VwGH 94/18/0135

VwGH94/18/013521.7.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der D in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 8. Februar 1994, Zl. SD 25/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2 lita;
AVG §45 Abs3 impl;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z8;
FrG 1993 §19;
AuslBG §2 Abs2 lita;
AVG §45 Abs3 impl;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z8;
FrG 1993 §19;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 8. Februar 1994 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine kroatische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 8 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Die Beschwerdeführerin sei am 2. September 1993 anläßlich einer von Beamten des Arbeitsamtes Wien durchgeführten Kontrolle in einer (der Anschrift nach näher bezeichneten) Schneiderei bei einer Tätigkeit betreten worden, für die sie keine Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG habe vorweisen können. Die Beschwerdeführerin habe zugegeben, an einer Nähmaschine gearbeitet zu haben, jedoch eingewendet, die Tätigkeit als Schneiderin lediglich probeweise ausgeübt zu haben. Dem sei allerdings entgegenzuhalten, daß für die Beschwerdeführerin ihren eigenen Angaben zufolge bereits vorher ein Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gestellt, dieser jedoch abgelehnt worden sei. Es hätte der Beschwerdeführerin daher bewußt sein müssen, daß sie ohne derartige Bewilligung keine Arbeit antreten oder ausüben dürfe. Unerheblich sei im gegebenen Zusammenhang, ob sie bereits ein Entgelt erhalten bzw. ob sie die Arbeit lediglich probeweise ausgeübt habe. Da die Beschwerdeführerin somit eine Tätigkeit ausgeübt habe, die den Bestimmungen des AuslBG zuwidergelaufen sei, habe sie den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG verwirklicht. Auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschreibene Annahme sei gerechtfertigt.

Ein (relevanter) Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin, die erst im Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist sei und seit Mai 1992 zusammen mit ihrer Familie hier lebe, liege nicht vor, zumal sowohl der Beschwerdeführerin als auch ihrem Ehegatten in dieser Zeit der Aufenthalt nur aufgrund von Verpflichtungserklärungen Dritter gestattet worden sei. Dessen ungeachtet sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Verhinderung strafbarer Handlungen sowie im Interesse einer geordneten Beschäftigungspolitik (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten und daher zulässig (§ 19 FrG), habe doch die Beschwerdeführerin völlig bewußt gegen die Bestimmungen des AuslBG verstoßen, was insofern schwer wiege, als gerade dieses Verhalten sehr augenfällig zum Ausdruck bringe, daß sie keinerlei Bedenken habe, sich über für sie maßgebliche Vorschriften hinwegzusetzen. Angesichts des gegebenen Sachverhaltes und im Hinblick auf den kurzen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet könnten ihren privaten Interessen am Weiterverbleib in Österreich kein solches Gewicht beigemessen werden wie den maßgeblichen öffentlichen Interessen an der Verhängung des Aufenthaltsverbotes. Damit seien auch die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 FrG gegeben.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesem Grund aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe es unterlassen, die Beschwerdeführerin zu informieren, daß die Absicht bestehe, den erstinstanzlichen Bescheid zu bestätigen, sodaß diese nicht in der Lage gewesen sei, die Entscheidung der belangten Behörde zu "beeinflussen", zeigt keine Rechtswidrigkeit auf, ist doch nach dem Gesetz (§ 45 Abs. 3 AVG) das Parteiengehör nur zu dem als erwiesen angenommenen Sachverhalt, nicht aber zu dessen rechtlicher Beurteilung bzw. zur beabsichtigten Vorgangsweise der Behörde in rechtlicher Hinsicht einzuräumen.

2. Der Gerichtshof hegt gegen die von der belangten Behörde vorgenommene rechtliche Beurteilung, daß sachverhaltsbezogen durch das festgestellte Verhalten der Beschwerdeführerin der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG verwirklicht worden sei, keine Bedenken. Die Beschwerde bringt dagegen nichts Stichhaltiges vor. Mit der Behauptung, es habe sich bei der Tätigkeit, bei der sie von Organen des Arbeitsamtes betreten worden sei, um eine "Probearbeit" gehandelt, "um ihre Kenntnisse unter Beweis zu stellen, um letztlich eine Arbeitsgenehmigung zu erwirken", vermag die Beschwerdeführerin die zutreffende Subsumtion unter § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG nicht zu entkräften. Denn die erwiesene Tätigkeit der Beschwerdeführerin in einer Schneiderei ist als Verwendung in einem Arbeitsverhältnis (§ 2 Abs. 2 lit. a AuslBG) zu qualifizieren, weil die dafür maßgebenden Kriterien der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber sowie die Einordnung in den Betrieb auch dann gegeben sind, wenn es sich bloß um eine "Probearbeit" handelt.

Auch die Ansicht der belangten Behörde, es sei aufgrund der Erfüllung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt, begegnet im Hinblick auf die durch das Verhalten der Beschwerdeführerin herbeigeführte Gefährdung der öffentlichen Ordnung keinem Einwand.

3. Zwar hat die belangte Behörde - im Hinblick auf den über zweijährigen Aufenthalt der Beschwerdeführerin und den annähernd zweijährigen Aufenthalt des Ehegatten und des gemeinsamen Kindes in Österreich - einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin zu Unrecht verneint. Dies führt indes die Beschwerde nicht zum Erfolg, da die belangte Behörde überdies die Auffassung vertreten hat, daß das Aufenthaltsverbot gegen die Beschwerdeführerin zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK angeführten Ziele dringend geboten und daher nach § 19 FrG zulässig sei. Diese Beurteilung kann angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt der Wahrung eines geordneten Arbeitsmarktes nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0153).

4. Die belangte Behörde hat aber die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes auch aus dem Blickwinkel des § 20 Abs. 1 FrG nicht zu Unrecht bejaht. Das sich aus dem Vorgesagten ergebende große Gewicht des für diese Maßnahme sprechenden maßgeblichen öffentlichen Interesses, das im vorliegenden Fall noch durch den von der belangten Behörde hervorgehobenen Umstand unterstrichen wird, daß der Beschwerdeführerin nach ihren eigenen Angaben die Ablehnung einer vom Arbeitgeber für sie beantragten Beschäftigungsbewilligung vor dem 2. September 1993 (dem Zeitpunkt, zu dem sie bei ihrer unerlaubten Tätigkeit betreten wurde) bekannt gewesen sei, wurde im angefochtenen Bescheid zutreffend höher veranschlagt als die gegenläufigen privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin. Zwar können Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihrer Familie (des Ehegatten und des 7jährigen Kindes) nicht vernachlässigt werden, sie sind aber nicht zuletzt auch deshalb gegenüber den nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme geringer zu veranschlagen, weil aufgrund des doch relativ kurzen - und zudem nur aufgrund von Verpflichtungserklärungen gesicherten - Aufenthaltes aller Genannten in Österreich keineswegs von einem hohen Grad an Integration gesprochen werden kann.

5. Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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