VwGH 95/11/0317

VwGH95/11/031723.4.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Militärkommandos Wien vom 25. September 1995, Zl. B 67/06/02/66, betreffend Einberufung zu einer Truppenübung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
MeldeG 1972;
MeldeG 1991;
WehrG 1990 §17 Abs3;
WehrG 1990 §35 Abs1;
AVG §58 Abs2;
MeldeG 1972;
MeldeG 1991;
WehrG 1990 §17 Abs3;
WehrG 1990 §35 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der im Jahre 1967 geborene Beschwerdeführer gemäß § 35 des Wehrgesetzes 1990, BGBl. Nr. 305, zur Leistung einer Truppenübung im Zeitraum vom 12. bis zum 21. Oktober 1995 bei einer näher bezeichneten militärischen Einheit einberufen. Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 26. September 1995 zugestellt. Als Begründung enthält der angefochtene Bescheid durch einen Hinweis auf den entsprechenden Wortlaut des verwendeten Bescheidformulares (u.a.) den Satz: "Die militärischen Erfordernisse für die Verkürzung der Zustellfrist sind darin gelegen, daß Sie als Angehöriger der umseits bezeichneten Einheit eine so wichtige Funktion ausüben, daß einerseits Ihre Teilnahme am geschlossenen Üben dieser Einheit unbedingt erforderlich ist, andererseits aber eine Zustellung trotz fristgerechten Zustellversuchs aus Gründen, welche nicht von der ho. Behörde zu vertreten sind, nicht möglich war".

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 35 Abs. 1 dritter Satz WG sind Einberufungsbefehle u. a. zu Truppenübungen spätestens acht Wochen vor dem Einberufungstermin zuzustellen. Nach dem vierten Satz dieser Bestimmung darf diese Frist nach Maßgabe militärischer Erfordernisse, insbesondere zum Üben der Herstellung der Einsatzbereitschaft von Verbänden im Wege von Waffenübungen, verkürzt werden. (Der fünfte Satz, wonach die Frist darüber hinaus auch mit schriftlicher Zustimmung des Wehrpflichtigen verkürzt werden kann, spielt im vorliegenden Fall mangels einer Zustimmung des Beschwerdeführers keine Rolle.)

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung der zitierten Bestimmung betreffend die Achtwochenfrist. Ein besonderes militärisches Erfordernis werde zwar behauptet, aber nicht begründet und liege nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, daß Einberufungsbefehle zwar grundsätzlich - nämlich in Ansehung des Erfordernisses des Vorliegens militärischer Erfordernisse - keiner Begründung bedürfen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1988, Slg. Nr. 12.646/A); dies gilt jedoch nicht für die Unterschreitung der Frist zwischen ihrer Erlassung und dem Einberufungstermin (vgl. das Erkenntnis vom 13. Dezember 1988, Zl. 88/11/0226). Die in einem Formularvordruck enthaltene Aussage mit dem oben wiedergegebenen Wortlaut ist eine unzureichende Begründung, weil sie in keiner Weise auf den konkreten Sachverhalt eingeht und nicht ausführt, worin im Hinblick auf den einzelnen Wehrpflichtigen die besonderen militärischen Erfordernisse im Sinne des § 35 Abs. 1 WG gelegen sein sollen. Der angefochtene Bescheid leidet daher an einem Verfahrensmangel in Gestalt einer mangelhaften Begründung.

Der von der belangten Behörde in der Gegenschrift hervorgehobene Umstand, daß die ursprünglich beabsichtigte rechtzeitige Zustellung eines Einberufungsbefehles daran gescheitert sei, daß der Beschwerdeführer von seiner den Militärbehörden bekannten Abgabestelle verzogen sei, wobei dem Beschwerdeführer Verletzungen des Meldegesetzes und des Wehrgesetzes (§ 17 Abs. 3) zur Last fielen, kann auch zutreffendenfalls für sich kein besonderes militärisches Erfordernis in dem in Rede stehenden Sinn begründen. Pflichtverletzungen der genannten Art stellen Verwaltungsübertretungen dar, rechtfertigen aber nach dem insofern klaren Wortlaut des Gesetzes für sich nicht die Unterschreitung der für die Erlassung von Einberufungsbefehlen normierten Fristen. Dies wäre nur bei Hinzutreten weiterer Umstände, etwa der wegen seiner in Aussicht genommenen Funktion gegebenen Unentbehrlichkeit und Unersetzbarkeit des Wehrpflichtigen, denkbar. Genau dies wäre aber im Lichte der obigen Ausführungen zu begründen.

In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, daß es in einem Fall wie dem vorliegenden, wenn also die rechtzeitige Zustellung des Einberufungsbefehles an einen angeblich unentbehrlichen Wehrpflichtigen scheitert, es Aufgabe der Militärbehörde ist, die von ihr angenommenen besonderen militärischen Erfordernisse in einem späteren, erst innerhalb der Zustellfrist zu erlassenen Einberufungsbefehl konkret zu begründen.

Da nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde bei Vermeidung des Begründungsmangels zu einem anders lautenden (oder zu keinem) Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in den Pauschalsätzen nach der zitierten Verordnung bereits enthalten ist und Stempelgebührenersatz nur im Ausmaß von S 390,-- (S 360,-- für drei Beschwerdeausfertigungen und S 30,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides) zuzusprechen war.

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