansprüche habe das Gericht mit Beschluss vom 21. April 1989 den Antrag des Prozessgegners auf neuerliche Verfahrenshilfe abgelehnt. Auf Grund der gerichtlichen Geltendmachung der Forderung könne es sich keinesfalls um eine aufschiebend bedingte sondern höchstens um eine auflösend bedingte Last handeln.
Die belangte Behörde führte im angefochtenen Bescheid aus, es fehle bereits an der Voraussetzung, dass am Bewertungsstichtag eine echte Verbindlichkeit bestanden habe, und vor allem, dass die Beschwerdeführerin am Bewertungsstichtag mit der Geltendmachung der Forderung ernstlich habe rechnen müssen. Es bestehe eine Last (Schadenersatzforderung an Lizenzgebühren), deren Entstehen vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhänge, weshalb der geltend gemachte Betrag bei der Ermittlung des Einheitswertes des Betriebsvermögens nicht zu berücksichtigen sei. Es gebe keine sachverständige oder gerichtliche Feststellung, die die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Erfüllung der gegen sie erhobenen Forderung dem Grunde nach begründe.
Im Ergebnis kann auch dazu der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Der Beschwerdeführerin ist zuzugestehen, dass die Ausführungen im Bescheid, es sei nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin am Bewertungsstichtag mit der Geltendmachung der Forderung ernstlich habe rechnen müssen, missverständlich sind. Die belangte Behörde wollte damit, wie im Zusammenhang erkennbar ist, zum Ausdruck bringen, dass am Bewertungsstichtag weder ein Anerkenntnis dieser Forderung durch die beschwerdeführende Partei, noch Verfahrensergebnisse vorlagen, die für eine echte, zumindest dem Grunde nach bestehende Verbindlichkeit gesprochen hätten. Ausgehend von dieser unstrittigen Sachverhaltsannahme ist die belangte Behörde aber im Recht. Es kommt nämlich für die Behandlung einer Rückstellung als bei der Einheitsbewertung abzugsfähige Schuld grundsätzlich darauf an, ob am Bewertungsstichtag bereits eine echte Verbindlichkeit entstanden ist. Im Hinblick auf die Maßgeblichkeit der Verhältnisse im Feststellungszeitpunkt kann eine Rückstellung für mögliche und künftige Belastungen aus Haftungsverpflichtungen bewertungsrechtlich nicht als Schuldpost anerkannt werden (vgl. das oben zitierte Erkenntnis vom 3. Juli 1973). Ungewisse Schulden sind demnach bei der Bewertung des Betriebsvermögens nicht abzugsfähig.
Die beschwerdeführende Partei wurde somit durch den Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 14. Dezember 2000
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