Normen
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z5;
FrG 1993 §20 Abs1;
SGG §16 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z5;
FrG 1993 §20 Abs1;
SGG §16 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 31. Jänner 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen des ehemaligen Jugoslawien, gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 5 sowie den §§ 19, 20 und 21 des Fremdengesetzes (FrG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
In der Begründung dieses Bescheides führt die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer befinde sich seit Juni 1991 in Österreich. Er sei damals auf Urlaub zu seiner Mutter gekommen, die sich bereits seit ca. 8 Jahren hier aufhalte. Auf Grund der Kriegswirren in seiner Heimat habe der Beschwerdeführer Österreich nicht mehr verlassen. Am 3. September 1991 habe ihm die Bezirkshauptmannschaft Kufstein einen bis zum 15. Jänner 1993 gültigen Sichtvermerk erteilt. Der Beschwerdeführer habe, abgesehen von einer kurzen (3-wöchigen) unerlaubten Tätigkeit bei einem näher genannten Unternehmen im Bundesgebiet nicht gearbeitet. Er sei mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 24. März 1993 rechtskräftig wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz bestraft worden. Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 18. Oktober 1993 sei er neuerlich wegen dieses Vergehens und wegen des Vergehens nach § 83 Abs. 1 StGB bestraft worden. Mit rechtskräftigem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein sei er wegen der Übertretung nach dem § 80 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 FrG bestraft worden. Diese Bestrafung sei erfolgt, weil der Beschwerdeführer am 6. Dezember 1993 vier Staatsangehörige des ehemaligen Jugoslawien im Gemeindegebiet von Erl nach Deutschland geschleppt habe, obwohl er gewußt habe, daß diese Personen bereits von den deutschen Grenzkontrollorganen zurückgewiesen worden und nicht im Besitz der erforderlichen Sichtvermerke gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe für diese Tätigkeit 300 DM erhalten.
Die gerichtlichen Bestrafungen wegen der Vergehen nach dem Suchtgiftgesetz erfüllten den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1
4. Fall FrG. Das dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein zugrundeliegende Verhalten erfülle den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 5 FrG. Auf Grund der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Taten sei die im § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.
Das Aufenthaltsverbot stelle zwar einen Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers dar, der bei seiner Mutter und seiner Schwester lebe, doch sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (hier: zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Gesundheit anderer) dringend geboten und daher gemäß § 19 FrG zulässig.
Den gewichtigen öffentlichen Interessen am Fernhalten von Suchtgifttätern vom Bundesgebiet und am Unterbinden der Schlepperei stünden die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie gegenüber, die nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes. Der Beschwerdeführer sei erst seit Juni 1991 in Österreich, wobei sein Aufenthalt seit 16. Jänner 1993 rechtswidrig sei. Er habe im Bundesgebiet legal nicht gearbeitet. Er habe intensive Bindungen zu seiner Schwester und zu seiner Mutter, bei der er und seine Schwester wohnten. Seine Mutter sei seit ca. 8 Jahren im Bundesgebiet und dementsprechend gut integriert. Bei der Gewichtung der privaten Interessen des Beschwerdeführers sei zu berücksichtigen, daß er volljährig und ledig sei, daß sich sein Vater in Jugoslawien aufhalte und daß er vor seiner Einreise in das Bundesgebiet von seiner Mutter freiwillig getrennt gewesen sei.
Die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes sei gemäß § 21 Abs. 1 FrG zulässig. Es sei auch erforderlich, weil der Zeitpunkt des Wegfalles der Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht vorhergesehen werden könne.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 14. Juni 1994, B 1124/94-3, ihre Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1.1. Der Beschwerdeführer hält die Auffassung der belangten Behörde, die im § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, für unrichtig, weil die Zahl der vom Gericht verhängten Tagessätze deutlich unter der nach § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz höchstmöglichen Geldstrafe von 360 Tagessätzen gelegen sei.
1.2. Mit diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer, daß in seinem Fall nicht das Ausmaß der vom Gericht verhängten Strafen für die Erfüllung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG und in der Folge für die Rechtfertigung der im § 18 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. umschriebenen Annahme ausschlaggebend war, sondern die wiederholte Verurteilung wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Straftaten. Dazu kommt - was in der Beschwerde zur Gänze mit Stillschweigen übergangen wird -, daß der Beschwerdeführer um seines Vorteiles willen Schlepperei begangen und damit auch den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 5 FrG erfüllt hat. Dieses Verhalten, das - wie die belangte Behörde mit Recht betont - der Beschwerdeführer während des anhängigen Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gesetzt hat, gefährdet in hohem Maße die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde auf Grund des dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Verhaltens angenommen hat, sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und die öffentliche Sicherheit.
2. Das gleiche gilt für die Auffassung der belangten Behörde, die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei - trotz des damit verbundenen Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers - zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, nämlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Gesundheit anderer, dringend geboten und daher gemäß § 19 FrG zulässig.
3. Der Beschwerdeführer wendet sich vor allem gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung, vermag aber keine der belangten Behörde in diesem Zusammenhang unterlaufene Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat zugunsten des Beschwerdeführers angenommen, daß er intensive familiäre Bindungen an seine seit Jahren in Österreich lebende Mutter sowie an seine bei der Mutter lebende Schwester habe. Wenn sie in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen hat, daß er großjährig und ledig sei und auch bis zu seiner im Juni 1991 erfolgten Einreise in das Bundesgebiet von seiner Mutter getrennt gelebt habe, hat sie damit die Intensität der genannten Bindungen in zulässiger Weise relativiert, weil ein erwachsener Mann nicht in gleichem Maße auf die Gegenwart seiner Mutter angewiesen ist wie ein Kleinkind, welches im Familienverband lebt. Dazu kommt, daß das mehrjährige (freiwillige) Getrenntleben des Beschwerdeführers von seiner Mutter die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Mutter weniger schwerwiegend erscheinen läßt, als sie wären, wenn der Beschwerdeführer immer bei seiner Mutter gelebt hätte. Im Gegensatz zu Auffassung der Beschwerde hat die belangte Behörde auf Grund der dargelegten Umstände nicht angenommen, daß der Beschwerdeführer keine sehr engen familiären Bindungen zu seiner Schwester und seiner Mutter haben könne. Sie hat vielmehr ausdrücklich von intensiven familiären Bindungen gesprochen. Wenn sie bei der im Rahmen der Interessenabwägung gebotenen Gewichtung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführer auf die genannten Umstände Bedacht genommen hat, war dies nicht rechtswidrig.
Die Tatsache, daß die Lebensverhältnisse in der Heimat des Bfs schon auf Grund der dort herrschenden Kriegswirren ungünstiger sind als in Österreich, ist bei der Interessenabwägung schon im Hinblick auf das große Gewicht der im Beschwerdefall maßgebenden öffentlichen Interessen an der Unterbindung der Suchtgiftkriminalität und der Schlepperei nicht von ausschlaggebender Bedeutung.
4.1. Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte im Hinblick auf ihre Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit seine Mutter und seine Schwester vernehmen müssen. Hätte sie diese Personen vernommen, so hätte sie zu dem Schluß kommen müssen, daß durch die Verhängung des Aufenthaltsverbotes massiv in sein Privat- und Familienleben eingegriffen werde und daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation und die seiner Familie schwerer wögen als die Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung.
4.2. Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer keinen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil nicht zu erkennen ist, welche konkreten Tatsachen die belangte Behörde auf Grund der Vernehmung der genannten Personen hätte feststellen und inwieweit sie dadurch zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Daß durch das Aufenthaltsverbot in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers nicht zuletzt wegen seiner intensiven familiären Bindungen an seine Mutter und seine Schwester eingegriffen werde, hat die belangte Behörde ohnedies angenommen.
5.1. Im Gegensatz zu den Beschwerdeausführungen hat die belangte Behörde keine konkreten Feststellungen in der Richtung getroffen, daß der Beschwerdeführer heroinabhängig sei. Daß er Suchtgift wiederholt konsumiert habe, wird vom Beschwerdeführer in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde (Seite 7) ausdrücklich zugestanden, ebenso daß er Suchtgift zwei weiteren Personen überlassen habe, von denen eine mittlerweile verstorben sei.
5.2. Die Auffassung der belangten Behörde, daß die Wiederholungsgefahr bei Suchtgiftdelikten besonders groß sei, entspricht der Lebenserfahrung. Dies zeigt auch die wiederholte rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Suchtgiftdelikten. Die in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (Seite 7) enthaltene Behauptung des Beschwerdeführers, seit Dezember 1993 "suchtgiftfrei" zu sein und keinen Kontakt mehr zu seinem früheren Bekanntenkreis zu haben, ist nicht geeignet, die von der belangten Behörde genannte Gefahr im Falle des Beschwerdeführers auszuschließen oder als besonders gering einzuschätzen.
6. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
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