VwGH 94/18/0681

VwGH94/18/068121.2.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des E in B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. August 1994, Zl. 100.997/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z1;
VwGG §30 Abs3;
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z1;
VwGG §30 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid vom 17. Jänner 1994 erließ die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein bis 16. Jänner 2000 befristetes Aufenthaltsverbot. Der hierüber erlassene Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 7. Juni 1994 wurde dem Beschwerdeführer am 19. Juli 1994 zugestellt. Gegen diesen Bescheid erhob er Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und stellte den Antrag, dieser Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Mit hg. Beschluß vom 29. August 1994, Zl. AW 94/18/0317, wurde diesem Antrag gemäß § 30 Abs. 2 VwGG stattgegeben. Der genannte Beschluß wurde den Parteien des - damaligen - verwaltungsgerichtlichen Verfahrens jeweils am 9. September 1994 zugestellt.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 25. August 1994 wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 17. Jänner 1994, mit dem seinem Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung nicht stattgegeben worden war, gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz - AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 1 Fremdengesetz - FrG ab.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe am 5. Jänner 1994 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt. Der Bewilligung stünde jedoch das gegen den Beschwerdeführer am 17. Jänner 1994 erlassene und am 1. Februar 1994 in Rechtskraft erwachsene Aufenthaltsverbot der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See entgegen. Damit liege der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG vor, sodaß die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach § 5 Abs. 1 AufG nicht in Frage komme.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers sei festzuhalten, daß durch seine Beschäftigung im Bundesgebiet private Interessen bestünden. Er habe jedoch in seiner Berufung keine Gründe vorbringen können, die eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeigeführt hätten. Überdies stelle das rechtskräftige Aufenthaltsverbot für die Berufungsbehörde "nicht einmal eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG" dar, sodaß eine weitere Beurteilung unzulässig sei. Das rechtskräftige Aufenthaltsverbot sei daher als "bindendes Tatbestandselement" im Rahmen des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG heranzuziehen gewesen.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer führt gegen den angefochtenen Bescheid ins Treffen, daß die belangte Behörde zu Unrecht angenommen habe, das gegen ihn von der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See erlassene Aufenthaltsverbot sei am 1. Februar 1994 in Rechtskraft erwachsen. Er habe bereits in seiner Berufung (im Verfahren zur Erlangung der Aufenthaltsbewilligung) dargelegt, daß er gegen den erstinstanzlichen Bescheid betreffend Aufenthaltsverbot gleichfalls Berufung erhoben habe. Darüber hinaus habe er zwischenzeitig gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland, die der Berufung gegen die Verhängung des Aufenthaltsverbotes in den wesentlichen Punkten keine Folge gegeben habe, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Die belangte Behörde habe es rechtswidrig unterlassen festzustellen, daß dieser Beschwerde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. August 1994, Zl. AW 94/18/0317, die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei. In Fällen, in welchen der Verwaltungsgerichtshof einer gegen einen letztinstanzlichen Bescheid über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes eingebrachten Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkenne, entfalte das Aufenthaltsverbot bis zur Erledigung der beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerde keinerlei Wirkungen; das Aufenthaltsverbot sei im Hinblick auf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an eine dagegen eingebrachte Beschwerde zum einen nicht durchsetzbar, zum anderen aber auch für ein Verfahren bei den Fremdenbehörden bzw. der Aufenthaltsbehörde, gerichtet auf die Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung oder eines Sichtvermerkes, nicht bindend. Vor Erledigung der Beschwerde, die Anlaß für die Zuerkennung von aufschiebender Wirkung gewesen sei, dürfe also auch die Aufenthaltsbehörde in dem bei ihr anhängigen Verfahren nicht davon ausgehen, daß ein Aufenthaltsverbot verhängt worden sei.

2. Der Beschluß, mit dem der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen das ihn betreffende Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung zuerkannt hat, wurde - wie zu Punkt I. 1. dargelegt - den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens am 9. September 1994 zugestellt. Da die aufschiebende Wirkung ex nunc, d.h. mit Zustellung dieses Beschlusses, eintrat, war zu dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Bundesministers für Inneres maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides - dem 22. September 1994 - die Durchsetzbarkeit des über den Beschwerdeführer verhängten Aufenthaltsverbotes bereits aufgeschoben und eine Heranziehung dieses Aufenthaltsverbotes nach § 5 AufG nicht zulässig (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 5. April 1995, Zl. 95/18/0581, und vom 23. Mai 1996, Zl. 94/18/1091). Die belangte Behörde hat dadurch, daß sie dennoch die Verwirklichung des Versagungstatbestandes des § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG annahm, den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet; dieser Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

3. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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