VwGH 95/04/0239

VwGH95/04/023923.4.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der H in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 10. Oktober 1995, Zl. UVS 303.9-22/94-11, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
AVG §66 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.190,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Nach dem gemäß § 38 Abs. 2 VwGG dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zugrunde zu legenden Vorbringen der Beschwerdeführerin wurde sie mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 14. Oktober 1994, Zl. 15.1 1994/2259, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 18. Oktober 1994 einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 bestraft, weil sie an (datumsmäßig bezeichneten) 41 Tagen zwischen dem 14. Mai 1994 und dem 9. Juli 1994 an einem näher bezeichneten Standort in W eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage betrieben habe, obwohl für die gastgewerbliche Betriebsanlage keine gewerbebehördliche Genehmigung vorgelegen sei und dadurch die Schutzinteressen des § 74 GewO 1973 verletzt worden seien. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit dem Bescheid vom 10. Oktober 1995 entschied der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark über diese Berufung wie folgt:

"Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder ... über die Berufung der Frau H ... gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 14.10.1994, GZ.: 15.1 1994/2259, nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 14.09.1995, in seiner Verkündung am 10.10.1995, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung dem Grunde nach

a b g e w i e s e n .

Hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, daß über die Berufungswerberin gemäß § 19 VStG eine Strafe von S 10.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzarrest, welche binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist, verhängt wird.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat wie folgt zu lauten:

"Sie haben als Konzessionsinhaberin für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Bar" in der Zeit vom 11.11.1993 bis zumindest 21.11.1993, zumindest jedoch am 11.11.1993, 12.11.1993, 14.11.1993, 17.11.1993, 19.11.1993, 20.11.1993 und am 21.11.1993, im Mehrzwecksaal in W 40 eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage betrieben, obwohl für diese Anlage keine gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung vorliegt und dadurch die Schutzinteressen (insbesondere Schutz vor Gefährdung durch unzumutbare Lärmbelästigung) gemäß § 74 GewO 1973 verletzt, indem die Art der Betriebsführung geeignet war, insbesondere die Nachbarn S und Dipl.Ing. B unzumutbar durch Lärm zu belästigen.

Durch diesen Betrieb einer genehmigungspflichtigen gewerblichen Betriebsanlage ohne Vorliegen der erforderlichen gewerberechtlichen Genehmigung, haben Sie folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 366 Abs 1 Z 2 GewO 1994.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird daher eine Geldstrafe von S 10.000,-- bzw. im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen gemäß § 366 Abs 1 Z 2 GewO iVm § 16 VStG verhängt. Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) S 1.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen, das sind 10 % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher S 11.000,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG).""

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des zweitbehördlichen Verwaltungsstrafverfahrens sowie einen ein anderes gegen die Beschwerdeführerin geführtes Strafverfahren betreffenden Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt sie u.a. vor, sie werde mit dem angefochtenen Bescheid für Delikte bestraft, die sich im Zeitraum vom 11. November 1993 bis zum 21. November 1993, also mehr als ein Jahr vor den ihr in dem dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden erstbehördlichen Bescheid angelasteten Tatzeitpunkten, ereigneten.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht. Wie sich aus der Gegenüberstellung des Inhaltes des erstbehördlichen Bescheides mit dem oben wörtlich wiedergegebenen Spruch des angefochtenen Bescheides ergibt, wurde der Beschwerdeführerin mit letzterem eine im November 1993 begangene Verwaltungsübertretung zur Last gelegt, während der erstbehördliche Bescheid eine zwischen Mai und Juli 1994 begangene Verwaltungsübertretung betraf. Damit verstieß die belangte Behörde gegen das Gebot des § 66 Abs. 4 AVG, wonach die Berufungsbehörde außer dem hier nicht in Betracht kommenden Fall des Abs. 2, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache zu entscheiden hat und daher eine Auswechslung der inkriminierten Tat nicht zulässig ist.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

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