VwGH 94/18/0494

VwGH94/18/04949.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 3. März 1994, Zl. Fr 325/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §3;
FrG 1993 §17 Abs2 Z4;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;
FrG 1993 §5;
VwGG §30 Abs3;
AsylG 1991 §3;
FrG 1993 §17 Abs2 Z4;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;
FrG 1993 §5;
VwGG §30 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 3. März 1994 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (die belangte Behörde) den Beschwerdeführer, einen somalischen Staatsangehörigen, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 und Abs. 3 Fremdengesetz aus. In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde von einer illegalen Einreise des Beschwerdeführers in das Bundesgebiet am 10. Jänner 1994 aus. Sein Asylantrag sei mit Bescheid vom 18. Jänner 1994 gemäß § 3 Asylgesetz 1991 abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer sei nicht direkt, sondern über die Slowakei nach Österreich eingereist. Er habe weder über einen gültigen Reisepaß noch über einen Sichtvermerk verfügt und sei innerhalb eines Monates nach seiner Einreise betreten worden. Gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 Fremdengesetz könnten Fremde im Interesse der öffentlichen Ordnung mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie innerhalb eines Monates nach der Einreise den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt nicht nachzuweisen vermögen. Eine gerechtfertigte Annahme einer Gefährdung maßgebender öffentlicher Interessen liege dann vor, wenn der Fremde den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen in der Lage sei. Es liege an ihm, von sich aus initiativ zu beweisen, daß er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge. Gemäß § 17 Abs. 2 Z. 6 leg. cit. könnten Fremde im Interesse der öffentlichen Ordnung mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie unter Mißachtung der Bestimmungen des zweiten Teiles (des Fremdengesetzes) oder Umgehung der Grenzkontrolle eingereist und binnen einem Monat betreten worden seien. Es seien somit sämtliche Tatbestandsmerkmale der zitierten gesetzlichen Bestimmungen erfüllt. Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Ausweisung vorlägen, habe die Behörde diese Maßnahme zu treffen. "Ein Ermessen ist ihr hiebei nicht eingeräumt." Bei der Erlassung des Ausweisungsbescheides sei nicht zu prüfen, in welches Land der Beschwerdeführer allenfalls abgeschoben werde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Soweit die Beschwerde die Bestimmung des § 17 Abs. 1 Fremdengesetz anspricht, ist ihr zu entgegnen, daß die belangte Behörde die Ausweisung nicht darauf, sondern auf § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 Fremdengesetz gestützt hat.

2. Mit dem Vorbringen, zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides sei die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Februar 1994, mit dem sein Asylantrag abgelehnt worden sei, noch offen gewesen und hätte mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden werden können, meint der Beschwerdeführer, die belangte Behörde hätte die Ausweisung nicht bestätigen dürfen, sondern jedenfalls noch bis zur rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens sowie eines Beschwerdeverfahrens vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zuwarten müssen.

Dabei übersieht der Beschwerdeführer den mit der Erlassung des Bescheides des Bundesministers für Inneres, welcher durch ein ordentliches Rechtsmittel nicht mehr angefochten werden konnte, verbundenen Eintritt der Rechtskraft (Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 608) und den Umstand, daß eine allfällige aufschiebende Wirkung erst mit Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes eintritt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 5. April 1995, Zl. 95/18/0581, und Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 125). Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 kam dem Beschwerdeführer somit selbst unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht zu. Die Anwendung des § 17 Abs. 2 FrG war daher nicht gemäß § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ausgeschlossen.

Das auf § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG abzielende Beschwerdevorbringen, es sei nicht geprüft worden, ob der Beschwerdeführer ein Ersatzdokument vorweisen hätte können und ihm von Amts wegen ein Lichtbildausweis für Fremde ausgestellt hätte werden müssen, bildet eine im hg. Verfahren unzulässige Neuerung. Das Fehlen eines Sichtvermerkes wird nicht bestritten.

3. Bei Anwendung des § 17 Abs. 2 Fremdengesetz ist der Behörde nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Ermessen eingeräumt (vgl. das Erkenntnis vom 7. September 1995, Zl. 94/18/0694). Die belangte Behörde verkannte dies zwar im vorliegenden Fall; ihre insoweit unrichtige Rechtsansicht bewirkte allerdings keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers. Denn im Hinblick darauf, daß den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten ein hoher Stellenwert zukommt, handelt es sich bei diesbezüglichen Verstößen - hier gegen § 5 Fremdengesetz (Sichtvermerkspflicht) - keinesfalls um eine bloß geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 94/18/0694). Von daher gesehen ist die im Grunde des § 17 Abs. 2 Z. 6 Fremdengesetz verfügte Ausweisung im Ergebnis nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Auf das § 17 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. ansprechende Vorbringen, aufgrund der Unterstützung durch die Caritas und das Kolping-Hilfswerk über erforderliche Mittel zu verfügen, braucht wegen der Verwirklichung des Ausweisungsgrundes des § 17 Abs. 2 Z. 6 leg. cit. nicht eingegangen zu werden.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist bei einer auf § 17 Abs. 2 gestützten Ausweisung auf § 19 leg. cit. nicht Bedacht zu nehmen.

4. Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte