VwGH 95/13/0269

VwGH95/13/026924.2.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, in der Beschwerdesache des RS, der ES, der MC, der EL, des AL und des AC, alle in Wien, vertreten durch Dr. Werner Goeritz, Rechtsanwalt in Wien VII, Siebensterngasse 31, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 20. April 1995, Zl. 16-95/3130/05, betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1989 und 1990, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §9;
BAO §19 Abs2;
HGB §131;
HGB §145 Abs1;
HGB §157 Abs1;
HGB §17;
HGB §31 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
AVG §9;
BAO §19 Abs2;
HGB §131;
HGB §145 Abs1;
HGB §157 Abs1;
HGB §17;
HGB §31 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer waren als Kommanditisten neben der S. GmbH (Komplementärin) Gesellschafter der S. GmbH & Co KG, die ihren Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr (Bilanzstichtag 31.1.) ermittelte und dieses Wirtschaftsjahr nach § 20 Abs. 1 UStG 1972 auch bei der Umsatzsteuer als Veranlagungszeitraum gewählt hatte. Die S. GmbH & Co KG wurde am 8. März 1990 im (seinerzeitigen) Handelsregister firmenmäßig gelöscht.

Die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1989 der

S. GmbH & Co KG langte am 11. Dezember 1991, die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1990 (hier der

S. GmbH & Co KG mit dem Zusatz "in Liquidation") am 30. April 1992 beim Finanzamt ein. Die Umsatzsteuerveranlagung 1989 erfolgte zunächst erklärungsgemäß, die Umsatzsteuerveranlagung für 1990 (hier enthielt die Umsatzsteuererklärung neben einem Umsatz von S 265,-- nur Vorsteuerbeträge und Beträge aus Änderungen der Bemessungsgrundlage nach § 16 UStG 1972) erst nach Maßgabe einer im Jahr 1993 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung (Betriebsprüfungsbericht vom 29. Juni 1993). Nach den Feststellungen dieser abgabenbehördlichen Prüfung, die in der Folge auch zu einer Verfahrenswiederaufnahme und Erlassung neuer Sachbescheide für das Jahr 1989 führte, war wegen Entgeltsminderung ein Vorsteuerberichtigungsbetrag bei der Veranlagung 1989 in Höhe von S 289.432,05 vorzuschreiben (Tz 15 des Betriebsprüfungsberichtes) und für 1990 eine lt. Erklärung vorgenommene Berichtigung gemäß § 16 UStG 1972 aufgrund Abschreibung einer Lieferforderung nicht mit dem Betrag von

S 100.083,65, sondern nur vermindert um S 58.333,33 anzuerkennen (Tz 16 des Betriebsprüfungsberichtes).

Die im Anschluß an die Betriebsprüfung ergangenen Bescheide vom 16. September 1993 waren (wie bisher) an die

S. GmbH & Co KG zu Handen ihres - auch zustellungsbevollmächtigten (Vollmachtsurkunde vom 20. Mai 1981) - steuerlichen Vertreters Dkfm. R. gerichtet (bei der Veranlagung für das Jahr 1990 gelangten wegen eines nicht rechtzeitig gestellten Regelsteuerungsantrages nach § 21 Abs. 8 UStG 1972 nur die aus den Änderungen nach § 16 UStG 1972 resultierenden Steuerbeträge - insgesamt S 160.930,-- - zur Vorschreibung).

Die S. GmbH & Co KG erhob - durch ihren steuerlichen Vertreter Dkfm. R. - gegen die Umsatzsteuerbescheide 1989 und 1990 mit Schriftsatz vom 28. September 1993 Berufung. Darin bekämpfte sie die materiell-rechtlichen Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, vertrat betreffend die Umsatzsteuerveranlagung für das Jahr 1990 aber auch die Ansicht, die S. GmbH & Co KG sei 1990 kein Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes mehr gewesen, weil der einzig "vollhaftende Gesellschafter", die S. GmbH, mit Wirksamkeit vom 28. Dezember 1989 "amtswegig gelöscht" worden sei. Da für das Vorliegen der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft das Vorhandensein mindestens eines Komplementärs Voraussetzung sei, sei eine Veranlagung zur Umsatzsteuer nur mehr für das Jahr 1989 ("vom Februar 1988 bis Dezember 1989") möglich.

Im Zuge des Berufungsverfahrens wies die belangte Behörde - weil nach der Aktenlage die S. GmbH & Co KG im Handelsregister gelöscht sei, daher der Bescheidadressat auf den Umsatzsteuerbescheiden unrichtig sei - die Abgabenbehörde erster Instanz an, die Berufung vom 28. September 1993 gegen die Umsatzsteuerbescheide 1989 und 1990 gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen. Sodann seien die bekämpften erstinstanzlichen Bescheide vom 16. September 1993 "aus dem Bestand auszuscheiden" und in weiterer Folge "inhaltsgleiche Umsatzsteuerbescheide 1989 und 1990" an die einzelnen Gesellschafter (sohin die Beschwerdeführer und die S. GmbH), als ehemalige Gesellschafter der S. GmbH & Co KG "zu Handen des (der) vom Finanzamt inzwischen ermittelten Zustellbevollmächtigten" zu richten.

Die Abgabenbehörde erster Instanz erließ daraufhin, ohne nach der Aktenlage Erhebungen betreffend die Bevollmächtigung des Dkfm. R. durch die einzelnen Gesellschafter durchzuführen, an die - namentlich genannten - Gesellschafter, zu Handen Dkfm. R., einen Berufungszurückweisungsbescheid vom 16. November 1994 und schließlich Umsatzsteuerbescheide 1989 und 1990 (inhaltsgleich mit den bisherigen Vorschreibungen) vom 6. März 1995.

Mit Schriftsatz vom 9. März 1995 (beim Finanzamt eingelangt am 10. März 1995), der als Schriftenverfasser Dkfm. R. ausweist, erhoben die Beschwerdeführer (und die S. GmbH) gegen die Umsatzsteuerbescheide 1989 und 1990 vom 6. März 1995 Berufung (im Berufungsschriftsatz erfolgte seitens Dkfm. R. kein Hinweis auf eine ihm von den Berufungswerbern erteilte Vollmacht). Die Berufung verwies im wesentlichen auf das bisherige Berufungsvorbringen und auch darauf, daß die nunmehrigen Bescheidadressaten als ehemalige Kommanditisten einer KG, deren einziger Vollhafter nicht mehr bestehe, keine Umsätze im fraglichen Zeitraum getätigt hätten, weil keine Unternehmereigenschaft im Sinn des § 2 UStG 1972 gegeben gewesen sei.

In einem weiteren Schriftsatz vom 9. März 1995 (beim Finanzamt eingelangt am 13. März 1995) sandte Dkfm. R. die Umsatzsteuerbescheide 1989 und 1990 vom 6. März 1995 im Original an das Finanzamt zurück. Dazu hielt der steuerliche Vertreter "angesichts der an mich erfolgten Zusendung (Zustellung?) der o.a. Bescheide" fest, mit Vollmacht vom 20. Mai 1981 habe der Geschäftsführer des ehemaligen Komplementärs der S. GmbH & Co KG Dkfm. R. die Vollmacht erteilt, Schriftstücke der Abgabenbehörde zu übernehmen. Die Komplementärin (S. GmbH) sei mit Eintragung vom 28. Dezember 1989 im Handelsregister gelöscht worden, wobei eine derartige Eintragung bei juristischen Personen rechtserzeugende Wirkung habe. Deshalb sei "der Vollmachtgeber, der Geschäftsführer der GmbH, nicht mehr vertretungsbefugt und daher auch die Zustellvollmacht nicht mehr wirksam".

Ohne weitere Verfahrensschritte erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die Berufung der Beschwerdeführer (und der S. GmbH) vom 9. März 1995 betreffend die Umsatzsteuer für die Jahre 1989 und 1990 als unbegründet abgewiesen wurde. Der angefochtene Bescheid ist an die Beschwerdeführer (und die S. GmbH), alle als ehemalige Gesellschafter der S. GmbH & Co KG, zu Handen Dkfm. R., gerichtet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beeinträchtigt die Auflösung einer Personenhandelsgesellschaft und ihre Löschung im (damaligen) Handelsregister jedenfalls so lange ihre Parteifähigkeit nicht, als ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten - dazu zählt auch der Bund als Abgabengläubiger - noch nicht abgewickelt sind (vgl. dazu Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 441, sowie beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. November 1983, 82/15/0177, und die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1997, 93/15/0055, sowie vom 10. Dezember 1997, 93/13/0301). An dieser Parteifähigkeit konnte auch eine mittlerweile - im seinerzeitigen Handelsregister - erfolgte Löschung eines Gesellschafters der Personengesellschaft (wie im Beschwerdefall der Komplementär GmbH) nichts ändern. Die Umsatzsteuerbescheide 1989 und 1990, die Rechtsverhältnisse der S. GmbH & Co KG zum Abgabengläubiger betrafen, waren daher ursprünglich (Bescheide vom 16. September 1993) zu Recht an die S. GmbH & Co KG gerichtet. Die "Umstellung" des Bescheidadressaten auf die ehemaligen Gesellschafter (die Beschwerdeführer und die S. GmbH) beruhte demgegenüber auf einem Rechtsirrtum.

Zu beachten ist allerdings, daß sowohl die erstinstanzlichen Bescheide vom 6. März 1993 als auch der angefochtene Bescheid nicht nur unrichtige Bescheidadressaten aufweisen, sondern auch - mit ihrer Zustellung an Dkfm. R. - nicht rechtswirksam erlassen wurden. Eine vor Erlassung dieser Bescheide notwendige Bevollmächtigung des Dkfm. R. durch die Gesellschafter (Beschwerdeführer) selbst bestand nach der Aktenlage nicht; Dkfm. R., der sich - wie erwähnt - auch in der Berufungsschrift vom 9. März 1995 nicht auf ein zu den ehemaligen Gesellschaftern der S. GmbH & Co KG bestehendes Vollmachtsverhältnis berief, hat auch die Originalbescheide vom 6. März 1995 betreffend Umsatzsteuer 1989 und 1990 - ebenfalls mit Schriftsatz 9. März 1993 - unter Hinweis auf die "Zusendung (Zustellung?)" und das nicht mehr wirksame Bestehen der ihm seinerzeit erteilten Vollmacht vom 20. Mai 1981 zurückgesandt (auch in der Beschwerde wird nicht behauptet, daß Dkfm. R. zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides über aufrechte Vollmachten seitens der beschwerdeführenden Gesellschafter verfügt hätte). Damit war aber die (nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 26. September 1995, B 1661/95-4, antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene) Beschwerde, weil gegen eine als Bescheid nicht wirksam ergangene Erledigung gerichtet, wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 51) VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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