VwGH 95/14/0102

VwGH95/14/010230.11.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des K L in L, vertreten durch Dr. Alfred Windhager, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Flußgasse 15, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 11. Juli 1995, 233/16-10/F-1995, betreffend Nachsicht der Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1992 von

82.945 S, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §119 Abs1;
BAO §20;
BAO §236 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
VwRallg;
BAO §119 Abs1;
BAO §20;
BAO §236 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, der im März 1993 seine gewerbliche Tätigkeit als Warenpräsentator aufgab, bezog ab April 1993 Notstandshilfe.

Der Erklärung des Beschwerdeführers folgend erließ das Finanzamt am 29. September 1993 in Rechtskraft erwachsene Bescheide betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1992, woraus mangels Vorauszahlungen Abgabenschulden von 82.945 S resultierten.

Am 15. November 1993 beantragte der Beschwerdeführer die Nachsicht der eben erwähnten Abgabenschulden, wobei er zunächst ausführte, er habe seine Tätigkeit als Warenpräsentator aufgeben müssen, weil zuletzt die Ausgaben die Einnahmen überstiegen hätten. Er beziehe derzeit nur Notstandshilfe von monatlich rund 5.000 S. Außerdem habe er durch ein unverständliches, nachweislich rechtswidriges Urteil in einem Zivilprozess einen Schaden von mindestens 70.000 S erlitten. Zudem sei ein Großteil des im Jahr 1992 von ihm erwirtschafteten Einkommens von einer Bank einbehalten worden. Er schulde der Bank noch immer 20.000 S. Er sei daher nicht in der Lage, die aushaftenden Abgabenschulden zu entrichten.

Am 14. Juni 1994 teilte der Beschwerdeführer mit, wie sich aus dem bisherigen Verfahren und seinen Anzeigen gegen mehrere Richter ergebe, sei ihm vom LG Linz übel mitgespielt worden. Er habe auf Grund eines Fehlurteiles des LG Linz einen Schaden von rund 220.000 S erlitten, der mit den aushaftenden Abgabenschulden aufzurechnen sei.

Mit Bescheid vom 23. März 1995 wies das Finanzamt den Antrag auf Nachsicht der Abgabenschulden von 82.945 S mit der Begründung ab, der Beschwerdeführer beziehe derzeit ein Gehalt von monatlich rund 20.000 S, weswegen weder seine wirtschaftliche Existenz noch sein Nahrungsstand durch die Entrichtung der aushaftenden Abgabenschulden gefährdet sei. Überdies hätte dem Beschwerdeführer bekannt sein müssen, dass für das Jahr 1992 mit einer Abschlusszahlung zu rechnen sei, weswegen er Vorsorge für die Entrichtung der Abgabenschulden hätte treffen können. In der Entrichtung erklärungsgemäß festgesetzter Abgabenschulden könne für sich allein keine Unbilligkeit erblickt werden.

Mit Berufung vom 29. März 1995 wandte der Beschwerdeführer ein, sein Dienstverhältnis werde mit 31. März 1995 beendet werden, weswegen ihm ab April 1995 nur mehr Arbeitslosengeld von monatlich rund 7.700 S zur Verfügung stehen werde. Bei Entrichtung der Abgabenschulden sei daher sowohl seine wirtschaftliche Existenz als auch sein Nahrungsstand gefährdet. Allein seine Mietkosten betrügen ohne Strom und Heizung monatlich 5.000 S. Überdies habe er noch private Schulden. Die von ihm beantragte Nachsicht sei daher zu gewähren.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid vertritt die belangte Behörde die Ansicht, die Entrichtung der Abgabenschulden sei für den Beschwerdeführer zwar persönlich unbillig, verneint jedoch in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens die Zweckmäßigkeit der Nachsicht mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe seine mangelnde Leistungsfähigkeit insofern selbst herbeigeführt, als er es der Bank ermöglicht habe, sein im Jahr 1992 erwirtschaftetes Einkommen einzubehalten. Zudem hätte der Beschwerdeführer die Nachforderungen an Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1992 vermeiden können, indem er bereits während des laufenden Jahres für die Anpassung der Vorauszahlungen gesorgt hätte. Er habe somit für die sukzessive Abdeckung seiner laufenden Verpflichtungen gegenüber der Abgabenbehörde nicht in zumutbarer Weise Rechnung getragen. Außerdem dürfte es dem Beschwerdeführer überhaupt am entsprechenden Zahlungswillen fehlen, zumal er (auch in anderen Verfahren immer wieder) auf einen aufrechenbaren Anspruch gegen den Bund hinweise, ohne jedoch den Bestand einer derartigen Forderung durch ein Urteil oder einen Vergleich nachzuweisen. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe eine Forderung gegen den Bund von rund 220.000 S spreche schließlich gegen die Zweckmäßigkeit der Nachsicht. Eine Nachsicht habe nämlich das Erlöschen des Abgabenanspruches zur Folge. Unter der Annahme, der Beschwerdeführer hätte tatsächlich eine Forderung gegen den Bund, wäre die Nachsicht unzweckmäßig, weil in der Folge keine Aufrechnung mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Forderung durchgeführt werden könnte. Schließlich sei bei dem am 16. Juli 1945 geborenen und damit erwerbsfähigen Beschwerdeführer nicht auszuschließen, dass seine derzeitige wirtschaftliche Situation nur einen vorübergehenden Zustand darstelle.

Über die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer bekämpft die Ermessensentscheidung der belangten Behörde, wobei er in Abrede stellt, er habe keinen Zahlungswillen gehabt. Es könne ihm nicht zum Nachteil gereichen, dass er es der Bank ermöglicht habe, sein im Jahr 1992 erwirtschaftetes Einkommen einzubehalten. Es sei nicht unstatthaft, Bankschulden zu begleichen. Die Forderung gegen den Bund könne nicht mehr durchgesetzt werden. Nichtsdestoweniger bestehe in Ansehung der aushaftenden Abgabenschulden eine aufrechenbare Forderung gegen den Bund. Da die Forderung gegen den Bund nicht mehr durchgesetzt werden könne, gehe das Argument der belangten Behörde, die Nachsicht wäre bei Bestehen einer Forderung umzweckmäßig, ins Leere.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, liegt die Gewährung der Nachsicht, falls alle Nachsichtsvoraussetzungen gegeben sind, im Ermessen der Abgabenbehörde. Hiebei ist es ua sachgerecht, die Zweckmäßigkeit der Nachsicht zu verneinen, wenn der Nachsichtswerber seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Abgabenbehörde überhaupt nicht nachkommt (vgl die hg Erkenntnisse vom 10. März 1966, 857/65, und vom 27. März 1996, 92/13/0291), die ihm zur Verfügung stehenden Mittel trotz bestehender Abgabenschulden anderweitig verbraucht, wobei er nicht einmal versucht, seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Abgabenbehörde nachzukommen (vgl das hg Erkenntnis vom 14. November 1990, 89/13/0228), und keinen rechtzeitigen Antrag auf Anpassung der Vorauszahlungen gestellt hat (vgl das hg Erkenntnis vom 8. Juni 1988, 87/13/0173).

Wie sich sowohl aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten als auch aus anderen vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerden (vgl zB 95/14/0100, 95/14/0103, 95/14/0104, 95/14/0106 und 96/14/0121, samt den zugehörigen Verwaltungsakten) sowie weiteren Eingaben des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof ergibt, entrichtet er überhaupt keine Abgabenschulden. Schon allein aus diesem Grund kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Zweckmäßigkeit der Nachsicht verneint hat.

Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass er die Bankschulden zum Großteil getilgt, die Abgabenschulden jedoch nicht bedient hat. Somit hat er die ihm zur Verfügung stehenden Mittel trotz bestehender Abgabenschulden anderweitig verbraucht und hiebei die Bank gegenüber der Abgabenbehörde begünstigt. Auch diese Vorgangsweise spricht gegen die Zweckmäßigkeit der Nachsicht und würde überdies dazu führen, dass die Bank bei Gewährung der Nachsicht auch in Hinkunft profitieren könnte, was wiederum gegen die Zweckmäßigkeit der Nachsicht spricht (vgl das hg Erkenntnis vom 21. Februar 1996, 96/16/0017). Der belangten Behörde kann schließlich nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Zweckmäßigkeit der Nachsicht auch deswegen verneint hat, weil es der Beschwerdeführer in Kenntnis des Betriebserfolges unterlassen hat, die Vorauszahlungen für das Jahr 1992 rechtzeitig anpassen zu lassen.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Forderung an den Bund könne nicht mehr durchgesetzt werden, geht am hypothetischen Charakter der die Frage einer Aufrechnung betreffenden Bescheidausführungen vorbei. Mit dem Vorbringen, in Ansehung der Abgabenschulden bestehe trotz fehlender Durchsetzbarkeit eine aufrechenbare Forderung gegen den Bund, zeigt der Beschwerdeführer überdies nicht auf, wie die aushaftenden Abgabenschulden aufgerechnet werden könnten.

Der Beschwerdeführer rügt zwar die Verletzung von Verfahrensvorschriften, führt jedoch nicht aus, in welchem Punkt der festgestellte Sachverhalt von der belangten Behörde aktenwidrig angenommen worden sein soll, noch welche Ermittlungen vermisst werden, oder welche der von der belangten Behörde angestellten Überlegungen unschlüssig wären, wodurch ein im Spruch anders lautender Bescheid hätte ergehen können. Bemerkt wird, dass in einem Nachsichtsverfahren den Nachsichtswerber eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft, er somit das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast zu tragen hat (vgl das hg Erkenntnis vom 9. Juli 1997, 95/13/0243). Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage, insbesondere auf Grund des mangelnden Zahlungswillens des Beschwerdeführers, war die belangte Behörde nicht verpflichtet, weitere Ermittlungen vorzunehmen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 30. November 1999

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