Normen
AVG §45 Abs2;
B-VG Art118 Abs2;
ForstG 1975 §1 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §3 Abs1;
AVG §45 Abs2;
B-VG Art118 Abs2;
ForstG 1975 §1 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §3 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 9. Juli 1992 beantragte die Beschwerdeführerin bei der Bezirkshauptmannschaft Villach die Erteilung einer Rodungsbewilligung für ihr Grundstück Nr. n1/16 KG V. Sie habe vor, in nächster Zeit das Baugrundstück zu veräußern oder selbst einen Bau zu errichten.
Die BH führte eine mündliche Verhandlung durch. Der Amtssachverständige für Forsttechnik legte dar, die zur Rodung beantragte Fläche von 1631 m2 grenze im Süden an einen Weg, im Westen und Osten an Bauflächen sowie im Norden an Waldflächen. Sie sei mit einem Waldbestand aus Fichte, Kiefer, Buche und sonstigen Laubhölzern der dritten Altersklasse bestockt. Der östlichste Teil der Parzelle sei mit einem Wohnhaus und einem Transformatorhäuschen bebaut. Die Fläche weise die Kennziffer 123 nach dem Waldentwicklungsplan auf. Die erhöhte Wohlfahrtsfunktion werde mit der Sicherung des Wasser- und Lufthaushaltes sowie der Klimaverbesserung durch die Wälder dieses Bereiches, die höchste Erholungsfunktion mit der Nähe zum Fremdenverkehrsgebiet V. begründet. Die Fläche sei Bestandteil eines ca. 2 ha großen Waldkomplexes. Der Vertreter des Bezirksbauamtes legte dar, bei der zur Rodung beantragten Fläche handle es sich um den südlichen Bereich eines markanten geschlossenen Waldkomplexes, der im Süden durch die öffentliche Verkehrsfläche begrenzt werde. Es handle sich um eine entlang der Verkehrsfläche steil nach Norden ansteigende Böschung, die in eine schmale Ebene übergehe und sodann gleichmäßig nach Norden zu den angrenzenden Feuchtflächen abfalle. Auf Grund der Geländeverhältnisse seien zum Zweck der Baulandbeschaffung in diesem Bereich umfangreiche Erdarbeiten erforderlich, die als unwirtschaftlich anzusehen seien. Nach dem Gemeindeplanungsgesetz seien lediglich jene Flächen als Bauland geeignet, für deren Erschließung und Aufschließung keine unwirtschaftlichen Aufwendungen erforderlich seien. Durch eine Rodung würde der südliche Teil des geschlossenen Waldkomplexes entfernt und die Abgrenzung von Bauland zu Waldflächen in den Bereich des nördlich vorbeiführenden Gerinnes verschoben. Der Vertreter der Marktgemeinde V. legte dar, das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Fläche als Wald überwiege. Es bestehe keine unmittelbare Bauabsicht.
Mit Bescheid vom 10. März 1993 wies die BH den Rodungsantrag ab. Begründend legte sie nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens dar, die zur Rodung beantragte Waldfläche sei im Flächenwidmungsplan als "Bauland-Kurgebiet" gewidmet. Dies spreche für das öffentliche Interesse an einer Bebauung dieser Fläche. Die Beschwerdeführerin habe aber weder im Antrag noch in der mündlichen Verhandlung "nähere Absichten einer Bauführung erhellt". Als Rodungszweck sei einerseits die geplante Veräußerung, andererseits die Absicht, später selbst ein Objekt zu errichten, genannt worden. Die Beschwerdeführerin habe der Äußerung des Vertreters der Marktgemeinde V., wonach keine begründete unmittelbare Bauabsicht gegeben sei, nicht widersprochen. Die Behörde könne daher eine Übereinstimmung des privaten Siedlungsinteresses mit dem öffentlichen Interesse des Siedlungswesens nicht erkennen. Selbst unter der Annahme eines öffentlichen Interesses des Siedlungswesens müsse die Behörde zur Beurteilung gelangen, daß das Walderhaltungsinteresse überwiege. Dem in Rede stehenden Wald komme eine mittlere Wohlfahrtsfunktion (Sicherung des Wasser- und Lufthaushaltes sowie der Klimaverbesserung) und eine hohe Erholungsfunktion (Fremdenverkehrsgebiet V.) zu. Im Zusammenhalt mit den angrenzenden Waldflächen stelle die Parzelle einen größeren geschlossenen Waldkomplex dar, der im besonderen Maße zur Ausübung der Erholungsfunktion beitrage. Mit dem Aufreißen des geschlossenen Waldkomplexes und der Verlagerung der Bauflächen in Richtung des nördlich vorbeiführenden Gerinnes würde eine ungünstige, das Landschaftsbild störende Abgrenzung erfolgen. In der KG V. liege die Bewaldung mit 28 % weit unter dem Bezirksdurchschnitt von 59,5 %.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Sie machte geltend, das Grundstück sei im Flächenwidmungsplan als Bauland-Kurgebiet ausgewiesen und werde vom Finanzamt als unbebautes Grundstück angesehen. Die Beschwerdeführerin habe die Abgaben für das Grundstück auf der Grundlage dieser Bewertung zu entrichten. Alle Aufschließungen seien vorhanden. Die Forstbehörde habe die Entfernung von Bäumen aufgetragen. Auf dem Grundstück sei eine Umspannstation errichtet worden. Sie habe 75 m2 Grund für eine Straßenverbreiterung abgetreten. Ein benachbartes Wohnhaus sei teilweise auf dem Grundstück errichtet worden.
Mit Bescheid vom 23. August 1993 wies der Landeshauptmann von Kärnten die Berufung ab. Nach Darstellung des Verfahrensganges wurde begründend dargelegt, die von der Beschwerdeführerin angeführten Berufungsgründe zeigten keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides auf.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den zuletzt erwähnten Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin ab. Begründend vertrat die belangte Behörde im wesentlichen die Auffassung, allenfalls auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin oder auf Nachbargrundstücken erfolgte Rodungen begründeten keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Rodungsbewilligung. Der von der Beschwerdeführerin angeführte Umstand, daß sie hohe Abgaben für das Grundstück zu leisten habe, sei nicht in die Interessenabwägung einzubeziehen. Es liege kein konkretes Rodungsprojekt vor; vielmehr habe die Beschwerdeführerin um Rodungsbewilligung für ein offenbar noch in ungewisser Zukunft liegendes Projekt angesucht. Ein mit dem öffentlichen Interesse in Einklang stehendes privates Interesse fehle, wenn gerodete Baugründe an Dritte verkauft werden sollten, oder das private Interesse in ungewisser Zukunft liege. Ein solcher Fall liege hier vor; schon auf Grund des Vorbringens im Antrag müsse davon ausgegangen werden, daß kein privates Siedlungsinteresse vorliege, das mit dem öffentlichen Interesse des Siedlungswesens in Einklang stehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde macht zunächst geltend, es lägen die Voraussetzungen für die - im Rodungsverfahren präjudizielle - Annahme, daß es sich beim fraglichen Grundstück um Wald im Sinne des § 1 ForstG handle, nicht vor. Die Behörde habe nämlich die durchschnittliche Breite des Grundstückes nicht festgestellt.
Damit wird keine Rechtswidrigkeit aufgezeigt. Nach § 1 Abs. 1 ForstG sind Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes mit Holzgewächsen der im Anhang angeführten Arten (forstlicher Bewuchs) bestockte Grundflächen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1000 m2 und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht. Das ForstG stellt somit auf den Begriff der "Grundfläche" ab (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 1994, Zl. 90/10/0064, und vom 19. Dezember 1994, Zl. 93/10/0076). Die belangte Behörde konnte von einem Sachverhalt ausgehen, wonach die zur Rodung beantragte Fläche Teil einer ca. 2 ha großen zusammenhängend bestockten Grundfläche sei. Angesichts eines Ausmaßes von ca. 2 ha und mangels Anhaltspunkten für einen ganz außergewöhnlichen Grundriß bestand für die Behörde kein Anlaß, eine durchschnittliche Breite der bestockten Fläche von weniger als 10 m für möglich zu halten und entsprechende Ermittlungen anzustellen. Dem ist hinzuzufügen, daß nach Ausweis des in den Verwaltungsakten enthaltenen maßstabgerechten Lageplanes schon allein das - einen Teil der zusammenhängend bestockten Fläche darstellende - Grundstück der Beschwerdeführerin an keiner Stelle weniger als 10 m breit ist. Selbst die Beschwerde enthält keine konkrete Behauptung des Inhaltes, daß die Bestockung eine durchschnittliche Breite von 10 m nicht erreiche.
Die Beschwerde macht weiters unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend, die belangte Behörde habe keine Feststellungen über die Gründe, die zur Baulandwidmung führten, getroffen. Entsprechende Erhebungen hätten zu der Feststellung geführt, daß ein eminentes Interesse der Allgemeinheit an der Schaffung von Siedlungsraum und der Erlangung von Bauplätzen bestehe, das das Interesse an der Erhaltung der verhältnismäßig kleinen bewaldeten Fläche überwiege.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein im Siedlungswesen begründetes öffentliches Interesse jedenfalls dann vor, wenn Grundflächen der Verwirklichung eines nach dem Flächenwidmungsplan zulässigen Bauvorhabens dienen sollen. Dieser Umstand vermag aber noch nicht das Überwiegen dieses öffentlichen Interesses gegenüber jenem an der Walderhaltung zu begründen. Selbst wenn nämlich die Rodungsfläche in einem bereits bestehenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde als Bauplatz ausgewiesen ist, bedeutet dies noch nicht, daß eine Verwirklichung dieser anderen Widmung entgegen dem Grundsatz der Walderhaltung auf jeden Fall zulässig wäre; es hat vielmehr die Forstbehörde festzustellen, ob die erforderliche Rodungsbewilligung auf Grund der forstrechtlichen Vorschriften als im öffentlichen Interesse gelegen zu erteilen ist. Die Verwirklichung der von der Gemeinde vorgesehenen anderen Verwendung einer Waldfläche ist in jedem Fall von der Entscheidung der Forstbehörde abhängig, die auf einer dem Gesetz entsprechenden Interessenabwägung beruhen muß (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 20. Jänner 1977, Slg. 9229/A, und zuletzt die Erkenntnisse vom 19. Dezember 1994, Zl. 94/10/0136, und vom 29. März 1995, Zl. 94/10/0130). Eine solche Interessenabwägung erfordert insbesondere die Feststellung der Tatsachen, die zur Festlegung der Baulandwidmung geführt haben. Von einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Rodung einer Waldfläche für Bauzwecke kann nicht die Rede sein, wenn in der Gemeinde eine ausreichende Baulandreserve auf Nichtwaldflächen vorhanden ist, die für eine Verbauung zur Verfügung steht (vgl. die Erkenntnisse vom 25. November 1991, Zl. 89/10/0037, vom 18. April 1994, Zl. 94/10/0007, und vom 19. Dezember 1994, Zl. 94/10/0136).
Im Beschwerdefall kann auf sich beruhen, ob der angefochtene Bescheid eine ausreichende Auseinandersetzung mit den Gründen, die zur Festlegung der Baulandwidmung geführt haben, einerseits und den für die Walderhaltung sprechenden Gründen andererseits enthält. Im Beschwerdefall konnte die Interessenabwägung nicht zugunsten der Rodung ausfallen, weil die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren kein den Rodungszweck verkörperndes konkretes Vorhaben bezeichnet hat, das im öffentlichen Interesse des Siedlungswesens gelegen wäre. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auch das Interesse eines Privaten, eine Grundfläche in Bauland umzuwandeln, als ein öffentliches Interesse zur Begründung eines Rodungsantrages geltend gemacht werden; dies allerdings nur dann, wenn das Privatinteresse als mit dem öffentlichen Interesse des Siedlungswesens in Einklang stehend angesehen werden kann, wenn es also mit dem Interesse der Allgemeinheit, die durch die Gemeinde als der Verköperung der örtlichen Gemeinschaft repräsentiert wird, zu vereinbaren ist (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Jänner 1977, Slg. 9229/A, und vom 31. Mai 1978, Slg. 9574/A). Ein privates Siedlungsinteresse fehlt, wenn die in Rede stehenden Grundflächen an Dritte verkauft werden sollen, private Siedlungszwecke in ungewisser Zukunft liegen oder Grundflächen, die nicht Wald sind, zur Verfügung stehen (vgl. die Erkenntnisse vom 29. Jänner 1985, Slg. 11656/A, und vom 25. September 1986, Zl. 83/07/0366).
Die Beschwerdeführerin nannte im Verwaltungsverfahren kein konkretes, mit dem öffentlichen Interesse des Siedlungswesens in Einklang stehendes Vorhaben; sie verwies lediglich auf ihre Absicht, das Grundstück "in nächster Zeit" zu verkaufen oder selbst einen Bau zu errichten. Schon auf der Grundlage dieses Antrages konnte die Behörde nicht von der Annahme ausgehen, die zur Rodung beantragte Grundfläche werde der Verwirklichung eines nach dem Flächenwidmungsplan zulässigen Bauvorhabens dienen. Die Interessenabwägung konnte somit nicht zugunsten der Rodung ausfallen; die geltend gemachte Rechtswidrigkeit liegt nicht vor.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.
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