VwGH 94/17/0197

VwGH94/17/019716.11.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 11. März 1994, Zl. MD-VfR - L 1/94, betreffend Kanaleinmündungsgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §200 Abs1;
Kanalanlagen- und EinmündungsgebührenG Wr §13;
LAO Wr 1962 §148 Abs1;
BAO §200 Abs1;
Kanalanlagen- und EinmündungsgebührenG Wr §13;
LAO Wr 1962 §148 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 37) schrieb dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 30. Juni 1993 anläßlich der Herstellung eines Hauskanalanschlusses auf der näher bezeichneten Liegenschaft gemäß § 7 Abs. 1 des (Wiener) Gesetzes vom 21. Oktober 1955 über Kanalanlagen und Einmündungsgebühren, LGBl. Nr. 22, (im folgenden: KEG) die Entrichtung einer Kanaleinmündungsgebühr in der Höhe von S 6.660,-- (S 6.054,55 Entgelt plus 10 % USt S 605,45) vor.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 7. Juli 1993 Berufung.

Mit Schriftsatz vom 20. Jänner 1994 stellte der Beschwerdeführer an den Gemeinderat der Bundeshauptstadt Wien "zufolge Fristablauf gemäß § 73 AVG" einen Devolutionsantrag.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 11. März 1994 wurde gemäß § 224 Abs. 2 WAO der Bescheid vom 30. Juni 1993 bestätigt. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, es sei im gegenständlichen Bemessungsverfahren nicht zu prüfen, ob allenfalls die Voraussetzungen für eine Ermäßigung der Gebühr im Sinne des § 13 KEG vorlägen. Über diesen vom Beschwerdeführer bereits eingebrachten Antrag, die Kanaleinmündungsgebühr gemäß § 13 KEG zu ermäßigen, entscheide der zuständige Gemeinderatsausschuß in einem separaten Verfahren. Die Abgabenbehörde erster Instanz habe daher diesen Antrag auf Ermäßigung der Gebühr im Sinne des § 13 KEG dem zuständigen Gemeinderatsausschuß vorzulegen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sei die Entscheidung über diesen Antrag nach § 13 KEG keine Vorfrage im gegenständlichen Bemessungsverfahren. Auch hindere ein solcher Antrag auf Ermäßigung der Kanaleinmündungsgebühr keineswegs die Bemessung der zu entrichtenden Gebühr. Vielmehr sei die Bemessung der zu entrichtenden Kanaleinmündungsgebühr unabhängig von einem allfälligen Antrag auf Ermäßigung der Kanaleinmündungsgebühr nach § 13 KEG vorzunehmen.

Den Devolutionsantrag des Beschwerdeführers vom 20. Jänner 1994 wies der Gemeinderat der Bundeshauptstadt Wien mit Bescheid vom 30. Juni 1994 als unzulässig zurück.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 11. März 1994 richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides mit Argumenten darzutun sucht, daß der erstinstanzliche Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 30. Juni 1993 (als Vorschreibung einer Geldleistung) nicht § 57 AVG entspreche, so ist dies schon vom Ansatz her verfehlt. Handelt es sich im Beschwerdefall doch um die Vorschreibung einer Kanaleinmündungsgebühr, also um eine Angelegenheit "der nicht bundesrechtlich geregelten öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der im Wiener Landesgesetz über die Festsetzung des Ausmaßes von Verwaltungsabgaben im Bereich des Landes und der Gemeinde Wien vorgesehenen Verwaltungsabgaben in den Angelegenheiten der Wiener Landes- und Gemeindeverwaltung) der Stadt Wien" (§ 1 lit. a WAO). Das AVG ist somit auf das vorliegende Abgabenverfahren gar nicht anzuwenden, sondern die WAO.

Da die Abgabenbehörden das AVG gar nicht anzuwenden hatten, gehen auch die Beschwerdeausführungen zu § 56 AVG über die Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes ins Leere. Soweit jedoch damit inhaltlich geltend gemacht wird, es sei der maßgebende Sachverhalt zufolge des Antrages des Beschwerdeführers auf Ermäßigung der Kanaleinmündungsgebühr, welcher der Behörde zum Zeitpunkt der Erlassung "dieses" Bescheides längst hätte bekannt sein müssen, "nicht eindeutig gegeben" gewesen, so ist auf die weiter unten stehenden Ausführungen zu § 13 KEG zu verweisen.

Da im vorliegenden Abgabenverfahren die WAO anzuwenden war, kann mit den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen auch eine Unzuständigkeit der belangten Behörde im Hinblick auf den auf § 73 AVG gestützten "Devolutionsantrag" des Beschwerdeführers an den Gemeinderat der Stadt Wien nicht aufgezeigt werden. Mag die in § 243 WAO enthaltene Regelung mit jener des § 73 AVG auch vergleichbar sein, so sieht sie lediglich den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung von der Abgabenbehörde erster Instanz auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz - das ist eben die belangte Behörde (vgl. § 48 WAO) - vor. Damit konnte entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers durch einen (unzulässigen) "Devolutionsantrag" eine Zuständigkeit des Gemeinderates der Bundeshauptstadt Wien nicht begründet und auch nicht die Zuständigkeit der belangten Behörde im Grunde des § 48 WAO berührt werden.

Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, die bescheidmäßige Erledigung vor Vorliegen einer Entscheidung des Gemeinderatsausschusses gemäß § 13 KEG wäre allenfalls gemäß § 148 WAO "rechtlich vertretbar". Ein Antrag auf Ermäßigung der Kanaleinmündungsgebühr sei am 11. September 1992 der Behörde erster Instanz übermittelt worden und sohin aktenkundig gewesen.

Nach § 148 Abs. 1 WAO kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiß, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabenpflicht noch ungewiß ist.

§ 13 KEG bestimmt:

"Würde die Erhebung der Kanaleinmündungsgebühr nach den Grundsätzen dieses Gesetzes in einzelnen Fällen wegen der Eigenart der Liegenschaft zu einer offensichtlichen Härte führen, so kann der zuständige Gemeinderatsausschuß auf Ansuchen eine Ermäßigung der Gebühr oder eine Erleichterung in den Zahlungsbedingungen bewilligen."

§ 148 Abs. 1 WAO knüpft an eine zeitlich bedingte Ungewißheit im Tatsachenbereich ("nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens") an (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1987, Zl. 85/17/0040). Ebenso ist Voraussetzung für die Zulässigkeit einer vorläufigen Festsetzung ein bereits entstandener Abgabenanspruch (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1997, Zl. 95/14/0117). So wie eine vorläufige Abgabenfestsetzung für erst in der Zukunft liegende Anspruchsverwirklichungen unzulässig ist, kommt eine solche auch nicht für zukünftige (allfällige) Minderungen des Abgabenanspruches - durch die Gestaltungswirkung eines Erleichterungsbescheides nach § 13 KEG (und zwar hinsichtlich des ersten Tatbestandes der Ermäßigung der Gebühr) - in Betracht.

Damit ist aber der angefochtene Bescheid nicht deshalb rechtswidrig, weil die Abgabe nicht im Grunde des § 148 Abs. 1 WAO bloß vorläufig festgesetzt wurde.

Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. November 1998

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