VwGH 95/07/0024

VwGH95/07/002412.12.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde

1. der H und 2. des S, beide in St. J, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 7. Dezember 1994, Zl. 710.961/04-OAS/94, betreffend Ablösung eines Holzbezugsrechtes (mitbeteiligte Partei: Österreichische Bundesforste, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien I, Singerstraße 17-19), zu Recht erkannt:

Normen

AgrVG §1 Abs1;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
GrundbuchsanlegungsG Tir 1897 §24 litd;
WWSGG §1 Abs1 Z1;
WWSGG §21 Z2;
WWSGG §21 Z3;
WWSLG Tir 1952 §1 Abs1 lita;
WWSLG Tir 1952 §10 litd;
WWSLG Tir 1952 §26 Abs1 litb;
WWSLG Tir 1952 §26 Abs1 litc;
AgrVG §1 Abs1;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
GrundbuchsanlegungsG Tir 1897 §24 litd;
WWSGG §1 Abs1 Z1;
WWSGG §21 Z2;
WWSGG §21 Z3;
WWSLG Tir 1952 §1 Abs1 lita;
WWSLG Tir 1952 §10 litd;
WWSLG Tir 1952 §26 Abs1 litb;
WWSLG Tir 1952 §26 Abs1 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei (MP) stellte mit Schriftsatz vom 4. Dezember 1991 als Eigentümerin der belasteten Liegenschaft Gp. 510 in EZ 20, GB St. J., den Antrag, das auf dieser Liegenschaft zugunsten des U.-Gütls (das seien seinerzeit die Gp. 43 und 499 sowie die Bp. 19 gewesen) lastende Holzbezugsrecht von 17,05 rm Brennholz und 0,473 fm Nutzholz wegen dauernder Entbehrlichkeit in Geld abzulösen.

In der Folge leitete das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) das Servitutenverfahren nach dem Tiroler Wald- und Weideservitutengesetz (kurz: WWSG), LGBl. Nr. 21/1952, ein. Mit Bescheid vom 17. November 1993 traf die AB gemäß den §§ 18 Abs. 1, 26 Abs. 1 lit. b und c, 27 Abs. 1, 28, 38 Abs. 2 und 41 WWSG folgende Entscheidung:

Unter Spruchpunkt 1 verfügte sie, daß die dem P.-Gut in EZ 90010, GB. St. J., (derzeit im Eigentum der Beschwerdeführer) aufgrund der Servitutenregulierungsurkunde aus dem Jahre 1868 für näher bezeichnete berechtigte Objekte auf Gst. 510 in EZ 20, GB. St. J., (im Eigentum der MP) zustehenden Einforstungsrechte im vollen Umfang einschließlich sämtlicher Nebenrechte in Geld abgelöst werden. Gleichzeitig wurde die Löschung der entsprechenden Dienstbarkeiten bei der dienenden Liegenschaft und die Löschung der Ersichtlichmachung des Einforstungsrechtes bei der herrschenden Liegenschaft angeordnet. Unter Spruchpunkt 2 wurde die Wirksamkeit der Ablösung mit Ende jenes Kalenderjahres, in das der Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides fällt, vorgesehen. Schließlich wurden im Spruchpunkt 3 insbesondere der Ablösungsbetrag und die Fälligkeit dieser Leistung festgelegt.

In der Begründung führte die AB unter anderem aus, die "Einforstung des P.-Gutes" (derzeit im Eigentum der Beschwerdeführer) bei der genannten Liegenschaft der MP resultiere aus der urkundlichen Einforstung des U.-Gütls und des O.-Häusls, die seit 1981 zum Gutsbestand des P.-Gutes gehören. Die Einforstung gründe sich auf eine näher bezeichnete Servitutenregulierungsurkunde vom 11. Oktober 1868 (verfacht in einem beim Bezirksgericht K. verwahrten und näher bezeichneten Verfachbuch). Nach dieser Urkunde seien das U.-Gütl und das O.-Häusl, Post Nr. 3 und 4 der berechtigten Objekte auf Grundstück Nr. 510, mit der Berechtigung zum jährlichen Bezug von je 17,05 rm Brennholz und je 0,437 fm Bau- und Nutzholz eingeforstet. Dieser Holzbezug sei frei von Gegenleistungen; als Nebenrechte umfasse die Einforstung ein Elementarholzbezugsrecht. Die Regulierung sei auf der Grundlage des Regulierungsvergleiches vom 9. Juli 1868 zur Deckung des "Haus- und Gutsbedarfs an Holz" erfolgt, wobei die Jahresgebühren "nach dem strengen Bedarf" bemessen worden seien. Zur Zeit der Regulierung habe das U.-Gütl aus den Gp. 43 und 499 sowie der Bp. 19, das O.-Häusl aus der Bp. 20 bestanden. Im Laufe der Zeit hätten die Grundstücke nach der Regulierung mehrfache Änderungen erfahren. Nach entsprechenden Erhebungen im Grundbuch und Vermessungsamt stehe fest, daß den genannten Grundstücken heute die in EZ 90010 vorgetragenen Grundstücke 43/1, 43/2, 499, .20/1 und .20/2 entsprechen würden. Auf der Baufläche der Grundstücke Nrn. 20/1 und 20/2 stehe das Doppelhaus St. J. Haus Nr. 12 und 13. Aus dem Grundbuchsanlegungsprotokoll vom 28. Juni 1905 gehe hervor, daß die Bp. 19 (U.-Gütl) gelöscht und mit der Bp. 20 (O.-Häusl) vereinigt und die Bp. 20 in die Bp. 20/1 und 20/2 geteilt worden sei. Die beiden urkundlich eingeforsteten Güter seien also zu einer Liegenschaft bzw. einem Grundbuchskörper vereinigt worden, für den die Grundbuchseinlage EZ 10 II gebildet worden sei. Für diese EZ seien zwei Einforstungsrechte im Grundbuch eingetragen worden. Mit Beschluß des Bezirksgerichtes K. aus dem Jahre 1981 sei der gesamte Gutsbestand aus EZ 10 II unter Mitübertragung der beiden Einforstungsrechte abgeschrieben und dem geschlossenen Hof in EZ 10 I (P.-Gut) zugeschrieben worden. Die auf das P.-Gut "somit übergangenen Einforstungsrechte" seien in EZ 90010 im "A 2"-Blatt ersichtlich gemacht und in EZ 20 unter näher genannten Nummern des "C.-Blatts" als Dienstbarkeit der Einforstung auf Grundstück 510 einverleibt.

Über die Gemeinde St. J. sei erhoben worden, daß es sich beim Wohnobjekt auf Grundstück Nr. 20/1 und 20/2 "um ein Doppelhaus mit je einer Wohnung" handle. Auf Grundstück 20/1 befinde sich die Haushälfte des "U." mit der Anschrift M. 12 und auf Grundstück 20/2 die Haushälfte "O." mit der Anschrift M. 13. Es seien zwei Haushalte vorhanden, beide Wohnungen seien derzeit an deutsche Staatsangehörige als Zweitwohnsitz vermietet worden. Es seien auch zwei Familien in diesem Doppelhaus gemeldet. Das Haus "beherberge keinen Hauptwohnsitz" und diene nicht der Befriedigung von Wohnbedürfnissen der Eigentümer des P.-Gutes. Es sei in dieser Hinsicht eine Änderung gegenüber den urkundlichen Verhältnissen eingetreten, weil ansonsten ein für die Einforstung maßgebender Haus- und Gutsbedarf (seinerzeit) nicht angenommen worden wäre. Die den Berechtigten gebührenden jährlichen Holzbezüge seien nach dem "strengen Bedarf" bemessen worden, was darauf schließen lasse, daß die eingeforsteten Wohngebäude der Befriedigung ganzjähriger Wohnbedürfnisse der Berechtigten und ihrer Familien dienten. Die Änderung des Verwendungszwecks der berechtigten Objekte habe bewirkt, daß für diese das Brennholzbezugsrecht dauernd entbehrlich geworden sei, sodaß nach § 26 Abs. 1 lit. b WWSG dessen Ablösung in Geld zulässig sei. Für einen Freizeitwohnsitz könne ein durch ein Einforstungsrecht zu befriedigender Haus- und Gutsbedarf an Brennholz nicht angenommen werden.

Was das Bau- und Nutzholzbezugsrecht betreffe, könne davon ausgegangen werden, daß die urkundlich berechtigten Güter U.-Gütl und O.-Häusl durch Eingliederung in den Verband des geschlossenen Hofes "P." einen dauernden Ersatz gefunden haben, sodaß sie ihre Rechte nicht mehr benötigen würden. Hinsichtlich dieser Bezugsrechte sei die Ablösung in Geld nach § 26 Abs. 1 lit. c WWSG zulässig. Das P.-Gut weise eine Waldausstattung von 29,0959 ha auf. Daraus würden nach der Stellungnahme des beigezogenen forsttechnischen Amtssachverständigen jährlich 80 fm Holz genutzt werden, wovon 69,6 fm auf Nutzholz und 10,4 fm (14,9 rm) auf Brennholz entfallen würden. Aufgrund der hohen Ausstattung des P.-Gutes mit Eigenwald sei der Haus- und Gutsbedarf an Nutzholz mehr als gedeckt.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung an den Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung (LAS) wobei sie im wesentlichen vorbrachten, daß eine bezugsberechtigte Baulichkeit vorliege, deren Bedarf ausschließlich am regulierten Umfang und Bestand sowie den "sonst festgelegten Modalitäten" zu messen sei. Nach dem Wortlaut der Regulierungsurkunde sei das Holzbezugsrecht ausdrücklich zugunsten des U.-Gütls und des O.-Häusls, nicht aber zum Zweck der Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes eingeforstet worden. Es sei auch zu keiner Verminderung im Baubestand oder in der Größe der urkundlich berechtigten Liegenschaften gekommen. Die aktuell gegebene Änderung des Verwendungszweckes sei für die Beurteilung der dauernden Entbehrlichkeit nicht relevant. Im Falle der Vermietung handle es sich ohnedies nur um einen vorübergehenden Zustand. Unabhängig davon obliege aber den Servitutsberechtigten die Instandhaltung der bestehenden Objekte. Auch sei es unter Hinweis auf einen "strengen Bedarf" (in der Regulierungsurkunde) verfehlt, den Schluß zu ziehen, daß die eingeforsteten Wohngebäude der Befriedigung eines ganzjährigen Wohnbedürfnisses der Eigentümer des berechtigten Gutes zu dienen hätten.

Mit Bescheid vom 3. März 1994 gab der LAS der Berufung der Beschwerdeführer dahingehend Folge, daß der Antrag der MP als Eigentümerin der verpflichteten Liegenschaft das auf ihrer Liegenschaft zugunsten des U.-Gütls (Gp. 43, 499, Bp. 20/1, GB. St. J.) bestehende Holzbezugsrecht von 17,05 rm Brennholz und 0,473 fm Nutzholz in Geld abzulösen, abgewiesen wird.

Nach Ansicht des LAS liege keiner der Ablösetatbestände des § 26 Abs. 1 WWSG vor. Es könne nicht gesagt werden, daß die Rechte für das berechtigte Gut dauernd entbehrlich wären; es habe sich nämlich am Haus- und Gutsbestand der berechtigten Güter keine Änderung ergeben. Es würden für die eingeforsteten Güter seit der Regulierung im Jahre 1868 die eingeforsteten Objekte bestehen, die auch weiterhin zu erhalten seien. Aus der Vermietung der Wohnungen könne nicht geschlossen werden, daß deshalb der Bedarf an Brennholz weggefallen wäre. Der Mieter brauche ebenso wie der Eigentümer für die Beheizung des Hauses Holz. Im übrigen könne das Mietverhältnis auch jederzeit beendet werden und das Haus wieder vom Eigentümer oder dessen Angehörigen selbst bewohnt werden.

Hinsichtlich des Bau- und Nutzholzbezuges seien gleichfalls die Voraussetzungen für eine Ablösung nicht gegeben. Es könne insbesondere nicht gesagt werden, daß die berechtigten Güter durch die Eingliederung in den Hof P. einen dauernden Ersatz gefunden hätten. Von einem dauernden Ersatz an Bau- und Nutzholz für die berechtigten Güter könne nur dann gesprochen werden, wenn zum U.-Gütl oder zum O.-Häusl, "beides selbständige Servitutsliegenschaften", Eigenwald dazugekauft worden wäre, oder wenn diese Güter etwa Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft erworben hätten, woraus sie ihren Haus- und Gutsbedarf an Nutz- und Bauholz decken könnten. Aus der "zufälligen" grundbücherlichen Vereinigung der berechtigten Güter mit dem P.-Gut könne jedoch nicht gesagt werden, daß diese Güter für ihren Bau- und Nutzholzbedarf einen dauernden Ersatz gefunden hätten. Insbesondere ging der LAS von der Annahme aus, daß der Gutsbestand der servitutsberechtigten Liegenschaften "jederzeit" wieder vom P.-Gut abgetrennt werden könnte und sodann jedenfalls ein Bedarf an Einforstungsholz für die berechtigten Liegenschaften gegeben wäre. Im übrigen vertrat der LAS die Meinung, es wäre das Einforstungsrecht einer Liegenschaft als Ganzes zu sehen und könne daher die Ablösung nicht in Brenn- und Nutzholz aufgesplittert werden. Es sei daher nicht zulässig, daß hinsichtlich des Brenn- und Nutzholzes verschiedene Ablösetatbestände (§ 26 Abs. 1 lit. b und c WWSG) herangezogen werden.

Gegen diesen Bescheid hat die MP Berufung erhoben. Unter anderem brachte die MP vor, die urkundliche Berechtigung stelle auf den Haus- und Gutsbedarf ab, was aus Punkt III lit. A der Sonderregulierungsurkunde hervorgehe. Im Zeitpunkt der Einregulierung habe es sich um den ganzjährigen Brennholzbedarf für zwei Familien, welche die eingeforsteten Objekte bewohnt haben, und um den Nutzholzbedarf für die Erhaltung der eingeforsteten Objekte sowie der dazugehörigen Zäune und Wasserleitungen gehandelt. Aufgrund des Eigentumsübergangs "im Jahre 1980" seien die beiden berechtigten Objekte mit dem P.-Gut vereint worden und "in diesem aufgegangen". Die Eingliederung der berechtigten Objekte in den geschlossenen Hof P. sei sowohl einforstungsrechtlich als auch grundbuchsrechtlich erfolgt. Es könne daher nicht von einer "zufälligen grundbuchstechnischen Vereinigung" gesprochen werden. Da es sich bei der Liegenschaft P. um einen geschlossenen Hof nach dem Tiroler Höfegesetz handle, sei auch die Annahme des LAS nicht zutreffend, daß die berechtigten Liegenschaften "jederzeit" wieder vom P.-Gut abgetrennt werden könnten.

Der eingeforstete Haus- und Gutsbedarf könne nur so verstanden werden, daß darunter die ausschließliche Befriedigung des Bedürfnisses an Holzbezug für zwei ganzjährig vorhandene "Bezugsberechtigungssubjekte" zu verstehen sei. Nach Ansicht der MP würde im Falle eines Verkaufs der "berechtigten Objekte" die Agrarbehörde dahingehend entscheiden, daß die Einforstungsrechte beim Hof P. zu verbleiben hätten. Die Erhaltung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden sowie von Zäunen in wirtschaftsfähigem Zustand im Sinne des § 4 Abs. 4 WWSG bedeute, daß darunter nur ein Zustand zu verstehen sei, der im Lichte des Haus- und Gutsbedarfs und des urkundlichen Regulierungszweckes zu sehen sei. Dies sei aber bei der aktuellen Verwendung - nämlich Vermietung der angeforsteten Objekte an deutsche Staatsangehörige - wohl nicht gegeben. Der zur Nutzung berechtigte Eigentümer der eingeforsteten Liegenschaften wohne gar nicht in diesen Objekten. Es müsse von einer dauerhaften Vermietung und damit von einer "Zweckentfremdung" der eingeforsteten Objekte ausgegangen werden, weil das P.-Gut von einer eigenen Hofstelle aus bewirtschaftet werde. Nach Meinung der MP hätten die berechtigten Liegenschaften keinen tatsächlichen Bedarf an Brennholz. Das 1991 bis 1993 angemeldete und ausgezeigte Brennholz sei verfallen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. Dezember 1994 gab die belangte Behörde der Berufung der MP gemäß § 1 AgrVG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG und § 26 Abs. 1 lit. b und c WWSG statt und änderte den Spruch des Bescheides des LAS dahingehend ab, daß die Berufung der beschwerdeführenden Parteien dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - soweit sie sich auf das U.-Gütl bezieht - als unbegründet abgewiesen wurde.

In der Begründung führte die belangte Behörde insbesondere aus, der LAS habe - im Gegensatz zur AB - in seiner Entscheidung nur darüber abgesprochen, daß der Antrag auf Ablösung hinsichtlich des U.-Gütls abgewiesen werde. Nach Ansicht der belangten Behörde könne infolge Trennbarkeit auch nur über eines der beiden eingeforsteten Objekte abgesprochen werden. Die belangte Behörde habe daher nur über die Frage der Zulässigkeit der Ablösung des Holzbezugsrechtes für das U.-Gütl entscheiden können.

Mangels entsprechender sachverhaltsmäßiger Anhaltspunkte scheide eine Anwendung von § 26 Abs. 1 lit. a WWSG aus. Es komme nur eine Ablösung gemäß § 26 Abs. 1 lit. b oder c WWSG in Frage.

Im Zeitpunkt der Urkundenerstellung (im Jahre 1868) habe zum U.-Gütl eine Gartenfläche von 47 m2 (Gp. 43), eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 1.572 m2 (gleichfalls Gp. 43) und Wald im Umfang von 2.775 m2 (Gp. 499) gehört. Für das U.-Gütl seien im materiell geteilten Doppelhaus im Parterre ein Hausgang, eine alte Küche, ein Stall, eine Stube, eine Küche, eine "Remme" und eine Holzhütte und im ersten Stock ein Vorzimmer, drei Kammern und die Tenne vorgesehen. Die geringfügige Flächenausstattung weise darauf hin, daß quasi eine "Kleinstlandwirtschaft" vorgelegen habe. Wesentliches Bezugsobjekt sei das Gebäude gewesen. Die dazugehörigen Flächen hätten den "Hausumgriff" dargestellt, wenn man von der geringen Waldfläche absehe. Heute seien die landwirtschaftlichen Merkmale des Hauses (Stall, Tenne) nicht mehr vorhanden. Das Haus sei als Zweitwohnsitz zeitweilig an vier Personen deutscher Herkunft vermietet. Der ehemalige Speltenzaun sei durch einen Stacheldrahtzaun und die hölzernen Wasserleitungsrohre durch andere Wasserleitungen ersetzt worden. Während das Bau- und Nutzholz der Substanzerhaltung dienen sollte, habe der Brennholzbezug seinen Sinn in der Absicherung existentieller Bedürfnisse der im eingeforsteten Objekt wohnenden Familie gehabt. Bezüglich des berechtigten Gutes seien jedoch wesentliche Änderungen eingetreten.

Nach Meinung der belangten Behörde liege keine "zufällige grundbuchstechnische Vereinigung" (des berechtigten Gutes mit dem P.-Gut), sondern eine Erweiterung des geschlossenen Hofes P. durch Einverleibung der eingeforsteten Liegenschaften vor. Es müsse wohl angenommen werden, daß dieser Vereinigung dauerhafter Charakter zukomme. Im Sinne des § 24 lit. d des Tiroler Grundbuchsanlegungsgesetzes seien die Bp. 20/1 sowie die Gp. 43 und 499 als Bestandteile des geschlossenen Hofes P. zu betrachten. Die urkundlichen Rechtswirkungen für das berechtigte Gut seien daher in Relation zum geschlossenen Hof der Beschwerdeführer zu setzen. Es habe sich daher eine Änderung hinsichtlich des Haus- und Gutsbedarfs des berechtigten Gutes ergeben, das in der größeren Einheit des geschlossenen Hofes P. aufgegangen sei.

Hinsichtlich der Entbehrlichkeit des Brennholzes folge die belangte Behörde der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides. Die Eigentümer als Nutzungsausübungsberechtigte des eingeforsteten Gutes würden dieses nicht zur Befriedigung ihrer Wohnbedürfnisse benützen. Wesentlicher Sinn der Einforstung des U.-Gütls sei aber die Absicherung des ganzjährigen Wohnbedürfnisses der Berechtigten im eingeforsteten Gut. Die eingetretene Änderung habe zur Folge, daß der Brennholzbezug gemäß § 26 Abs. 1 lit. b WWSG als entbehrlich angesehen werden müsse und eine Ablösung in Geld zulässig sei. Es sei auch offenkundig nicht zufällig der Brennholzbezug vom P.-Gut seit 1991 nicht mehr beansprucht worden.

Hinsichtlich des Bau- und Nutzholzbezugs sei eine dauernde Entbehrlichkeit (§ 26 Abs. 1 lit. b WWSG) eher nicht anzunehmen. Der Berechtigte sei nämlich nach § 4 Abs. 4 WWSG verpflichtet, die für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der berechtigten Liegenschaft notwendigen Wohn- und Wirtschaftsgebäude in wirtschaftsfähigem Zustand zu erhalten. Aus der Sicht des eingeforsteten Objektes mag zwar keine dauernde Entbehrlichkeit des Nutzholzbezuges gegeben sein, wohl aber sei ein dauernder Ersatz gefunden worden, sodaß das berechtigte Gut diese Rechte nicht mehr benötige. Durch die Vereinigung mit dem P.-Gut komme dem berechtigten Gut die Waldausstattung des berechtigten Hofes zugute. Bei einer Fläche von über 29 ha bestehe die Möglichkeit einer jährlichen Nutzung von ca. 80 fm Holz, wovon 69,9 fm auf Nutzholz entfielen. Dem stehe der Bezug des berechtigten Gutes im Umfang von 0,473 fm gegenüber. Es könne daher mit dem Ertrag des Eigenwaldes des P.-Gutes der Nutzholzbedarf des U.-Gütls "spielend" gedeckt werden. Nach Ansicht der belangten Behörde würden auch keine Bedenken bestehen, daß die Ablösung des Brennholzbezuges nach § 26 Abs. 1 lit. b WWSG und die Ablösung des Bau- und Nutzholzbezuges nach § 26 Abs. 1 lit. c WWSG erfolge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machen. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihren Rechten infolge Rechtswidrigkeit der Ablösung der dem U.-Gütl zustehenden Holzbezugsrechte gegen ihren Willen verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Die mitbeteiligte Partei erstattete gleichfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer wenden grundsätzlich ein, die belangte Behörde habe zwar über die Berufung der MP entschieden, jedoch dabei "über die Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid" abgesprochen. Diese Kompetenz komme der belangten Behörde nicht zu, sodaß der angefochtene Bescheid schon wegen Unzuständigkeit aufzuheben sei.

Von den Beschwerdeführern wird die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über die Berufung der MP angesichts der abändernden Entscheidung des LAS hinsichtlich der Frage der Gesetzmäßigkeit der Ablösung von Wald- und Weidenutzungsrechten im Sinne des § 7 Abs. 2 Z. 4 des AgrBehG 1950 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 476/1974 nicht schlechthin in Frage gestellt.

Gemäß § 1 Abs. 1 AgrVG gilt im Verfahren in den Angelegenheiten der Bodenreform vor den Agrarbehörden grundsätzlich das AVG. Zu den anzuwendenden Bestimmungen des AVG gehört insbesondere dessen § 66 Abs. 4, aufgrund dessen zweiter Satz die Berufungsbehörde berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Aufgrund dieser Bestimmung ist es der belangten Behörde nicht verwehrt, den Spruch des bei ihr angefochten gewesenen Bescheides des LAS in jede Richtung, also auch zum Nachteil der Beschwerdeführer abzuändern, ohne dabei die Grenzen ihrer Zuständigkeit zu überschreiten. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführer greift die belangte Behörde daher nicht unzulässigerweise in die Zuständigkeit des LAS, der über die Berufung der Beschwerdeführer zu befinden hatte, durch Abänderung des Spruches des Bescheides des LAS ein.

Weiters vertreten die Beschwerdeführer den Standpunkt, die von der belangten Behörde verfügte Ablöse des Holzbezugsrechtes (für das U.-Gütl) sei rechtswidrig. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, die Entbehrlichkeit des Brennholzbezugsrechtes für das U.-Gütl sei deshalb gegeben, weil dieses nicht von den Eigentümern des berechtigten Gutes zur Befriedigung ihrer Wohnbedürfnisse benützt werde, sondern vermietet worden sei, finde im Gesetz keine Deckung. Schon der Wortlaut des Einleitungssatzes zu § 26 Abs. 1 WWSG zeige, daß eine Ablösung nur ausnahmsweise zulässig sei. Die Betonung hinsichtlich des Ablösungstatbestandes nach § 26 Abs. 1 lit. b WWSG liege in der Wortfolge "dauernd entbehrlich". Eine dauernde Entbehrlichkeit sei aber schon deshalb nicht gegeben, weil das berechtigte Objekt nur zeitweilig vermietet sei. Es sei jedoch durchaus möglich, daß die "weichenden Kinder" der Beschwerdeführer in das U.-Gütl einziehen und dieses bewohnen könnten. Abgesehen davon brauche auch ein Mieter zur Führung des Haushaltes Brennholz. Insbesondere bestreiten die Beschwerdeführer die Annahme der belangten Behörde, wonach das Brennholz vom P.-Gut seit 1991 nicht mehr beansprucht worden sei; dies sei aktenwidrig. Zur Frage der Berechtigung des Brennholzbezuges trotz Vermietung einer Almhütte zu Zwecken des Fremdenverkehrs verweisen die Beschwerdeführer insbesondere auf das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1994, Zl. 91/07/0123. Es müsse aus diesem Erkenntnis geschlossen werden, daß bei einer Vermietung eines berechtigten Objektes das Servitutsholz nicht "dauernd" entbehrlich sein könne.

Gemäß § 26 Abs. 1 lit. b und c WWSG ist die Ablösung von Nutzungsrechten in Geld nur dann und insoweit zulässig, als entweder ...

b) die Rechte für das berechtigte Gut dauernd entbehrlich sind oder

c) das berechtigte Gut einen dauernden Ersatz gefunden hat, sodaß es die Rechte nicht mehr benötigt.

Wesentlich für die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage ist zunächst, zugunsten welches "berechtigten Gutes" das zur Ablösung vorgesehene Holzbezugsrecht aufgrund der Regulierungsurkunde aus dem Jahre 1868 vorgesehen wurde. Aus der Regulierungsurkunde Punkt III lit. A ist lediglich allgemein zu entnehmen, daß das Recht des Holzbezugs "behufs Deckung des Haus- und Gutsbedarfs und Instandhaltung der eingeforsteten Gebäulichkeiten, Häuser, Zäune, Wasserleitungen u. dgl." dient. In der Anlage zu dieser Urkunde werden die einzelnen "berechtigten Objekte", so unter anderem das U.-Gütl unter Erwähnung des seinerzeitigen Eigentümers sowie des Umfangs der Berechtigung für den Holzbezug, getrennt nach Brenn- sowie Bau- und Nutzholz, nach den seinerzeit geltenden Maßen angegeben.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 4. April 1989, Zl. 85/07/0088, ausführte, bestehen Einforstungsrechte (nach dem WWSG) zugunsten bestimmter Grundstücke (Liegenschaften), aber auch zugunsten bezugsberechtigter Baulichkeiten (§ 10 lit. d WWSG); das Gesetz spricht gleichermaßen von berechtigten Gütern.

Aufgrund der Erwähnung von Brennholz und des bereits seinerzeit existent gewesenen Hausteils für das U.-Gütl ist offensichtlich, daß das Brennholzbezugsrecht - mangels sonstiger sachverhaltsmäßig hervorgekommener Anhaltspunkte - zur Beheizung des zum U.-Gütl gehörenden Gebäudeteils des vorhandenen Zweifamilienhauses dienen soll. Weder aus der Regulierungsurkunde des Jahres 1868 noch aufgrund des sonst von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ist jedoch eine Zweckwidmung dieses Brennholzbezuges für das U.-Gütl dahingehend erkennbar, daß dieses nur zur Versorgung des jeweiligen Eigentümers des berechtigten Gutes verwendet werden dürfte. Vielmehr hat dieses Holz ausschließlich den Zweck, der Beheizung des zum U.-Gütl gehörenden Gebäudeteils, der trotz einiger, von der belangten Behörde aufgezeigter baulicher Veränderungen im wesentlichen noch immer mit jenen der Regulierungsurkunde weitgehend ident ist, zu dienen. Es kann daher, selbst bei einer Nutzung des Brennholzes durch Mieter - entgegen der Rechtsansicht der mitbeteiligten Partei und der belangten Behörde - nicht von einer zweckentfremdeten Verwendung des Holzes gesprochen werden, sofern dieses zur Beheizung des dem U.-Gütl zuzurechnenden Gebäudeteils verwendet wird. Auch wenn aufgrund des Kaufvertrages aus dem Jahre 1980 eine Änderung der Eigentümer der berechtigten Liegenschaft eingetreten ist, und diese Liegenschaft mit jener des geschlossenen Hofes (P.-Gut) der Beschwerdeführer nach § 24 lit. d des sogenannten Tiroler

Grundbuchszusammenlegungsgesetzes (LGBl. Nr. 9/1897) vereinigt wurde, hat sich aus diesem Grunde keine Änderung am einforstungsberechtigten Gut selbst im Hinblick auf § 26 Abs. 1 lit. b WWSG ergeben. Auch ein den Verwaltungsakten zuliegender Grundbuchsauszug aus dem Jahre 1993 weist die früheren Grundstücke des U.-Gütls als berechtigtes Gut zum Bezug von Brennholz und Nutzholz aus.

Eine gegebenenfalls unterlassene Inanspruchnahme des Brennholzbezugsrechtes seit dem Jahre 1991 sagt noch nichts über dessen dauernde Entbehrlichkeit im Sinne des § 26 Abs. 1 lit. b WWSG aus. Daher war auf den von den Beschwerdeführern erhobenen Vorwurf der diesbezüglichen aktenwidrigen Feststellungen nicht weiter einzugehen.

Da die belangte Behörde bezüglich der Entbehrlichkeit des Brennholzbezuges die Rechtslage verkannte, hat sie insoweit den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Schließlich rügen die Beschwerdeführer, daß auch die Voraussetzungen für die Ablösung des Nutzholzrechtes gemäß § 26 Abs. 1 lit. c WWSG nicht gegeben seien. Die Voraussetzung, daß "das berechtigte Gut einen dauernden Ersatz gefunden hat", würde nur dann vorliegen, wenn die Eigentümer des U.-Gütls zur berechtigten Liegenschaft Eigenwald dazuerworben hätten, sodaß Servitutsholz zur Erhaltung der Gebäude nicht mehr erforderlich wäre. Die "rein zufällige grundbuchstechnische Vereinigung" des U.-Gütls mit dem P.-Gut der Beschwerdeführer lasse nicht den Schluß zu, daß das U.-Gütl für sein Nutzholz dauernd Ersatz gefunden hätte. Es sei ohne weiteres denkbar, daß das U.-Gütl an eines der Kinder der Beschwerdeführer veräußert werde.

Ungeachtet dessen, daß nach dem Tiroler Höfegesetz, LGBl. Nr. 47/1900, i.d.g.F. die Abtrennung von Bestandteilen eines geschlossenen Hofes nur unter bestimmten Voraussetzungen von der Höfebehörde bewilligt werden kann, übersehen die Beschwerdeführer, die in diesem Punkt offenbar der Rechtsmeinung des LAS folgen, daß sie § 26 Abs. 1 lit. c WWSG eine vom Gesetz nicht zwingend vorgegebene Auslegung unterstellen. Auch durch Aufkauf eines berechtigten Gutes kann ein dauernder Ersatz für das jeweilige Nutzungsrecht in einer solchen Form gefunden werden, daß es die (eingeforsteten) Rechte nicht mehr benötigt.

Bereits im Zuge der erstinstanzlichen Ermittlungen wurden vom beigezogenen forsttechnischen Amtssachverständigen hinreichend dargetan, daß hinsichtlich des Nutzholzes - anders als bezüglich des Brennholzes - aufgrund der gegebenen Eigenwaldausstattung des P.-Gutes hinreichender Ersatz gefunden werden kann. Aufgrund dieses Ermittlungsergebnisses, das auch von der belangten Behörde zur Begründung des angefochtenen Bescheides herangezogen wurde, und aufgrund der grundbuchstechnisch erfolgten Vereinigung der Liegenschaft des berechtigten Gutes mit jener des geschlossenen Hofes kann im Hinblick auf die dem Tiroler Höfegesetz innewohnende Bestandsgarantie für geschlossene Höfe im Beschwerdefall davon ausgegangen werden, daß ein dauernder Ersatz für den Nutzholzbezug gegeben ist. Nach § 18 Abs. 4 WWSG sind unter den dort genannten Voraussetzungen auch Teilablösungen zulässig. Ob die diesbezüglichen Voraussetzungen vorliegen, wäre noch im Zuge ergänzender Ermittlungen zu klären.

Da die inhaltliche Rechtswidrigkeit einer solchen wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht, war der angefochtene Bescheid aus den dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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