VwGH 94/11/0202

VwGH94/11/020221.10.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des K in D, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 21. Juni 1994, Zl. UVS 413.2-2/93-9, betreffend Bestätigung über das Außerkrafttreten eines Mandatsbescheides, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §57 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs2;
AVG §37;
AVG §57 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 7. November 1991 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 augesprochen, daß ihm für die Dauer von fünf Jahren keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf. Der Mandatsbescheid wurde dem Beschwerdeführer am 13. November 1991 zugestellt. Dagegen erhob der Beschwerdeführer eine mit 18. November 1991 datierte, bei der Erstbehörde am 19. November 1991 eingegangene Vorstellung.

Mit Schreiben vom 24. August 1992 beantragte der Beschwerdeführer die Ausstellung einer schriftlichen Bestätigung, daß der Mandatsbescheid vom 7. November 1991 außer Kraft getreten sei, weil die Behörde innerhalb von zwei Wochen vom Einlangen seiner Vorstellung an kein Ermittlungsverfahren eingeleitet habe.

Der im Devolutionsweg zuständig gewordene Landeshauptmann von Steiermark wies mit Bescheid vom 3. Dezember 1992 diesen Antrag ab. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 57 Abs. 3 AVG hat die Behörde binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung gegen einen Mandatsbescheid das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen.

Dem vorgelegten Verwaltungsakt ist zu entnehmen, daß - wie sich aus Aktenvermerken vom 21. und vom 22. November 1991 ergibt - dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ein Formblatt "Verständigung von der Einleitung des Ermittlungsverfahrens" am 22. November 1991 zugemittelt wurde. Dies ist die einzige, den Verwaltungsakten entnehmbare Tätigkeit der Behörde innerhalb der mit 3. Dezember 1991 endenden Frist nach § 57 Abs. 3 AVG.

Die belangte Behörde beruft sich auf die in Rede stehende Verfügung vom 22. (richtig wohl vom 21.) November 1991 und die dieser Verfügung "naturgemäß" vorangegangene Prüfung der Rechtzeitigkeit der Vorstellung.

Der Beschwerdeführer bestreitet, daß durch die Prüfung der Rechtzeitigkeit der Vorstellung und durch die Verständigung des Vorstellungswerbers, daß ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werde, tatsächlich im Sinne des § 57 Abs. 3 AVG die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bewirkt wurde. Dies könne nur durch die Setzung von Schritten zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, also durch konkrete Ermittlungshandlungen erfolgen. Das Ausfüllen des Formblattes über die Verständigung von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sei eine "Alibihandlung".

Der belangten Behörde ist insoweit zuzustimmen, als der Verwaltungsgerichtshof in dem von ihr zitierten Erkenntnis vom 19. Februar 1986, Zl. 85/11/0231, ausgesprochen hat, daß das Ermittlungsverfahren im Sinne des § 57 Abs. 3 AVG auch die Frage der Rechtzeitigkeit der Vorstellung betreffen kann. Sie übersieht aber, daß im damaligen Beschwerdefall die Vorstellung nach der Aktenlage verspätet eingebracht worden war und die Behörde zunächst der Frage nachgegangen ist, ob der erste Anschein nicht trügt, sie also Ermittlungen in dieser Richtung angestellt hat. Im vorliegenden Fall aber war auf den ersten Blick zu sehen, daß die Vorstellung des Beschwerdeführers rechtzeitig eingebracht worden war. Weiterer Ermittlungen bedurfte es nicht. Der erwähnte erste Blick aber stellt keinen Verfahrensschritt dar - abgesehen davon, daß er aktenmäßig gar nicht zum Ausdruck kommt, sodaß es nach der Aktenlage offen ist, ob die Erstbehörde der Rechtzeitigkeit der Vorstellung überhaupt Beachtung geschenkt hat.

Auch die in Rede stehende mit einem behördlichen Formblatt vorgenommene Verständigung von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens - ihr Inhalt ist aus den vorgelegten Verwaltungsakten nicht ersichtlich, sodaß vom Wortsinn ("Verständigung") auszugehen ist - stellt für sich noch keinen in einem Ermittlungsverfahren unternommenen Verfahrensschritt dar. Sie dient weder der Ermittlung eines maßgeblichen Sachverhaltes noch gibt sie der Partei Gelegenheit, ihre Rechte oder rechtlichen Interessen geltend zu machen (§ 37 AVG; vgl. auch Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rz. 578).

Die mit dem angefochtenen Bescheid verfügte Verweigerung der Ausstellung einer Bestätigung über das Außerkrafttreten des Mandatsbescheides entspricht nicht dem Gesetz. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war und die für die überflüssigen Bescheidexemplare entrichteten Stempelgebühren nicht ersetzt werden können.

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