VwGH 95/04/0110

VwGH95/04/011026.9.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der O Gesellschaft m.b.H. in K, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 6. April 1995, Zl. V/1-B-94110, betreffend Entziehung einer Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs2;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §87 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 6. April 1995 wurde der Beschwerdeführerin im Instanzenzug die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe mit den Berechtigungen gemäß § 148 Abs. 1 Z. 2, 3 und 4 GewO 1973 in der Betriebsart Kaffeerestaurant in einem näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen. Nach Darstellung der maßgeblichen Rechtslage führte der Landeshauptmann in der Begründung aus, mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 15. Februar 1994 sei ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Über Anfrage der belangten Behörde habe die NÖ Gebietskrankenkasse mit Schreiben vom 13. Dezember 1994 mitgeteilt, die Beschwerdeführerin schulde Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von S 256.270,44 und es liege die weitere Gewerbeausübung nicht im Interesse der Kasse. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe bekanntgegeben, ihr gegenüber bestünden keine Beitragsrückstände. Die belangte Behörde habe die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 30. November 1994 aufgefordert, Nachweise vorzulegen, aus denen die Bezahlung der Forderung der ehemaligen Mitarbeiterin der Beschwerdeführerin, welche den Antrag auf Konkurseröffnung gestellt hatte, hervorgehe. Dieser Aufforderung sei die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen. Bei einem aushaftenden Betrag von rund S 257.000,-- könne nicht davon gesprochen werden, daß die laufenden Zahlungsverpflichtungen eingehalten werden könnten. Die Nichterfüllung von Zahlungspflichten bei Fälligkeit laufe aber den Interessen von bestehenden und zukünftigen Gläubigern entgegen. Die Beschwerdeführerin habe es auch unterlassen, im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht zu der Forderung ihrer ehemaligen Mitarbeiterin, die das Konkursverfahren ausgelöst habe, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Die Ankündigung der Beschwerdeführerin in einem Schreiben vom 28. Februar 1995, es werde mit der NÖ Gebietskrankenkasse eine Einigung bezüglich des Beitragsrückstandes angestrebt, könne auf Grund der Dauer des Entziehungsverfahrens und mangels Vorlage von Beweise nicht als glaubwürdig gewertet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Unterbleiben der Entziehung der Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin vor, nachdem sie der belangten Behörde angekündigt habe, bemüht zu sein mit sämtlichen Gläubigern eine Einigung herbeizuführen, hätte ihr die belangte Behörde die Möglichkeit einräumen müssen, darzutun, "daß die Bereinigung der bestehenden Verbindlichkeiten der Beschwerdeführerin erfolgte bzw. entsprechende Ratenvereinbarungen getroffen wurden". Aus dem mit der Beschwerde vorgelegten Schreiben der NÖ Gebietskrankenkasse vom 8. Mai 1995 gehe hervor, daß die Beschwerdeführerin mittlerweile am 14. März 1995 eine Ratenvereinbarung getroffen und diese bisher auch eingehalten habe. Aus diesem Schreiben ergebe sich weiters, daß die NÖ Gebietskrankenkasse keine Einwände gegen eine weitere Ausübung des Gewerbes durch die Beschwerdeführerin habe. Aus einem ebenfalls vorgelegten Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 12. Dezember 1994 gehe hervor, daß die Beschwerdeführerin keine Beitragsrückstände habe und damit die weitere Gewerbeausübung im Interesse der Sozialversicherungsanstalt gelegen sei. Aus diesen Umständen ergebe sich, daß zur Zeit zwar noch aushaftende Rückstände bestünden, die Beschwerdeführerin jedoch alles daran lege, die getroffenen Ratenvereinbarungen einzuhalten und die aushaftende Schuld zu tilgen. Durch den angefochtenen Bescheid werde der Beschwerdeführerin die gesamte Lebensgrundlage und damit auch die Möglichkeit zur Rückzahlung der aushaftenden Rückstände entzogen. Es sei damit evident, daß der Fortbetrieb des Gewerbes vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei.

Mit diesem Vorbrigen vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 hat die Behörde (§ 361) die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.

Gemäß § 13 Abs. 3 leg. cit. sind Rechtsträger, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde, von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen.

Gemäß 87 Abs. 2 leg. cit. kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, daß der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Denn abgesehen von den bereits bestehenden Gläubigerforderungen ist auch zu berücksichtigen, daß die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können müssen, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1994, Zl. 94/04/0186).

Im vorliegenden Fall bestreitet die Beschwerdeführerin nicht das Vorliegen eines Entziehungsgrundes. Sie bestreitet auch nicht, daß im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde eine Vereinbarung der Beschwerdeführerin mit der NÖ Gebietskrankenkasse über eine ratenweise Tilgung der festgestellten Schuld nicht bekannt war. Sie meint aber, die belangte Behörde hätte als Folge der Ankündigung der Beschwerdeführerin, sie werde sich um eine Einigung mit ihren Gläubigern bemühen, mit ihrer Entscheidung so lange zuwarten müssen, bis ihr eine derartige Einigung nachgewiesen worden wäre. Für eine derartige Verpflichtung der Behörde bietet das Gesetz allerdings keine Grundlage.

Die (durch entsprechende Urkunden belegte) Beschwerdebehauptung, in der Folge sei es zu einer derartigen Einigung tatsächlich gekommen, vermag aber schon wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Ausgehend von dem allein entscheidungswesentlichen Sachverhalt, wie er der belangten Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorlag, vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Annahme der belangten Behörde, mit Rücksicht auf die Höhe der offenen Forderungen seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 nicht erfüllt, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erblicken.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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