VwGH 94/17/0373

VwGH94/17/037324.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des TP und der NP, beide in X, vertreten durch B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. Juli 1994, Zl. II/1-BE-523-88/3-94, betreffend Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Klosterneuburg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1438;
BAO §115 impl;
BAO §198;
BAO §207 Abs2;
BAO §215;
BAO §216;
B-VG Art18 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §1a idF 8230-2;
KanalG NÖ 1977 §5 Abs1 idF 8230-2;
KanalG NÖ 1977 §5b idF 8230-2;
LAO NÖ 1977 §150;
LAO NÖ 1977 §156 Abs1;
LAO NÖ 1977 §163;
LAO NÖ 1977 §164;
VwRallg;
ABGB §1438;
BAO §115 impl;
BAO §198;
BAO §207 Abs2;
BAO §215;
BAO §216;
B-VG Art18 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §1a idF 8230-2;
KanalG NÖ 1977 §5 Abs1 idF 8230-2;
KanalG NÖ 1977 §5b idF 8230-2;
LAO NÖ 1977 §150;
LAO NÖ 1977 §156 Abs1;
LAO NÖ 1977 §163;
LAO NÖ 1977 §164;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 23. September 1992 wurde den beschwerdeführenden Parteien gemäß § 5 NÖ Kanalgesetz 1977 (NÖ KanalG) und der geltenden Kanalabgabenordnung der mitbeteiligten Stadtgemeinde für die Benützung des öffentlichen Regenwasser- und Schmutzwasserkanals durch die näher bezeichnete Liegenschaft

"bei einer Regenwasserberechnungsfläche von 622,00 m2 und einem Einheitssatz für die Regenwasserentsorgung von S 6,59 ein Gebührenanteil für die Regenwasserentsorgung im Betrag von S 4.099,--

und bei einer Schmutzwasserberechnungsfläche von 1094,00 m2und einem Einheitssatz für die Schmutzwasserentsorgung von S 17,69 ein Gebührenanteil für die Schmutzwasserentsorgung von S 19,353,-- vorgeschrieben, das ergibt somit eine jährliche

Kanalbenützungsgebühr von S 23.452,--

Die jährliche Kanalbenützungsgebühr ist in 4 gleichen Teilbeträgen jeweils bis zum 15.2., 15.5., 15.8., 15.11., im Rahmen der Quartalsvorschreibung zu entrichten.

Da die Abgabenschuld gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. vor dem 1.1.1988 entstanden ist, beträgt die Kanalbenützungsgebühr für

1988-1992 S 104.854,-- + 10 % Ust.

S 10.485,40 = S 115.339,40

Für die Zeit bis 31.12.1990 wurde ein Einheitssatz für die Regenwasserentsorgung von S 6,01 und ein Einheitssatz für die Schmutzwasserentsorgung von S 14,24 berücksichtigt.

Die in diesem Bescheid festgesetzte jährliche Kanalbenützungsgebühr ist bis zur Erlassung eines neuen Abgabenbescheides in unveränderter Höhe zu entrichten. Zugleich mit der Kanalbenützungsgebühr ist auch die darauf entfallene Umsatzsteuer (10 v.H.) zu bezahlen."

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung bekämpften die beschwerdeführenden Parteien den Abgabenbescheid lediglich im Umfang der Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr für die Jahre 1988 bis 1992 und brachten vor, der mitbeteiligten Stadtgemeinde sei seit 1978 bekannt gewesen, daß über die Liegenschaft der beschwerdeführenden Parteien ein Schmutzwasserkanal führe, dennoch sei die Stadtgemeinde jahrelang nicht tätig geworden und habe erst im Jahre 1992 den Abgabenbescheid erlassen. Es sei in Betracht zu ziehen, daß durch diese verspätete Einhebung der Kanalgebühr hinsichtlich der Jahre 1988 bis 1992 den beschwerdeführenden Parteien die Möglichkeit entzogen sei, diese Kanalgebühr im Zuge der Betriebskostenabrechnung auf die einzelnen Wohnungsmieter ihrer Liegenschaft zu überwälzen. Die gemeinsam erfolgende Einhebung der Kanalgebühr für diese Jahre stelle für die beschwerdeführenden Parteien eine unbillige Härte dar, da sie nicht in der Lage seien, einerseits die Betriebskosten bei den einzelnen früheren Mietern zurückzuverrechnen und andererseits den gesamten vorgeschriebenen Betrag auf einmal zu bezahlen. Insbesondere werde auf § 5b NÖ KanalG verwiesen, wonach Härtefälle zu vermeiden seien, insbesondere wenn es sich um Gebäude handle, die über eine Schmutzwasserberechnungsfläche von über 1000 m2 verfügten. Diese Voraussetzung sei im Beschwerdefall gegeben. Die mitbeteiligte Stadtgemeinde hätte daher unter Anwendung des § 5b NÖ KanalG, da ein offensichtliches Mißverhältnis im Sinne des Abs. 1 dieser Bestimmung vorliege, die vorgeschriebene Gebühr entsprechend vermindern müssen, sodaß der angefochtene Abgabenbescheid in diesem Umfang zu korrigieren sein werde. Jedenfalls liege in der nun auf einmal und gemeinsam erfolgenden Vorschreibung der Kanalgebühren hinsichtlich der in Rede stehenden Jahre eine unbillige und völlig unangemessene Härte, die durch die jahrelange Säumnis der mitbeteiligten Stadtgemeinde verursacht worden sei.

Nach Ergehen der abweisenden Berufungsvorentscheidung stellten die beschwerdeführenden Parteien den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit Bescheid vom 12. Oktober 1993 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Zur Frage der Anwendung des § 5b KanalG wurde in der Begründung ausgeführt, auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie der Feststellung, daß die Gesamtschmutzwasserberechnungsfläche das Ausmaß von 1049 m2 erreiche, stehe fest, daß § 5b Abs. 3 erfüllt sei. Somit sei theoretisch die Möglichkeit der Anwendung des § 5b Abs. 1 NÖ KanalG gegeben. Die Bestimmung des § 5b Abs. 1 NÖ KanalG diene dazu, allfällig auftretende Härtefälle, die sich aus der flächenbezogenen Berechung der Kanalbenützungsgebühr ergäben, zu mildern. Der im § 5 NÖ KanalG gewählte Berechnungsmodus der Kanalbenützungsgebühr spiegle in der Regel den Nutzen aus der Benützung bzw. der Benützungsmöglichkeit der öffentlichen Kanalanlage wieder. Bei der Ermittlung der Schmutzwasserberechnungsflächen würden nur angeschlossene Geschoßflächen herangezogen, nicht angeschlossene Geschoße blieben von vornherein außer Betracht. Dadurch, daß ein Geschoß als angeschlossen gelte, wenn sich innerhalb der Geschoßebene ein Rohr befinde, das mit dem öffentlichen Kanal in Verbindung gebracht werde, würden mitunter auch sehr große Geschoße, die nur über einen einzigen Anschluß verfügten, zu berücksichtigen sein. Ein Beispiel hiefür biete eine Möbelhalle mit einem Kunden-WC oder eine Werkshalle mit einem Handwaschbecken. Gelangten von diesen Ablaufstellen noch dazu nur geringe Mengen an Schmutzwässer in den öffentlichen Kanal, so sei evident, daß die flächenbezogene Berechnungsmethode hier zu ungewollten Härten führe. Diese Härten sollten durch die Bestimmung des § 5b KanalG vermieden werden. Somit stehe in rechtlicher Hinsicht fest, daß sowohl nach grammatikalischer als auch nach teleologischer Interpretation des § 5b NÖ KanalG eine Anwendung des festgestellten Sachverhaltes nicht möglich sei, weil der angebliche Härtefall nicht aus der flächenbezogenen Berechnung der Kanalbenützungsgebühr resultiere. Nur solche Härtefälle, die sich aus der flächenbezogenen Berechnungsmethode ergäben, seien somit vom Tatbestand des § 5b Abs. 1 NÖ KanalG umfaßt, nicht aber Fälle, in denen die beschwerdeführenden Parteien vermeinten, durch die "rückwirkende" Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr unter Unmöglichkeit der Überwälzung auf die Mieter einer unbilligen "Härte" ausgesetzt zu sein. Auf solche Fälle sei die Bestimmung des § 5b Abs. 1 NÖ KanalG nicht anwendbar.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung wies die belangte Behörde als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, soweit die beschwerdeführenden Parteien vorbrächten, es sei ihnen nicht möglich, die Kanalbenützungsgebühr in Form der Betriebskostenabrechnung auf ihre Mieter zu überwälzen, sei darauf hinzuweisen, daß dem NÖ KanalG und der Niederösterreichischen Abgabenordnung (NÖ AO) ein subjektiv-öffentliches Recht auf Nichtfestsetzung der Kanalbenützungsgebühr, sofern sich die Überwälzung dieser Abgabe auf Dritte als nicht möglich erweise, fremd sei. Der Fall biete auch keine Handhabe, § 5b NÖ KanalG anzuwenden. Diese Bestimmung diene nämlich - wie die mitbeteiligte Stadtgemeinde richtig ausführe - der Beseitigung von Härten, die aus der flächenbezogenen Berechnungsmethode des Gebührenanteils für die Schmutzwasserentsorgung resultierten, sofern die Schmutzwasserberechnungsfläche eines Gebäudes (Gebäudeteils) mehr als 1000 m2 betrage und die Schmutzfracht pro 300 m2 Schmutzwasserberechnungsfläche bei widmungsgemäßer Verwendung geringer als ein EGW (Einwohnergleichwert) sei. Die Beseitigung von Erschwernissen, die sich aus der Schwierigkeit ergäben, die Kanalbenützungsgebühr als Betriebskosten auf dritte Personen (Mieter) zu überwälzen, sei durch § 5b leg. cit. wegen der völlig anders gelagerten Tatbestandsvoraussetzungen nicht möglich. § 5b leg. cit. wäre also im Streitfall nur dann anzuwenden, wenn bei widmungsgemäßer Verwendung die von der Liegenschaft in die öffentliche Kanalanlage eingebrachte Schmutzfracht bei einer Schmutzwasserberechnungsfläche von 1094 m2 höchstens 4 EGW betrage. Bei widmungsgemäßer Verwendung - die Meldeauskunft der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 19. April 1994 verzeichne 24 gemeldete Personen und (unbestritten) 11 Wohnungen im streitgegenständlichen Wohnhaus - sei mit einer Belastung von jedenfalls 11 EGW zu rechnen. Die beschwerdeführenden Parteien hätten in ihrer Äußerung vom 1. Juni 1994 detailliert mitgeteilt, daß derzeit 10 Personen im Haus wohnhaft seien, was einer aktuellen tatsächlichen Belastung mit einer Schmutzfracht von 10 EGW entspreche. Da es darauf ankomme, ob die Schmutzfracht bei widmungsgemäßer Verwendung pro 300 m2 Schmutzwasserberechnungsfläche geringer als ein EGW sei, betrage bei widmungsgemäßer Verwendung des über 11 Wohnungen verfügenden Hauses die Schmutzfracht jedenfalls 11 EGW und nicht höchstens 4 EGW; m.a.W.: bei jedenfalls 11 EGW Schmutzfracht erfordere die Anwendbarkeit von § 5b leg. cit. eine Schmutzwasserberechnungsfläche, die ein Ausmaß von 3300 m2 übersteige. Im Beschwerdefall betrage sie jedoch 1100 m2. Der Tatbestand von § 5b leg. cit. sei somit nicht verwirklicht. Daraus ergebe sich weiters, daß es letztlich für die Beurteilung der Anwendbarkeit von § 5b leg. cit. nicht von Bedeutung sei, ob während des Zeitraumes, auf den sich die Kanalbenützungsgebührenvorschreibung beziehe, Schmutzfracht im Ausmaß von (bis zu) 24 EGW, was der Anzahl der in der Meldeauskunft der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 19. April 1994 verzeichneten Bewohner entsprechen würde, in die Kanalanlage eingeleitet worden sei.

Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf richtige und angemessene Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühren gemäß den § 5 ff NÖ KanalG verletzt und machen sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde sowie die mitbeteiligte Stadtgemeinde

erstatteten je eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführenden Parteien sehen in der Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr für die Jahre 1988 bis 1992 einen Verstoß gegen § 5b NÖ Kanalgesetz 1977, LGBl. 8230-0 in der Fassung 8230-2.

Diese Bestimmung lautet wie folgt:

"Vermeidung von Härtefällen

(1) Ergibt sich bei einem Gebäude (Gebäudeteil) ein offensichtliches Mißverhältnis zwischen dem Gebührenanteil für die Schmutzwasserentsorgung (§ 5 Abs. 5) und dem tatsächlich für die Schmutzwasserentsorgung entstehenden Kostenaufwand, so ist bei der Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr dieser Gebührenanteil entsprechend den tatsächlichen Gegebenheiten, höchstens jedoch um 80 v.H. zu vermindern.

(2) Ein offensichtliches Mißverhältnis im Sinne des Abs. 1 liegt jedenfalls vor, wenn die Schmutzfracht pro 300 m2 Schmutzwasserberechnungsfläche bei widmungsgemäßer Verwendung geringer als 1 EGW ist.

(3) Die Bestimmungen dieses Paragraphen kommen nur für Gebäude (Gebäudeteile) über 1.000 m2 Schmutzwasserberechnungsfläche zur Anwendung."

Liegt ein solches offensichtliches Mißverhältnis nach Abs. 1 des § 5b NÖ KanalG vor, dann besteht ein Rechtsanspruch auf entsprechende Verminderung des Gebührenanteils schon bei der Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr. Gegenüberzustellen sind nach dieser Bestimmung der Gebührenanteil für die Schmutzwasserentsorgung mit dem tatsächlich für die Schmutzwasserentsorgung entstehenden Kostenaufwand. Da gemäß § 5 Abs. 1 NÖ KanalG für die Benützung der öffentlichen Kanalanlage eine Kanalbenützungsgebühr für jedes Jahr zu entrichten ist, wenn der Gemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat, und die Berechnungsgrundlagen für die Abgabenbemessung jahresbezogen sind (vgl. auch § 1a leg. cit.), sind bei dieser Gegenüberstellung die jeweiligen Jahreswerte der genannten Ansätze maßgebend. Demnach ist das Verhältnis der 5 Jahre umfassenden Gesamtvorschreibung an Kanalbenützungsgebühren für jedes Jahr getrennt zu dem jeweiligen Kostenaufwand dieses Jahres zu ermitteln. Vor einer solchen Gegenüberstellung ist neben dem jährlichen Gebührenanteil somit auch der jährliche tatsächlich für die Schmutzwasserentsorgung entstehende Kostenaufwand festzustellen. Dabei handelt es sich um den TATSÄCHLICH entstandenen Kostenaufwand durch die Benützung des Gebäudes.

Weiters muß es sich um ein offensichtliches Mißverhältnis handeln, das nach § 5b Abs. 2 leg. cit. jedenfalls dann vorliegt, wenn die Schmutzfracht pro 300 m2 Schmutzwasserberechnungsfläche bei widmungsgemäßer Verwendung geringer als ein EGW ist. Was als offensichtliches Mißverhältnis anzusehen ist, ist damit nicht abschließend geregelt. Dies bedeutet aber, daß ein offensichtliches Mißverhältnis nicht nur dann vorliegt, wenn Abs. 2 des § 5b leg. cit. erfüllt ist, sondern auch in anderen Fällen vorliegen kann.

Die belangte Behörde zog sich bei der Beurteilung des Vorliegens eines Härtefalles nach § 5b leg. cit. jedoch allein darauf zurück, daß die Voraussetzungen des § 5b Abs. 2 leg. cit. nicht erfüllt sind und übersah dabei, zu prüfen, ob ein offensichtliches Mißverhältnis nach § 5b Abs. 1 Nö KanalG gegeben ist. Die beschwerdeführenden Parteien rügen daher mit Recht, im angefochtenen Bescheid fehlten Feststellungen zu der Frage, ob ein Härtefall im Sinn des § 5b Abs. 1 leg. cit. vorliege, und machen geltend, insbesondere hätte dazu die belangte Behörde den TATSÄCHLICH für die Schmutzwasserentsorgung entstehenden Kostenaufwand feststellen und diesen Kostenaufwand dem Gebührenanteil für die Schmutzwasserentsorgung gegenüberstellen müssen. Da solche Feststellungen über den tatsächlich entstehenden Kostenaufwand bezogen jeweils auf die einzelnen Jahre der Vorschreibung in Verkennung der Rechtslage unterblieben sind, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Zu dem übrigen Beschwerdevorbringen ist zu bemerken, daß die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr ab 1988 innerhalb der 5-jährigen Verjährungsfrist (§ 156 Abs. 1 NÖ AO) erfolgte. Ob den Abgabenbehörden ein Verschulden an der behaupteten Säumigkeit anzulasten ist, ist in diesem die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühren betreffenden Verfahren nicht von Relevanz und somit nicht näher zu prüfen. Sollte damit aber die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben gerügt werden, dann ist darauf zu verweisen, daß dieser Grundsatz nicht allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit schützt; die Behörde ist nämlich verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1993, Zl. 92/17/0058) ist nämlich das Legalitätsprinzip grundsätzlich stärker als jeder andere Grundsatz, inbesondere jener von Treu und Glauben.

Über die Frage der Aufrechnung der Abgabenschuld mit dem behaupteten Schadenersatzanspruch infolge Verlustes der Überwälzbarkeit der Abgaben auf die Mieter wegen verspäteter Vorschreibung war von der Abgabenbehörde im Bescheid über die Festsetzung der Abgaben gemäß § 150 NÖ LAO nicht abzusprechen. Schon deshalb ist der angefochtene Bescheid, was die Gegenforderung anlangt, nicht rechtswidrig.

Aus den dargestellten Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens - das Schriftsatzpauschale nach der bei Beschwerdeeinbringung in Kraft gestandenen Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994 wurde nicht ausgeschöpft - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der zitierten Verordnung.

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