VwGH 94/20/0129

VwGH94/20/012929.11.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des Z in A, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inners vom 9. August 1993, Zl. 4.343.047/1-III/13/93, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Abweisung eines Asylantrages, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §19 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AsylG 1991 §19 Abs1 Z1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inners vom 9. August 1993 wurden sowohl die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 29. Juni 1993 betreffend Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Spruchpunkt 1) als auch die weitere Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 18. Juni 1993 betreffend die Abweisung des von ihm gestellten Asylantrages gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 AsylG 1991 abgewiesen (Spruchpunkt 2).

Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei der vom Bundesasylamt zu Handen des rechtsfreundlichen Vertreters zugestellten Ladung für den 17. Juni 1993 ohne vorhergehende Entschuldigung nicht nachgekommen. In seinen gegen die erstinstanzlichen Bescheide gerichteten Berufungen sowie dem in erster Instanz gestellten Wiedereinsetzungsantrag habe er zwar die Behauptung aufgestellt, es sei ihm nicht möglich gewesen, der Ladung Folge zu leisten, weil es zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Rechtsvertreter in Ermangelung eines "ordentlichen Wohnsitzes oder einer Zustelladresse eine schriftliche oder mündliche Kontaktaufnahme nicht gegeben" habe. Dies könne jedoch nicht als Entschuldigung im Sinn des § 19 Abs. 1 Z. 1 AsylG oder als Wiedereinsetzungsgrund im Sinn des § 71 AVG angesehen werden, ganz davon abgesehen, daß der Beschwerdeführer entgegen seiner Behauptung nicht "seine Heimat fluchtartig verlassen" habe, sondern sich nach seinen eigenen Angaben bereits seit 20. Jänner 1992 in Österreich aufgehalten habe, es ihm daher möglich gewesen sein müsse, sich um einen Wohnsitz bzw. um eine Abgabestelle oder auch nur um einen Zustellbevollmächtigten zu bemühen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 71 Abs. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

Z 1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen, wobei ein nur minderer Grad des Versehens nicht schadet ...

Seinen Wiedereinsetzungsantrag begründete der Beschwerdeführer damit, er habe ohne Verschulden erst durch einen Anruf bei seinem Rechtsvertreter am 21. Juni 1993 erfahren, daß der Termin für seine Ersteinvernahme bereits mit dem 17. Juni 1993 verstrichen gewesen sei. Er habe seinem Rechtsvertreter weder eine Telefonnummer noch eine aktenkundige Anschrift geben können, da er als Flüchtling in G bislang keinen Wohnsitz gefunden habe bzw. die in Aussicht genommenen Wohnungen bzw. Zimmer zu teuer gewesen seien, sodaß er eine Unterschrift eines Quartiergebers auf dem Meldezettel nicht habe erhalten können, weshalb eine meldeamtsmäßige Anmeldung bislang unterblieben sei. Es sei mit seinem Rechtsvertreter lediglich vereinbart worden, daß er 10 bis 14 Tage nach Asylantragstellung bei diesem hätte nachfragen sollen, ob bereits ein Termin für die Ersteinvernahme anberaumt worden sei. Dies habe er am 21. Juni 1993, sohin 18 Tage nach Asylantragsstellung, getan, wobei die Verspätung ebenfalls auf die von ihm geschilderte Wohnungssituation zurückzuführen gewesen sei.

Die belangte Behörde hat bereits zutreffend aufgezeigt, daß es dem Beschwerdeführer im Sinn des § 71 AVG unbenommen geblieben wäre, seine jederzeitige Erreichbarkeit im Hinblick auf das von ihm selbst in Gang gesetzte Asylverfahren anderweitig sicherzustellen, z.B. durch Angabe eines Zustellbevollmächtigten oder durch Kontaktaufnahme mit seinem Rechtsvertreter in wesentlich kürzeren Zeiträumen. Seine eigene Unerreichbarkeit kann für den Beschwerdeführer aus diesem Grunde weder ein unvorhergesehenes noch ein unabwendbares Ereignis gewesen sein, daß ihn an der rechtzeitigen Inkenntnissetzung vom Einvernahmetermin gehindert hätte. Die Voraussetzungen des § 71 AVG liegen demnach nicht vor.

Damit aber erweist sich auch der angefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt 2 als frei von Rechtsirrtum, wenn die belangte Behörde die schon im Wiedereinsetzungsantrag angeführten Umstände auch nicht als Entschuldigung im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 1 AsylG 1991 gelten ließ. Daß die an den Beschwerdeführer, zuhanden seines Rechtsvertreters gerichtete Ladung für die Einvernahme am 17. Juni 1993, letzterem zugestellt am 7. Juni 1993, nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen hätte, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Seinem Vorbringen, die belangte Behörde hätte jedoch die bereits im Wiedereinsetzungsantrag dargetanen und in seiner gegen den Bescheid vom 18. Juni 1993 erhobenen Berufung wiederholten Umstände als Entschuldigung im Sinne des § 19 Abs. 1 AsylG 1991 werten müssen, ist entgegenzuhalten, daß sich aus der Aktenlage keineswegs ergibt, es sei dem Beschwerdeführer unmöglich oder unzumutbar gewesen, für eine ladungsfähige Anschrift oder die Namhaftmachung eines Zustellbevollmächtigten Sorge zu tragen bzw. eine kürzerfristige Kontaktaufnahme mit seinem selbst gewählten Rechtsfreund zu pflegen, zumal er ja bereits seit Jänner 1992 in Österreich aufhältig und wohnhaft gewesen war, daher anzunehmen ist, daß bis zu den von ihm behaupteten Abreisevorbereitungen zumindest eine Teilintegration gegeben gewesen war. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Voraussetzung des § 19 Abs. 1 AsylG 1991 als gegeben erachtet hat (vgl. zur Frage der Verfassungskonformität das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 1994, Zlen. B 1219/93, 1698/93 und 397/94).

Insgesamt war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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