VwGH 95/06/0031

VwGH95/06/003122.2.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des B in K, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 30. September 1994, Zl. 1-0170/94/K3, betreffend Verwaltungsübertretung gemäß § 55 Abs. 1 lit. f des Vorarlberger Baugesetzes (weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
BauG Vlbg 1972 §55 Abs1 litf;
BauRallg;
VStG §40;
VStG §42 Abs1 Z1;
VStG §44a Z1;
VStG §6;
AVG §66 Abs4;
BauG Vlbg 1972 §55 Abs1 litf;
BauRallg;
VStG §40;
VStG §42 Abs1 Z1;
VStG §44a Z1;
VStG §6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 22. Februar 1994 erging gegenüber dem Beschwerdeführer folgender Spruch:

"Sie haben am 13.2.1992 um 11.30 Uhr den Verputzer ... damit beauftragt gehabt, Verputzarbeiten am Neubau des Hauses n1, durchführen zu lassen, obwohl mit Bescheid der Gemeinde Fraxern vom 28.11.1991, zugestellt am 29.11.1991 um 16.20 Uhr, die Einstellung der Arbeiten verfügt wurde.

Dadurch übertretene Verwaltungsvorschrift, verhängte Strafe und entstandene Verfahrenskosten:

Übertretung gemäß § 55 Abs. 1 lit. f Baugesetz i.V.m. dem Bescheid der Gemeinde Fraxern vom 28.11.1991

Geldstrafe gemäß § 55 Abs. 2 Baugesetz S 20.000,--

Ersatzfreiheitsstrafe

30 Tage

Verfahrenskosten gemäß § 64 Abs. 2 des

Verwaltungsstrafgesetzes

(10 % der verhängten Strafe) S 2.000,--

-----------

S 22.000,--

Sind diese Geldstrafen uneinbringlich, so treten an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafen."

Der Berufung des Beschwerdeführers wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit dem angefochtenen Bescheid insofern Folge gegeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Tage herabgesetzt wurde. Im übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Tatumschreibung wie folgt zu lauten hat:

"B hat am 13.2.1992 um 11.30 Uhr bei dem Wohnhausneubau in Haus n1, von ... Verputzarbeiten im Turm durchführen lassen, obwohl mit Bescheid der Gemeinde Fraxern vom 28.11.1991, zugestellt am 29.11.1991, die Einstellung der Arbeiten gemäß § 40 Abs. 1 Baugesetz verfügt wurde".

Nach Auffassung der belangten Behörde stehe folgender Sachverhalt fest: Der Bürgermeister der Gemeinde Fraxern habe mit Bescheid vom 28. November 1991 gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 40 Abs. 1 Vbg. Baugesetz die Einstellung der Arbeiten bezüglich des Wohnhausneubaues über der bestehenden Pizzeria verfügt. In diesem Bescheid sei die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen worden. Dieser Bescheid sei dem Beschwerdeführer am 29. November 1991 eigenhändig zugestellt worden. Die dagegen erhobene Berufung sei mit Bescheid der Gemeindevertretung vom 25. März 1992 abgewiesen worden. Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers sei von der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch mit Bescheid vom 4. August 1992 als verspätet eingebracht zurückgewiesen worden. Entgegen diesem Einstellungsbescheid seien am 13. Februar 1992 um 11.30 Uhr bei dem Wohnhausneubau in Haus n1, von B.B. Verputzarbeiten im Turm vorgenommen worden. Dieser Sachverhalt werde als erwiesen angenommen. Der Beschwerdeführer sei, wie dies der Verwaltungsgerichtshof auch in seinem Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 94/06/0007, festgestellt habe, bis zu einer allfälligen Behebung des Ausspruches über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zur Einhaltung der verfügten Baueinstellung verpflichtet gewesen. Gemäß § 55 Abs. 1 lit. f Vbg. Baugesetz begehe eine Verwaltungsübertretung, wer nach § 40 Abs. 1 oder 2 leg. cit. eingestellte Arbeiten fortsetze oder fortführen lasse. Sofern der Beschwerdeführer meine, der an das Wohnhaus anschließende Turm sei von dem genannten Baueinstellungsbescheid nicht erfaßt, werde darauf hingewiesen, daß dieser Turm ein Teil des Wohnhausneubaues über der bestehenden Pizzeria sei. Dieses Vorbringen des Beschwerdeführers, daß von der Baueinstellung nur das Blockhaus, nicht jedoch der Turm erfaßt sei, könne den Beschwerdeführer nicht entschuldigen. Einerseits ergebe sich aus dem Aktenvermerk über die Besprechung vom 2. Dezember 1991 mit hinlänglicher Deutlichkeit, daß dem Beschwerdeführer lediglich gestattet worden sei, das Turmdach auf den Turm aufzusetzen, um den Rohbau gegenüber Witterungseinflüssen zu schützen. Auch der bei der Besprechung am 2. Dezember 1991 anwesende Bausachverständige habe ausgesagt, daß dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden sei, der Turm dürfe auf das Dach gehoben werden (wohl richtig: das Dach dürfe auf den Turm gehoben werden), andere Arbeiten seien jedoch zu unterlassen. Auch das Schreiben der Gemeinde Fraxern vom 15. Mai 1992 weise darauf hin, daß es keine Zusage an den Beschwerdeführer gegeben habe, irgendwelche Bauarbeiten fortführen zu dürfen. Dieselben Angaben habe der Bürgermeister anläßlich seiner Einvernahme vor der erstinstanzlichen Behörde und der belangten Behörde gemacht. Die belangte Behörde schenke den Aussagen der unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen mehr Glauben als den Angaben des Beschwerdeführers, der seine Verantwortung frei wählen könne. Die belangte Behörde habe keine Bedenken in bezug auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen Bürgermeister S. Dieser Zeuge habe bei der mündlichen Einvernahme in der Verhandlung einen äußerst glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Seine Aussagen stimmten mit denen des Bausachverständigen überein. Dies gelte auch für den vom Bürgermeister S. verfaßten Aktenvermerk vom 2. Dezember 1991 und das Schreiben vom 15. Mai 1992. Weiters habe der Beschwerdeführer selbst angegeben, er sei am Vorabend des Tattages von B.B. davon informiert worden, daß der Bürgermeister gegenüber diesem erklärt habe, die Verputzarbeiten dürften nicht durchgeführt werden, weil der Bau eingestellt sei. "Sachwehr" liege nicht vor, da der Beschwerdeführer nicht davon habe ausgehen dürfen, er dürfe beim Turm den Innenputz anbringen. Andererseits stelle der Umstand, daß das Material bei längerer Lagerung unbrauchbar geworden wäre und der Beschwerdeführer einen größeren Vermögensnachteil erlitten hätte, keinen Entschuldigungsgrund dar. Die übertretene Strafnorm solle die Wirksamkeit einer baubehördlichen Baueinstellung sichern. Sie diene letztlich dem öffentlichen Interesse an einer gesetzmäßigen Errichtung von Bauvorhaben. Durch das Verhalten des Beschwerdeführers sei dieses öffentliche Interesse in nicht unerheblichem Maße beeinträchtigt worden. Allerdings könne dem Beschwerdeführer zugute gehalten werden, daß die Tat keine sonstigen nachteiligen Folgen nach sich gezogen habe. Als Verschulden werde Vorsatz angenommen. Milderungs- bzw. Erschwerungsgründe seien keine hervorgekommen. Der Beschwerdeführer sei ledig und beziehe ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von S 15.000,--. Er besitze ein Gebäude im Wert von ca. S 2,5 Mio., gleichzeitig jedoch Schulden in der Höhe von S 2 Mio. Er sei für zwei Kinder sorgepflichtig. Unter Würdigung des vorgetragenen Sachverhaltes und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers sei nach Auffassung der belangten Behörde die von der Erstbehörde festgesetzte Strafe zu Schuld, Tat, Vermögen und Einkommen angemessen. Dies gelte auch im Hinblick darauf, daß der Vorfall vom 30. November 1991 - zum Unterschied von der Erstbehörde - nicht als erschwerend gewertet worden sei.

In der dagegen erhobenen Beschwerde, deren Behandlung vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 11. Jänner 1995, B 2593/94-4, abgelehnt und die dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten wurde, wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich u.a. durch eine unrichtige Anwendung der §§ 40, 35 i.V.m. 23, 55 Vbg. Baugesetz verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 40 Abs. 1 Vbg. Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972 in der zur Tatzeit geltenden Stammfassung (im folgenden: BauG), ist die Einstellung der Arbeiten zu verfügen, wenn eine Überprüfung einen Grund zur Beanstandung nach § 39 Abs. 1 lit. a ergibt. Gemäß § 39 Abs. 1 lit. a BauG ist die Behörde berechtigt, jederzeit zu überprüfen, ob Vorhaben nach § 23 nicht ohne Baubewilligung und Vorhaben nach § 24 nicht vor Wirksamkeit der Anzeige ausgeführt werden. Gemäß § 55 Abs. 1 lit. f BauG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer "nach § 40 Abs. 1 oder 2 eingestellte Arbeiten fortsetzt oder fortführen läßt". Verwaltungsübertretungen gemäß § 55 Abs. 1 leg. cit. sind gemäß § 55 Abs. 2 leg. cit. von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- oder mit Arrest bis zu drei Monaten zu bestrafen. Bei besonders erschwerenden Umständen können Geld- und Arreststrafen nebeneinander verhängt werden.

Unbestritten wurde gegenüber dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Fraxern vom 28. November 1991 (zugestellt am 29. November 1991) gemäß § 40 Abs. 1 BauG die sofortige Einstellung der Bautätigkeit hinsichtlich des "Wohnhausneubaues über der bestehenden Pizzeria" verfügt und gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer war daher - wie dies bereits im hg. Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 94/06/0007, ausgesprochen wurde - bis zu einer allfälligen Behebung des Ausspruches über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (bzw. gegebenenfalls bis zur Aufhebung des Bescheides in der Hauptsache) zur Einhaltung dieser Baueinstellung verpflichtet. Diese Verpflichtung bestand auch an dem Tag der Begehung des verfahrensgegenständlichen Verwaltungsstraftatbestandes (am 13. Februar 1992), da - wie eingangs erwähnt - die Berufung gegen die Baueinstellung mit Bescheid der Gemeindevertretung vom 25. März 1992 abgewiesen und in weiterer Folge die dagegen erhobene Vorstellung von der Vorstellungsbehörde als verspätet zurückgewiesen wurde.

Sofern der Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde mehrfach die Rechtmäßigkeit der Baueinstellung in Frage stellt, ist darauf zu verweisen, daß für das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren allein maßgeblich ist, daß im Zeitpunkt der Tatbegehung eine Verpflichtung gemäß § 40 Abs. 1 BauG in bezug auf Bauarbeiten an dem verfahrensgegenständlichen Turm bestanden hat. Die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Baueinstellung ist demgegenüber nicht Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens.

Zur Frage, ob der Turm vom Baueinstellungsbescheid erfaßt war, ist folgendes festzustellen:

Bei einer am 5. November 1991 an Ort und Stelle stattgefundenen Begehung des Grundstückes Nr. n2, KG F, auf dem sich der verfahrensgegenständliche Wohnhausneubau befindet, wurden von der Baubehörde verschiedene Abweichungen von den bewilligten Bauplänen festgestellt, nämlich

  1. a) die um 70 bis 100 cm erweiterte Gesamthöhe des Gebäudes, weshalb eine größere Dachneigung sowie ein höheres Mauerwerk beim Turm gegeben seien;
  2. b) wesentlich verkürzte Dachvorsprünge auf allen Seiten, insbesondere der nicht parallel verlaufende Dachabschluß an der Westseite des Gebäudes, wodurch die planmäßige Überdachung und Verbreiterung des Erkers unmöglich geworden sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. September 1995, Zl. 94/06/0008).

In der Folge wurde auf Grund der festgestellten Abweichungen von der Baubewilligung mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Fraxern vom 28. November 1991 die sofortige Einstellung der Bautätigkeit gegenüber dem Beschwerdeführer verfügt. Schon daraus ergibt sich aber, daß auch der Turm des verfahrensgegenständlichen Gebäudes von der Baueinstellung erfaßt war. Abgesehen davon ergab sich für den Beschwerdeführer auch aufgrund der Besprechung mit dem Bürgermeister der Gemeinde Fraxern vom 2. Dezember 1991, daß der Turm als vom Baueinstellungsbescheid miterfaßt angesehen wurde. Wenn der Bürgemeister dem Beschwerdeführer in dieser Besprechung - von ihm unbestritten - erlaubt hat, daß er das Dach auf den Turm aufsetzen dürfe, damit der Rohbau gegenüber den Witterungseinflüssen geschützt werde, hat die belangte Behörde daraus zutreffend abgeleitet, daß damit keine anderen Arbeiten als das Aufsetzen des Daches auf den Turm als zulässig erklärt worden waren.

Weiters ist der Beschwerdeführer der Auffassung, daß der von der Erstbehörde "umrissene Sachverhalt" ("Sie haben am 13.2.1992 um 11.30 Uhr den Verputzer ... damit beauftragt gehabt, Verputzarbeiten am Neubau des Hauses n1, durchführen zu lassen, ...") keinen strafbaren Tatbestand im Sinne des § 55 BauG darstelle. Auch der Auftrag an einen Dritten, Verputzarbeiten durchführen zu lassen, stelle keinen strafbaren Tatbestand nach dem BauG dar. Die Berichtigung des Sachverhaltes durch die belangte Behörde sei rechtswidrigerweise erfolgt.

Gemäß § 55 Abs. 1 lit. f BauG macht sich strafbar, wer gemäß § 40 Abs. 1 oder 2 eingestellte Arbeiten fortsetzt oder FORTFÜHREN LÄßT. Die verfahrensgegenständlichen Verputzarbeiten am Turm waren - wie dargelegt - vom Baueinstellungsbescheid erfaßt. Nach § 55 Abs. 1 lit. f BauG ist derjenige strafbar, der eingestellte Arbeiten fortführen läßt. In der Aufforderung des Beschwerdeführers zur Rechtfertigung als Beschuldigter vom 20. Februar 1992 wurde die verfahrensgegenständliche Verwaltungsstraftat wie folgt umschrieben:

  1. "1. Sie haben am 13.02.1992 um 11.30 Uhr den Verputzer, ..., damit beauftragt, Verputzarbeiten am Neubau durchzuführen, obwohl mit Bescheid der Gemeinde Fraxern vom 28.11.1991, zugestellt am 29.11.1991 um 16.20 Uhr, die Einstellung der Arbeiten verfügt wurde.

    Übertretung gemäß:

    § 55 Abs. 1 lit. f Baugesetz i.V.m. Bescheid der Gemeinde

    Fraxern vom 28.11.1991."

Der erstinstanzliche Spruch lautet:

"Sie haben am 13.2.1992 um 11.30 Uhr den Verputzer ... damit beauftragt gehabt, Verputzarbeiten am Neubau des Hauses n1, durchführen zu lassen, obwohl mit dem Bescheid der Gemeinde Fraxern vom 28.11.1991, zugestellt am 29.11.1991, um 16.20 Uhr die Einstellung der Arbeiten verfügt wurde."

Die belangte Behörde hat diesen Spruch in bezug auf die Tatumschreibung wie folgt abgeändert:

"B hat am 13.2.1992 um 11.30 Uhr bei dem Wohnhausneubau in Haus n1, von ... Verputzarbeiten im Turm durchführen lassen, obwohl mit Bescheid der Gemeinde Fraxern vom 28.11.1991, zugestellt am 29.11.1991, die Einstellung der Arbeiten gemäß § 40 Abs. 1 Baugesetz verfügt wurde".

Die Berufungsbehörde bleibt trotz ihrer Berechtigung, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, auf die Ahndung der dem Beschuldigten im Strafverfahren erster Instanz zur Last gelegten Tat beschränkt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Juni 1948, Slg. Nr. 460/A, und vom 7. Dezember 1978, Zl. 859/77). Sache des Berufungsverfahrens ist immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde bildet. Wechselt die Berufungsbehörde die von der Erstbehörde als erwiesen angenommene Tat aus, so nimmt sie eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Juni 1975, Slg. Nr. 8864/A, vom 15. Februar 1979, Zl. 2293/77, und vom 27. Juni 1980, Slg. Nr. 10.186/A). Im vorliegenden Fall kann allerdings nicht davon gesprochen werden, daß die Berufungsbehörde die von der ersten Instanz angenommene Tat ausgewechselt hat, da sowohl der Ausdruck, der Beschuldigte habe eine Person beauftragt, bestimmte Arbeiten durchzuführen (in der Aufforderung zur Rechtfertigung) bzw. der Ausdruck, der Beschuldigte habe eine Person beauftragt gehabt, bestimmte Arbeiten durchführen zu lassen (im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides), beschreibt, daß der Beschuldigte bestimmte Arbeiten hat durchführen lassen, wie dies letztlich die belangte Behörde ausgedrückt hat. Wie schon erwähnt, ist gemäß § 55 Abs. 1 lit. f BauG u.a. strafbar, wer gemäß § 40 Abs. 1 BauG eingestellte Arbeiten fortführen läßt. Sache des Bescheides erster Instanz war daher auch schon der Verwaltungsstraftatbestand des "Fortführenlassens" bestimmter Arbeiten an dem verfahrensgegenständlichen Turm.

Der Beweiswürdigung der belangten Behörde in bezug auf den Inhalt der Besprechung des Beschwerdeführers mit dem Bürgermeister vom 2. Dezember 1991 kann insbesondere im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer selbst angibt, es sei ihm nur erlaubt worden, das Dach auf den Turm aufzusetzen, nicht entgegengetreten werden.

Weiters meint der Beschwerdeführer, die Schuldfrage gemäß § 5 VStG sei nicht richtig gelöst. Die belangte Behörde habe sich mit der subjektiven Tatseite nicht auseinandergesetzt. Sie habe, ohne sich mit der Schuldfrage auseinanderzusetzen, Vorsatz angenommen. Es sei unrichtig, wenn die Erstbehörde davon ausgegangen sei, daß dem Beschwerdeführer bekannt gewesen sei, daß die Verputzarbeiten vom 13. Februar 1992 rechtswidrig gewesen seien. Die erstinstanzliche Behörde habe sich dabei auf Aussagen des Bürgermeisters und des Bausachverständigen gestützt. Es sei nicht zulässig, wenn die belangte Behörde Behauptungen aufstelle, daß dem Beschwerdeführer irgendein Sachverhalt hätte bewußt sein müssen. Dies stelle eine bloße Scheinbegründung dar. Die belangte Behörde habe sich daher mit seiner Berufung nicht abschließend auseinandergesetzt.

Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu. Die belangte Behörde hat sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, nach dem ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, insbesondere weil nach seiner Auffassung der Turm nicht vom Baueinstellungsbescheid erfaßt gewesen sei und er den Auftrag in der Besprechung vom 2. Dezember 1991 dahin verstanden habe, daß er den Turm fertigstellen könne, auseinandergesetzt und ist aufgrund einer nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung der Aussagen des Bürgermeisters und des Bausachverständigen zu dem Ergebnis gelangt, daß nicht anzunehmen ist, daß den Beschwerdeführer an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Unbestritten blieb auch vom Beschwerdeführer, daß der von ihm Beauftragte ihn am Vorabend des Tages der Tatbegehung darüber informiert hat, der Bürgermeister hätte ihm gegenüber erklärt, die Verputzarbeiten dürften nicht durchgeführt werden, da der Bau eingestellt sei. Die belangte Behörde konnte daher zu Recht im Sinne des erstinstanzlichen Bescheides davon ausgehen, daß dem Beschwerdeführer "bewußt sein mußte, daß sämtliche Tätigkeiten, insbesondere die Verputzarbeiten, am Hause nicht durchgeführt werden durften", woraus auf ein vorsätzliches Handeln des Beschwerdeführers geschlossen werden konnte, auf das bei der Strafbemessung Rücksicht genommen wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1970, Slg. Nr. 7766/A).

Die belangte Behörde hat auch das Vorliegen eines Notstandes im Sinne des § 6 VStG zutreffend verneint. Nach der hg. Judikatur (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 27. Oktober 1977, Zl. 1967/76, vom 3. November 1981, Zl. 81/07/0091, und vom 13. September 1989, Zl. 89/18/0092) liegt ein Notstand vor, wenn eine Verwaltungsübertretung zur Abwendung einer unmittelbar drohenden schweren Gefahr erfolgt, die so groß ist, daß sich der dazu Veranlaßte in dem unwiderstehlichen Zwang befindet, eher die in Betracht kommende Vorschrift zu übertreten, als das unmittelbar drohende Übel geschehen zu lassen. Wirtschaftliche Nachteile sind nur dann von Bedeutung, wenn durch sie die Lebensverhältnisse selbst unmittelbar bedroht sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. Mai 1989, Zl. 87/17/0153, und vom 22. März 1991, Zl. 88/18/0049). Daß ein vom Beschwerdeführer bereits eingekauftes Baumaterial bei längerer Lagerung nicht mehr verwendet werden kann, stellt keinesfalls eine derartige wirtschaftliche Schädigung dar, die die Lebensverhältnisse des Beschwerdeführers unmittelbar bedroht hätte. Dies wurde auch vom Beschwerdeführer nie behauptet.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers sei bereits Verjährung gemäß § 31 VStG eingetreten, da die Tatumschreibung der belangten Behörde eine vom ursprünglichen Tatvorwurf völlig verschiedene Tathandlung darstelle. Da - wie bereits dargelegt - keine Auswechslung der Tat durch die Berufungsbehörde stattgefunden hat, kommt diesem Vorbringen keine Berechtigung zu.

Der Beschwerdeführer ist aber auch nicht im Recht, wenn er meint, es sei Verjährung in bezug auf den ursprünglichen Strafvorwurf eingtreten, da die erkennende Behörde seit seiner Stellungnahme vom 9. August 1992 keine weiteren Verfahrensschritte gesetzt habe. Für den Eintritt der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang angesprochenen Verfolgungsverjährung ist maßgeblich, daß innerhalb der vorgeschriebenen Verjährungsfrist (im vorliegenden Fall sechs Monate, nachdem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen wurde oder das strafbare Verhalten aufgehört hat) keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG vorgenommen wurde. Verfolgungshandlung im Sinne dieser Bestimmung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (wie Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung usw.). Indem die erstinstanzliche Behörde unbestritten den Beschwerdeführer gemäß §§ 40 und 42 VStG zur Rechtfertigung als Beschuldigter aufgefordert hat, hat sie innerhalb der in § 31 Abs. 2 VStG statuierten Verjährungsfrist eine wirksame Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG gesetzt.

Soweit der Beschwerdeführer gegen die Strafbemessung gemäß § 19 VStG wiederum Umstände ins Treffen führt, die die Rechtmäßigkeit der Baueinstellung betreffen, genügt es, darauf hinzuweisen, daß die Rechtmäßigkeit des Baueinstellungsbescheides nicht Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens ist.

Sofern der Beschwerdeführer geltend macht, im Hinblick auf die Einstellung eines Strafverfahrens vor der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch hätte die belangte Behörde von seiner Unbescholtenheit ausgehen und dies als Milderungsgrund berücksichtigen müssen, handelt es sich dabei um ein erstmals vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattetes Vorbringen, welches im Hinblick auf die gemäß § 42 Abs. 1 VwGG im Falle eines mängelfreien Verfahrens vorgesehene Bindung des Verwaltungsgerichtshofes an den von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt nicht mehr zu berücksichtigen war.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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