VwGH 94/15/0033

VwGH94/15/003323.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der

K Gesellschaft m.b.H. & Co KG in H, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 30. Dezember 1993, Zl. GA 7-1493/93, betreffend Abweisung eines Antrages auf Rückgängigmachung von Umbuchungen, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §215 Abs4;
BAO §215;
BAO §216;
BAO §239 Abs1;
BAO §215 Abs4;
BAO §215;
BAO §216;
BAO §239 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 15. Juni 1993 stellte HL als damaliger steuerlicher Vertreter der Beschwerdeführerin den Antrag, von deren Abgabenguthaben S 4.200,-- auf das Abgabenkonto des KM und S 396.000,-- auf das Abgabenkonto der S-GmbH umzubuchen. Diesem Antrag entsprach das Finanzamt am 17. Juni 1993.

Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 1993 beantragte die Beschwerdeführerin nach Wechsel ihres steuerlichen Vertreters die Rückgängigmachung der Umbuchungen und begründete dies damit, die (eine Geldvollmacht einschließende) Vollmacht des HL sei zwar im Zeitpunkt der Stellung des Umbuchungsantrages aufrecht gewesen, eine Vollmacht gelte aber nicht für Vertretungshandlungen, bei denen für den Bevollmächtigten eine Interessenkollision (In-Sich-Geschäft) bestehe. Eine solche Interessenkollision des HL liege für das Finanzamt im Hinblick darauf erkennbar auf der Hand, daß gegen diesen im Zeitpunkt der Stellung des Umbuchungsantrages ein die Abgabenrückstände bei der S-GmbH betreffender Haftungsbescheid erlassen worden sei. Unter diesen Umständen hätte der Umbuchungsantrag der urkundlichen Zustimmung der Beschwerdeführerin als Vollmachtgeberin bedurft. Der Mangel der Vertretungsmacht sei von den damit befaßten Behörden von Amts wegen zu berücksichtigen. Auch wenn kein In-Sich-Geschäft angenommen werden könnte, ergebe sich die Ungültigkeit der Vollmacht des HL aus den Grundsätzen des rechtsgeschäftlichen Vertrauensschutzes.

Das Finanzamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 4. November 1993 ab. Aus der beigegebenen Begründung geht zum Sachverhalt noch hervor, daß HL das die Kündigung seiner Vollmacht durch die Beschwerdeführerin enthaltende Schreiben am 16. Juni 1993 übernommen und das Finanzamt hievon am 24. September 1993 Kenntnis erlangt hat.

Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid abgewiesen; dies unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 18. November 1987, Zl. 84/13/0229, im wesentlichen mit der Begründung, Umbuchungen von einem Abgabenkonto auf das Abgabenkonto eines anderen dürften grundsätzlich nur mit Zustimmung des Verfügungsberechtigten vorgenommen werden, wobei die Zustimmung auch von einem mit ordnungsgemäßer Geldvollmacht ausgestatteten Vertreter erteilt werden könne. Auf Grund der Vollmacht vom 13. Juni 1979 sei HL zur steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin und zur Abwicklung aller Kassenangelegenheiten wie Umbuchungs- und Rückzahlungsangelegenheiten befugt gewesen. Dem somit ordnungsmäßig namens der Beschwerdeführerin gestellten Umbuchungsantrag des HL habe im Hinblick auf das vorhandene Guthaben auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin entsprochen werden müssen. Die beantragte Rückgängigmachung des Buchungsvorganges sei dagegen mangels Zustimmung der nunmehr über die umgebuchten Beträge Verfügungsberechtigten unzulässig gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ausgehend vom Standpunkt der Beschwerdeführerin, daß schon die am 17. Juni 1993 durchgeführten tatsächlichen Umbuchungen von ihrem Abgabenkonto unzulässig gewesen seien, besteht im Beschwerdefall in Wahrheit Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin. Ein derartiger Streit ist in einem Verfahren nach § 216 BAO auszutragen. Die im vorliegenden Fall im Instanzenzug ergangenen Bescheide sind nach ihrem materiellen Gehalt einer Deutung als Abrechnungsbescheide im Sinne der eben zitierten Gesetzesstelle zugänglich (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. September 1993, Zl. 91/15/0103).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnis vom 18. November 1987, Zl. 84/13/0229, näher ausgeführt hat, ergibt sich aus den §§ 213 ff BAO, daß die Abgabenbehörde Gutschriften auf dem Konto eines Abgabepflichtigen mit Abgabenschulden des Abgabepflichtigen zu verrechnen hat, wobei gemäß § 215 BAO auch Abgabenschuldigkeiten in Betracht kommen, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde hat. Abs. 4 der letztzitierten Bestimmung normiert, daß Guthaben, soweit sie nicht mit Abgabenschuldigkeiten verrechnet wurden, nach Maßgabe des § 239 BAO zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmung über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen sind. Daraus folgt, so heißt es in diesem Erkenntnis weiters, daß Umbuchungen von einem Abgabenkonto auf das Abgabenkonto eines anderen Steuerpflichtigen grundsätzlich nur mit Zustimmung des Verfügungsberechtigten vorgenommen werden dürfen, wobei die Zustimmung auch von einem mit ordnungsmäßiger Geldvollmacht ausgestatteten Vertreter des Verfügungsberechtigten erteilt werden kann. Das bedeutet aber nicht, daß die Abgabenbehörde dann, wenn sie gegen dieses Gebot verstößt, den unzulässigen Buchungsvorgang wiederum rückgängig machen könnte. Mit der Rückgängigmachung würde sie nämlich wiederum gegen dasselbe Gebot verstoßen: Sie würde die "Rückbuchung" (= Umbuchung) ohne Zustimmung des nunmehr Verfügungsberechtigten vornehmen.

Diese zu einem Rechtsfall, in dem die Behauptung der Ungültigkeit der Vollmacht auf deren nicht firmenmäßige Zeichnung gestützt worden war, getroffenen Ausführungen werden auch dem nunmehrigen Beschwerdefall gerecht. Da den Umbuchungen des Finanzamtes zufolge Betroffenheit der durch die Umbuchungen Begünstigten nicht bloß deklarativer Charakter beigemessen werden kann und auch die von der Beschwerdeführerin beantragte Rückgängigmachung der Umbuchungen mangels Zustimmung der hiedurch Belasteten mit Recht nicht vorgenommen wurde, stellt es keine Rechtswidrigkeit dar, wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Ergebnis zu der Beurteilung gelangt ist, daß das seinerzeitige Abgabenguthaben der Beschwerdeführerin durch die am 17. Juni 1993 durchgeführten Umbuchungen des Finanzamtes eine Minderung erfahren hat und daß diese Minderung nicht durch Rückgängigmachung der Umbuchungen später aufgehoben worden ist. Ob HL als ehemaliger Vertreter der Beschwerdeführerin zur Stellung des Umbuchungsantrages vom 15. Juni 1993 berechtigt gewesen ist, ob das Finanzamt bei Fehlen dieser Berechtigung den Umbuchungsantrag hätte abweisen müssen und ob sich aus dem geschilderten Sachverhalt zivilrechtliche Ansprüche der Beschwerdeführerin ableiten lassen, war hingegen im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht zu entscheiden. Maßgebend war vielmehr, wie bereits ausgeführt, allein, daß die belangte Behörde ohne Rechtswidrigkeit angenommen hat, daß das Abgabenguthaben der Beschwerdeführerin aus dem angeführten Grund nicht wieder aufhebbare Minderungen durch Umbuchungen auf Abgabenkonten anderer Personen erfahren hat.

Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Diese Entscheidung konnte im Hinblick darauf, daß die zu lösenden Rechtsfragen schon durch die bisherigen Rechtsprechung klargestellt sind, gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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