VwGH 95/09/0226

VwGH95/09/022623.1.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, in der Beschwerdesache des Dipl. Ing. Mag. G in W, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundeskanzleramt vom 7. Juli 1995, Zl. 21/7-DK/95, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens, den Beschluß gefaßt:

Normen

VwGG §24 Abs2;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §24 Abs2;
VwGG §34 Abs2;

 

Spruch:

Das Verfahren wird eingestellt.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundeskanzleramt vom 7. Juli 1995 eingebrachte und von ihm selbst verfaßte Beschwerde trug keine Unterschrift eines Rechtsanwaltes. In dieser Beschwerde wurde jedoch folgendes vom Beschwerdeführer vorgebracht:

"Diese Beschwerde wurde in eigener Sache verfaßt. Meine Rechtskundigkeit mußte ich anläßlich der Prüfung für die Aufnahme in höheren Verwaltungsdienst (Auszeichnung aus Verfassungsrecht) nachweisen."

Der Verwaltungsgerichtshof leitete mit Verfügung vom 16. Oktober 1995 gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Zuerkennung von Aufwandersatz gemäß § 59 VwGG beantragt wird.

Aufgrund der vorgelegten Verwaltungsakten - insbesondere der darin befindlichen Arbeitsplatzbeschreibung und der nach der Aktenlage angeblichen Ausbildung des Beschwerdeführers - sind Bedenken dahin enstanden, ob die Ausnahmevoraussetzungen vom Erfordernis einer Unterschrift durch einen Rechtsanwalt gemäß § 24 Abs. 2 zweiter Satz VwGG erfüllt sind.

Mit Verfügung vom 9. Dezember 1996 wies der Verwaltungsgerichtshof daher auf dieses Bedenken hin und forderte - nach Darlegung der maßgebenden Rechtslage - den Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 2 VwGG auf, die zurückgestellte Beschwerde (einschließlich des erstatteten Ergänzungsschriftsatzes) mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen zu lassen (§ 24 Abs. 2 VwGG) oder nachzuweisen, daß bei ihm die Voraussetzungen eines rechtskundigen Bediensteten des Bundes vorliegen.

Der Beschwerdeführer legte die Beschwerde (und den Ergänzungsschriftsatz sowie die zurückgestellten Unterlagen) innerhalb der ihm zur Mängelbehebung gesetzen Frist neuerlich vor. Auch die neuerlich vorgelegte Beschwerde war nicht mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen. Der Beschwerdeführer erstattete jedoch zu dem erteilten Mängelbehebungsauftrag eine schriftliche Stellungnahme. In dieser vertritt er im wesentlichen die Auffassung, er sei "rechtskundig" im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG. Mit seiner Stellungnahme legte der Beschwerdeführer auch das Zeugnis der Prüfungskommission für die Prüfung für den höheren Wirtschaftsdienst beim Bundeskanzleramt vom 27. April 1977, Zl. 12814, vor, dem zufolge er die Prüfung für den höheren Wirtschaftsdienst vor der gefertigten Prüfungskommission "mit Auszeichnung aus Verfassungsrecht" bestanden hat. Schließlich stützte sich der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme auch auf den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. August 1995, mit dem sein - gleichzeitig mit der Beschwerde eingebrachter - Antrag auf Verfahrenshilfe abgewiesen worden war. Dazu brachte er vor, der Verwaltungsgerichtshof habe seine "Rechtskundigkeit" in dem genannten Beschluß angenommen. Sollte nunmehr jedoch seine Rechtskundigkeit angezweifelt werden, müßte der Beschluß vom 30. August 1995 aufgehoben und auf seinen fristgerecht eingebrachten Verfahrenshilfeantrag zurückgekommen werden. Hilfsweise "würde der Beschwerdeführer in diesem Fall ersuchen, mir eine Frist für das Einbringen eines aktualisierten Antrages zu setzen".

Der Verwaltungsgerichtshof hat (in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. b VwGG gebildeten Senat) erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 2 VwGG sind Beschwerden, bei denen die Vorschriften über die Form und den Inhalt (§§ 23, 24, 28, 29) nicht eingehalten wurden, zur Behebung der Mängel unter Anberaumung einer kurzen Frist zurückzustellen; die Versäumung dieser Frist gilt als Zurückziehung mit der aus § 33 Abs. 1 VwGG abzuleitenden Rechtsfolge, daß die Beschwerde in einem solchen Fall in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGG müssen unter anderem Beschwerden mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein. Dies gilt nicht, wenn ein Organ des Bundes, eines Landes oder einer Stadt mit eigenem Statut, eine Stiftung, ein Fonds oder eine Anstalt, die von Organen einer dieser Gebietskörperschaften verwaltet werden, oder endlich in eigener Sache ein dem Dienst- oder Ruhestand angehörender rechtskundiger Bediensteter des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes oder einer Gemeinde die Beschwerde oder den Antrag einbringt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat, ist als ein dem Dienststand angehörender rechtskundiger Bediensteter des Bundes gemäß dem zweiten Satz des § 24 Abs. 2 VwGG nur ein solcher Dienstnehmer des Bundes anzusehen, der das Studium der Rechtswissenschaften - oder jenes der Rechts- und Staatswissenschaften - vollendete und einen Dienstposten innehat, für dessen Erlangung die Vollendung dieses Studiums als Anstellungserfordernis vorgesehen ist (vgl. in dieser Hinsicht die hg. Beschlüsse vom 21. Oktober 1986, Zl. 86/14/0131, vom 12. Dezember 1986, Zl. 86/17/0135, und vom 16. Oktober 1952, Slg. NF. Nr. 2682/A; sowie auch das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1983, Zl. 82/11/0003). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch angesichts der in seiner Stellungnahme zum Mängelbehebungsauftrag erstatteten Ausführungen des Beschwerdeführers nicht veranlaßt.

Der Beschwerdeführer hat somit weder den Nachweis erbracht, daß er das Studium der Rechtswissenschaften oder der Rechts- und Staatswissenschaften vollendete, noch hat er behauptet oder nachzuweisen versucht, daß er einen Dienstposten innehat, für dessen Erlangung die Vollendung dieses Studiums als Anstellungserfordernis vorgesehen ist. Das dem Mängelbehebungsauftrag vom 9. Dezember 1996 zugrunde liegende Bedenken hat sich somit als objektiv zutreffend erwiesen.

Solcherart ist aber nicht (im Sinne des erteilten Mängelbehebungsauftrages) nachgewiesen, daß der Beschwerdeführer ein rechtskundiger Bediensteter im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG ist. Da der Beschwerdeführer den seiner Beschwerde demnach anhaftenden Mangel auch nicht durch die Beibringung der Unterschrift eines Rechtsanwaltes behoben hat, wurde dem Mängelbehebungsauftrag vom 9. Dezember 1996 nicht entsprochen, was nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. hiezu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage (Wien 1987), S. 523 wiedergegebene Judikatur) den Eintritt der in § 34 Abs. 2 VwGG aufgestellten Fiktion der Zurückziehung der Beschwerde nach sich zieht.

Am Eintritt der genannten Rechtsfolgen (Verwirklichung des Zurückziehungstatbestandes des § 34 Abs. 2 letzter Satz VwGG) vermögen die Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme nichts zu ändern. Denn der Beschwerdeführer verkennt, daß ein Mängelbehebungsauftrag in jeder Lage des Verfahrens - und demnach auch nach Einleitung des Vorverfahrens - bis zum Abschluß des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erteilt werden kann (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1986, Zl. 86/11/0007, Slg. NF. Nr. 12.329/A). Es ist demnach für den Standpunkt des Beschwerdeführers daraus nichts zu gewinnen, daß der seiner Beschwerde anhaftende Mangel (fehlende Unterschrift eines Rechtsanwaltes bei Nichtvorliegen der Ausnahmevoraussetzungen) nicht schon bei Einbringung der Beschwerde bzw. anläßlich der Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag sondern erst in einem späteren Verfahrensstadium (nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde) erkannt wurde. Auch vermag die dem Mängelbehebungsauftrag seitens des Beschwerdeführers entgegengesetzte Rechtsansicht, daß der vorgehaltene Mangel nicht gegeben sei, den Eintritt der mit der Nichtbefolgung des Mängelbehebungsauftrages verbundenen Rechtsfolgen nicht zu hindern (vgl. nochmals die bei Dolp, a.a.O., S. 522 wiedergegebene hg. Judikatur).

Insoweit sich der Beschwerdeführer auf den im Verfahren über die Erlangung der Verfahrenshilfe ergangenen Beschluß vom 30. August 1995 stützen will und in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit einer Änderung dieser Entscheidung hinweist, ist zu erwidern, daß gemäß § 45 Abs. 5 VwGG eine Wiederaufnahme des Verfahrens in Angelegenheiten der Verfahrenshilfe (§ 61 VwGG) nicht zulässig ist. Solcherart braucht auf das weitere und nur "in eventu" (für den Fall der Aufhebung der über den Verfahrenshilfeantrag ergangenen Entscheidung) vorgebrachte Eventualansuchen, dem Beschwerdeführer möge eine Verbesserungsfrist zur Einbringung eines "aktualisierten Antrages" gesetzt werden, schon mangels einer gesetzlichen Grundlage für eine solche Wiederaufnahme nicht weiter eingegangen zu werden. Dazu kommt des weiteren, daß die im Rahmen der Zuständigkeit des Berichters gemäß § 14 Abs. 2 VwGG erfolgten Entscheidungen über die Verfahrenshilfe den zur Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens berufenen Senat hinsichtlich der Frage, ob der Beschwerde ein Formgebrechen anhaftet bzw. ob dem Mängelbehebungsauftrag entsprochen wurde, nicht zu präjudizieren vermögen.

Nur der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, daß auch der Inhalt des vorliegenden Vermögensbekenntnisses nicht ohne weiteres erkennen läßt, warum der Beschwerdeführer nach seinen Vermögens-, Erwerbs- und Familienverhältnissen den für die Beibringung der Unterschrift eines Rechtsanwaltes entstehenden Aufwand nicht bestreiten könnte. Dieser Teil der Begründung im Beschluß vom 30. August 1995 wird vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme jedenfalls völlig übergangen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG (vgl. hiezu auch den hg. Beschluß vom 21. September 1993, Zl. 92/08/0259, und die darin wiedergegebene Vorjudikatur) in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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