VwGH 95/10/0014

VwGH95/10/001427.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 29. November 1994, Zl. N-103247/4-1994-Ma, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG OÖ 1982 §1 Abs1;
NatSchG OÖ 1982 §1 Abs2;
NatSchG OÖ 1982 §10 Abs1 lita;
NatSchG OÖ 1982 §10 Abs1 litb;
NatSchG OÖ 1982 §4 Abs1 Z2 lith;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG OÖ 1982 §1 Abs1;
NatSchG OÖ 1982 §1 Abs2;
NatSchG OÖ 1982 §10 Abs1 lita;
NatSchG OÖ 1982 §10 Abs1 litb;
NatSchG OÖ 1982 §4 Abs1 Z2 lith;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid der OÖ Landesregierung vom 29. November 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 27. Dezember 1993 betreffend die Abweisung des Antrages auf naturschutzbehördliche Bewilligung zum Schotterabbau auf näher bezeichneten Grundstücken abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt. Hiezu wurde - nach Darstellung des Verfahrensablaufes und der Rechtslage - im wesentlichen ausgeführt, durch den geplanten Abbau würden sowohl der Naturhaushalt, die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen- und Tierarten in einer Weise geschädigt, der Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt und das Landschaftsbild in einer Weise gestört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz gemessen an den in § 1 OÖ NSchG normierten Zielsetzungen zuwiderlaufe. Von sachverständiger Seite sei schlüssig und nachvollziehbar dargelegt worden, daß durch die Abgrabungstätigkeit und die damit verbundene Offenlegung des vorher gedeckten und geschützten Gesteinskörpers die freigelegten Gesteinsschichten durch exogene Kräfte wie Sauerstoff, Niederschläge, Temperaturschwankungen und Immissionen angegriffen und durch Verwitterung, Erosion, Auslaugung, Infiltration oder Austrocknung verändert würden. Dadurch würden die Rückhalte-, Filter- und Austauschkapazitäten des Substrats nachhaltig beeinträchtigt, was jedenfalls zu anders gearteten ökologischen Bedingungen führe. Für die Zeit der Abbautätigkeit würden darüber hinaus Lebensraum und Nahrungsgrundlagen zahlreicher Insekten sowie durch die teilweise Beseitigung der bestehenden Gehölzvegetation der Rückzugsraum für eine Reihe von Vogelarten und Säugetieren eingeschränkt. Vor allem sei es aber das massive Vorkommen der Büschelnelke, einer seltenen, vollkommen geschützten und in den Roten Listen gefährdeter Pflanzen Österreichs aufscheinenden Art, deren Bestand durch das geplante Vorhaben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unwiederbringlich zerstört würde. Es sei weiters davon auszugehen, daß mit dem projektgemäßen Schotterabbau massiv in die Schutzgüter Landschaftsbild und Erholungswert der Landschaft eingegriffen werde. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, daß mit dem Abtrag der gesamten Hügelkuppe auf ca. 15 m an der höchsten Stelle auf einer Länge von über 300 m und einer maximalen Breite von etwa 110 m ein für die W-Hügellandschaft markantes landschaftsgestaltendes Element verloren ginge. Die Störwirkung dieser Reliefveränderung werde verstärkt durch deren Exponiertheit und Einsehbarkeit sowie deren Ausmaße. Der Erholungswert einer Landschaft hänge wesentlich davon ab, ob das Befürfnis des Menschen nach Ordnung und Vielfalt erfüllt werde. Das Erlebnispotential und der Erholungswert einer Landschaft würden durch das Maß an positiven Sinneseindrücken bestimmt. Eigenart und Schönheit einer Landschaft würden an den Kriterien Geschlossenheit, Vielfalt und Ursprünglichkeit gemessen. Es liege auf der Hand, daß das Potential der gegenständlichen Landschaft für den Erholungssuchenden durch einen Schotterabbau, der offen einsehbar ein landschaftscharakteristisches Element zerstöre, wesentlich beeinträchtigt werde, "da das Bedürfnis nach Homogenität und Harmonie durch das Verfremden der natürlichen Strukturen, das Verlangen nach Unberührtheit durch das Zerstören der Intaktheit der Landschaft sowie nach Vollständigkeit der den jeweiligen Landschaftstyp kennzeichnenden Elemente nicht mehr erfüllt" werde. Abgesehen davon werde durch den Betriebsablauf und das damit zusammenhängende Verkehrsaufkommen ein relativer Ruheraum wesentlich belastet. All diese Erwägungen ließen den Schluß zu, daß mit dem geplanten Schotterabbau nicht mehr nur ein aus naturschutzfachlicher Sicht "erhebliches Schädigungs-, Beeinträchtigungs- bzw. Störungsminimum" verbunden sei, sondern ein sehr gewichtiges öffentliches Interesse am Natur- und Landschaftsschutz vorliege. Nochmals sei dazu ausgeführt, daß es im ureigensten Interesse des Natur- und Lanschaftsschutzes gelegen sei, vom Aussterben bedrohte Arten wie die Büschelnelke, die darüber hinaus nach der Verordnung der OÖ Landesregierung über den Schutz wildwachsender Pflanzen und freilebender Tiere den vollkommen geschützten Pflanzenarten zuzuzählen sei, vor jeglicher negativer Beeinflussung zu schützen. Möglichkeiten, diese besondere Pflanzenart in ihrem Bestand durch Um- oder Absiedelung zu erhalten, wären vom Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz begründet ausgeschlossen bzw. derartige Versuche aufgrund konkreter Erfahrungen als aussichtslos bezeichnet worden. Ebenfalls hervorragende Bedeutung komme der Erhaltung von Kulturlandschaften, die von einzelnen prägenden Strukturelementen (wie gegenständlich Hügel, Wirtschafts- und Streuobstwiesen, Feldgehölze und Obstbäume) charakterisiert seien, zu. Der Abtrag der Hügelkuppe im Zuge des Schotterabbaus in einem nicht unbeträchtlichen Ausmaß müsse zweifellos diese strukturreiche harmonische Hügellandschaft in einem beträchtlichen und aus der Sicht des Landschaftsschutzes nicht vertretbaren Ausmaß stören. Die Exponiertheit des Abbaues und dessen weiträumige Einsehbarkeit potenzierten diesen Störfaktor, wobei die Beeinträchtigung auch nach Abbauende wirksam bleibe, zumal ein maßgebliches raumgestaltendes Element verloren gehe und dies zu einer Monotonisierung der betroffenen Landschaft führe. Der Wirkungsgrad der Beeinträchtigungen auf den Erholungswert der Landschaft bedeute ein zusätzliches Element bei der Gewichtung des öffentlichen Interesses am Natur- und Landschaftsschutz. Im Rahmen der gesetzlich gebotenen Interessenabwägung sei dieses als äußerst hochwertig zu bezeichnende Interesse am Natur- und Landschaftsschutz allen anderen Interessen gegenüberzustellen. Grundsätzlich werde ein öffentliches Interesse an der Gewinnung geogener Rohstoffe in Abhängigkeit eines abbauwürdigen Vorkommens und dessen Verfügbarkeit nicht bestritten. Die Wertigkeit dieses Interesses orientiere sich allerdings in erster Linie an der Häufigkeit des Vorkommens und am volkswirtschaftlichen bzw. regionalwirtschaftlichen Bedarf. Im gegenständlichen Verfahren sei erhoben worden, daß im Bereich der Gemeinden M., L. und W. bereits 8 genehmigte und offene Kiesabbaue vorhanden seien, deren Abbauvorräte derzeit auf ca. 450.000 m3 gewachsenes Material geschätzt würden. Dieser Vorrat vermöge neben dem unmittelbaren Ortsbedarf noch bis in den Stadtbereich von R den Kies-, Schotter- und Fertigbetonbedarf etwa des südwestlichen Viertels des Bezirkes R für etwa 3 Jahre zu bedecken. Die mittelfristige Versorgungs- und Bedarfsperspektive zeige, daß eine verstärkte regionale Ausrichtung der Schotterbedarfsdeckung aus dem Raum W./L. zu erwarten sei. Drei weitere Abbauvorhaben in diesem Bereich stünden zur Genehmigung bei der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. an und es sei mit zusätzlichen Erweiterungsanträgen bereits offener Schottergruben bzw. mit der Wiederaufnahme eines derzeit ruhenden Abbaues mittelfristig zu rechnen. Aus der dargestellten Situation sei abzuleiten, daß im Raum W. bzw. den Nachbargemeinden eine rege Abbautätigkeit herrsche, sodaß die Verfügbarkeit der nachgefragten Mengen zumindest für die nächsten Jahre gesichert erscheine. Ein regionalwirtschaftliches und damit öffentliches Interesse am Schotterabbau, das sich primär an der gesicherten Bedarfsdeckung eines bestimmten Raumes zu orientieren habe, sei daher, bezogen auf den verfahrensgegenständlichen Abbau zu relativieren. Auch das vorgebrachte volkswirtschaftliche Interesse an der Erhaltung von 5 Arbeitsplätzen, die nur bei Genehmigung des gegenständlichen Abbaues gesichert wären, bedürfe ebenfalls einer kritischen Betrachtung. Zum einen erscheine die Erhaltung von 5 Arbeitsplätzen im Betrieb des Beschwerdeführers aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht von so hervorragender Bedeutung. Zum anderen liege es durchaus im Bereich des Möglichen, daß diese Arbeitnehmer auch anderweitig einen Arbeitsplatz finden könnten. Jedenfalls biete dieses Argument letztlich keine Rechtfertigung dafür, wertvolle Kulturlandschaften zu zerstören oder schützenswerte Lebensräume zu vernichten. Die Behauptung, daß der Schutz menschlicher Existenzen Vorrang gegenüber dem Schutz bestimmter Pflanzenarten hätte, könne insoferne nicht überzeugen, als doch das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz gerade auch die Sicherung einer bestmöglichen Lebensgrundlage für den Menschen beinhalte. Diesfalls müßten Einzelinteressen, die durchaus anerkannt würden, hinter dem Gemeinwohl zurückstehen. Soweit der Beschwerdeführer vorbringe, daß sein Betrieb maschinell und personell mit ca. 20 % des Betriebszuschnittes auf Kiesabbau ausgerichtet sei, liege die Aufrechterhaltung dieser Betriebssparte zweifellos im betriebswirtschaftlichen Interesse, wobei die Abweisung des gegenständlichen Antrages durchaus mit einer Verschlechterung des Betriebsergebnisses verbunden sein könne. Dennoch könnten allen augenscheinlichen und vorgebrachten Interessen an der Durchführung des Vorhabens nicht jenes Gewicht beigemessen werden, das geeignet wäre, das dargestellte öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zu überwiegen. Da sowohl die fachliche Beurteilung als auch die durchgeführte Interessenabwägung nicht zu einer für den Beschwerdeführer günstigen Entscheidung habe führen können, sei auf die Frage, inwieweit das Vorhaben allenfalls unter Bedingungen, befristet oder mit Auflagen bewilligungsfähig wäre, nicht näher einzugehen gewesen. Es werde aber nochmals auf die Ausführungen des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz verwiesen, wonach der Verlust der landschaftsprägenden Hügelgruppe und die Zerstörung des Lebensraumes der seltenen geschützten Pflanzenart - Büschelnelke - unwiederbringlich sei und diese Beeinträchtigungen durch keine wie immer gearteten Maßnahmen gemindert werden könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall ist unbestritten, daß das Vorhaben des Beschwerdeführers im Grunde des § 4 Abs. 1 Z 2 lit. h des OÖ NSchG 1982 einer Bewilligung bedarf. Diese ist gemäß § 10 Abs. 1 dieses Gesetzes zu erteilen, wenn

  1. a) das Vorhaben weder den Naturhaushalt oder die Grundlagen von Lebengemeinschaften von Pflanzen- und Tierarten in einer Weise schädigt, noch den Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt, noch das Landschaftsbild in einer Weise stört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft, oder
  2. b) wenn öffentliche oder private Interessen am beantragten Vorhaben das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.

    Das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz liegt gemäß § 1 Abs. 1 des OÖ NSchG 1982 in der Sicherung einer dem Menschen angemessenen bestmöglichen Lebensgrundlage durch die Erhaltung, Gestaltung und Pflege der heimischen Natur und Landschaft in ihren Lebens- und Erscheinungsformen.

    Der Beschwerdeführer bringt zunächst im wesentlichen vor, es liege in der Natur der Sache einer Schotterabbaugrube, daß Erde und Gesteinsmaterial abgebaut und der bisher geschützte Gesteinskörper freigelegt werde. Ginge man davon aus, daß dies allein bereits den Tatbestand der Störung des öffentlichen Interesses am Natur- und Landschaftsschutz erfülle, könnten Schottergruben grundsätzlich nicht mehr bewilligt werden. Dies würde allerdings dem klaren Gesetzestext widersprechen. Im übrigen seien die diesbezüglichen Ausführungen des Sachverständigen nicht schlüssig, da sie einer auf den vorliegenden Fall bezogenen Befundaufnahme entbehrten. Soweit sich die belangte Behörde jedoch auf das "massive Vorkommen der Büschelnelke" stütze, sei ihr zu entgegnen, daß dieses Vorkommen vom Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz bei seiner Begehung am 29. Juli 1993 nicht nur auf dem zum Abbau vorgesehenen Trockenrasen festgestellt worden sei, sondern auch im angrenzenden Gebiet, auf dem die Bodennarbe unmittelbar auf Schliervorkommen fuße. Der Sachverständige selbst habe am 11. April 1994 kein Vorkommen der Büschelnelke feststellen können, worauf der Beschwerdeführer ausdrücklich hingewiesen habe. Ausdrücklich habe der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 15. September 1994 weiters darauf hingewiesen, daß die Büschelnelke im Abbaugebiet - wohl aufgrund des äußerst heißen Sommers 1994 - nicht mehr vorkomme. Dennoch habe sich die belangte Behörde mit der Frage, ob es im geplanten Abbaugebiet überhaupt noch Büschelnelken gäbe, nicht weiter auseinandergesetzt.

    Unter "Naturhaushalt" ist das Wirkungsgefüge der biotischen und abiotischen Faktoren der Natur (Geologie, Klima, Boden, Oberflächen- und Bodenwasser, Vegetation usw.) zu verstehen. Es kann daher die Eröffnung einer Schotterentnahmestelle durchaus zu einer Schädigung des Naturhaushaltes führen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1994, Zl. 93/10/0153). Ob diese schädigende Wirkung im Einzelfall, und zwar in einer Weise, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft, zu erwarten ist, hängt freilich von Art und Intensität der mit einem konkreten Vorhaben verbundenen Eingriffe in das beschriebene Wirkungsgefüge ab.

    Die belangte Behörde vertritt, gestützt auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz, den Standpunkt, der Bestand der Büschelnelke, einer seltenen, vollkommen geschützten und in Österreich vom Aussterben bedrohten Pflanzenart werde durch das Vorhaben des Beschwerdeführers unwiederbringlich zerstört, weil dieser Pflanze dadurch insbesondere das für ihr Gedeihen notwendige Substrat, das eine gewisse Wasserdurchlässigkeit gewährleisten müsse, entzogen werde und auch eine (vom Beschwerdeführer erwogene) Verpflanzung - wie näher dargelegte Erfahrungen gezeigt hätten - nicht erfolgversprechend sei. Träfe dies zu, so bestünde die Auffassung der belangten Behörde, das Vorhaben des Beschwerdeführers bewirke eine Schädigung des Naturhaushaltes in einer Weise, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft, schon deshalb zu Recht, weil durch den Verlust des in Rede stehenden Bestandes der bereits vom Aussterben bedrohten Büschelnelke die Erhaltung einer Lebensform der heimischen Natur jedenfalls nachhaltig gefährdet würde.

    Soweit der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, die Büschelnelke sei im Gegensatz zur Auffassung des Amtssachverständigen, wonach diese Pflanze nur auf Trockenrasen bzw. Quarzkies vorkommen und gedeihen könne, auch im angrenzenden Gebiet, wo die Bodennarbe unmittelbar auf Schliervorkommen fuße, vom Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz festgestellt worden, so zeigt er damit keinen Umstand auf, der gegen die Richtigkeit des dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Sachverständigengutachten spricht. Denn es hat der Amtssachverständige zu dieser Frage plausibel dargelegt, daß es der Büschelnelke auf Schlier, und zwar wegen dessen Eigenschaft verstärkter Wasserundurchlässigkeit nicht möglich sei, einen stabilen und vitalen Bestand auszubilden, was es aber nicht ausschließe, daß einzelne Exemplare als Ausläufer auch in schlieranstehenden Zonen gedeihen könnten.

    Hingegen besteht der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob es im geplanten Abbaugebiet überhaupt noch Büschelnelken gäbe, zu Recht. Träfe nämlich das vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15. September 1994 unter Anschluß von Fotos erstattete und nicht von vornherein als unrichtig zu beurteilende Vorbringen zu, daß "offensichtlich durch die heurige Sommertrockenheit und durch die Bewirtschaftung (Düngung) diese Pflanze nicht mehr vorhanden ist", so wäre damit in Ansehung einer Schädigung des Naturhaushaltes der Argumentation der belangten Behörde der Boden entzogen. Es werden zwar im angefochtenen Bescheid wohl auch weitere, mit dem Vorhaben des Beschwerdeführers verbundene Eingriffe in den Naturhaushalt bzw. in die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Tier- und Pflanzenarten behauptet. Es fehlt aber an Feststellungen, die ausreichend konkret wären, um eine entsprechende Beurteilung zuzulassen. So bleibt offen, für welche Insekten, Vogelarten und Säugetiere das geplante Abbaugebiet Lebens- und Nahrungsraum bzw. Rückzugsraum bietet, welche Folgen mit der Beseitigung dieser Räume konkret bewirkt würden und wie diese Auswirkungen im Hinblick auf das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zu bewerten sind.

    Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, er habe im Verwaltungsverfahren ständig darauf hingewiesen, daß an der Abbaustelle bereits eine Schottergrube für landwirtschaftliche Zwecke im Ausmaß von zumindest 1000 m2 bestehe. Es könne daher an dieser Stelle nicht von einer Ursprünglichkeit und Geschlossenheit der Landschaft ausgegangen werden. Der geplante Schotterabbau würde lediglich zu einer Erweiterung der schon bestehenden Schottergrube führen. Da vor Inangriffnahme jedes der drei Abbauabschnitte der vorher bearbeitete Abschnitt rekultiviert würe, sei mit nur kurzfristigen Eingriffen in das Landschaftsbild zu rechnen. Hingegen würde die Aufrechterhaltung des bestehenden Zustandes - ohne jegliche Rekultivierung der landwirtschaftlich genutzten Schottergrube - sich als wesentlich gravierender und langdauernder darstellen. Die Auffassung der belangten Behörde widerspreche daher den tatsächlichen Gegebenheiten; die bereits bestehende Schottergrube sei überdies vom Ortszentrum von W. einsehbar. Schließlich sei die abzubauende Hügelkuppe auch nicht landschaftsprägend. Sie sei vielmehr eingebettet in eine ganze Anzahl von Hügeln, die langsam in Richtung K. und H. hin anstiegen. Selbst bei einer - vom Beschwerdeführer nicht angestrebten - gänzlichen Entfernung der Hügelkuppe würde eine Änderung der Landschaft im besonderen Maße nicht eintreten. Letztlich habe die belangte Behörde - entgegen dem Gesetzestext des § 10 OÖ NSchG - auch der "Erhaltung von Kulturlandschaften" Tatbestandseigenschaft für das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zugebilligt und dabei "Hügel, Wirtschafts- und Streuobstwiesen, Feldgehölze und Obstbäume" als prägende Strukturelemente der Kulturlandschaft bezeichnet. Es könne allerdings nicht davon ausgegangen werden, daß diese eine besondere Seltenheit aufwiesen, sodaß sie dem öffentlichen Interesse am Naturschutz zuwiderlaufen könnten. Vielmehr seien Wiesen, Feldgehölze und Obstbäume "im gesamtmitteleuropäischen Kulturraum" weit verbreitet. Man könne sogar davon ausgehen, daß sie in etwas höher gelegenen Lagen dieser Gegend den Hauptanteil an allen genutzten Flächen ausmachten. Insbesondere könne eine Wiese relativ einfach wieder rekultiviert werden. Auch Obstbäume und Feldgehölze würden erfahrungsgemäß schnell nachwachsen, wenn sie im Zuge einer Rekultivierung angelegt würden. Jedenfalls sei eine Einmaligkeit des Kulturraumes ebensowenig ersichtlich wie eine unwiederbringliche Zerstörung durch einen "begrenzten Schotterabbau".

    Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides wohl ausgeführt, daß der Erhaltung von Kulturlandschaften, "die von einzelnen prägenden Strukturelementen ... charakterisiert sind", hervorragende Bedeutung zukomme. Sie hat allerdings - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers - die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung nicht von der Erhaltung der vom geplanten Abbau betroffenen Kulturlandschaft abhängig gemacht, sondern in Ansehung des Landschaftsschutzes vielmehr festgestellt, daß durch den geplanten Abbau der Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt und das Landschaftsbild in einer Weise gestört werde, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderlaufe.

    Verfehlt ist auch die Auffassung des Beschwerdeführers, ein öffentliches Interesse bestünde nur am Schutz seltener oder einmaliger Erscheinungsformen der heimischen Landschaft. Vielmehr besteht gemäß § 1 Abs. 1 des OÖ NSchG 1982 ein öffentliches Interesse an der Erhaltung, Gestaltung und Pflege der heimischen Landschaft ohne jede Einschränkung, somit in allen ihren Erscheinungsformen (vgl. dazu auch die Gesetzesmaterialien zum OÖ NSchG 1982, Blg. 190/1982 zum kurzschriftlichen Bericht des oberösterreichischen Landtages,

  1. 22. GP, 1).

    Gegebenenfalls hängt daher die Bewilligungsfähigkeit eines - nach § 10 Abs. 1 lit. a OÖ NSchG nicht zu bewilligenden - Vorhabens i.S.d. § 10 Abs. 1 lit. b OÖ NSchG 1982 von der Gewichtung des öffentlichen Interesses am Natur- und Landschaftsschutz einerseits und des öffentlichen oder privaten Interesses am beantragten Vorhaben andererseits ab.

    Im Ergebnis zu Recht wendet sich der Beschwerdeführer jedoch gegen die Feststellung der belangten Behörde, der beantragte Schotterabbau störe das Landschaftsbild in einer Weise, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderlaufe.

    Unter dem Begriff des Landschaftsbildes ist mangels einer Legaldefinition das Bild einer Landschaft zu jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft zu verstehen, wobei mit Landschaft ein charakteristischer, individueller Teil der Erdoberfläche gemeint ist, bestimmt durch das Wirkungsgefüge der hier vorhandenen Geofaktoren einschließlich der anthropogeographischen, mögen auch die Einwirkungen des Menschen, etwa durch bauliche Anlagen, nur untergeordnete Teile der Landschaft ausmachen. Es ist daher vom Begriff der Landschaft auch die Kulturlandschaft und vom Schutz, den das OÖ NSchG dem Landschaftsbild gewährleistet, auch das Bild der Kulturlandschaft umfaßt. Von einer Störung des Landschaftsbildes wird dann zu sprechen sein, wenn das sich von möglichen Blickpunkten bietende Bild der betreffenden Landschaft ästhetisch nachteilig beeinflußt wird. Dafür, ob dies durch einen bestimmten Eingriff in die Landschaft geschieht, ist entscheidend, ob sich dieser Eingriff harmonisch in das Bild einfügt oder nicht. Handelt es sich um einen zusätzlichen Eingriff, dann ist entscheidend, ob sich diese weitere Anlage oder Einrichtung in das vor ihrer Errichtung gegebene und durch bereits vorhandene menschliche Eingriffe mitbestimmte Wirkungsgefüge der bestehenden Geofaktoren einpaßt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. August 1993, Zl. 89/10/0119 und die dort zitierte Vorjudikatur).

    Davon ausgehend bedarf die Feststellung, ein Vorhaben störe das Landschaftsbild, einer so ausführlichen Beschreibung des Bildes der Landschaft, daß die Schlußfolgerung der Störung dieses Bildes durch das Vorhaben nachvollziehbar gezogen werden kann.

    Mangels einer solchen Beschreibung ist aber im vorliegenden Fall nicht nachvollziehbar, ob es sich bei der abzubauenden Hügelkuppe um ein "markantes, landschaftsgestaltendes Element" handelt, dessen Verlust daher einen solchen Einfluß auf das Landschaftsbild ausübt, daß dies dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Erscheinungsformen der heimischen Landschaft zuwiderläuft, oder ob - wie dies der Beschwerdeführer bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat - durch das geplante Vorhaben kein landschaftsgestaltendes Element verloren geht.

    Aus demselben Grund läßt sich die durch den Abtrag der Hügelkuppe erwartete Störung des Bildes der durch Hügel-, Wirtschafts- und Streuobstwiesen, Feldgehölze und Obstbäume charakterisierten Landschaft ebensowenig nachvollziehen wie die Feststellung, daß dieses Vorhaben zu einer Monotonisierung der betroffenen Landschaft führe.

    Zu Recht wendet sich der Beschwerdeführer auch gegen die Feststellung, der beantragte Schotterabbau beeinträchtige den Erholungswert der Landschaft, weil das Bedürfnis des Menschen nach Homogenität und Harmonie durch das Verfremden der natürlichen Strukturen, das Verlangen nach Unberührtheit durch das Zerstören der Intaktheit der Landschaft sowie nach Vollständigkeit der den jeweiligen Landschaftstyp kennzeichnenden Elemente nicht mehr erfüllt werde und weil durch den Betriebsablauf und das damit zusammenhängende Verkehrsaufkommen ein relativer Ruheraum wesentlich belastet werde. Denn abgesehen davon, daß sich die belangte Behörde hier von den Ausführungen des Amtssachverständigengutachtens insoweit entfernt, als dieses nicht von einer unberührten Landschaft, sondern von einer bestehenden Schottergrube ausgeht, die erweitert werden soll, fehlt es bereits an Feststellungen, inwieweit dem in Rede stehenden Gebiet die Eignung zukommt, dem Menschen zur Erholung zu dienen. Darauf aufbauend wäre aber erst die nachvollziehbar begründete Schlußfolgerung möglich, das Vorhaben beeinträchtige den Erholungswert der Landschaft und zwar in einer Weise, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft. Der - nicht näher begründeten - Feststellung, es werde ein "relativer Ruheraum" durch den Betriebsablauf und das damit zusammenhängende Verkehrsaufkommen wesentlich belastet, kann eine solche Schlußfolgerung freilich nicht entnommen werden.

    Aus diesen Gründen ist die belangte Behörde in einem unter Verletzung von Verfahrensvorschriften durchgeführten Verfahren zur Feststellung gelangt, durch den vom Beschwerdeführer beantragten Schotterabbau würden der Naturhaushalt, die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen- und Tierarten in einer Weise geschädigt, der Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt und das Landschaftsbild in einer Weise gestört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz, gemessen an den in § 1 OÖ NSchG 1982 normierten Zielsetzungen, zuwiderläuft, sodaß es auch an einer tauglichen Grundlage für die Vornahme der Interessenabwägung nach § 10 Abs. 1 lit. b OÖ NSchG 1982 fehlt.

    Der angefochtene Bescheid erweist sich solcherart als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Er war daher - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

    Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

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