VwGH 94/17/0217

VwGH94/17/021722.3.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Gruber, Dr. Höfinger und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Dkfm. B in I, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 11. März 1994, Zl. MD/Präs.Abt.II-9829/1992, betreffend Gehsteigabgabe, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Innsbruck 1896 §68;
GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs2;
GehsteigabgabeG Innsbruck §6 Abs1;
VwRallg;
BauO Innsbruck 1896 §68;
GehsteigabgabeG Innsbruck §2 Abs2;
GehsteigabgabeG Innsbruck §6 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 17. März 1992 setzte der Stadtmagistrat Innsbruck gegenüber dem Beschwerdeführer unter Hinweis darauf, daß laut Mitteilung des Stadtbauamtes im Jahre 1991 die erstmalige bauordnungsgemäße Herstellung des vor dem (näher bezeichneten) Anwesen des Beschwerdeführers gelegenen Gehsteiges erfolgt sei, auf Grund des Gesetzes vom 25. November 1968 über die Erhebung einer Abgabe für die erstmalige Herstellung zeitgemäßer Gehsteige in der Landeshauptstadt Innsbruck, LGBl. Nr. 23/1969 (im folgenden: Gehsteigabgabegesetz), sowie des Beschlusses des Gemeinderates vom 14. Dezember 1990 über die Festsetzung des Einheitssatzes eine Gehsteigabgabe von S 73.579,-- fest.

Weiters sprach die Abgabenbehörde erster Instanz aus, die Abgabe "könne" gemäß § 2 Abs. 2 des Gehsteigabgabegesetzes in Form einer fünf Jahre dauernden laufenden Abgabe entrichtet werden, wobei sich der jährlich zu entrichtende Betrag auf S 14.715,80 belaufe.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es (soweit es für den Beschwerdefall von Bedeutung ist), auf Grund einer im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens eingeholten Stellungnahme des städtischen Tiefbauamtes vom 6. November 1991 stehe fest, daß sich vor der im Jahre 1991 an der Nordseite der B-Straße, u.a. auch südlich des (beschwerdegegenständlichen) Anwesens, erstmalig erfolgten Errichtung eines zeitgemäßen Gehsteiges (eines Gehsteiges mit einem staubfreien Belag auf frostsicherem Unterbau, der mit fundierten Randsteinen versehen sei), im in Rede stehenden Bereich ein Sandgehweg befunden habe. Gestützt auf die Stellungnahme des städtischen Tiefbauamtes vom 24. Jänner 1992 sei weiters davon auszugehen, daß es sich dabei um den ursprünglichen Zustand des Gehweges an der Nordseite der B-Straße handle. Eine vorübergehende Bepflasterung des gegenständlichen Gehsteiges könne auf Grund der beim städtischen Tiefbauamt erliegenden Unterlagen, wonach zwar etliche im dortigen Villenviertel "S" ursprünglich bestandene Sandgehwege vorübergehend nachweislich über Plattenbeläge, welche vor dem Jahre 1914 verlegt worden seien, verfügten, für den in Rede stehenden Bereich jedenfalls nicht bestätigt werden. Für den Geltungszeitraum der ursprünglichen Fassung der Innsbrucker Bauordnung, nämlich des Gesetzes vom 30. März 1896, "LGBl." Nr. 31, welche hinsichtlich einer Gehwegerrichtung normiere, daß jedes Gebäude sowie jedes Grundstück in der Regel an der Gassenseite einen gepflasterten Gehweg zu erhalten habe und es nur ausnahmsweise bei berücksichtigungswürdigen Verhältnissen vom Bürgermeister bewilligt werden könne, keinen gepflasterten Gehweg anzulegen oder es doch aufzuschieben, ergebe sich, daß der damals bestehende, weil nicht als zeitgemäß im Sinne der angeführten Gesetzesstelle zu wertende Sandgehweg keinen Vorschreibungsgrund für eine Gehsteigabgabe oder dergleichen dargestellt habe. Für die Zeit nach dem Inkrafttreten der Novelle zur Innsbrucker Bauordnung, LGBl. Nr. 22/1969, sei für die Frage der erstmaligen Herstellung zeitgemäßer Gehsteige und der damit verbundenen Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmales für die Entstehung des Abgabenanspruches nach § 2 Abs. 2 Gehsteigabgabegesetz auf die neu gefaßte, seit 1. Jänner 1969 in Geltung stehende, maßgebende Bestimmung des § 68 Abs. 1 Innsbrucker Bauordnung zurückzugreifen, welche einen Gehsteig dann als zeitgemäß definiere, wenn er mit einem staubfreien Belag auf frostsicherem Unterbau und mit fundierten Randsteinen versehen sei. Daß der besagte Gehsteigteil derartige Ausgestaltungsmerkmale jemals aufgewiesen habe, könne auf Grund der getätigten Sachverhaltsfeststellungen ausgeschlossen werden, sodaß davon auszugehen sei, daß eine zeitgemäße Herstellung eines Gehsteiges südlich des (beschwerdegegenständlichen) Anwesens, welche zugleich als Verwirklichung des Abgabentatbestandes anzusehen sei, erst am 8. August 1991 stattgefunden habe. Entgegen der bloßen Behauptung des Beschwerdeführers seien bis zu diesem Zeitpunkt Gehsteigerrichtungskosten nicht zur Vorschreibung gelangt. Dies werde auch dadurch untermauert, daß es zum einen dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, einen Nachweis, in welcher Form auch immer, über eine diesbezügliche Kostenvorschreibung zu erbringen; andererseits habe auch eine Einschau in die Registraturakten ergeben, daß Belege für eine Voschreibung einer Gehsteigabgabe für das gegenständliche Anwesen an deren Eigentümer nicht existierten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht verletzt, nicht erneut Abgaben nach dem Gehsteigabgabegesetz bezahlen zu müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar, daß eine laufende Abgabe nach § 2 Abs. 2 des Gehsteigabgabegesetzes und nicht etwa eine einmalige Abgabe für erst zu bebauende Grundstücke nach Abs. 1 dieser Gesetzesstelle vorgeschrieben wurde (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom 24. September 1993, 91/17/0060).

§ 1 Gehsteigabgabegesetz ermächtigt die Stadt Innsbruck gemäß § 8 Abs. 5 des Finanz-Verfassungsgetzes 1948, BGBl. Nr. 45, zur teilweisen Deckung der Kosten der erstmaligen Herstellung von zeitgemäßen Gehsteigen (§ 68 der Bauordnung der Landeshauptstadt Innsbruck) eine Abgabe (§ 14 Abs. 1 Z. 15 des Finanzausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 2) zu erheben.

§ 2 Abs. 2 Gehsteigabgabegesetz lautet:

"(2) Zur Entrichtung einer laufenden Abgabe sind die Eigentümer von bereits bebauten Grundstücken verpflichtet, wenn diese Grundstücke an eine Verkehrsfläche, die noch nicht mit zeitgemäßen Gehsteigen versehen ist, angrenzen oder mit dieser durch Privatwege in Verbindung stehen und nicht bereits eine Abgabe nach Abs. 1 entrichtet wurde. Die Fläche der bebauten Grundstücke ist in sinngemäßer Anwendung der Bestimmung des Abs. 1 zweiter Satz zu ermitteln. Die Abgabepflicht tritt auch dann ein, wenn nur an einer Seite der Verkehrsfläche ein Gehsteig vorgesehen ist. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe beginnt mit dem der Fertigstellung des Gehsteiges folgenden Kalenderjahr und dauert fünf Jahre. Die Abgabe ist jeweils bis 31. März eines Jahres vorzuschreiben und wird zwei Wochen nach der Vorschreibung fällig."

§ 6 Abs. 1 Gehsteigabgabegesetz hat folgenden Wortlaut:

"(1) Wurden für ein Grundstück gemäß § 68 der Bauordnung der Landeshauptstadt Innsbruck, LGBl. Nr. 31/1896, in der vor der Novelle LGBl. Nr. 22/1969 geltenden Fassung, die Kosten der erstmaligen Herstellung eines Gehsteiges entrichtet, so entsteht die Abgabepflicht nur nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 und 4 dieses Gesetzes."

§ 68 der Bauordnung der Landeshaupstadt Innsbruck in seiner im § 6 Abs. 1 Gehsteigabgabegesetz verwiesenen Fassung bestimmte:

"Jedes Gebäude sowie jedes Grundstück hat in der Regel an der Gassenseite einen gepflasterten Gehweg zu erhalten. Ausnahmsweise kann bei berücksichtigungswürdigen Verhältnissen vom Bürgermeister bewilligt werden, keinen gepflasterten Gehweg anzulegen oder es doch aufzuschieben.

Das Material, die Höhe, Breite und Form der neu herzustellenden Gehwege wird von Amts wegen bestimmt.

Die erste Herstellung des Gehweges obliegt dem Besitzer des daran anstoßenden Hauses oder Grundstückes und geschieht auf seine Kosten durch das städtische Bauamt; die weitere Erhaltung übernimmt die Gemeinde.

Es ist daher auch jeder Hausbesitzer, der einen Baugrund an einer allenfalls mit einem Gehweg bereits versehenen Straße erwirbt, verpflichtet, der Gemeinde die Kosten für dessen Anlegung (längs seines Baugrundes) zu ersetzen. In bestehenden Straßen, wo derzeit noch keine Gehwege hergestellt sind, oder wo die vorhandenen den Vorschriften nicht entsprechen, sind sie auf Kosten der angrenzenden Hausbesitzer, sobald es die Interessen des Verkehrs oder Bauveränderungen in der Anlage als notwendig erscheinen lassen, über Aufforderung der Baubehörde durch das städtische Bauamt in entsprechender Weise herzustellen.

In solchen Fällen haben die Hausbesitzer die der Herstellung des Gehweges hinderlichen Vorsprünge (Radabweiser, Vorlegstufen, Stiegen u.dgl.) vor ihren Häusern, soweit dies möglich ist, zu beseitigen.

Beschädigungen der Gehwege, die durch Bauherstellungen der Haus- oder Grundstücksbesitzer veranlaßt werden, sind auf deren Kosten durch das städtische Bauamt wieder gut zu machen."

In der Beschwerde wird geltend gemacht, daß bereits die seinerzeitigen Eigentümer des Grundstückes Herstellungskosten nach § 68 der Innsbrucker Bauordnung getragen hätten, weshalb die jetzigen Eigentümer nicht ein zweites Mal mit Abgaben belastet werden könnten. Dies im wesentlichen mit der Begründung, die Bauordnung der Landeshauptstadt Innsbruck (in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 22/1969) spreche im § 68 Abs. 1 von der Verpflichtung, daß jedes Gebäude (Grundstück) einen gepflasterten Gehweg zu erhalten habe.

Ausnahmebewilligungen des Inhalts, daß bei bestimmten Grundstücken kein gepflasterter Gehweg anzulegen oder von einer Pflasterung abzusehen sei, könnten auf Antrag durch den Bürgermeister bewilligt werden. § 68 Abs. 3 leg. cit. verfüge, daß die erstmalige Errichtung eines - gepflasterten oder ungepflasterten - Gehweges auf Kosten des Besitzers des angrenzenden Hauses oder Grundstückes zu erfolgen habe. "Für die Beschwerdeführer bzw. deren Rechtsvorgänger" sei bereits zum damaligen Zeitpunkt eine Abgabepflicht entstanden, unabhängig von der tatsächlichen Ausführung des Gehweges vor Ort. Die belangte Behörde befinde sich in der Frage der Verteilung der Beweislast im Irrtum: Es sei nicht Aufgabe des Beschwerdeführers, heute (nach rund 100 Jahren) die Bezahlung einer der Behörde gesetzlich auferlegten Vorschreibung nachzuweisen; habe nämlich ein klarer und unmißverständlicher Gesetzesauftrag wie der des § 68 Bauordnung der Landeshaupstadt Innsbruck bestanden, so käme die Nichtvorschreibung der ersten Herstellungskosten eines Gehweges einer groben Pflichtwidrigkeit gleich. Eine gesetzeskonforme Vorgangsweise sei (aber) der Stadtgemeinde Innsbruck zu "unterstellen".

Wenn der Beschwerdeführer auf eine - im Hinblick auf die (frühere) Rechtslage - "vermutete Abgabenvorschreibung" abstellt und daraus auf eine rechtsirrige Umkehr der Beweislast schließt, so bekämpft er im Ergebnis nichts anderes als die von der Behörde bei der Beweiswürdigung anzustellenden Erwägungen in einem amtswegigen Ermittlungsverfahren in der vorliegenden besonderen Beweissituation.

Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers kann diesbezüglich der belangten Behörde aber nicht entgegengetreten werden. Bei seiner Argumentationsführung ist der Beschwerdeführer nämlich (vom Ansatz her) nicht im Recht:

Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, konnte ein Sandgehweg rechtens keinen Vorschreibungsgrund für eine Gehsteigabgabe nach § 68 der Bauordnung der Landeshaupstadt Innsbruck (in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 22/1969) bilden. § 68 Abs. 1 erster Satz leg. cit. normierte allgemein die Verpflichtung zur Herstellung eines "gepflasterten Gehweges". Von dieser allgemeinen Verpflichtung konnten zwar Ausnahmen nach § 68 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. gemacht werden. § 68 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. hatte jedoch (lediglich) eine individuelle Ausnahme von der allgemeinen gesetzlichen Verpflichtung nach dem ersten Satz dieser Gesetzesstelle zum Inhalt, ohne daß nach dem Gesetzeswortlaut eine Ermächtigung für den Bürgermeister bestand, zu bestimmen, welche anderen als gepflasterten Gehwege anzulegen wären.

Wenn daher im dritten Absatz des § 68 leg. cit. bestimmt wurde, auf wessen Kosten und durch wen die "erste Herstellung des Gehweges" zu geschehen hatte, so ergibt sich aus dem Bedeutungszusammenhang, daß der Gesetzgeber unter der "ersten Herstellung des Gehweges" im Abs. 3 nur eine solche im Sinne des Abs. 1 erster Satz leg. cit. im Auge hatte, also - anders als der Beschwerdeführer meint - nur eines gepflasterten Gehweges. Die Herstellung eines solchen Gehweges geschah darnach DURCH DAS STÄDTISCHE BAUAMT auf Kosten des Besitzers des daran anstoßenden Hauses oder Grundstückes. Erfolgte aber keine Herstellung eines solchen Gehweges, konnte der Besitzer auch nicht mit Herstellungskosten belastet worden sein.

Daß aber die belangte Behörde ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht (§ 92 TLAO) deshalb nicht nachgekommen sei, weil sie es ungeprüft ließ, ob nicht ungeachtet der sich so darstellenden Rechtslage nach der Bauordnung der Landeshaupstadt Innsbruck (in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 22/1969) eine Abgabenvorschreibung an "die Beschwerdeführer bzw. deren Rechtsvorgänger" erfolgt sei, bietet der Beschwerdefall keinerlei Anhaltspunkt. Wird doch in den Begründungsdarlegungen des angefochtenen Bescheides - vom Beschwerdeführer unbestritten - darauf hingewiesen, auch eine Einschau in die Registraturakten habe ergeben, daß Belege für eine Vorschreibung einer Gehsteigabgabe für das gegenständiche Anwesen an deren Eigentümer nicht existierten.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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