VwGH 94/13/0101

VwGH94/13/010118.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des R in H, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 7. März 1994, Zl GA 5-2042/3/93, betreffend Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1992, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §16 Abs1 Z9;
EStG 1988 §20 Abs1;
EStG 1988 §16 Abs1 Z9;
EStG 1988 §20 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Gendarmeriebeamter, machte mit Jahresausgleichsantrag für das Jahr 1992 ua Aufwendungen für Reisekosten bei ausschließlich beruflich veranlaßten Reisen über jeweils mehr als 25 km als Werbungskosten geltend. Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid anerkannte die belangte Behörde ua diese Aufwendungen nicht als Werbungskosten. Bei der Auslegung des Begriffes "Reise" im Sinne des § 16 Abs 1 Z 9 EStG 1988 müsse der Umstand Beachtung finden, daß zu den nichtabzugsfähigen Aufwendungen nach § 20 EStG 1988 auch jener Verpflegungsaufwand gehöre, der einer Vielzahl von Steuerpflichtigen regelmäßig dadurch erwachse, daß sie aus beruflichen Gründen genötigt seien, einen Teil ihrer Mahlzeiten außer Haus einzunehmen; die gesetzliche Regelung des § 16 Abs 1 Z 9 EStG 1988 finde ihre Begründung darin, daß einerseits einem Reisenden die besonders preisgünstigen Verpflegungsmöglichkeiten am jeweiligen Aufenthaltsort meist nicht bekannt seien und andererseits sein Dispositionsrahmen bezüglich der Einnahme der Hauptmahlzeit durch die Reisebewegung wesentlich eingeschränkt sei. Eine Reise im Sinne des § 16 Abs 1 Z 9 EStG 1988 liege daher vor, wenn sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entferne, ohne daß dadurch der bisherige Mittelpunkt der Tätigkeit aufgegeben werde. Erstrecke sich die Tätigkeit des Steuerpflichtigen auf zwei oder mehrere Tätigkeitsmittelpunkte, so sei der Aufenthalt an ihnen keine Reise. Mittelpunkt der Tätigkeit könne nicht nur ein statischer Dienstort sein. Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren habe der Beschwerdeführer bestimmte Autobahn- und Schnellstraßenabschnitte zu überwachen. Während des Dienstes werde die vorgeschriebene Überwachungsstrecke mehrmals befahren.

Die belangte Behörde ging daher davon aus, daß der Mittelpunkt der Tätigkeit des Beschwerdeführers in dem Gebiet liege, welches er zu überwachen habe. Die vom Beschwerdeführer unternommenen Fahrten in jene Orte, welche im Gebiet der zu überwachenden Strecke liegen, stellten daher keine beruflich veranlaßten Reisen im Sinne des § 16 Abs 1 Z 9 EStG 1988 dar.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Anerkennung der geltend gemachten Reisekosten als Werbungskosten gemäß § 16 Abs 1 Z 9 EStG 1988 verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem Begriff der "Reise" im Sinne des § 16 Abs 1 Z 9 EStG 1988 hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in einer Vielzahl von Erkenntnissen auseinandergesetzt und in diesen daran festgehalten, daß der Aufenthalt an einem Ort, der als Mittelpunkt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen angesehen werden muß, keine Reise darstellt, wobei zu einem (weiteren) Mittelpunkt der Tätigkeit ein Ort auf Grund längeren Aufenthaltes des Steuerpflichtigen wird. Die Rechtfertigung der Annahme solcher Werbungskosten liegt bei kurzfristigen Aufenthalten überhaupt nur in dem bei derartigen Reisebewegungen in typisierender Betrachtungsweise angenommenen Verpflegungsmehraufwand gegenüber den ansonsten am jeweiligen Aufenthaltsort anfallenden und gemäß § 20 EStG 1988 nichtabzugsfähigen (üblichen) Verpflegungsaufwendungen. Bei längeren Aufenthalten ist in der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise von der Möglichkeit der Inanspruchnahme solcher Verpflegungsmöglichkeiten auszugehen, deren Aufwendungen als Teil der Kosten der Lebensführung grundsätzlich nicht abzugsfähig sind. Auch die mit Unterbrechungen ausgeübte Beschäftigung an einem Ort begründet dessen Eignung zu einem weiteren Mittelpunkt der Tätigkeit, sofern die Dauer einer solchen wiederkehrenden Beschäftigung am selben Ort insgesamt ein Ausmaß erreicht, welches zum Wegfall der Voraussetzungen des in typisierender Betrachtungsweise unterstellten Verpflegungsmehraufwandes aus den gleichen Überlegungen zu führen hat, wie sie bei einer nicht unterbrochenen Aufenthaltsdauer an einem Beschäftigungsort nach Verstreichen eines typisiert als angemessen zu beurteilenden Zeitraumes Platz zu greifen haben (vgl hiezu das hg Erkenntnis vom 20. September 1995, 94/13/0253, 0254).

Vor diesem Hintergrund war es aber nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde das Gebiet der ständigen Patrouillentätigkeit des Beschwerdeführers als (weiteren) Mittelpunkt seiner Tätigkeit beurteilt hat und diesen Patrouillenfahrten die Qualifikation von Reisen im Sinne des § 16 Abs 1 Z 9 EStG 1988 abgesprochen hat. Darf doch auch nach dem von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhalt davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer in dem von ihm ständig, ja mehrmals täglich befahrenen Gebiet die günstigsten Verpflegungsmöglichkeiten soweit kennt, daß ein Verpflegungsmehraufwand ebenso ausgeschlossen werden kann, wie bei einem an ein und demselben Ort tätigen Arbeitnehmer.

Unrichtig ist die Ansicht des Beschwerdeführers, daß ein Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit regelmäßig erst bei STÄNDIGEM Aufenthalt von länger als einer Woche vorliegt. Solches hat der Gerichtshof lediglich in Fällen ausgesprochen, in welchen Dienstverrichtungen an einem Ort erstmalig erfolgten. Sofern die Dauer einer wiederkehrenden Beschäftigung am selben Ort insgesamt ein Ausmaß erreicht, daß aus den oben angeführten Gründen von einem Verpflegungsmehraufwand nicht mehr gesprochen werden kann, bedarf es keines STÄNDIGEN Aufenthaltes von mehr als einer Woche mehr. Vielmehr wäre diesfalls auch bei einem Aufenthalt von etwa einzelnen Tagen nicht von einer Reise im Sinne des § 16 Abs 1 Z 9 EStG 1988 auszugehen (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 2. August 1995, 93/13/0099).

Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß die Beschwerdeausführungen zu anderen Berufsgruppen schon deswegen nicht zielführend sein können, weil im Beschwerdefall nur zu beurteilen war, ob die geltend gemachten Aufwendungen des Beschwerdeführers auf der Basis des von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhaltes Werbungskosten darstellen. Im übrigen kann der Beschwerdeführer aber aus einer allfälligen, der Rechtslage gegebenenfalls nicht entsprechenden Verwaltungspraxis nichts für sich gewinnen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

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