VwGH 95/04/0096

VwGH95/04/00966.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde

1.) der Stadtgemeinde Vöcklabruck, 2.) des EW und 3. der MW, alle in V und vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des BMwA vom 15. Dezember 1994, Zl. 556.885/20-VIII/6/94, betreffend Bewilligung nach dem Elektrotechnikgesetz 1992 (mitbeteiligte Partei: O-AG in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
ElektrizitätsG OÖ 1982;
ETG 1992 §1 Abs1;
ETG 1992 §3 Abs1;
ETG 1992 §3 Abs11;
ETG 1992 §9 Abs1;
ETG 1992 §9 Abs3;
StarkstromwegeG OÖ 1970;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z3;
AVG §56;
ElektrizitätsG OÖ 1982;
ETG 1992 §1 Abs1;
ETG 1992 §3 Abs1;
ETG 1992 §3 Abs11;
ETG 1992 §9 Abs1;
ETG 1992 §9 Abs3;
StarkstromwegeG OÖ 1970;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 15. Dezember 1994 erteilte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten der mitbeteiligten Partei "gemäß den Bestimmungen des Elektrotechnikgesetzes 1992" die elektrizitätsrechtliche Bewilligung für die Durchführung eines Seil- und Armaturenwechsels auf der 110 kV-Leitung Timelkam-Traunfall im Leitungsabschnitt ab Mast Nr. 20 bis zum Umspannwerk Vöcklabruck unter Vorschreibung folgender Auflagen:

  1. "1. Die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen sind projekts- und befundsgemäß gemäß den geltenden SNT-Vorschriften durchzuführen.

  1. 2. Der Beginn der Sanierungsarbeiten ist spätestens 2 Wochen vorher durch Anschlag in der Stadtgemeinde Vöcklabruck kundzumachen.

  1. 3. Die Leitung darf im programmierten Dauerbetrieb nur mit der bisherigen Leistung betrieben werden."

Gleichzeitig wurden die Einwendungen und Anträge der Beschwerdeführer "mangels Parteistellung nach dem Elektrotechnikgesetz" zurückgewiesen. Schließlich wird in diesem Bescheid spruchgemäß festgestellt, daß gegen die Planung und Durchführung der gegenständlichen Umbaumaßnahmen Bedenken vom Standpunkt der Sicherheit sowie der Normalisierung und Typisierung auf dem Gebiete der Elektrotechnik gemäß § 9 Elektrotechnikgesetz 1992 nicht zu erheben seien. In der Begründung dieses Bescheides führte der Bundesminister nach Darstellung des Verfahrensganges zusammengefaßt aus, nach den Bestimmungen des Elektrotechnikgesetzes 1992 lasse sich für keinen der Beschwerdeführer eine Parteistellung ableiten. Dennoch sei ihnen die Möglichkeit eingeräumt worden, ihre Argumente in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vorzubringen. Die von den Beschwerdeführern aufgestellte Forderung nach einer Umweltverträglichkeitsprüfung widerspreche der geltenden Rechtslage, weil einerseits zwar von der Europäischen Union eine Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtlinie herausgegeben worden sei, in deren Anhang II allerdings Starkstromleitungen von der unmittelbaren Anwendbarkeit der Richtlinie ausgenommen seien, andererseits das österreichische Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz eine Übergangsbestimmung enthalte, wonach Projekte, welche zwischen dem 1. Juli 1994 und dem 1. Jänner 1995 eingereicht wurden, nur dann einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen seien, wenn der jeweilige Konsenswerber sich diesem Verfahren freiwillig unterwerfe. Dazu komme, daß das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz auf Starkstromleitungen bis 110 kV nicht anzuwenden sei. Das gesamte Ermittlungsverfahren habe zum Ergebnis gehabt, daß die Genehmigungsvoraussetzungen der §§ 9 und 13 des Elektrotechnikgesetzes 1992 gegeben seien. Der Einwand der Beschwerdeführer, anstelle der Bestimmungen des Elektrotechnikgesetzes wären jene des

O.ö. Starkstromwegegesetzes anzuwenden, da es sich bei den geplanten Maßnahmen um eine Erweiterung der Leitung handle, sei unzutreffend, da es sich beim gegenständlichen Projekt lediglich um eine Sanierungsmaßnahmen handle, im Zuge derer die Leitung den derzeit geltenden Sicherheitsvorschriften angepaßt werde. Die in allen Teilen schlüssigen Ausführungen des elektrotechnischen Amtssachverständigen untermauerten dieses Ergebnis.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 28. Februar 1995, B 260/95-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften jeweils mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer "in dem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Parteistellung und dem Recht, Einwendungen gegen das Vorhaben zu erheben (§ 25 Abs. 2 O.ö. Elektrizitätsgesetz, LGBl. Nr. 41/1982) sowie dem Recht, durch Emissionen (wie Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterungen, Lichteinwirkungen, Wärme oder Schwingungen) nicht am Leben, der Gesundheit oder dem Eigentum gefährdet oder in unzumutbarer Weise belästigt zu werden (§ 26 Abs. 2 lit. e O.ö. Elektrizitätsgesetz) verletzt". In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes weisen die Beschwerdeführer zunächst darauf hin, ihrer Meinung nach sei auf das gegenständliche Verfahren nicht das Elektrotechnikgesetz, sondern das O.ö. Starkstromwegegesetz anzuwenden, da es sich bei dem gegenständlichen Vorhaben nicht nur um eine Sanierung der bestehenden Anlage, sondern um eine Änderung bzw. Erweiterung der elektrischen Leitungsanlage im Sinne des § 3 Abs. 1 O.ö. Starkstromwegegesetz handle. Denn die Leistung der gegenständlichen Leitung werde wesentlich, und zwar von 440 Ampere auf 685 Ampere erhöht. Daran vermöge nach Ansicht der Beschwerdeführer auch die Auflage 3., wonach die Leitung im programmierten Dauerbetrieb nur mit der bisherigen Leistung betrieben werden dürfe, nichts zu ändern. Die Unglaubwürdigkeit einer Sanierungsabsicht ergebe sich für die Beschwerdeführer insbesondere daraus, daß der gegenständliche Antrag der mitbeteiligten Partei erst sechs Jahre nach den zur Begründung der Arbeiten dienenden Schadensfällen gestellt worden sei. Die belangte Behörde habe das Elektrotechnikgesetz in grob unrichtiger Verkennung der Rechtslage zu Unrecht angewendet. Im Verfahren nach dem O.ö. Starkstromwegegesetz aber hätten die durch eine derartige Leitung betroffenen Grundeigentümer schon im Bewilligungsverfahren Parteistellung. Diese Parteistellung sei den Beschwerdeführern von der belangten Behörde in rechtswidriger Weise verweigert worden. Selbst bei Anwendung des Elektrotechnikgesetzes 1992 sei jedoch die Verweigerung der Parteistellung durch die belangte Behörde rechtswidrig. Gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz leg. cit. würden in anderen Rechtsvorschriften enthaltene Bestimmungen über den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Personen nicht berührt. Derartige Bestimmungen seien in den §§ 25 und 26 des O.ö. Elektrizitätsgesetzes enthalten. Diese Bestimmungen seien nach Ansicht der Beschwerdeführer ebenfalls anwendbar, da es sich bei der gegenständlichen Anlage um eine solche zum Transport elektrischer Energie handle (§ 21 Abs. 2 lit. c O.ö. Elektrizitätsgesetz). Eine Feststellung, daß sich die Anlage nicht im unmittelbaren Betriebsbereich einer Stromerzeugungsanlage befinde, habe die belangte Behörde nicht getroffen. In dem übrigen Beschwerdevorbringen setzen sich die Beschwerdeführer mit den von ihnen gestellten und von der belangten Behörde nicht beachteten Anträgen inhaltlich auseinander.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG hat die Beschwerde (unter anderem) die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte), zu enthalten. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist die Bezeichnung des Beschwerdepunktes nicht Selbstzweck, sondern unter dem Gesichtspunkt von rechtlicher Relevanz, daß es dem Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer Bescheidbeschwerde nach Art. 131 Abs. 1 B-VG nicht zu prüfen obliegt, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1984, Slg. N.F. Nr. 11.283/A, und das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. N.F. Nr. 11.525/A).

Die solcherart eingeschränkte Prüfung des angefochtenen Bescheides ergibt, daß die Beschwerdeführer im Rahmen des von ihnen geltend gemachten Beschwerdepunktes durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven öffentlichen Recht nicht verletzt wurden.

Gemäß § 3 Abs. 1 Elektrotechnikgesetz 1992 - ETG 1992 (BGBl. Nr. 106/1993) sind elektrische Betriebsmittel und elektrische Anlagen innerhalb des ganzen Bundesgebietes so zu errichten, herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben, daß ihre Betriebssicherheit, die Sicherheit von Personen und Sachen, ferner in ihrem Gefährdungs- und Störungsbereich der sichere und ungestörte Betrieb anderer elektrischer Anlagen und Betriebsmittel sowie sonstige Anlagen gewährleistet ist. Um dies zu gewährleisten ist gegebenenfalls bei Konstruktion und Herstellung elektrischer Betriebsmittel nicht nur auf den normalen Gebrauch sondern auch auf die nach vernünftigem Ermessen zu erwartende Benutzung Bedacht zu nehmen. In anderen Rechtsvorschriften enthaltene Bestimmungen über den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Personen werden durch diese Bestimmungen nicht berührt.

Nach dem Abs. 11 dieser Bestimmung kann der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten durch Verordnung oder die Behörde (§ 13) durch Bescheid auch dem Eigentümer der elektrischen Anlage oder des elektrischen Betriebsmittels die Erfüllung dieser Verpflichtungen auferlegen.

Gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. unterliegen elektrische Anlagen und das Inverkehrbringen elektrischer Betriebsmittel hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen nach Maßgabe der folgenden Absätze der Überwachung durch die zuständige Behörde (§ 13). In anderen Rechtsvorschriften enthaltene Bestimmungen über die Überwachung von Betriebseinrichtungen und Betriebsmitteln werden hiedurch nicht berührt.

Gemäß § 9 Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde, wenn festgestellt wird, daß der Zustand oder Betrieb einer elektrischen Anlage oder daß ein elektrisches Betriebsmittel diesem Bundesgesetz oder den auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen nicht entspricht, dem Betreiber der elektrischen Anlage oder dem über das elektrische Betriebsmittel Verfügungsberechtigten mit Bescheid aufzutragen, den gesetzmäßigen Zustand innerhalb einer gleichzeitig festzusetzenden angemessenen Frist herzustellen.

Wie sich aus diesen für die Entscheidung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid allein in Betracht kommenden Bestimmungen des Elektrotechnikgesetzes 1992 zweifelsfrei ergibt, wird durch bescheidmäßige Erledigungen nach dem Elektrotechnikgesetz eine allenfalls nach anderen Bestimmungen der österreichischen Rechtsordnung erforderliche Genehmigung nicht ersetzt. Das gilt zufolge des letzten Satzes des § 1 Abs. 1 leg. cit. in gleicher Weise für nach § 3 Abs. 11 erlassene Bescheide, wie gemäß § 9 Abs. 1 zweiter Satz für Bescheide, die die Behörde in Anwendung der Bestimmung des § 9 Abs. 3 leg. cit. erläßt.

Im vorliegenden Fall stützte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, wie sich aus der dem diesbezüglich unklaren Spruch beigegebenen Begründung entnehmen läßt, auf die Bestimmung des § 9 (zu ergänzen: Abs. 3) ETG 1992. Wie soeben dargestellt, ersetzt eine solche Entscheidung weder eine allenfalls nach dem O.ö. Starkstromwegegesetz noch eine nach dem O.ö. Elektrizitätsgesetz allenfalls erforderliche Bewilligung für die gegenständlichen von der in Rede stehenden Anlage vorzunehmenden Maßnahmen. Es wird somit durch den angefochtenen Bescheid weder das von den Beschwerdeführern im Rahmen des Beschwerdepunktes ausdrücklich genannte Recht, Einwendungen nach dem O.ö. Elektrizitätsgesetz zum Schutz vor Emissionen zu erheben, noch das im Rahmen der Beschwerdegründe angesprochene Recht verletzt, im Rahmen eines Verfahrens nach dem O.ö. Starkstromwegegesetz derartigen Schutz zu erlangen. Soweit aber unter dem im Beschwerdepunkt genannten "gesetzlich gewährleisteten Recht auf Parteistellung" das (bloß verfahrensrechtliche) Recht zu verstehen sein sollte, im Verfahren vor der belangten Behörde gehört zu werden, vermögen sie damit ein vom Verwaltungsgerichtshof zu prüfendes subjektives öffentliches Recht deshalb nicht darzutun, weil Verfahrensmängel für sich allein eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte nicht begründen können. Sie sind vom Verwaltungsgerichtshof nur wahrzunehmen, wenn dadurch materielle subjektive öffentliche Rechte des Beschwerdeführers berührt werden (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 16. November 1974, Slg. N.F. Nr. 8713/A, und vom 8. November 1976, Slg. N.F. Nr. 9170/A).

Die Beschwerde war, da durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes geltend gemachte subjektive öffentliche Rechte der Beschwerdeführer nicht verletzt wurden, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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