VwGH 95/11/0352

VwGH95/11/035225.6.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Dr. A in G, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses bei der Ärztekammer für Steiermark vom 22. Mai 1995 (Sitzungsbeschluß vom 11. Mai 1995), ohne Zl., betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages in Angelegenheit der Altersversorgung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Ärztekammer für Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. März 1992 wurde ein Antrag des Beschwerdeführers - eines in Graz niedergelassenen Facharztes - vom 1. März 1991 auf Gewährung der Altersversorgung abgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlaß einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde § 22 Abs. 4 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Steiermark aufgehoben (Erkenntnis vom 29. September 1993, V 108/92), die Bescheidbeschwerde aber als unbegründet abgewiesen (Erkenntnis vom selben Tag, B 476/92); die Aufhebung der unterschiedlichen Altersvoraussetzungen für weibliche und männliche Kammerangehörige für die Gewährung der Altersversorgung, die u. a. in der aufgehobenen Verordnungsbestimmung vorgesehen war, wirke sich nicht zugunsten des Beschwerdeführers aus; auch nach der bereinigten Rechtslage verletze ihn der Bescheid vom 5. März 1992 nicht in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten; die nach der Aufhebung präjudizielle Rechtslage - nach Ärztegesetz und Satzung des Wohlfahrtsfonds - sei unbedenklich. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof über die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wurde wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt (Beschluß vom 17. Februar 1994, Zl. 93/11/0256).

Mit Antrag vom 27. Mai 1994 begehrte der Beschwerdeführer neuerlich die Gewährung von Altersversorgung gemäß § 22 der Satzung des Wohlfahrtsfonds. Mit Schreiben vom 1. Dezember 1994 beantragte er gemäß § 73 Abs. 2 AVG den Übergang der Entscheidungspflicht über den Antrag vom 27. Mai 1994 auf die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Devolutionsantrag vom 1. Dezember 1994 "gemäß § 68 Abs. 1 AVG ... wegen entschiedener Sache zurückgewiesen".

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 26. September 1995, B 2102/95, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt in seiner Beschwerde, daß sein Devolutionsantrag nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen, sondern einer Erledigung durch Sachentscheidung hätte zugeführt werden müssen. Er ist damit im Recht.

Unter der Voraussetzung, daß in Ansehung der mit dem Antrag vom 27. Mai 1994 begehrten Altersversorgung durch den Bescheid der belangten Behörde vom 5. März 1992 entschiedene Sache vorliegt, wäre nicht der Devolutionsantrag, sondern (in Stattgebung des Devolutionsantrages) der Antrag vom 27. Mai 1994 gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen gewesen. Der Devolutionsantrag ist vielmehr zulässig, da die Erstbehörde - der Verwaltungsausschuß bei der Ärztekammer für Steiermark - nach der Aktenlage infolge Verstreichens der sechsmonatigen Frist des § 73 Abs. 1 AVG säumig war (wovon der Verwaltungsgerichtshof auf Grund der Ausführungen in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde auf S. 32 unter lit. c ausgeht und was die belangte Behörde nicht in Abrede stellt) und kein Grund ersichtlich ist, der die Säumigkeit im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG rechtfertigen könnte. Auch ein unzulässiger Antrag löst die Entscheidungspflicht, diesmal eben im Sinne einer Zurückweisung, aus.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Für das fortzusetzende Verfahren sei folgendes angemerkt:

Wie sich aus der Begründung des Bescheides vom 5. März 1992 ergibt, war maßgeblicher Grund für die Verweigerung der beantragten Altersversorgung der aufrechte Bestand näher bezeichneter Krankenkassenverträge. Dieses Sachverhaltselement besteht unbestritten noch immer. Die als Reaktion auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes betreffend Aufhebung einer Satzungsbestimmung mit Beschluß vom 17. März 1994 erfolgte Änderung der Satzung betraf nur die vom Verfassungsgerichtshof gerügte unterschiedliche Behandlung männlicher und weiblicher Kammerangehöriger, welche aber bei der Entscheidung vom 5. März 1992 keine Rolle gespielt hat (was sich im übrigen auch aus dem Umstand, daß der Verfassungsgerichtshof die Anlaßbeschwerde abgewiesen hat, ergibt).

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer bereits in dem Pauschalsatz für Schriftsatzaufwand nach der zitierten Verordnung enthalten ist.

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