Normen
BauO Wr §129b Abs2 idF 1976/018;
BauO Wr §129b idF 1993/049;
BauO Wr §135 Abs1 idF 1992/048;
BauO Wr §135 Abs3 idF 1956/028;
BauO Wr §60 Abs1 lita idF 1992/034;
BauO Wr §60 Abs1 litc idF 1976/018;
BauRallg;
BauO Wr §129b Abs2 idF 1976/018;
BauO Wr §129b idF 1993/049;
BauO Wr §135 Abs1 idF 1992/048;
BauO Wr §135 Abs3 idF 1956/028;
BauO Wr §60 Abs1 lita idF 1992/034;
BauO Wr §60 Abs1 litc idF 1976/018;
BauRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 10. Jänner 1994 wurde der Beschwerdeführer wegen Übertretung der §§ 60 Abs. 1 lit. a und c in Verbindung mit § 135 Abs. 1 Bauordnung für Wien zu einer Geldstrafe von S 80.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzarreststrafe von 10 Tagen, verurteilt. Dem Beschwerdeführer wurde folgende Verwaltungsübertretung angelastet:
"Sie haben als Bauherr und als Eigentümer der Liegenschaft Wien, G-Gasse 29 zu verantworten, daß auf dieser Liegenschaft am 14. Oktober 1993 folgende bauliche Herstellungen durchgeführt wurden ohne vor Beginn der Bauführung eine Baubewilligung erwirkt zu haben:
Es wurden im Dachboden des Vordergebäudes im hofseitigen Bereich Innenwände (Holzgerüst aus 5/8 cm Staffeln, Gipskartonbeplankung) errichtet, eine neue horizontale Zwischendecke (Holzpfosten 5/20 cm mit Gipskartonbeplankung) eingezogen und die bestehenden Dachschrägen mit Gipskartonplatten beplankt."
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Gemäß § 60 Abs. 1 lit. a und c Bauordnung für Wien sei für Neu-, Zu-, und Umbauten, soweit nicht § 62 leg. cit. zur Anwendung komme, sowie bei Änderungen und Instandsetzungen von Gebäuden vor Baubeginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken. Übertretungen der Wiener Bauordnung seien gemäß § 135 Abs. 1 leg. cit. mit einer Geldstrafe bis zu S 300.000,-- zu bestrafen. Gemäß § 129b Abs. 2 leg. cit. hafte der Eigentümer der Behörde gegenüber für alle diesem Gesetz widersprechenden Zustände auf seiner Liegenschaft, die von einer dritten Person mit oder ohne seine Zustimmung hervorgerufen worden seien, neben dieser. Demnach habe in erster Linie der Eigentümer der Liegenschaften dafür einzustehen, daß sich Baulichkeiten auf seiner Liegenschaft im bauordnungsgemäßen Zustand befänden und bei Bauführungen alle Bestimmungen der Bauordnung eingehalten würden. Der Beschwerdeführer sei unbestrittenermaßen der Eigentümer der Liegenschaft. Es treffe ihn daher die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die Nichteinhaltung der Bestimmungen der Bauordnung für Wien. Der bloße Hinweis, er sei nicht Bauwerber, könne ihn von seiner Verantwortlichkeit nicht befreien. Der angefochtene Bescheid enthält weiters noch Ausführungen zur Strafbemessung.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich insbesondere im Recht verletzt, "nicht wegen §§ 60 Abs. 1 lit. a und c in Verbindung mit § 135 Abs. 1 der Wiener Bauordnung schuldig erkannt und bestraft zu werden".
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und
für den Fall der Abweisung Kostenersatz beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 60 Abs. 1 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 34/1992, ist u.a. für Umbauten, soweit nicht § 62 zur Anwendung kommt, vor Beginn die Bewilligung der Baubehörde zu erwirken. Unter Umbau sind jene Änderungen eines Gebäudes zu verstehen, durch welche die Raumeinteilung oder die Raumwidmungen so geändert werden, daß nach Durchführung der Änderungen das Gebäude als ein anderes anzusehen ist. Ein Umbau liegt auch dann vor, wenn solche Änderungen selbst nur ein einzelnes Geschoß betreffen. Gemäß § 60 Abs. 1 lit. c Bauordnung für Wien in der Stammfassung sind auch folgende Änderungen oder Instandsetzungen von Gebäuden und baulichen Anlagen, soweit nicht § 62 zur Anwendung kommt, vor Beginn durch die Baubehörde zu bewilligen:
"c) Änderungen oder Instandsetzungen von Gebäuden und baulichen Anlagen, wenn diese von Einfluß auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektiv öffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage; ..."
Gemäß § 135 Abs. 1 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 48/1992, werden Übertretungen der Bauordnung für Wien und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geld bis zu S 300.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen bestraft. Gemäß § 129b Abs. 2 Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1976 haftet der Eigentümer (jeder Miteigentümer) einer Liegenschaft der Behörde gegenüber für alle diesem Gesetz widersprechenden Zustände auf seiner Liegenschaft, die von einer dritten Person mit oder ohne seine Zustimmung hervorgerufen worden sind, neben dieser.
Der Beschwerdeführer ist im Recht, wenn er rügt, daß Täter einer eigenmächtigen Bauführung, wie sie von der belangten Behörde angenommen wurde, ausschließlich der Bauwerber (Bauherr) sein kann. Eine eigenmächtige Bauführung liegt vor, wenn ein bewilligungspflichtiger Bau ohne Baubewilligung ausgeführt wird. Täter einer eigenmächtigen Bauführung ist der Bauherr, also derjenige, über dessen Auftrag und für dessen Rechnung der Bau ausgeführt wird (vgl. Geuder - Hauer, Wiener Bauvorschriften, Anm. 5 zu § 135 Bauordnung für Wien). Im hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1991, Zl. 91/05/0048, sah der Verwaltungsgerichtshof bei einer begonnenen Bauführung ohne Baubewilligung die (dort festgestellte) Eigenschaft des Beschwerdeführers, der auch Eigentümer des Grundstückes war, als Bauherr als maßgeblich an (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1947, Slg. Nr. 185/A). Die im vorliegenden Fall bereits von der Strafbehörde erster Instanz festgestellte Bauherreneigenschaft wurde in der Berufung auch ausdrücklich bekämpft. Die belangte Behörde hat allein aus der Haftung des Beschwerdeführers als Eigentümer gemäß § 129b Abs. 2 leg. cit. abgeleitet, daß die Bestrafung des Beschwerdeführers als "Bauherr" zu Recht erfolgt sei. Aus § 129b Bauordnung für Wien kann - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - jedoch keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit abgeleitet werden. Diese Bestimmung spricht lediglich von einer Haftung des Eigentümers unter bestimmten Voraussetzungen für alle dem Gesetz widersprechenden Zustände auf seiner Liegenschaft. Der Ausdruck "Haftung" kann nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht in dem Sinne verstanden werden, daß er auch eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit begründet. Auch verbietet das Gebot einer restriktiven Auslegung von Normen im Hinblick auf einen möglichen verwaltungsstrafrechtlichen Gehalt eine solche Auslegung. Dies wird auch im Rahmen einer systematischen Interpretation des § 129b Abs. 2 und § 135 Abs. 3 leg. cit. bestätigt. Die Bauordnung für Wien ordnet nämlich in § 135 Abs. 3 leg. cit. eine solche verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit einer Person ausdrücklich an und wählt dafür die ganz andere Diktion, daß, "wer die Verwaltung eines Gebäudes ausübt, ... für Verletzungen der dem Eigentümer durch dieses Gesetz oder eine dazu erlassene Verordnung auferlegten Pflichten an dessen Stelle verantwortlich ist, wenn die Tat ohne Veranlassung und Vorwissen des Eigentümers begangen wurde".
Die belangte Behörde hat daher auch - ausgehend von dieser falschen Rechtsauffassung - keine Ermittlungen darüber gepflogen und sich auch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Beschwerdeführer Bauherr des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens war und den angefochtenen Bescheid auch insoweit mit einer Rechtswidrigkeit belastet.
Im Hinblick auf dieses Ergebnis war auf die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gründe gegen die Strafbemessung nicht mehr einzugehen.
Im Hinblick auf die der aufgezeigten Verletzung von Verfahrensvorschriften zugrundeliegende Verkennung der Rechtslage war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des konkret gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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