Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und des vom Beschwerdeführer vorgelegten angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer steht als Vorstand der Abteilung für Anästhesiologie und Intensivbehandlung am Krankenhaus X seit 1. August 1972 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt X.
Zur Erörterung einer medizinischen Angelegenheit wurde der Beschwerdeführer zu einer Besprechung eingeladen, die für den 16. Februar 1994 angesetzt war. An dieser Besprechung hat der Beschwerdeführer nicht teilgenommen und wurde sodann mit Schreiben der Magistratsdirektion der Stadt X vom 17. Februar 1994 aufgefordert, am 3. März 1994 zwecks niederschriftlicher Einvernahme bezüglich der Behandlung eines näher bezeichneten Patienten im Magistrat zu erscheinen. Dieses Schreiben hat nachstehenden Inhalt:
"Unter Bezugnahme obigen Betreffs mußte die Magistratsdirektion zur Kenntnis nehmen, daß Sie der Besprechung am 16.2.1994, um 16.30 Uhr in der Ärztlichen Direktion unentschudilgt ferngeblieben sind.
Abgesehen von den dienstrechtlichen Aspekten stellt Ihr Verhalten eine grobe Ungehörigkeit dar.
Nachdem der Sachverhalt bezüglich der Behandlung des Patienten K.L. wegen Pankreatitis bei der Besprechung am 16.2.1994 aus der Sicht der Chirurgischen Abteilung einer Klärung zugeführt wurde, werden Sie bei sonstigen disziplinären Konsequenzen aufgefordert
am 3. März 1994, um 11.00 Uhr
im Rathaus, Zimmer 10
zwecks niederschriftlicher Einvernahme in der
gegenständlichen Angelegenheit zu erscheinen.
Der Magistratsdirektor:
(Dr. N)"
Der Beschwerdeführer wertete dieses Schreiben als Bescheid, den er mit Berufung bekämpfte.
Diese Berufung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 31. März 1994 gemäß § 63 Abs. 2 AVG als unzulässig zurückgewiesen und begründend ausgeführt, daß die vom Beschwerdeführer bekämpfte Feststellung seines Vorgesetzten keinen Bescheid darstelle und auch nicht auf gesetzlichen Grundlagen beruhe, sondern sich auf übliche Umgangsformen im Alltag stütze, welche insbesondere bei einer kollegialen Zusammenarbeit in einem Betrieb ausgeprägt sein sollten.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen
inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Erhalt eines nach § 58 Abs. 2 AVG ordnungsgemäß begründeten Bescheides verletzt und führt aus, die belangte Behörde habe die Begründungspflicht nicht nur faktisch verletzt, sondern dies sogar durch die Wendung "daß diese bekämpfte Feststellung keinen Bescheid darstellt, braucht wohl nicht näher erläutert zu werden" ausdrücklich hervorgehoben. Es könne dahingestellt bleiben, ob das von ihm bekämpfte Schreiben einen Bescheid darstelle. Dafür spreche zwar die Tatsache, daß es sich an einen konkreten Adressaten richte, die Bezeichnung der ausstellenden Behörde, sowie das Datum und in Gestalt des zum Ausdruck gebrachten Verweises, wonach das Verhalten des Beschwerdeführers eine grobe Ungehörigkeit darstelle, auch einen Spruch enthalte. Ungeachtet des Fehlens der Bescheidbezeichnung sei daher das Schreiben als schriftlicher Verweis und damit als Disziplinarstrafe im Sinne des § 114 NÖ GBDO anzusehen. Zum Ausspruch eines derartigen Verweises sei jedoch nicht der Magistratsdirektor, sondern nach dem Stadtrecht der Bürgermeister zuständig, der gegenständliche Verweis sei daher von einem unzuständigen Organ erlassen worden. In seiner Berufung habe sich der Beschwerdeführer erkennbar darauf berufen, daß es sich bei dem genannten Schreiben um einen Bescheid handle, es wäre daher die Pflicht der Behörde gewesen, sich mit dieser Argumentation auseinanderzusetzen.
Nach § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide nicht schlechthin zu begründen, sondern nur insofern, als dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Ohne eine solche Begründung ist den Parteien und Beteiligten eine zweckmäßige, gegen den Bescheid gerichtete Rechtsverfolgung unmöglich. Dort aber, wo eine Rechtsverfolgung nicht stattfinden kann, ist auch eine Begründung überflüssig. Die gegenüber den Parteien und Beteiligten bestehende Begründungspflicht reicht also nicht weiter als das von der Rechtsordnung anerkannte Rechtsschutzinteresse. Daran ändert auch die Vorschrift des § 67 AVG nichts. Danach gelten die Vorschriften des III. Teiles des AVG auch für die Bescheide der Berufungsbehörden, doch ist der Spruch auch dann zu begründen, wenn dem Berufungsantrag stattgegeben wird. Diese Vorschrift hat für die Rechtssphäre der Parteien und Beteiligten keine selbständige rechtliche Bedeutung, sondern offenkundig nur für die Unterbehörden, die auf diese Weise über die Beweggründe der Berufungsinstanz aufgeklärt werden sollen. Soweit durch den Berufungsbescheid die Rechtssphäre der Parteien und Beteiligten verletzt werden kann, gilt für die Begründungspflicht der Berufunbsbehörde kraft des ersten Halbsatzes des § 67 AVG die Vorschrift des § 58 Abs. 2 AVG (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1959, Zl. 2496/56 = Slg. N.F. Nr. 5007/A).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können als Bescheide nur solche Erledigungen der Behörde verstanden werden, die in einer förmlichen und der Rechtskraft fähigen Weise über konkrete Rechtsverhältnisse absprechen, sei es, daß ein Rechtsverhältnis mit bindender Wirkung festgestellt wird, sei es, daß es mit solcher Wirkung gestaltet werden soll. In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen läßt, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung wesentlich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, ist hinsichtlich der Wertung nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab anzulegen. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden (vgl. dazu den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, Zlen. 934 und 1223/73 = Slg. N.F. Nr. 9458/A).
Das bekämpfte Schreiben vom 17. Februar 1994 ist weder als Bescheid bezeichnet noch in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung unterteilt. Auch sonst ist objektiv in keiner Weise erkennbar, daß diese Erledigung in Form eines Bescheides erlassen werden sollte. Einer Erledigung einer Verwaltungsbehörde, die - wie im vorliegenden Fall - die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nicht aufweist, käme aber nach dem vorher Gesagten Bescheidcharakter nur zu, wenn sich aus dem maßgebenden Inhalt (Spruch) eindeutig ergäbe, daß für den Adressaten normative Wirkungen erzeugt werden sollten.
Das Schreiben des Magistratsdirektors der Stadt X enthält ohne Zweifel keine für den Beschwerdeführer rechtsverbindliche Anordnung (sieht man von der Bekanntgabe eines näher bestimmten Besprechungstermines ab) und auch keinen Bezug auf die Verhängung einer Disziplinarstrafe oder dienstrechtlichen Maßnahme, sodaß es sich erübrigt, näher darauf einzugehen, von welcher Behörde und in welcher Form der vom Beschwerdeführer vermutete "Verweis nach § 114 NÖ-GBDO" auszusprechen gewesen wäre.
Aus diesem Grund hat die belangte Behörde ihrer Begründungspflicht Genüge getan, wenn sie die (im Zusammenhang mit der Bekanntgabe eines Gesprächstermines getroffene) Feststellung, die unentschuldigte Nichtbefolgung einer schriftlichen Einladung zu einer Besprechung stelle eine grobe Ungehörigkeit dar, als übliche innerbetriebliche Umgangsform wertete, sodaß es auch nicht rechtswidrig war, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall davon ausging, daß dem Schreiben vom 17. Februar 1994 keine Bescheidqualität zukam und es daher an einer Voraussetzung für die Sachentscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers fehlte.
Da die vorliegende Beschwerde bereits ihrem Inhalt nach erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war sie nach § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
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