VwGH 95/10/0260

VwGH95/10/02606.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des M in I, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 16. Oktober 1995, Zl. 18.322/10-IA8/95, betreffend Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Österreichische Bundesbahnen, p. A. Bundesbahndirektion Villach), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
ForstG 1975 §14 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §19 Abs5 litd;
VwRallg;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
ForstG 1975 §14 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §19 Abs5 litd;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 25. Februar 1992 wurde der mitbeteiligten Partei (mP) die Bewilligung zur befristeten Rodung für die Teilfläche Nr.1 (L) des Grundstückes Nr. 1586 der KG O im Ausmaß von 32.000 m2 und die Teilfläche Nr. 2 (O) des Grundstückes Nr. 1586 derselben KG im Ausmaß von 28.000 m2 zum Zwecke der Ablagerung von Tunnelaushubmaterial unter Vorschreibung einer Reihe von Nebenbestimmungen erteilt.

Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten (LH) vom 12. Juni 1992 mit der Begründung zurückgewiesen, dem Beschwerdeführer komme im Rodungsverfahren keine Parteistellung zu, weil die Rodungsfläche nicht unmittelbar an sein Waldgrundstück Nr. 332/1 angrenze.

Der Beschwerdeführer erhob auch gegen diese Entscheidung Berufung; diese wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 10. August 1992 abgewiesen. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 1995, Zl. 92/10/0409, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben, weil eine Rodung innerhalb des

40 m-Schutz-Streifens des § 14 Abs. 3 ForstG Parteistellung im Sinne des § 19 Abs. 5 lit. d ForstG vermittelt, es sei denn, daß zwischen der zu rodenden Fläche und dem benachbarten Wald eine mindestens 10 m breite nicht bestockte Fläche liegt.

Nachdem die belangte Behörde mit Bescheid vom 3. April 1995 den die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Rodungsbescheid zurückweisenden Bescheid des LH vom 12. Juni 1992 behoben hatte, wies der LH mit Bescheid vom 3. Juli 1995 die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Rodungsbescheid als unbegründet ab. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, auf Grund eines forsttechnischen Amtssachverständigengutachtens vom 4. Mai 1992 stehe fest, daß die geplante Rodung keine nachteiligen Auswirkungen auf das Waldgrundstück Nr. 332/1 des Beschwerdeführers habe.

Mit Bescheid vom 16. Oktober 1995 wies die belangte Behörde die Berufung ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mP hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe nicht dargetan, daß ein öffentliches Interesse an der Rodung, welches das öffentliche Interesse an der Walderhaltung überwiege, vorliege. An das Vorliegen des öffentlichen Interesses an der Rodung seien im Beschwerdefall aber strenge Anforderungen zu stellen, da Nachbarn, denen Deckungsschutz zu gewähren sei, vorhanden seien. Der Beschwerdeführer habe wiederholt aufgezeigt, daß durch die Rodung nicht nur seine subjektiven Interessen beeinträchtigt, sondern auch andere Flächen in Mitleidenschaft gezogen würden.

Eigentümer von Waldflächen, die an die zur Rodung beantragten Waldflächen angrenzen (§ 9 Abs. 5 lit. d ForstG), dürfen im Rodungsverfahren zum Zwecke der Abwehr allfälliger, ihnen durch eine Rodungsbewilligung drohender Rechtsnachteile aus dem Titel der mit ihren Interessen verbundenen öffentlichen Interessen im Rahmen der nach § 17 Abs. 2 ForstG vorzunehmenden Interessenabwägung im Wege von Einwendungen gegen den Rodungsantrag das öffentliche Interesse an der Walderhaltung geltend machen.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend das Fehlen eines öffentlichen Interesses an der Rodung bleibt es im Hinblick darauf, daß die Parteistellung des Beschwerdeführers auf die Geltendmachung der mit seinen Interessen verbundenen öffentlichen Interessen beschränkt ist, verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen, denn es zielt allein darauf ab, darzutun, daß und weshalb das von der belangten Behörde als erwiesen angenommene öffentliche Interesse an der Rodung schlechthin nicht bzw. nicht in einem das Walderhaltungsinteresse überwiegenden Ausmaß gegeben sei. Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, inwiefern damit in sein die Parteistellung im Rodungsverfahren begründendes subjektives Recht auf Erhaltung des ihm gehörigen nachbarlichen Waldes bzw. auf Abwehr von diesen Waldbestand beeinträchtigenden Maßnahmen eingegriffen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1994, Zl. 94/10/0071).

Die auf die Geltendmachung seiner subjektiven Rechte beschränkte Parteistellung des Beschwerdeführers verwehrt es ihm auch, eine Beeinträchtigung fremder Rechte oder nicht mit seinem Waldgrundstück im Zusammenhang stehender öffentlicher Interessen geltend zu machen.

Der Beschwerdeführer bringt zwar nicht konkret zum Ausdruck, inwiefern sein Waldgrundstück durch die Rodung beeinträchtigt würde. Aus dem gesamten Beschwerdevorbringen im Zusammenhang mit den Einwendungen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren läßt sich aber ableiten, daß er eine Verletzung des Deckungsschutzes sowie Gefahren durch von der Deponie abfließende Wässer befürchtet.

Die belangte Behörde hat ihre Annahme, daß durch die Rodung das Waldgrundstück des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt wird, auf das Gutachten des vom LH beigezogenen forsttechnischen Amtssachverständigen gestützt. Nach diesem Gutachten sind durch die Rodung keine negativen Auswirkungen durch Wind und Schnee auf den Waldbestand des Beschwerdeführers zu erwarten; auch eine Beeinträchtigung durch von der Deponie abfließende Oberflächenwässer ist auszuschließen. Der Beschwerdeführer ist diesem Gutachten, welches nicht als unschlüssig zu erkennen ist, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei ihm nicht ausreichend Parteiengehör gewährt worden. In dem nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 1995, Zl. 92/10/0409, fortgesetzten Verwaltungsverfahren hätte ihm neuerlich Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden müssen. Die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme zum forsttechnischen Amtssachverständigengutachten sei zu kurz gewesen.

Ein Blick auf den Verfahrensverlauf zeigt, daß die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung des Parteiengehörs nicht vorliegt.

Der LH hat auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Rodungsbescheid ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Forsttechnik zur Frage eingeholt, ob durch die geplante Rodung das Waldgrundstück des Beschwerdeführers beeinträchtigt werden könne. Dieses Gutachten wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer reagierte darauf mit dem Ersuchen um Einräumung einer weiteren Stellungnahmefrist von vier Wochen. Über diesen Antrag wurde formell nicht abgesprochen, doch wartete der LH mit der Erlassung des Berufungsbescheides mehr als vier Wochen. Der Beschwerdeführer gab in dieser Frist auch eine Stellungnahme zum Gutachten ab. Von einer Verletzung des Parteiengehörs kann also keine Rede sein; auch nicht davon, daß die zur Stellungnahme eingeräumte Frist zu kurz gewesen sei. Hiezu kommt, daß der LH in seinem zweiten Berufungsbescheid vom 3. Juli 1995 das Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen wiedergegeben hat, was dem Beschwerdeführer neuerlich die Möglichkeit eröffnete, dagegen alles vorzubringen, was aus seiner Sicht gegen dieses Gutachten sprach und allenfalls auch ein Gegengutachten vorzulegen.

Der Beschwerdeführer bezeichnet das Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen als unschlüssig und meint, es stehe im Widerspruch sowohl zum Gutachten des von der Forstbehörde erster Instanz beigezogenen Amtssachverständigen für Forsttechnik als auch zum Gutachten des Amtssachverständigen für Geologie des Amtes der Kärntner Landesregierung.

Der Amtssachverständige für Geologie hat die Flächen 1 und 2, für welche die Rodungsbewilligung erteilt wurde, als für den Rodungszweck geeignet und unbedenklich erklärt. Einwände erhob er lediglich gegen die im ursprünglichen Antrag der mP ebenfalls zur Rodung vorgesehene Fläche 3. Die mP hat auf Grund dieser Bedenken den Rodungsantrag für die Fläche 3 zurückgezogen. Ein Widerspruch zwischen dem Gutachten des Amtssachverständigen für Geologie und jenem des vom LH beigezogenen Amtssachverständigen für Forsttechnik besteht demnach nicht.

Der - aus fachlicher Sicht die Rodung ablehnende - Amtssachverständige der Forstbehörde erster Instanz hat sich mit der hier allein maßgeblichen Frage einer Beeinträchtigung des Waldgrundstückes des Beschwerdeführers durch die Rodung nicht befaßt, wie auch aus einem im Akt liegenden Schreiben dieses Amtssachverständigen hervorgeht. Ein Widerspruch zwischen dem Gutachten des vom LH beigezogenen forsttechnischen Amtssachverständigen und jenem des forsttechnischen Amtssachverständigen der Forstbehörde erster Instanz besteht nicht. Der Beschwerdeführer übersieht mit seinem Hinweis auf die Ausführungen des Amtssachverständigen der Forstbehörde erster Instanz zur Fläche 3, daß der Rodungsantrag für diese Fläche zurückgezogen wurde.

Der Beschwerdeführer bemängelt, die belangte Behörde habe sich mit seiner Stellungnahme zum Gutachten des vom LH beigezogenen forsttechnischen Amtssachverständigen nicht auseinandergesetzt. Dieser Einwand besteht zu Recht, verhilft der Beschwerde aber nicht zum Erfolg.

In seiner Stellungnahme vom 17. Juni 1992 machte der Beschwerdeführer geltend, die Ausführungen des Amtssachverständigen betreffend die Gefahrenbildung durch Oberflächen- und Niederschlagswässer könnten unter Umständen zutreffen, wenn es geländemäßig beim derzeitigen Zustand bliebe; es dürfe aber nicht übersehen werden, daß nach Anlegung der Deponie aus der bisherigen Mulde auf Grundstück Nr. 1586 eine Kuppe werde, von der herunter auch in Richtung des Waldgrundstückes des Beschwerdeführers eine Neigung entstehen werde. Oberflächenwässer könnten sodann von der Kuppe in Richtung des Grundstückes des Beschwerdeführers gelangen und dort Schäden anrichten. Was Schäden durch Wind und Schnee anlange, so dürfe nicht übersehen werden, daß der - wenn auch geringe - Baumbestand auf Grundstück Nr. 1586 nach der Rodung entfernt sein und die Windabhaltefunktion wie bisher nicht mehr ausüben werde, sodaß der Südwind mit voller Wucht auf den Baumbestand auf Grundstück Nr. 332/1 aufprallen werde; ebenso könnten Schneeverwehungen dort leichter Schäden anrichten, als wenn die Windwucht durch einen lockeren Bestand gebremst werde. Schließlich setzte sich der Beschwerdeführer auch noch mit den Auswirkungen der Rodung auf Bundesstraße, Bahn sowie Forststraßen und bäuerliche Anwesen auseinander.

Der Amtssachverständige für Forsttechnik hat in seinem Gutachten eingehend begründet, daß und warum von der geplanten Rodung keine nachteiligen Auswirkungen durch Wind oder Schnee auf den Waldbestand des Beschwerdeführers zu erwarten sind. Dem stellt der Beschwerdeführer lediglich eine gegenteilige Behauptung gegenüber, die sich nicht auf gleicher fachlicher Ebene bewegt wie das Amtssachverständigengutachten.

Abgesehen davon, daß das forsttechnische Amtssachverständigengutachten in seinen Aussagen zu von der Deponie durch Oberflächenwässer ausgehende Gefahren auf einem wasserbautechnischen Gutachten aufbaut, welches den Endzustand der Deponie berücksichtigt und abgesehen davon, daß auch das Gutachten der Wildbach- und Lawinenverbauung bestätigt, daß keine negativen Auswirkungen von der Deponie durch Wasserabflüsse zu befürchten sind, handelt es sich bei Einwirkungen auf das Grundstück des Beschwerdeführers, die durch den Endzustand der Deponie verursacht würden, nicht um Auswirkungen der Rodung selbst, sondern um solche des durch die Rodung verwirklichten Projektes. Solche Auswirkungen sind aber nicht Gegenstand des Rodungsverfahrens (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1991, Zl. 90/10/0203, u.a.).

Nicht berechtigt ist schließlich auch der Einwand des Beschwerdeführers, der Rodungsbescheid sei nicht ausreichend konkretisiert.

Der im Instanzenzug bestätigte und damit zum Inhalt des angefochtenen Bescheides gemachte Spruch des erstinstanzlichen Rodungsbescheides erklärt den beiliegenden Lageplan sowie das baugeologisch-geotechnische Gutachten (I-geo, P Nr. 8) vom November 1990 und das wasserbautechnische Gutachten (Büro W, S) vom September 1991 zum integrierenden Bestandteil des Bescheides. Insbesondere durch den Verweis auf den Lageplan, welcher die Rodungsflächen genau ausweist, ist dem Gebot der ausreichenden Konkretisierung Genüge getan.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, der Lageplan sei ihm nicht zugestellt worden, wurde erstmals in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde aufgestellt und stellt daher eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. März 1994, Zl. 93/10/0116). Außerdem stimmt die Behauptung, der Plan sei nicht zugestellt worden, nicht. Er wurde dem Beschwerdeführer bereits mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 24. Jänner 1992 übermittelt.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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