VwGH 95/12/0072

VwGH95/12/007228.2.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. Jänner 1995, Zl. 1-027 337/51-94, betreffend Abweisung eines Feststellungsbegehrens über die Rechtmäßigkeit einer verfügten Verwendungsänderung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
DP §67 Abs1;
DP §67 Abs4 litb;
DP §67 Abs4;
DP §67 Abs6;
DP §67 Abs8;
DP/Stmk 1974 impl;
GehG 1956 §30d idF 1989/087;
GehG/Stmk 1974 impl;
LBG Stmk 1974 §2 Abs1;
AVG §56;
DP §67 Abs1;
DP §67 Abs4 litb;
DP §67 Abs4;
DP §67 Abs6;
DP §67 Abs8;
DP/Stmk 1974 impl;
GehG 1956 §30d idF 1989/087;
GehG/Stmk 1974 impl;
LBG Stmk 1974 §2 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberamtsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark.

Mit Ende Jänner 1990 war der Beschwerdeführer von seiner damaligen Verwendung in der Rechtsabteilung 7 des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung als "Gemeindeprüfer" abberufen und dem im gleichen Amte eingerichteten "Umweltamt" zur weiteren Dienstleistung zugewiesen worden. In den Akten des Verwaltungsverfahrens befindet sich eine Niederschrift vom 24. Jänner 1990, nach der der Beschwerdeführer dieser Personalmaßnahme unter der Voraussetzung zugestimmt habe, daß ihm sämtliche bisher gewährten Zulagen erhalten bleiben. Nach einer weiteren Niederschrift vom 25. Jänner 1990 erklärte sich der Beschwerdeführer "bereit, in das Büro des Landesumweltanwaltes in der Präsidialabteilung versetzt zu werden"; er sei damit einverstanden, daß ihm die bisherige "Zulage als Gemeindeprüfer nach § 30d aufsaugbar weiter gewährt wird", wobei dies unabhängig davon erfolgen werde, ob ein neuerlicher Antrag auf Zuerkennung einer "eigenen § 30d-Zulage" gestellt werde. Zur Erläuterung dieser Aussage ist den Akten des Verwaltungsverfahrens weiters zu entnehmen, daß die steiermärkische Landesregierung am 30. November 1989 beschlossen hatte, daß § 30d Zulagen "entgegen der eindeutigen gesetzlichen Regelung des Gehaltsgesetzes dann aufsaugbar gestellt werden können, wenn diese durch drei Jahre hintereinander ununterbrochen bezogen wurden" (diesbezüglich vergleiche auch die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom 18. Februar 1994, Zl. 93/12/0102).

Ab 1. Juni 1990 wurde - entgegen den Angaben in den vorher zitierten Niederschriften - die dem Beschwerdeführer vorher bezahlte Zulage gemäß § 30d des Gehaltsgesetzes in der steirischen Fassung nicht mehr zur Anweisung gebracht.

Der Beschwerdeführer machte daraufhin seinen vermeintlichen Anspruch auf diese Zulage beim Arbeits- und Sozialgericht Graz (- dieses Verfahren ist nach seinem Vorbringen in zweiter Instanz noch nicht rechtskräftig entschieden -) geltend; beim Verwaltungsgerichtshof bekämpfte er eine abweisende Entscheidung der belangten Behörde über seinen Anspruch auf § 30d-Zulage, bezogen auf seinen neuen Arbeitsplatz im Umweltamt, erfolglos (vgl. das bereits genannte Erkenntnis vom 18. Februar 1994, Zl. 93/12/0102, auf das zur Vermeidung weiterer entbehrlicher Wiederholungen im Sinne des § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Mit dem angefochtenen Bescheid wird das vom Beschwerdeführer offenbar in Kenntnis der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes gestellte Ansuchen um Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber, daß es sich bei seinem Wechsel von der Rechtsabteilung 7 des Amtes der Landesregierung in das Büro des Umweltanwaltes um eine Versetzung oder eine Änderung der Dienstverwendung gehandelt habe, abgewiesen.

Zur Begründung wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe auf Grund der Weisung der Dienstbehörde am 5. Februar 1990 seinen Dienst in der Präsidialabteilung beim Umweltanwalt angetreten. Zum damaligen Zeitpunkt hätte er die Möglichkeit gehabt, die Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber zu beantragen, ob diese Personalmaßnahme ohne die Einhaltung der Erfordernisse des § 67 Abs. 6 und 7 der Dienstpragmatik 1914 in der als Landesgesetz geltenden Fassung zulässig gewesen sei, weil die Anfechtung der Weisung selbst beim Verwaltungsgerichtshof im Wege einer Beschwerde nicht zulässig gewesen wäre. Der Beschwerdeführer hätte damals ein öffentlich-rechtliches Interesse an einem Feststellungsbescheid geltend machen können, weil dieser für ihn ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung dargestellt hätte, was aber jetzt nach fünf Jahren nicht mehr der Fall sei. Überdies habe er am 25. Jänner 1990 niederschriftlich erklärt, mit der genannten Personalmaßnahme einverstanden zu sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 2 Abs. 1 des Steiermärkischen Landesbeamtengesetzes, LGBl. Nr. 124/1974, idF LGBl. Nr. 33/1984 bzw. LGBl. Nr. 87/1989, sind - soweit landesgesetzlich und in den einen Bestandteil dieses Gesetzes bildenden Anlagen nicht anderes bestimmt ist - auf die Landesbeamten die für das Dienstrecht einschließlich des Besoldungs-, Disziplinar- und Pensionsrechtes der Bundesbeamten am Tage der Beschlußfassung dieses Gesetzes maßgeblichen Bundesgesetze als Landesgesetz sinngemäß anzuwenden.

Für die Versetzung im weiteren Sinne ist daher § 67 der Dienstpragmatik 1914 idF der Novelle 1969, BGBl. Nr. 148, (DP 1914) anzuwenden. Demnach sind Versetzungen und bestimmte qualifizierte Verwendungsänderungen mit Bescheid zu verfügen (Abs. 8) und gegen den Willen des betroffenen Beamten nur bei Vorliegen eines wichtigen dienstlichen Interesses zulässig (Abs. 2). Eine qualifizierte Verwendungsänderung liegt nach Abs. 4 vor, wenn

  1. a) durch die neue Verwendung in der Laufbahn des Beamten eine Verschlechterung zu erwarten ist;
  2. b) die neue Verwendung der bisherigen Verwendung nicht mindestens gleichwertig ist;
  3. c) die neue Verwendung des Beamten einer dauernden und umfangreichen Einarbeitung bedarf.

Wenn im Rahmen des Vorverfahrens vom betroffenen Beamten nach Verständigung von der Absicht, eine solche Personalmaßnahme vorzunehmen, binnen 14 Tagen keine Einwendungen erhoben werden, gilt dies nach Abs. 7 der genannten Bestimmung als Zustimmung. Auch in diesem Fall ist die Personalmaßnahme mit Bescheid zu verfügen. Nur sogenannte "schlichte Verwendungsänderungen", die nicht im Sinne des Abs. 4 der genannten Bestimmung qualifiziert sind, bedürfen nicht der Verfügung in Bescheidform, sondern können jederzeit mit Weisung vorgenommen werden. Wenn die Frage, ob eine schlichte oder eine qualifizierte Verwendungsänderung vorliegt, strittig ist, so hat die Behörde darüber auf Verlangen feststellend zu entscheiden, weil diesfalls ein rechtliches Interesse an der Erlassung eines solchen Feststellungsbescheides gegeben ist; es kommt dem Feststellungsbescheid in einem solchen konkreten Fall nämlich die Eignung zu, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen.

§ 30 d GG idF LGBl. Nr. 87/1989 lautet:

"Beamten, die die Funktion des Leiters einer Dienststelle (Abteilungsleiter, Bezirkshauptmann u. dgl.) oder gleichwertige Funktionen ausüben oder neben den referatsmäßig aufgetragenen Tätigkeiten besondere Aufgaben zu erfüllen haben, kann für die Dauer dieser Verwendungen eine Entschädigung gewährt werden, deren Höhe in einem Hundertsatz des Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V einschließlich einer allfälligen Teuerungszulage zu bemessen ist."

Zur Frage der Gleichwertigkeit im Sinne des § 67 Abs. 4 lit. b DP 1914 hat der Verwaltungsgerichtshof zu einer vergleichbaren Rechtslage ausgesprochen, daß es nicht auf die formelle hierarchische Stellung, sondern auf die tatsächliche Verwendung des Beamten ankommt. Ungleichwertigkeit innerhalb einer Verwendungsgruppe liegt dann vor, wenn eine durchgehende, nach ausschließlich objektiven Gesichtspunkten außer Frage stehende Höherwertigkeit der früheren Verwendung vorliegt; dies wurde insbesondere beim Wegfall von Leitungsfunktionen bejaht, wobei die Einstellung einer im damaligen Fall seinerzeit bezogenen Leiterzulage nach § 30a Abs. 1 Z. 3 GG als beachtliches Indiz für das Vorliegen einer qualifizierten Verwendungsänderung bezeichnet wurde (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/12/0163).

Im Beschwerdefall ist das ursprünglich besoldungsrechtlich orientierte Vorbringen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seiner Verwendungsänderung unter Berücksichtigung des Regelungsinhaltes des § 30d des Gehaltsgesetzes in der steirischen Fassung und des Verhaltens seiner Dienstbehörde vor dem Hintergrund zu verstehen, daß primär von der Gleichwertigkeit der früheren Verwendung des Beschwerdeführers als Gemeindeprüfer, in der er die § 30d-Zulage, die eine Funktionszulage darstellt, erhalten hat, mit der ihm neu zugewiesenen Tätigkeit im Umweltamt ausgegangen worden ist. Als seitens der Dienstbehörde die Frage des Anspruches des Beschwerdeführers auf eine § 30d-Zulage auf seinem neuen Arbeitsplatz - wie das bereits zitierte Erkenntnis

Zl. 93/12/0102 zeigt - rechtlich zutreffend verneint wurde, hat der Beschwerdeführer nach Ausschöpfung der ihm rechtlich zu Gebote stehenden Mittel eine Feststellung über die Rechtsqualität seiner Verwendungsänderung begehrt. Da bereits der dargestellte zeitliche Ablauf einen rechtlich relevanten Zusammenhang der verfügten Personalmaßnahme mit dem Feststellungsbegehren des Beschwerdeführers aufzeigt und nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, daß die seinerzeit verfügte Personalmaßnahme tatsächlich eine qualifizierte Verwendungsänderung dargestellt hat, die nur mit Bescheid hätte vorgenommen werden dürfen, kann dahingestellt bleiben, ob die von der belangten Behörde ihrem Bescheidabspruch zugrunde liegende Annahme einer Verwirkung dieses Feststellungsanspruches durch Zeitablauf bei der gegebenen Rechtslage überhaupt rechtlich zutreffend ist.

Diese Überlegungen zeigen die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides; dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht näher bezeichnete für die Rechtsverfolgung aber nicht erforderliche Stempelgebühren.

Im fortzusetzenden Verfahren wird von der belangten Behörde daher darüber abzusprechen sein, ob die 1990 verfügte Personalmaßnahme im Sinne des § 67 DP in der steirischen Fassung eine qualifizierte gewesen ist. Hiebei ist vom Inhalt der seinerzeitigen Tätigkeit des Beschwerdeführers im Verhältnis zu seiner Tätigkeit beim Umweltamt auszugehen. Dem Umstand, daß der Beschwerdeführer in der seinerzeitigen Verwendung die § 30d-Zulage bezogen hat, kommt nur dann rechtliche Bedeutung zu, wenn er diese auf Grund des ersten Halbsatzes dieser Bestimmung (Leitungs- oder sonstige gleichwertige Funktion) rechtmäßig bezogen hat.

Sollte sich im fortgesetzten Verfahren zeigen, daß die seinerzeit verfügte Personalmaßnahme tatsächlich eine qualifizierte Verwendungsänderung dargestellt hat und daher nur in Bescheidform zu treffen gewesen wäre, so wird zur Vermeidung verbreiteter Mißverständnisse in Fragen des Versetzungs- und Verwendungsänderungsschutzes der Beamten bemerkt, daß bei Vorliegen eines in einem rechtsstaatlichen Verfahren dargelegten wichtigen dienstlichen Interesses nahezu jede Versetzung oder Verwendungsänderung rechtlich zulässig ist, wobei aber eine solche Maßnahme nicht rückwirkend verfügt werden darf. Unzulässig sind derartige Personalmaßnahmen trotz Vorliegens eines wichtigen dienstlichen Interesses insbesondere dann, wenn es sich um eine Versetzung an einen anderen Dienstort aus Gründen des do. Personalbedarfes handelt und ein anderer Beamter ohne wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil diesen Personalbedarf befriedigen könnte oder wenn die Einteilung nicht auf dem Arbeitsplatz einer gleichwertigen Verwendungsgruppe erfolgt (siehe das zu einer vergleichbaren Rechtslage ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/12/0163).

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