VwGH 95/13/0212

VwGH95/13/021222.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der S GesmbH in W, vertreten durch Boller, Langhammer, Schubert, Rechtsanwälte OEG in Wien I, Kärntnerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 18. Juli 1995, Zl. GA 8-2297/94, betreffend Haftung für Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen, zu Recht erkannt:

Normen

EStG §67 Abs1;
EStG §67 Abs6;
EStG §67 Abs7;
GmbHG §15;
EStG §67 Abs1;
EStG §67 Abs6;
EStG §67 Abs7;
GmbHG §15;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm über die Haftung für Lohnsteuer des Arbeitnehmers Dr. Kurt S sowie über Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe abgesprochen wird, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine Wirtschaftstreuhand-GmbH. Geschäftsführer der GmbH waren im Jahre 1991 Dr. Kurt S und dessen Sohn Christian S. Anläßlich einer im Jahre 1993 bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Lohnsteuerprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, daß eine im Juni 1991 an Dr. Kurt S ausbezahlte "freiwillige Abfertigung" nicht nach den Bestimmungen des § 67 Abs. 6 EStG begünstigt besteuert werden könne, da mit der Beendigung des Dienstverhältnisses 50 % der GmbH-Anteile an diesen übertragen worden seien. Außerdem wurde ein an Christian S im Jahre 1991 ausbezahlter Betrag von S 15.000,-- als laufender Bezug angesehen.

Gegen den nach der Lohnsteuerprüfung erlassenen Bescheid über die Haftung für Lohnsteuer sowie über Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen wurde Berufung erhoben. Darin wurde darauf verwiesen, daß an Dr. Kurt S nur 25 % der GmbH-Anteile übertragen worden seien. Es seien alle Tatbestandsmerkmale des § 67 Abs. 6 EStG für die begünstigte Besteuerung des Abfertigungsbetrages erfüllt. Die Besteuerung der an Christian S ausbezahlten Prämie von S 15.000,-- sei nach § 67 Abs. 7 EStG erfolgt.

In einer nach einem entsprechenden Vorhalt des Finanzamtes eingebrachten Eingabe vom 28. Februar 1994 wurde unter anderem ausgeführt, bei den Verbesserungsvorschlägen (des Christian S) habe es sich im wesentlichen um Anregungen zur Verbesserung eines bereits vorhandenen EDV-Programmes zur Erstellung von Unternehmensanalysen gehandelt.

Nach einem weiteren Vorhalt wurde mit einer Eingabe vom 30. März 1994 ein Abtretungsvertrag vorgelegt, aus dem hervorging, daß Dr. Kurt S mit 1. Juli 1991 weitere 25 % des Stammkapitals von Christian S erworben habe und somit ab 1. Juli 1991 mit 50 % an der GmbH beteiligt sei. Ab diesem Zeitpunkt sei Dr. Kurt S nicht mehr im Unternehmen tätig gewesen. Christian S habe angeregt, das im Unternehmen eingesetzte Unternehmensanalyseprogramm dergestalt zu verändern, daß die Eingabemaske den Gliederungsvorschriften des Rechnungslegungsgesetzes angenähert werde: das habe zu einer wesentlichen Verkürzung der Zeit zur Datenerfassung geführt. Weiters seien auf seine Anregung bestimmte Grafiken geändert sowie die "automatische Erstellung von Verbesserungsvorschlägen in das Programm integriert" worden.

Im weiteren Berufungsverfahren wurde mit einer Eingabe 17. Juni 1994 ergänzend vorgebracht, daß die bei Beendigung des Dienstverhältnisses (des Dr. Kurt S) gezahlten Beträge pauschal zur Abdeckung aller bei Beendigung des Dienstverhältnisses "allenfalls entstehenden" Ansprüche (z.B. nicht verbrauchter Urlaub, Kündigungsentschädigung, Prämien) als Vergleichssumme geleistet worden seien.

Auf einen weiteren Vorhalt wurde hiezu in einer Eingabe vom 9. September 1994 ausgeführt, die Kündigungsentschädigung hätte S 20.610,-- + S 3.435,-- (aliquote Sonderzahlung), für drei Monate somit S 72.135,-- betragen; die Urlaubsentschädigung hätte sohin S 55.488,-- betragen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, schon das Finanzamt habe dargelegt, daß die Gewährung einer freiwilligen Abfertigung bei Übernahme von Geschäftsanteilen unüblich sei. Es lägen auch keinerlei Vereinbarungen vor, die den arbeitsrechtlichen Anspruch auf eine freiwillige Abfertigung dokumentierten. Unter Bezugnahme auf den im Berufungsverfahren seitens der Beschwerdeführerin gebrauchten Ausdruck "Vergleichssumme" wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides unter anderem ausgeführt:

"Im gegenständlichen Fall wurde der gewährte Bezug offenbar erst in dem Zeitpunkt zu einer Abgeltung strittiger Bezüge "umfunktioniert", in dem dem Bw. die Aussichtslosigkeit der Argumentation in Richtung freiwilliger Abfertigung bewußt wurde."

Zur geltend gemachten Prämie für Verbesserungsvorschläge wurde von der belangten Behörde ausgeführt, in den laufend mit legislativen Änderungen konfrontierten Wirtschaftstreuhandkanzleien gehöre die Anpassung des Arbeitsablaufes an die aktuelle Rechtslage zur Alltagsarbeit. Anregungen zur Verbesserung eines bereits vorhandenen EDV-Programmes stellten betriebswirtschaftliche Selbstverständlichkeiten dar.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, daß ein Bezug des Dr. Kurt S anläßlich der Beendigung seines Dienstverhältnisses als freiwillige Abfertigung gemäß § 67 Abs. 6 EStG qualifiziert und daß eine an Christian S ausgeschüttete Prämie für Verbesserungsvorschläge unter den Begünstigungstatbestand des § 67 Abs. 7 EStG subsumiert wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 67 Abs. 6 EStG sind sonstige Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen (wie z.B. freiwillige Abfertigungen oder Abfindungen) mit dem Steuersatz des Abs. 1 zu versteuern, soweit sie insgesamt ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate nicht übersteigen.

Die Begründung eines Bescheides muß dabei erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet.

Diesen Anforderungen entspricht der angefochtene Bescheid, soweit darin über die Besteuerung des im Juni 1991 an Dr. Kurt S geleisteten Bezugsteiles S 61.830,-- abgesprochen wird, nicht. Eine zusammenhängende Darstellung des Sachverhaltes ist im angefochtenen Bescheid nicht enthalten. Zu Recht wird von der Beschwerdeführerin gerügt, daß die Feststellung, Dr. Kurt S sei im Zeitpunkt der Gewährung des strittigen Bezuges (im Juni 1991) wesentlich beteiligt gewesen (vgl. § 22 Z. 2 EStG), aktenwidrig ist.

Die belangte Behörde stützt die Versagung der Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG wesentlich auf eine "Unüblichkeit" der Gewährung eines solchen Bezuges. Diese Schlußfolgerung ist aber verfehlt. Hält nämlich tatsächlich ein Bezug eines dem Arbeitgeber (gesellschaftsrechtlich oder familiär) nahestehenden Arbeitnehmers einem Fremdvergleich nicht stand, so läge überhaupt kein dem Lohnsteuerabzug vom Arbeitslohn unterliegender Bezug vor, wie die Beschwerdeführerin zutreffend dargestellt hat.

Hingegen entspricht der angefochtene Bescheid insoweit dem Gesetz, als darin über die Besteuerung einer an den Gesellschafter Christian S gewährten Prämie abgesprochen wird. Verbesserungsvorschläge im Sinne des § 67 Abs. 7 EStG müssen nämlich nach ständiger Rechtsprechung Sonderleistungen sein, die über die Dienstpflichten des Vorschlagenden hinausgehen. Die Verbesserungen von EDV-Programmen wurden von der belangten Behörde zutreffend nicht als derartige Sonderleistungen beurteilt. Dem steht insbesondere nicht entgegen, daß Gegenstand des von der Beschwerdeführerin betriebenen Unternehmens eine Wirtschaftstreuhandkanzlei ist. Eine entsprechende Automationsunterstützung gehört zum Standard eines solchen Unternehmens. Daß der Geschäftsführer eine Verbesserung der erworbenen Software aus Kostengründen selbst durchführt und sich dabei nicht eines Werknehmers bedient, stellt sich nicht als über die Dienstpflichten des als Dienstnehmer beschäftigten Geschäftsführers hinausgehende Tätigkeit dar, ist doch ein Geschäftsführer zur Wahrnehmung von Einsparungsmöglichkeiten jeglicher Art verpflichtet. Bei dieser Sach- und Rechtslage kam dem Hinweis im angefochtenen Bescheid, die gewährte Prämie halte (auch) einem Fremdvergleich nicht stand, entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin keine Bedeutung zu.

Da der Aufhebungsgrund der inhaltlichen Rechtswidrigkeit jenem der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften prävaliert, war der angefochtene Bescheid insoweit, als darin über die Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin zur Haftung für Lohnsteuer des Arbeitnehmers Dr. Kurt S sowie über den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe abgesprochen worden ist, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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