Normen
AsylG 1991 §20 Abs2;
AsylG 1991 §25 Abs2;
AVG §73 Abs2;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AsylG 1991 §25 Abs2;
AVG §73 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Ghanas, reiste am 22. April 1990 in das Bundesgebiet ein und stellte am 30. April 1990 den Antrag, ihm Asyl zu gewähren.
Am 7. Mai 1991 stellte der Beschwerdeführer einen Devolutionsantrag, der bei der belangten Behörde am 8. Mai 1991 einging. Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde den Asylantrag des Beschwerdeführers ab. Sie ging dabei von der Anwendbarkeit des Asylgesetzes 1991 auf Grund des § 25 Abs. 2 erster Satz leg. cit. aus, da das Asylverfahren des Beschwerdeführers "am bzw. nach dem 1. Juni 1992 beim Bundesministerium für Inneres anhängig war" und verneinte die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 leg. cit. Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß der Verfassungsbestimmung des § 25 Abs. 1 erster Satz AsylG 1991 sind am 1. Juni 1992 in erster Instanz anhängige Verfahren nach der bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Demgegenüber bestimmt Abs. 2 der zitierten Gesetzesbestimmung, daß am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen sind.
Anders als der Verfassungsgerichtshof (vgl. dessen Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, B 1387, 1542/92) vertritt der Verwaltungsgerichtshof seit dem Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831, auf das im übrigen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, daß § 25 Abs. 1 und Abs. 2 jeweils erster Satz AsylG 1991 für die Übergangszeit nicht nur die Behördenzuständigkeit festlegen. Vielmehr wird - wie der Verwaltungsgerichtshof in der an das oben zitierte Erkenntnis anschließenden Judikatur betont hat - auch eine Aussage über das von der Behörde jeweils anzuwendende Recht getroffen.
Die belangte Behörde übersieht - soweit sie von der Anwendbarkeit des AsylG 1991 ausgeht - daß sie auf Grund des Devolutionsantrages gemäß § 73 Abs. 2 AVG nicht als Rechtsmittelinstanz, sondern funktionell als Behörde erster Instanz tätig geworden ist (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Oktober 1979, Zl. 992/78, Slg. 9950/A). Daß sie als Asylbehörde erster Instanz das Asylgesetz (1968) anzuwenden hatte, folgt (argumentum e contrario) auch aus § 25 Abs. 2 AsylG 1991, weil die laut dessen Satz 2 vom Bundesminister für Inneres anzuordnende Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens in Zusammenhalt mit der Bestimmung des § 20 Abs. 2 leg. cit. das Berufungsverfahren regelt und von der belangten Behörde daher nur angewandt werden durfte, wenn sie funktionell als Berufungsbehörde tätig geworden ist.
Die belangte Behörde hätte somit als (funktionell) erste Instanz das Asylgesetz (1968) anzuwenden gehabt. In der Anwendung des unrichtigen Gesetzes ist jedoch für den Beschwerdeführer kein Nachteil gelegen, da sich die belangte Behörde mit der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 auseinandergesetzt hat. Diese jedoch ist inhaltlich vom Flüchtlingsbegriff des von ihr richtigerweise anzuwendenden Asylgesetzes (1968) nicht verschieden (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 31. März 1993). Anders als im hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1994, Zl. 94/19/0235, konnte sich jedoch im Beschwerdefall die Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 AsylG 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, Zl. G 92,93/94, nicht auswirken, da diese Bestimmung nur im Berufungsverfahren anzuwenden war.
Der Beschwerdeführer hat in seiner niederschriftlichen Befragung vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 28. Mai 1990 angeführt, als Berufssoldat mit der Wache bei einem Gefängnis befaßt gewesen zu sein. Als dieses Gefängnis von außen durch Unbekannte mit Waffen angegriffen worden sei, sei er aus Angst, daß er verwundet werden könnte, von der Wache und vom Kampf geflohen und zum Militärcamp gelaufen; dort habe er einem Freund erzählt, was sich im Gefängnis ereignet habe. Der Freund habe ihm geraten, er solle das Ereignis sogleich dem verantwortlichen Offzier melden, was der Beschwerdeführer auch getan habe. Er sei nach seiner Meldung sogleich "in den Arrest abgegeben" worden. In der Folge sei gegen ihn ein Militärgerichtsverfahren eingeleitet worden, in dessen Zuge er zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von acht Jahren wegen des Vorfalles beim Gefängnis verurteilt worden sei.
In einer am 13. April 1992 erstatteten Ergänzung zu seinem Devolutionsantrag führte der Beschwerdeführer weiters aus, daß er sich zwar politisch nicht betätigt habe, aber aufgrund des Zwischenfalls einer oppositionellen Haltung verdächtigt und auch deshalb verurteilt worden sei. Als der Beschwerdeführer Zeuge geworden sei, wie zwei andere Mitglieder der Wachmannschaft von den Angreifern erschossen worden seien, habe er seinen Posten verlassen, um sein Leben zu retten. Das Verfahren vor dem Militärgericht sei im höchsten Maße unfair gewesen; die Richter seien einfach "Vollzugsorgane des Militärregimes" und gleichzeitig die Ankläger gewesen. Er habe keinen Verteidiger gehabt und hätte gestehen sollen, die Angreifer unterstützt oder dies gewollt zu haben.
Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968) ebenso wie nach § 1 Abs. 1 Z. 1 AsylG 1991 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Wenn auch der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang die Ansicht der belangten Behörde nicht teilt, wonach eine Verfolgung wegen der politischen Gesinnung des Beschwerdeführers schon deshalb nicht in Betracht käme, da dieser freiwillig Mitglied der Berufsstreitkräfte seines Heimatlandes geworden sei, hat die belangte Behörde jedoch im Ergebnis zutreffend die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers verneint. Aus dessen Angaben folgt nämlich nur, daß er verurteilt worden ist, weil er den ihm zugewiesenen Wacheposten während des Kampfgeschehens eigenmächtig verlassen hat. Erst im Verlaufe des Asylverfahrens hat der Beschwerdeführer vorgebracht, daß diese Verurteilung auch aus politischen Gründen erfolgt wäre, ohne dies jedoch näher darzulegen. Selbst wenn man diesem sich steigernden Vorbringen folgen wollte, ergibt sich daraus doch nur, daß dem Beschwerdeführer auch politische "Unzuverlässigkeit" als Motiv für sein Wachevergehen vorgehalten wurde (soweit der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof von "Kollaboration" spricht und seine Verurteilung darauf bezieht, ist auf dieses geänderte Vorbringen gemäß § 41 Abs. 1 VwGG nicht näher einzugehen).
Der belangten Behörde kann daher aus diesem Grunde im Ergebnis nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers verneinte. Auf die Frage der Mangelhaftigkeit des Verfahrens braucht hiebei nicht näher eingegangen zu werden, da der Beschwerdeführer selbst nicht vorbringt, sein in der Ergänzung zum Devolutionsantrag erstattetes Sachvorbringen sei unrichtig oder unvollständig.
Da sich somit die Beschwerde im Ergebnis als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
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