VwGH 95/11/0121

VwGH95/11/012130.5.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des R in K, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 20. Februar 1995, Zl. 572.504/6-2.7/95, betreffend Befreiung von der Präsenzdienstpflicht, zu Recht erkannt:

Normen

WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, ein am 10. März 1965 geborener Postbediensteter, wurde im Jahre 1983 von Amts wegen von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes befreit. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. November 1994 wurde der Wegfall der seinerzeitigen Befreiungsgründe festgestellt. Bereits zuvor hatte der Beschwerdeführer mit Antrag vom 25. Oktober 1994 seine Befreiung von der Präsenzdienstpflicht begehrt. Er begründete sein Begehren im wesentlichen damit, daß er berechtigt darauf habe vertrauen dürfen, nicht mehr Präsenzdienst leisten zu müssen, daß er nunmehr verheiratet sei und ein Kind habe, seine Ehefrau sich in Karenz befinde und daher ein wesentlich geringeres Einkommen erziele, und daß zwei Kredite bedient werden müßten, die im Vertrauen auf seine Befreiung von der Präsenzdienstpflicht und das Einkommen seiner Ehefrau aufgenommen worden seien. Der Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 690/1992 abgewiesen.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend; er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 1990 können taugliche Wehrpflichtige auf deren Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes befreit werden, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Die belangte Behörde ging davon aus, daß das Vorbringen des Beschwerdeführers lediglich wirtschaftliche Interessen erkennen lasse. Diese Interessen seien aber nicht besonders rücksichtswürdig im Sinne des Gesetzes. Daß der Beschwerdeführer im öffentlichen Interesse von der Präsenzdienstpflicht befreit worden sei, er nunmehr eine gehobene Position erreicht und diverse Kredite zurückzuzahlen habe, stelle für sich allein kein besonders rücksichtswürdiges Interesse dar. In Ansehung des Wohnhaussanierungsdarlehens in Höhe von S 176.629,-- wies die belangte Behörde darauf hin, daß der Beschwerdeführer als Mitschuldner Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nach den Bestimmungen des Heeresgebührengesetzes habe. Hinsichtlich des Kredites von S 151.000,-- für den Ankauf eines Autos bestehe die Möglichkeit einer Stundung. Die dem Beschwerdeführer im Falle der Leistung des Grundwehrdienstes drohenden wirtschaftlichen Nachteile gingen insgesamt nicht über das Ausmaß hinaus, das allen Wehrpflichtigen gleichermaßen zumutbar sei.

Das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe zwar nicht wie die Erstbehörde (das Militärkommando Niederösterreich) ausdrücklich eine Verletzung der Harmonisierungspflicht angenommen, sie sei aber dennoch "argumentativ implicite" davon ausgegangen, tatsächlich habe aber in seinem Falle eine Harmonisierungspflicht gar nicht bestanden und es sei auch nicht zumutbar, bis zur Erreichung eines Alters von 35 Jahren mit Eheschließung, Nachkommenschaft, Investitionen und Kreditaufnahmen zuzuwarten, geht an der Tatsache vorbei, daß die belangte Behörde eine Verletzung der Harmonisierungspflicht durch den Beschwerdeführer tatsächlich nicht angenommen hat. Die gegenteilige, nicht näher begründete Behauptung des Beschwerdeführers findet im angefochtenen Bescheid keine Deckung. Damit erübrigt sich eine nähere Auseinandersetzung mit dem gegenständlichen Beschwerdevorbringen.

Mit Recht hat die belangte Behörde angenommen, das Vorbringen des Beschwerdeführers lasse kein familiäres Interesse im Sinne des Gesetzes erkennen. Von einem solchen Interesse kann nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 30. Juni 1987, Slg. 12502/A) nur dann gesprochen werden, wenn ein Familienangehöriger in seinen eigenen Belangen der Unterstützung durch den Wehrpflichtigen bedarf, die ihm dieser aber wegen der Ableistung des Präsenzdienstes nicht gewähren kann. Dem Beschwerdeführer geht es im gegebenen Zusammenhang um die "erhebliche Einschränkung der Lebensumstände (seiner) Familie" infolge des durch die Ableistung des Grundwehrdienstes bedingten geringeren Einkommens. Dieser Nachteil trifft grundsätzlich jeden Präsenzdienstleistenden und seine Familie als Folge des Umstandes, daß das Heeresgebührengesetz nicht den vollen Ersatz des vor Beginn des Präsenzdienstes erzielten Einkommens vorsieht. Daß der Einkommensrückgang Wehrpflichtige, die aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters und ihrer beruflichen Stellung bereits ein verhältnismäßig hohes Einkommen erzielen, härter trifft als andere, liegt auf der Hand, wird aber vom Gesetzgeber in Kauf genommen. Es ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber die nach dem Heeresgebührengesetz zustehenden Leistungen an Präsenzdienstleistende als ausreichend und zumutbar erachtet. Daher ist der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Differenz zwischen dem bisher erzielten Einkommen und jenem, das ihm und seiner Familie während der Leistung des Grundwehrdienstes nach dem Heeresgebührengesetz zustünde, für sich allein von vornherein nicht geeignet, ein besonders rücksichtswürdiges wirtschaftliches Interesse im Sinne des Gesetzes darzutun. Es bedurfte daher auch nicht der vom Beschwerdeführer vermißten Feststellungen über das konkrete Ausmaß dieser Differenz. Daß der in Rede stehende Nachteil im allgemeinen umso größer ist, je später der Grundwehrdienst geleistet wird, mußte dem Beschwerdeführer von Anfang an bewußt sein. Er hat sich - wie er in der Beschwerde selbst vorbringt - mit seiner amtswegigen Befreiung ausdrücklich einverstanden erklärt. Im Hinblick darauf erweist sich das Vorbringen als haltlos, der Beschwerdeführer habe auf seine seinerzeitige Freistellung keinen Einfluß gehabt und es sei ihm damals die Ableistung des Präsenzdienstes amtswegig unterbunden worden.

Was schließlich die Bedienung der beiden Kredite anlangt (nach dem Beschwerdevorbringen sind hiefür monatlich Rückzahlungen in Höhe von S 4.500,-- zu leisten), läßt die Beschwerde die Annahmen unbekämpft, der Beschwerdeführer habe als Mitschuldner des Wohnhausverbesserungskredites Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nach den Bestimmungen des Heeresgebührengesetzes, und es bestehe hinsichtlich des Kredites für den Ankauf eines Autos die Möglichkeit einer Stundung. Im Hinblick darauf und wegen des Fehlens eines konkreten Vorbringens über das Ausmaß der insoweit befürchteten "erheblichen Zinsenmehrbelastung" zeigt die Beschwerde keinen wesentlichen Verfahrensmangel in bezug auf die Annahme der belangten Behörde auf, die dem Beschwerdeführer insoweit drohenden wirtschaftlichen Nachteile überstiegen nicht das allen Wehrpflichtigen gleichermaßen zumutbare Ausmaß. Das gilt sinngemäß in gleicher Weise für den vom Beschwerdeführer befürchteten beruflichen Nachteil eines "nicht aufholbaren Kenntnis- und Praxisrückstandes" bei einer mehrmonatigen Unterbrechung seiner Berufstätigkeit.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den (zu Zl. AW 95/11/0056 protokollierten) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

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