Normen
WehrG 1955 §23 Abs10 idF 1977/385;
WehrG 1990 §24 Abs8;
WehrRÄG 1988;
WehrG 1955 §23 Abs10 idF 1977/385;
WehrG 1990 §24 Abs8;
WehrRÄG 1988;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 8.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbehren wird abgewiesen.
Begründung
Der im Jahr 1975 geborene Beschwerdeführer wurde bei seiner Stellung am 26. Jänner 1993 von der Stellungskommission bei der zweitbelangten Behörde als "Untauglich" befunden.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen erstangefochtenen Bescheid (des Bundesministers für Landesverteidigung) wurde gemäß § 24 Abs. 8 des Wehrgesetzes 1990 von Amts wegen eine neuerliche Stellung des Beschwerdeführers verfügt. Anlaß dafür war, daß der Beschwerdeführer Spitzensportler (Ruderer) und bei einem internationalen Bewerb erfolgreich gewesen sei.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid (des Militärkommandos Oberösterreich) wurde der Beschwerdeführer im neuerlichen Stellungsverfahren gemäß § 19 AVG unter Androhung einer Zwangsstrafe bei unbegründeter Nichtbefolgung für 3. Juli 1995 vor die Stellungskommission der zweitbelangten Behörde geladen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Die belangten Behörden haben je eine Gegenschrift erstattet, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Der Beschwerdeführer vertritt zunächst die Auffassung, daß eine einmal getroffene, auf "Untauglich" lautende Entscheidung über die Eignung zum Wehrdienst endgültig sei. Nur als "Vorübergehend untauglich" beurteilte Wehrpflichtige müßten damit rechnen, einer neuerlichen Stellung unterzogen zu werden.
Gemäß § 24 Abs. 8 des Wehrgesetzes 1990 sind Wehrpflichtige, deren Eignung zum Wehrdienst von der Stellungskommission festgestellt wurde, auf ihren begründeten Antrag, wenn sich Anhaltspunkte für eine Änderung ihrer Eignung ergeben oder - sofern dies dem zuständigen Militärkommando auf andere Weise zur Kenntnis gelangt - von Amts wegen neuerlich einer Stellung zu unterziehen.
Der Wortlaut dieser Bestimmung scheint auf den ersten Blick insofern für den Standpunkt des Beschwerdeführers zu sprechen, als dort nur von Wehrpflichtigen, deren Eignung zum Wehrdienst festgestellt wurde, die Rede ist. Andererseits wäre aber gerade der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Fall des als "Vorübergehend untauglich" befundenen Wehrpflichtigen nicht von der neuerlichen Stellungspflicht erfaßt - ein Ergebnis, welches unschwer als sinnwidrig zu erkennen ist. Eine historische Betrachtungsweise führt auch zu einem anderen Ergebnis: Das Wehrgesetz enthielt auf Grund der Novelle 1977, BGBl. Nr. 385, im § 23 (der Vorgängerbestimmung des nunmehrigen § 24) einen Abs. 10, der wie folgt lautete:
"Stellungspflichtige und Personen, die sich freiwillig einer Stellung unterzogen haben, unterliegen, wenn durch den Beschluß der Stellungskommission festgestellt wurde, daß sie zum Wehrdienst untauglich sind, nicht mehr der Stellungspflicht."
Diese Bestimmung wurde durch das Wehrrechtsänderungsgesetz 1988, BGBl. Nr. 342, ersatzlos aufgehoben (Art. I Z. 22). Die Gesetzesmaterialien (499 Blg.Nr. XVII GP) sprechen davon, diese Bestimmung stünde "in einem Spannungsverhältnis zu der im Abs. 8 vorgesehenen Möglichkeit, Änderungen der Tauglichkeit bzw. Untauglichkeit in jeder Richtung" zu überprüfen. Daraus ist für die nunmehrige Rechtslage zu schließen, daß auch als "Untauglich" befundene Wehrpflichtige einer neuerlichen Stellung unterzogen werden können.
Dies ergibt sich im übrigen auch aus der Übergangsbestimmung des Art. II Abs. 4 des zuletzt genannten Gesetzes, wonach Wehrpflichtige, die vor dem 1. Juli 1988 für "Untauglich" befunden wurden, nur über ihren Antrag einer neuerlichen Stellung unterzogen werden durften.
Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Vertrauen in einen solchen rechtskräftigen Bescheid in Bezug auf die Lebensplanung und die in diesem Rahmen getroffenen beruflichen und persönlichen Dispositionen steht dem nicht entgegen, da ein öffentliches Interesse daran besteht, daß alle tatsächlich zum Wehrdienst Geeigneten als solche rechtlich verbindlich festgestellt werden. Das Vertrauen für "Untauglich" befundener Wehrpflichtiger auf diesen rechtskräftig festgestellten Umstand kann nach einer neuerlichen Stellung, bei der sich die Eignung des Wehrpflichtigen ergibt, im Rahmen eines Befreiungsverfahrens nach § 36a des Wehrgesetzes geschützt werden, da den für "Untauglich" Befundenen - z.U. von den "Vorübergehend untauglichen" (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1981, Slg. Nr. 10.503/A, und vom 30. Juni 1992, Zl. 92/11/0146) - keine Verpflichtung zur Harmonisierung seiner Dispositionen mit seiner Wehrpflicht trifft.
1.2. Vor Erlassung eines auf § 24 Abs. 8 des Wehrgesetzes gestützten Bescheides ist zu klären, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, daß sich der Gesundheitszustand des Wehrpflichtigen gegenüber dem einer früheren Beurteilung zugrundegelegten in erheblicher Weise geändert hat. Nicht zu prüfen ist in diesem Stadium, ob der Wehrpflichtige tatsächlich anders zu beurteilen ist als bei einer früheren Stellung; dies kann lediglich Aufgabe der neuerlichen Stellung sein.
Am Rande sei bemerkt, daß dann, wenn der Verdacht besteht, das bei einer Stellung gewonnene Ergebnis sei unrichtig, keine neuerliche Stellung gemäß § 24 Abs. 8 des Wehrgesetzes, sondern nur unter den hiefür geltenden Voraussetzungen eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtlich zulässig ist.
Bringt die Militärbehörde in Erfahrung, ein wegen körperlicher Umstände für "Untauglich" erklärter Wehrpflichtiger sei erfolgreicher Spitzensportler, so stellt dies zweifellos einen Grund dafür dar, ein Verfahren nach § 24 Abs. 8 des Wehrgesetzes einzuleiten. Wenn es auch denkbarerweise Sportarten gibt, die von einem Untauglichen auf hohem Niveau ausgeübt werden können, so ist doch vor allem in Ansehung der Belastbarkeit der hier in Rede stehende Verdacht - und nur um den geht es - begründet; dazu kommt, daß zwischen der Stellung des Beschwerdeführers und dem Entstehen der Anhaltspunkte für eine Änderung der Eignung ein längerer Zeitraum (über ein Jahr) verstrichen ist, sodaß eine Änderung im Gesundheitszustand durchaus im Bereich des Möglichen liegt.
Das Gesetz fordert als Voraussetzung für die Anordnung einer neuerlichen Stellung lediglich, daß sich "Anhaltspunkte für eine Änderung der Eignung" ergeben. Wie die maßgeblichen aktuellen Befunde lauten, welche Bedeutung sie für die Beurteilung der Eignung zum Wehrdienst haben und ob sich daraus eine Änderung des Zustandes ergibt, ist bei der Stellung zu beurteilen. Ein Verfahren nach § 24 Abs. 8 des Wehrgesetzes hat keinesfalls das Ziel, die Eignung eines Wehrpflichtigen ohne dessen unmittelbare Beurteilung durch Militärärzte (-fachärzte) festzustellen.
Die Anordnung einer neuerlichen Stellung des Beschwerdeführers entspricht daher dem Gesetz.
2. Die zweitbelangte Behörde hatte auf Grund der rechtskräftigen Anordnung einer neuerlichen Stellung ein Stellungsverfahren einzuleiten und zu diesem Zweck das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers vor der Stellungskommission zu bewirken. Dies ist mit der Erlassung des zweitangefochtenen Bescheides geschehen. Auch dieser Bescheid entspricht dem Gesetz.
3. Die Beschwerde erweist sich in Ansehung beider angefochtenen Bescheide als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren der belangten Behörden war abzuweisen, weil nur eine Aktenvorlage erfolgt ist, sodaß der hiefür vorgesehene Pauschalbetrag nur einmal zugesprochen werden konnte.
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