Normen
11992E005 EGV Art5;
11992E030 EGV Art30;
11992E036 EGV Art36;
11992E189 EGV Art189;
31979L0112 Etikettierungs-RL Art1 Abs1;
31979L0112 Etikettierungs-RL Art2 Abs1 litb;
31979L0112 Etikettierungs-RL;
61974CJ0008 Dassonville VORAB;
61978CJ0120 Cassis de Dijon VORAB;
61982CJ0174 Sandoz Vitamine VORAB;
AMG 1983 §1;
AMG 1983 §3;
AMG 1983 §4;
AMG 1983 §6;
AVG §13a;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
EURallg;
EWR-Abk Art11;
EWR-Abk Art13;
EWR-Abk Art6;
LMG 1975 §18 Abs1;
LMG 1975 §18 Abs2;
LMG 1975 §2;
LMG 1975 §3;
LMG 1975 §7 Abs1 litc;
LMG 1975 §74 Abs1;
LMG 1975 §8 litf;
LMG 1975 §9 Abs1 lita;
LMG 1975 §9 Abs1;
LMG 1975 §9 Abs3;
LMG 1975 §9;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litc;
VwGG §42 Abs2 Z3 impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
11992E005 EGV Art5;
11992E030 EGV Art30;
11992E036 EGV Art36;
11992E189 EGV Art189;
31979L0112 Etikettierungs-RL Art1 Abs1;
31979L0112 Etikettierungs-RL Art2 Abs1 litb;
31979L0112 Etikettierungs-RL;
61974CJ0008 Dassonville VORAB;
61978CJ0120 Cassis de Dijon VORAB;
61982CJ0174 Sandoz Vitamine VORAB;
AMG 1983 §1;
AMG 1983 §3;
AMG 1983 §4;
AMG 1983 §6;
AVG §13a;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
EURallg;
EWR-Abk Art11;
EWR-Abk Art13;
EWR-Abk Art6;
LMG 1975 §18 Abs1;
LMG 1975 §18 Abs2;
LMG 1975 §2;
LMG 1975 §3;
LMG 1975 §7 Abs1 litc;
LMG 1975 §74 Abs1;
LMG 1975 §8 litf;
LMG 1975 §9 Abs1 lita;
LMG 1975 §9 Abs1;
LMG 1975 §9 Abs3;
LMG 1975 §9;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litc;
VwGG §42 Abs2 Z3 impl;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 21. November 1994 untersagte die belangte Behörde gemäß § 18 Abs. 2 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG) das Inverkehrbringen der von der beschwerdeführenden Partei als Verzehrprodukte angemeldeten Produkte "Ananas Light-Drops", "Kieselerde Trink-Gelatinat", "Gelatine Kapseln", "Weizenkeimöl Gelee Royale Kapseln", "Knoblauch Perlen", "Spezial Hefe Tabletten", "Spargel Light-Drops" und "Kieselerde + Calcium Forte Kapseln".
In der Begründung wird ausgeführt, hinsichtlich der Produkte "Ananas Light-Drops" und "Kieselerde + Calcium Forte Kapseln" habe die beschwerdeführende Partei Unterlagen, die eine fachliche Beurteilung ermöglicht hätten, nicht vorgelegt.
"Kieselerde Trink Gelatinat" sei nach dem Gutachten des Amtssachverständigen für Pharmazie ein Arzneimittel.
Die Verpackungen der Produkte "Gelatine Kapseln", "Weizenkeimöl Gelee Royale Kapseln", "Knoblauch Perlen", "Spezial Hefe Tabletten" und "Spargel Light-Drops" enthielten verbotene gesundheitsbezogene Angaben, und zwar:
Gelatine Kapseln:
"Aufbaustoffe ... für Gelenkknorpel, Sehnen und
Bindegewebe"
"gesund und schön für Haut, Haare, Nägel"
"... sind eine gesunde Nahrungsergänzung, die ... für Haut,
Haare und Nägel."
"Gesunde Haut ... von Aminosäuren und Proteinen"
"Eine gesunde Nahrungsergänzung ... ist daher
empfehlenswert"
"Für Diabetiker ohne BE-Anrechnung"
Weizenkeimöl Gelee Royale Kapseln:
"bei erhöhter Belastung"
"... in besonderen Belastungssituationen"
Knoblauch Perlen:
"... duch den Verzehr gestärkt und so vor Krankheiten
geschützt ..."
Spezial Hefe Tabletten:
"Nährstoffe für die Schönheit"
"... für den Stoffwechsel von Haut, Haaren und Nägeln";
"schöne, glatte Haut, gesunde Haare ... ist besonders zu
empfehlen"
Spargel Light-Drops:
"zur Unterstützung einer gesundheitsbewußten Ernährung"
"... und fördern eine gesundheitsbewußte Ernährung"
"... regen die natureigene Verdauung und Ausscheidung an.
Deshalb ist auch die vermehrte und geruchlich intensivere Harnausscheidung durchaus normal".
Mit Bescheid vom 22. November 1994 untersagte die belangte Behörde gemäß § 18 Abs. 2 LMG das Inverkehrbringen der von der beschwerdeführenden Partei als Verzehrprodukte angemeldeten Produkte "Eisen + C Brausetabletten", "Multivitamine für Kinder", "Blütenpollen Vitamindragees mit Gelee Royale", "Carotin Hautschutz Kapseln", "Coenzym Qu 10 Zellenergie-Vitamin Kapseln", "Multivitamin Mineral Brausetabletten", "Carotin C E Zellschutz-Vitaminkapseln", "Magnesium Vitalstoff-Tabletten", "Multivitamin Dragees", "Nachtkerzenöl-Kapseln", "Carotin C E Zellschutz-Vitamine Brausetabletten", "Magnesium Brausetabletten", "Polar Lachs-Öl Kapseln", "Kieselerde Calcium Gelatine Kautabletten" und "Bierhefe Bio-Tabletten".
In der Begründung wird ausgeführt, die Produkte "Polar Lachs-Öl Kapseln", "Kieselerde Calcium Gelatine Kautabletten" und "Bierhefe Bio-Tabletten" wiesen verbotene gesundheitsbezogene Angaben auf und zwar:
Polar Lachs-Öl Kapseln:
"... gesundheitswichtigen Omega - 3 Fettsäuren"
"mit hochgesunden Omega - 3 Fettsäuren"
"... ist daher wichtig im Sinne einer langfristig
angelegten gesundheitsbewußten Kost"
"... die auf den Cholesteringehalt von Speisen achten
müssen"
Kieselerde Calcium Gelatine Kautabletten:
"... u.a. Calcium, als essentiell wichtige Bestandteile von
Haut, Haaren, Nägeln, Zähnen, Knochen und Bindegewebe"
Bierhefe Bio-Tabletten:
"Für den Hautstoffwechsel"
"Die Haut wird glatt und geschmeidig"
"Biologische Nahrungsergänzung für den Stoffwechsel von
Haut, Haaren und Nägeln"
"Vitamin- und Mineral-Unterversorgung, besonders mit Vitaminen des B-Komplexes, haben häufig ihre Ursache in einer Fehlernährung. Unreine Haut, Pickel, schlaffe und fahle Haut, brüchige Nägel, Haarausfall und splissige Haare sind vielfach die Folge. Zur Erhaltung von schöner, glatter Haut, gesunden Haaren und Nägeln ist es dann sinnvoll diese Stoffe mit der Nahrung zuzuführen"
"... macht sie wertvoll für den Kohlehydrat-Stoffwechsel
der Zellen in allen Organen und Körpergeweben, besonders der schnell wachsenden Körperzellen. Der Bedarf an Vitamin B-Komplex kann erhöht sein bei sportlicher Beanspruchung, körperlicher Anstrengung und schnellem Wachstum, bei Schwangerschaft und Stillzeit, Rekonvaleszenz und im Alter"
Die übrigen im Spruch dieses Bescheides genannten Produkte stufte die belangte Behörde in der Begründung des Bescheides unter Berufung auf die - näher dargelegten - Ausführungen des Amtssachverständigen für Pharmazie als Arzneimittel ein. Der Amtssachverständige für Pharmazie war - zusammenfassend - zu dem Ergebnis gekommen, im Hinblick auf die jeweilige Einnahmeempfehlung der in Rede stehenden Produkte werde der tägliche Bedarf des gesunden Erwachsenen, wie er in der Fachliteratur beschrieben sei (z.B. in den Tabellen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung) - ungeachtet der Zufuhr der erwähnten Stoffe mit der täglichen Nahrung - bereits überschritten. Aufgrund der Zusammensetzungen dieser Produkte sei daher mit einer objektiv-arzneilichen Wirkung im Sinne einer Prophylaxe oder Therapie von Vitamin- bzw. Mineralstoff-Mangelerscheinungen zu rechnen. Die in Rede stehenden Produkte seien nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als Arzneimittel und in der Folge als zulasssungspflichtige Arzneispezialitäten zu beurteilen.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, der angefochtene Bescheid lasse nicht erkennen, welche Angaben zur Beurteilung des Produktes "Ananas Light-Drops" benötigt worden wären. Der Stellungnahme des Amtssachverständigen für Pharmazie lasse sich nicht entnehmen, warum ein (normaler) Gehalt an Bromelin nicht den Vorschriften des LMG entsprechen sollte. Die vermeintliche fehlende Angabe sei daher zur Beurteilung nach § 18 Abs. 2 LMG in Wahrheit gar nicht erforderlich gewesen. Gleiches gelte sinngemäß auch für "Kieselerde + Calcium Forte Kapseln". Es werde übersehen, daß auch dieses Produkt ausdrücklich als in Deutschland verkehrsfähiges Nahrungsergänzungsmittel angemeldet worden und daher von einer den Bestimmungen des Ursprungslandes entsprechenden Kapselhülle auszugehen gewesen sei. Die sich danach nur noch ergebende Frage, welche in Deutschland, nicht aber in Österreich zulässigen Kapselhüllstoffe allenfalls enthalten gewesen wären, hätten der Amtssachverständige und mit ihm die belangte Behörde aber ebensowenig gestellt wie begründet, weshalb bestimmte Kapselhüllstoffe zwar in Deutschland zulässig, aber in Österreich nicht mit dem Schutz der Gesundheit von Menschen vereinbar seien, ohne daß dies nur eine willkürliche Diskriminierung oder verschleierte Handelsbeschränkung darstelle.
Die mit dem Hinweis auf verbotene gesundheitsbezogene Angaben begründete Untersagung des Inverkehrbringens der Produkte "Polarlachs-Öl Kapseln", "Kieselerde Calcium Gelatine Kautabletten", "Bierhefe Bio-Tabletten", "Gelatine Kapseln", "Weizenkeimöl Gelee Royale Kapseln", "Knoblauch Perlen", "Spezial Hefetabletten", "Spargel Light-Drops" beruhe teils auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung, teils sei das Verfahren mangelhaft geblieben, weil die beschwerdeführende Partei nicht darauf hingewiesen worden sei, daß (und welche) diese(r) Angaben über Antrag zugelassen werden könnten.
Soweit sich die Untersagung auf die Arzneimitteleigenschaft der davon betroffenen Produkte gründe, gingen die angefochtenen Bescheide lediglich davon aus, daß diese Produkte überhaupt Vitamine und Mineralstoffe enthielten, welche aufgrund der qualitativen und quantitativen Zusammensetzung pharmakologische Wirkungen erwarten ließen bzw. daß "Kieselerde Gelatinate" zufolge seines Vitamingehaltes mit der Einnahmeempfehlung den Tagesbedarf überschreite und daher als Arzneimittel einzustufen wäre. Dies sei falsch. Das Gutachten des Amtssachverständigen für Pharmazie bilde keine tragfähige Grundlage für die Untersagung, weil es jede Begründung dafür vermissen ließe, aufgrund welcher im Befund erhobener Tatsachen der Sachverständige zu seinem Schluß gekommen sei. Ohne konkrete Quantifizierung der jeweiligen Zusammensetzung könne nicht gesagt werden, daß es sich bei diesen Produkten um Arzneimittel handle.
Völlig übersehen habe die belangte Behörde, daß sich die beschwerdeführende Partei ausdrücklich auf die Verkehrsfähigkeit der Produkte als Nahrungsergänzungsmittel im EWR-Ursprungsland Deutschland berufen habe. Damit seien diese Produkte automatisch auch in Österreich verkehrsfähig, sofern dem keine gerechtfertigten Vorbehalte im Sinne des Art. 13 des EWR-Abkommens entgegenstünden. Die belangte Behörde hätte daher feststellen und begründen müssen, weshalb diese im EWR-Ursprungsland verkehrsfähigen Produkte im EWR-Mitgliedsstaat Österreich nicht verkehrsfähig sein sollten und aus welchen Gründen dies gerechtfertigt wäre.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach Art. 11 des zur Zeit der Erlassung der angefochtenen Bescheide in Geltung stehenden EWR-Abkommens, BGBl. Nr. 909/1993, sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Vertragsparteien verboten.
Nach Art. 13 des EWR-Abkommens stehen die Bestimmungen der Art. 11 und 12 Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Vertragsparteien darstellen.
Nach Art. 6 des EWR-Abkommens werden unbeschadet der künftigen Entwicklungen der Rechtsprechung die Bestimmungen dieses Abkommens, soweit sie mit den entsprechenden Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl sowie der aufgrund dieser beiden Verträge erlassenen Rechtsakte in ihrem wesentlichen Gehalt identisch sind, bei ihrer Durchführung und Anwendung im Einklang mit den einschlägigen Entscheidungen ausgelegt, die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens erlassen hat.
Die Art. 11 und 13 des EWR-Abkommens sind in ihrem wesentlichen Gehalt mit den Art. 30 und 36 EGV identisch.
Nach Art. 23 lit. a des EWR-Abkommens sind besondere Bestimmungen und besondere Regelungen für den freien Warenverkehr unter anderem im Anhang II festgelegt. Zu diesen besonderen Regelungen gehört auch die Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hiefür (ABl. Nr. L 33 vom 8. Februar 1979, S. 1) mit Änderungen (Abschnitt XII, Punkt 18 des Anhanges II zum EWR-Abkommen).
Die Etikettierungsrichtlinie (EtikettierungsRL) gilt ihrem Art. 1 Abs. 1 zufolge für die Etikettierung von Lebensmitteln, die ohne weitere Verarbeitung an den Endverbraucher abgegeben werden sollen, sowie für bestimmte Aspekte ihrer Aufmachung und der für sie durchgeführten Werbung.
Nach Art. 2 Abs. 1 lit. b der EtikettierungsRL dürfen die Etikettierung und die Art und Weise, in der sie erfolgt, vorbehaltlich der Gemeinschaftsvorschriften über natürliche Mineralwässer und über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, einem Lebensmittel nicht Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen lassen.
Die EtikettierungsRL gilt für Lebensmittel. Im Beschwerdefall geht es um Verzehrprodukte. Darunter sind nach § 3 LMG Stoffe zu verstehen, die dazu bestimmt sind, von Menschen gegessen, gekaut oder getrunken zu werden, ohne überwiegend Ernährungs- oder Genußzwecken zu dienen oder Arzneimittel zu sein. Verzehrprodukte sind nach österreichischem Recht keine Lebensmittel. Daraus folgt aber nicht, daß es sich auch nicht um Lebensmittel im Sinne des Art. 1 Abs. 1 der EtikettierungsRL handelt, da bei der Auslegung von Begriffen im Gemeinschaftsrecht grundsätzlich nicht von deren Beutung in den nationalen Rechtsordnungen auszugehen ist; für solche Begriffe gilt vielmehr der Grundsatz der "autonomen" Auslegung des Gemeinschaftsrechts (vgl. Potacs, Auslegung im öffentlichen Recht, S. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung des EuGH).
Die EtikettierungsRL enthält - ebenso wie das übrige Gemeinschaftsrecht - keine Definition des Begriffes "Lebensmittel" (vgl. Nentwich, Das Lebensmittelrecht der Europäischen Union, S. 202). Eine Antwort auf die Frage, ob Stoffe, die nach dem LMG als Verzehrprodukte einzustufen sind, als Lebensmittel im Sinne der EtikettierungsRL anzusehen sind, ergibt sich aus dem Regelungszweck der EtikettierungsRL (vgl. zur Bedeutung des Regelungszweckes zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts Potacs, a.a.O., S. 96 ff und die dort angeführte Rechtsprechung des EuGH). Nach der Präambel der EtikettierungsRL soll jede Regelung der Etikettierung von Lebensmitteln vor allem der Unterrichtung und dem Schutz der Verbraucher dienen.
Lebensmitteln und Verzehrprodukten ist nach dem LMG gemeinsam, daß es sich um Stoffe handelt, die dazu bestimmt sind, von Menschen gegessen, gekaut oder getrunken zu werden. Der Unterschied besteht darin, daß Lebensmittel dazu bestimmt sind, überwiegend zu Ernährungs- oder Genußzwecken gegessen, gekaut oder getrunken zu werden, während Verzehrprodukte nicht überwiegend diesen Zwecken dienen. Es gibt keinen Anhaltspunkt für die Annahme, Unterrichtung und Schutz der Verbraucher sei nur bei solchen Stoffen erforderlich, die überwiegend Ernährungs- oder Genußzwecken dienen, nicht aber bei solchen, bei denen dieser Zweck nicht im Vordergrund steht.
Nach § 9 Abs. 1 LMG ist es verboten, beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten oder Zusatzstoffen
a) sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jung erhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlank machende oder gesund erhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken;
b) auf Krankengeschichten, ärztliche Empfehlungen oder auf Gutachten hinzuweisen;
c) gesundheitsbezogene, bildliche oder stilisierte Darstellungen von Organen des menschlichen Körpers, Abbildungen von Angehörigen der Heilberufe oder von Kuranstalten oder sonstige auf Heiltätigkeiten hinweisende Abbildungen zu verwenden.
Diese Bestimmung stellt innerstaatlich die Umsetzung des Art. 2 Abs. 1 lit. b der EtikettierungsRL dar (vgl. Barfuß-Smolka-Onder, Lebensmittelrecht2, II, S. 4).
Da im Bereich gesundheitsbezogener Angaben bei Lebensmitteln sekundäres Gemeinschaftsrecht, nämlich die EtikettierungsRL, existiert, ist die Zulässigkeit des Inverkehrbringens von Lebensmitteln mit gesundheitsbezogenen Angaben an Hand dieser Richtlinie bzw. des ihre innerstaatliche Umsetzung darstellenden § 9 LMG zu beurteilen. Ob jene von der beschwerdeführenden Partei angemeldeten Produkte, deren Inverkehrbringen die belangte Behörde untersagt hat, weil sie verbotene gesundheitsbezogene Angaben aufweisen, in Deutschland zugelassen sind, ist für die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide ohne Belang. Entscheidend ist, ob diese Produkte gegen § 9 Abs. 1 LMG verstoßen.
Entscheidend dafür, ob eine gesundheitsbezogene Angabe vorliegt, ist die Verkehrsauffassung, also der Eindruck, der sich beim flüchtigen Lesen für einen nicht unbeträchtlichen Teil der Interessenten ergibt, wobei auch auf den Gesamteindruck der Mitteilung Bedacht zu nehmen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1992, Zl. 91/10/0239 u.v.a.).
Die Verpackungen der Produkte "Polarlachs-Öl Kapseln", "Gelatine Kapseln", "Spezial Hefetabletten", "Spargel Light-Drops" und "Bierhefe Bio-Tabletten" weisen Bezeichnungen wie "gesund", "gesundheitsbewußt", "gesundheitswichtig" und dergleichen auf und erweckt schon dadurch den Eindruck einer gesunderhaltenden Wirkung (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 30. September 1992, Zlen. 92/10/0095, 0112 u.a.).
Die Verpackung des Produktes "Knoblauch Perlen" weist einen ausdrücklichen Hinweis auf den Schutz vor Krankheiten auf.
Die Verpackung von "Weizenkeimöl Gelee Royale Kapseln"
enthält die Angaben "bei erhöhter Belastung" und "... in
besonderen Belastungssituationen". Mit Belastungssituationen können auch gesundheitliche Beeinträchtigungen verbunden sein. Die erwähnten Hinweise suggerieren einen vorteilhaften Einfluß von "Weizenkeimöl Gelee Royale Kapseln" auf die mit Belastungssituationen verbundenen nachteiligen Auswirkungen, zu denen auch gesundheitliche Schäden gehören können.
Die Verpackung zu "Kieselerde Calcium Gelatine Kautabletten" erweckt mit seinem Hinweis auf Calcium als essentiell wichtigen Bestandteil von Haut, Haaren, Nägeln, Zähnen, Knochen und Bindegewebe den Eindruck, der Konsum dieses Produktes diene der Verhinderung von Mangelerscheinungen bei bestimmten Körperbestandteilen.
Da die erwähnten Produkte verbotene gesundheitsbezogene Angaben aufwiesen, hat die belangte Behörde zu Recht das Inverkehrbringen untersagt.
Eine Verpflichtung der belangten Behörde, die beschwerdeführende Partei darauf hinzuweisen, daß bzw. welche der gesundheitsbezogenen Angaben allenfalls gemäß § 9 Abs. 3 LMG zugelassen werden könnten, bestand nicht.
Das Inverkehrbringen einer Reihe der von der beschwerdeführenden Partei angemeldeten Produkte hat die belangte Behörde gemäß § 18 Abs. 2 LMG mit der Begründung untersagt, es handle sich um Arzneimittel. Die beschwerdeführende Partei erblickt auch darin einen Verstoß gegen die Art. 11 und 13 des EWR-Abkommens.
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist vom Verbot der mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen sowie aller Maßnahmen gleicher Wirkung nach Art. 30 EGV - dem Art. 11 des EWR-Abkommens entspricht - jede Handelsregelung der Mitgliedsstaaten erfaßt, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel umittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern (Rs 8/74, Dassonville, EuGH Slg. 1974, S. 837, 852). Hemmnisse für den Binnenhandel der Gemeinschaft, die sich aus den Unterschieden der nationalen Regelungen über die Vermarktung von Erzeugnissen ergeben, müssen hingenommen werden, soweit diese Bestimmungen notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden, insbesondere den Erfordernissen einer wirksamen steuerlichen Kontrolle, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes (Rs 120/78, Cassis de Dijon, EuGH Slg. 1979, S. 649).
§ 18 LMG erlaubt das Inverkehrbringen von Lebensmitteln und Verzehrprodukten zu den dort genannten Bedingungen, nicht aber das Inverkehrbringen von Arzneimitteln und stellt dadurch sicher, daß Arzneimittel nur unter Beachtung der hiefür bestehenden besonderen Vorschriften in Verkehr gebracht werden. Die für Arzneimittel bestehenden besonderen Regelungen sollen sicherstellen, daß Arzneimittel nur in einer Art und Weise in Verkehr gebracht werden, die einen verläßlichen Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen sicherstellen. § 18 LMG dient daher zwingenden Erfordernissen der öffentlichen Gesundheit.
Die Arzneimitteleigenschaft der in Rede stehenden Produkte wurde vom Amtssachverständigen für Pharmazie vor allem mit deren hohen Anteil an Vitaminen und deren Auswirkungen begründet. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine nationale Regelung, nach der es verboten ist, Lebensmittel, denen Vitamine zugesetzt worden sind, ohne vorherige Genehmigung in Verkehr zu bringen, grundsätzlich zum Schutz der menschlichen Gesundheit gerechtfertigt (Rs 174/82, Sandoz-Vitamine, EuGH Slg. 1983, S. 2445). Die Untersagung des Inverkehrbringens von als Arzneimittel eingestuften Produkten in Anwendung des § 18 Abs. 2 LMG stellt daher keine Verletzung von EWR-Recht dar, auch wenn das betreffende Produkt in Deutschland frei in den Handel gebracht werden darf.
Die belangte Behörde hat die Einstufung der Produkte als Arzneimittel auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Pharmazie gestützt. Dieser kam zu dem Ergebnis, daß aufgrund der Zusammensetzungen der fraglichen Produkte mit einer objektiv-arzneilichen Wirkung im Sinne einer Prophylaxe oder Therapie von Vitamin- bzw. Mineralstoff-Mangelerscheinungen zu rechnen ist und daß diese Produkte nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als Arzneimittel und in der Folge als zulassungspflichtige Arzneispezialitäten zu beurteilen sind. Er hat dies auch begründet. Der beschwerdeführenden Partei wurde dieses Gutachten zur Kenntnis gebracht. Sie hat es verabsäumt, dazu Stellung zu nehmen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 304 angeführte Judikatur).
Nach § 18 Abs. 3 LMG sind mit der Anmeldung Warenmuster und jene Unterlagen vorzulegen, die eine Beurteilung im Sinne des Abs. 2 ermöglichen.
Der Amtssachverständige für Pharmazie hat in seinem Gutachten bemängelt, daß in bezug auf "Ananas Light-Drops" aus den vorgelegten Unterlagen nicht hervorgehe, ob das Produkt proteolytische Enzyme (wie Bromelin) enthalte. Für die Abgabe einer fachlichen Stellungnahme sei eine Angabe darüber erforderlich. Zutreffendenfalls sei auch der quantitative Gehalt anzugeben.
Bezüglich der "Kieselerde + Calcium Forte Kapseln" waren nach den Angaben des Amtssachverständigen zur Beurteilung genauere Angaben über die Spezifikation der zur Anwendung kommenden Kapselhülle (insbesondere Farbstoffe) erforderlich, welche der Anmeldung nicht beigelegt waren.
Die beschwerdeführende Partei wurde davon in Kenntnis gesetzt, daß noch Unterlagen erforderlich seien. Sie hat diese Unterlagen nicht nachgereicht. Sie hat im Verwaltungsverfahren auch nicht behauptet, diese Unterlagen seien nicht erforderlich. Diese erstmals in der Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde erhobene Behauptung stellt eine nach § 41 VwGG unbeachtliche Neuerung dar, da es sich bei der Frage, ob die vom Amtssachverständigen geforderten Unterlagen für eine fachliche Beurteilung erforderlich waren, nicht (allein) um eine Rechtsfrage, sondern (auch) um eine Sachfrage handelt.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich im Rahmen des von der belangten Behörde beantragten Betrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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