Normen
AVG §38;
AVG §56;
VwRallg;
WRG 1959 1934;
WRG 1959 §4 Abs1;
WRG 1959 §4 Abs8;
WRG 1959 §4 Abs9;
WRG 1959 §98 Abs2;
WRG 1959 §98;
ZPO §190;
AVG §38;
AVG §56;
VwRallg;
WRG 1959 1934;
WRG 1959 §4 Abs1;
WRG 1959 §4 Abs8;
WRG 1959 §4 Abs9;
WRG 1959 §98 Abs2;
WRG 1959 §98;
ZPO §190;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom 14. Mai 1993 beantragten die Beschwerdeführer beim Landeshauptmann von Oberösterreich (LH) die bescheidmäßige Feststellung, daß eine näher bezeichnete Grundfläche, welche in den A.-See hineinrage, seit ihrer Aufschüttung im Jahre 1911 aus dem öffentlichen Wassergut ausgeschieden sei. Es handle sich bei diesem Antrag nicht um einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 4 Abs. 8 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959), sondern eines Feststellungsbescheides sui generis. Die fragliche Grundfläche sei 1911 in die A.-See-Parzelle n1 aufgeschüttet worden, nachdem diese Aufschüttung mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 24. April 1911 genehmigt worden sei. Die Beschwerdeführer hätten ein rechtliches Interesse an der Erlassung eines solchen Feststellungsbescheides; dieser sei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, weil ihnen seitens der Republik Österreich das Eigentum an dieser Fläche streitig gemacht werde. Die Beschwerdeführer seien aber der Meinung, Eigentümer der Grundfläche zu sein. Die Bewilligung vom 24. April 1911 sei von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden erst erteilt worden, nachdem L.L. die Fläche käuflich erworben habe; dies ergebe sich aus dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft vom 24. Oktober 1910, in welchem diese mitteile, daß eine wasserrechtliche Bewilligung der Seeanschüttung erst nach dem Abschluß eines Kaufvertrages erfolgen könne. Auch wenn der diesbezügliche Kaufvertrag nicht mehr aufgefunden werden könne, ergebe sich doch aus dem Schreiben vom 24. Oktober 1910 und dem Bescheid vom 24. April 1911, daß L.L. die Grundfläche spätestens im Frühjahr 1911 käuflich erworben habe, da sonst das Bewilligungsverfahren nicht eingeleitet und abgeschlossen worden wäre. Selbst wenn in einem allfälligen Gerichtsverfahren die ordentlichen Gerichte sich dieser Auffassung nicht anschließen sollten, hätten die Beschwerdeführer die Fläche ersessen; dies trotz der Tatsache, daß seit dem Inkrafttreten des Wasserrechtsgesetzes 1934 die Ersitzung an öffentlichem Wassergut nicht mehr möglich sei. Die aufgeschüttete Fläche sei seit 1911 für die mit der Widmung als öffentliches Wassergut verbundenen Zwecke dauernd entbehrlich und insofern seit diesem Zeitpunkt aus dem öffentlichen Wassergut ausgeschieden. Damit sei aber auch eine Fortsetzung der Ersitzung nach dem Inkrafttreten des Wasserrechtsgesetzes 1934 möglich und es sei daher die Grundfläche spätestens 1941 ersessen worden. Es werde aber vom LH keine Entscheidung über das Eigentum an der Grundfläche begehrt, sondern die Feststellung, daß diese seit 1911 aus dem öffentlichen Wassergut ausgeschieden sei. Diese Frage sei eine Vorfrage für die von den ordentlichen Gerichten zu lösende Eigentumsfrage.
Nachdem der LH den Beschwerdeführern mitgeteilt hatte, er beabsichtige den Feststellungsantrag abzuweisen, stellten die Beschwerdeführer zusätzlich den Eventualantrag, der LH möge feststellen, die im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 24. April 1911 bezeichnete Fläche sei für die mit der Widmung als öffentliches Wassergut verbundenen Zwecke seit dem Inkrafttreten des Wasserrechtsgesetzes 1934 dauernd entbehrlich und daher niemals öffentliches Wassergut gewesen.
Mit Bescheid vom 16. November 1993 wies der LH unter Berufung auf die §§ 56 und 58 AVG sowie das Reichswasserrechtsgesetz 1869 und das Oberösterreichische Landeswasserrechtsgesetz 1870 unter Spruchabschnitt I den Antrag der Beschwerdeführer auf Feststellung, daß die im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 24. April 1911 eingezeichnete Fläche im Jahr 1911 aus dem öffentlichen Wassergut ausgeschieden ist, ab. Gleichzeitig wurde festgestellt, daß die genannte Fläche im Jahre 1911 nicht aus dem öffentlichen Wassergut ausgeschieden ist.
Unter Spruchabschnitt II wies der LH den Eventualantrag der Beschwerdeführer auf Feststellung, daß die im Spruchabschnitt I bezeichnete Fläche für die mit der Widmung als öffentliches Wassergut verbundenen Zwecke seit dem Inkrafttreten des Wasserrechtsgesetzes 1934 dauernd entbehrlich und daher niemals öffentliches Wassergut war bzw. ist, ab. Gleichzeitig wurde festgestellt, daß die genannte Fläche derzeit öffentliches Wassergut ist.
In der Begründung heißt es, die umstrittene Teilfläche der A-Seeparzelle n1, KG W., sei durch eine im Jahr 1911 mit wasserrechtlicher Bewilligung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden errichtete Seeanschüttung entstanden. Seit dem Jahr 1918 werde diese Fläche von den Beschwerdeführern bzw. deren Rechtsvorgängern benutzt. Grundbücherliche Eigentümerin sei jedoch nach wie vor die Republik Österreich.
Hinsichtlich der rechtlichen Zulässigkeit des begehrten Feststellungsbescheides folge die Wasserrechtsbehörde der Begründung der Beschwerdeführer. Die Frage, ob es sich bei der Grundfläche um öffentliches Wassergut handle, sei tatsächlich die wesentliche Vorfrage für die Entscheidung eines Zivilgerichtes darüber, ob eine Ersitzung an der Grundfläche möglich gewesen sei. Im Licht der von den Beschwerdeführern zitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, nach der ein in den Verwaltungsgesetzen nicht vorgesehener Feststellungsbescheid dann zulässig sei, wenn das Feststellungsverfahren das verwaltungsrechtliche Kernstück eines Zivilprozesses bilde und das Gerichtsverfahren durch die Feststellung der Verwaltungsbehörde kürzer und verläßlicher gestaltet werden könne, erscheine eine inhaltliche Entscheidung über den Feststellungsantrag als zulässig. Im übrigen bestehe auch ein öffentliches Interesse an der Klärung der von den Beschwerdeführern aufgeworfenen Frage, da, wie aus einem von den Beschwerdeführern vorgelegten Urteil des Kreisgerichtes Wels hervorgehe, die Zivilgerichte in vergleichbaren Verfahren bereits zu einer anderen Beurteilung als nunmehr die zuständige Wasserrechtsbehörde gekommen seien.
Auszugehen sei von der Rechtslage im Jahr 1911. Damals habe das Reichswasserrechtsgesetz 1869 bzw. das im wesentlichen gleichlautende Oberösterreichische Landeswasserrechtsgesetz 1870 gegolten. Diese Gesetze hätten keine dem § 4 des Wasserrechtsgesetzes 1934 entsprechende Bestimmung enthalten. Sie hätten weder den Begriff "öffentliches Wassergut" noch eine "Ausscheidung aus dem öffentlichen Wassergut" gekannt. Im Jahr 1911 sei der A.-See öffentliches Gewässer bzw. öffentliches Gut gewesen, ohne mit den im Jahr 1934 durch das Wasserrechtsgesetz 1934 eingeführten Beschränkungen für öffentliches Wassergut belegt zu sein. Erst mit dem Wasserrechtsgesetz 1934 sei das Erfordernis einer Ausscheidung aus dem öffentlichen Wassergut vor einer Veräußerung von zum öffentlichen Wassergut gehörenden Liegenschaften eingeführt und der Eigentumserwerb an öffentlichem Wassergut durch Ersitzung ausgeschlossen worden. Es sei daher schon begrifflich unmöglich, eine Feststellung in der von den Beschwerdeführern beantragten Form zu treffen. Da die bezeichnete Grundfläche 1911 nicht öffentliches Wassergut gewesen sei, könne sie durch die erteilte wasserrechtliche Bewilligung für die Seeanschüttung auch nicht aus dem öffentlichen Wassergut ausgeschieden sein.
Was den Eventualantrag betreffe, gingen die Beschwerdeführer von der falschen Annahme aus, die Beurteilung der Frage, ob ein Grundstück zum öffentlichen Wassergut gehöre, habe sich danach zu richten, ob die Fläche für die mit der Widmung als öffentliches Wassergut verbundenen Zwecke dauernd entbehrlich sei. Die dauernde Entbehrlichkeit sei Grundvoraussetzung für eine Ausscheidung aus dem öffentlichen Wassergut. Diese Frage habe jedoch keine Relevanz für die Qualifikation einer Grundfläche als öffentliches Wassergut. Eine Fläche sei dann öffentliches Wassergut, wenn der Bund als Eigentümer der Grundfläche in den öffentlichen Büchern eingetragen sei und es sich um ein verlassenes oder wasserführendes Bett eines öffentlichen Gewässers handle. Diese Voraussetzungen träfen für die gegenständliche Seeanschüttung zu. Die Fläche habe vor Errichtung der Anschüttung im Jahr 1911 zum Bett des A.-Sees gehört und sei somit noch immer als dessen verlassenes Bett anzusehen. Im Grundstückskataster sei sie auch noch Teil der A.-See-Parzelle Nr. n1, deren Eigentümer die Republik Österreich sei. Die Fläche sei daher nach wie vor als öffentliches Wassergut anzusehen.
Die Beschwerdeführer beriefen.
Mit Bescheid vom 4. November 1994 wies die belangte Behörde
die Berufung ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer wiederholen im wesentlichen die Argumente, die sie im Verwaltungsverfahren, insbesondere in ihren Feststellungsanträgen, erstattet haben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 4 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) sind wasserführende und verlassene Bette öffentlicher Gewässer sowie deren Hochwasserabflußgebiet (§ 38) öffentliches Wassergut, wenn der Bund als Eigentümer in den öffentlichen Büchern eingetragen ist. Sie gelten aber bis zum Beweis des Gegenteiles auch dann als öffentliches Wassergut, wenn sie wegen ihrer Eigenschaft als öffentliches Gut in kein öffentliches Buch aufgenommen sind oder in den öffentlichen Büchern ihre Eigenschaft als öffentliches Gut zwar ersichtlich gemacht (§ 12 des Allgemeinen Grundbuchsanlegungsgesetzes, BGBl. Nr. 2/1930), aber kein Eigentümer eingetragen ist.
Nach § 4 Abs. 8 leg. cit. ist bei den zum öffentlichen Wassergut gehörenden Liegenschaften unbeschadet der für die Veräußerung oder Belastung von unbeweglichem Bundesvermögen geltenden Vorschriften bei sonstiger Nichtigkeit des Rechtsaktes
- die Übertragung des Eigentums erst nach bescheidmäßiger Feststellung der dauernden Entbehrlichkeit für die mit der Widmung als öffentliches Wassergut verbundenen Zwecke (Ausscheidung),
- die Einräumung eines anderen dinglichen Rechtes erst nach bescheidmäßiger Feststellung, daß hiedurch keine Beeinträchtigung der Widmungszwecke (Abs. 2) eintritt, zulässig.
Nach § 4 Abs. 9 WRG 1959 sind Feststellungsbescheide nach Abs. 8 vom Landeshauptmann zu erlassen.
Die Beschwerdeführer begehrten ausdrücklich keine Feststellung im Sinne des § 4 Abs. 8 WRG 1959, sondern die Feststellung, daß die umstrittene Fläche bereits 1911 aus dem öffentlichen Wassergut ausgeschieden worden sei, in eventu, daß diese Fläche bereits seit dem Inkrafttreten des Wasserrechtsgesetzes 1934 für die mit der Widmung als öffentliches Wassergut verbundenen Zwecke dauernd entbehrlich und daher niemals öffentliches Wassergut gewesen sei.
Solche Feststellungsbescheide sind im WRG 1959 nicht vorgesehen. Ihre Zulässigkeit hängt daher davon ab, ob für ihre Erlassung ein im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei begründeter Anlaß dazu gegeben ist (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 397 f wiedergegebene Judikatur).
Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor:
Der Antrag der Beschwerdeführer auf Erlassung der Feststellungsbescheide zielt - mittelbar - darauf ab, einen von ihnen behaupteten Eigentumsanspruch an der in Rede stehenden Fläche und die Eintragung ihres Eigentumsrechtes im Grundbuch durchzusetzen. Dieser Anspruch ist auf gerichtlichem Weg geltend zu machen. Eine Mitwirkung der Wasserrechtsbehörde bei Eigentumsübertragungen ist nur für Liegenschaften vorgesehen, die öffentliches Wassergut sind. Im Beschwerdefall ist aber (auch) die Frage strittig, ob überhaupt öffentliches Wassergut vorliegt. Diese Frage ist im vorliegenden Zusammenhang im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens über das Eigentum an der streitgegenständlichen Fläche sowie über die Verbücherung dieses Eigentums vom Gericht zu beantworten (vgl. etwa OGH SZ 31/146 u.a.). Ob die Fläche öffentliches Wassergut ist oder nicht, ist dabei für das Gericht keine (bloße) Vorfrage. Vorfrage ist eine für die Entscheidung des Gerichtes oder der Verwaltungsbehörde präjudizielle Rechtsfrage, über die als Hauptfrage von Verwaltungsbehörden zu entscheiden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1981, Slg. N.F. 10383/A; weiters Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen II, 901, Anm. 4 zu § 190 ZPO). Nun sieht aber das WRG 1959 keine Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde vor, in einem eigenen Verfahren darüber zu entscheiden, ob eine Fläche öffentliches Wassergut ist oder nicht. Die Wasserrechtsbehörde kann zwar im Rahmen wasserrechtlicher Verfahren in die Lage kommen, diese Frage beurteilen zu müssen; dies etwa dann, wenn von einem zur wasserrechtlichen Bewilligung beantragten Vorhaben Flächen berührt werden, bei denen eine Eigenschaft als öffentliches Wassergut in Betracht kommt, da das WRG 1959 mit der Einstufung von Flächen als öffentliches Wassergut besondere rechtliche Konsequenzen verbindet. Diese Verfahren sind aber nicht darauf gerichtet, eine Feststellung über das Vorliegen von öffentlichem Wassergut zu treffen. Das gilt insbesondere auch für § 4 Abs. 8 und 9 WRG 1959. Diese Bestimmungen berufen die Wasserrechtsbehörde nicht zur Feststellung, ob öffentliches Wassergut vorliegt oder nicht, sondern vielmehr zur Feststellung der dauernden Entbehrlichkeit der betreffenden Fläche für die mit der Widmung als öffentliches Wassergut verbundenen Zwecke (Ausscheidung) bzw. zur Feststellung, daß keine Beeinträchtigung der Widmungszwecke eintritt. Diese Feststellung setzt voraus, daß öffentliches Wassergut vorliegt. Im Rahmen dieses Verfahrens ist daher auch die Eigenschaft der betreffenden Fläche als öffentliches Wassergut zu prüfen; Inhalt des Feststellungsbescheides nach § 4 Abs. 8 WRG 1959 ist aber nicht eine Feststellung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen von öffentlichem Wassergut.
Da über die Eigenschaft der in Rede stehenden Flächen als öffentliches Wassergut im vorliegenden Zusammenhang vom Gericht zu entscheiden ist, fehlte es an der Zulässigkeit der Erlassung des Feststellungsbescheides.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich im Rahmen des gestellten Anspruches auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Beschwerde war lediglich in zweifacher Ausfertigung vorzulegen, weshalb auch nur für zwei Ausfertigungen Stempelgebührenersatz zuerkannt werden konnte. Das Mehrbegehren war daher abzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)