VwGH 94/02/0140

VwGH94/02/014024.6.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 12. Jänner 1994, Zl. UVS-03/18/03620/93, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs2;
VStG §22 Abs1;
AVG §45 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs2;
VStG §22 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges mit Note der Bundespolizeidirektion Wien, Strafamt, vom 15. Februar 1993 gemäß 103 Abs. 2 KFG 1967 aufgefordert, innerhalb einer bestimmten Frist bekanntzugeben, wer das Kraftfahrzeug am 21. Jänner 1993 um 20.20 Uhr bis 20.44 Uhr an einem näher bezeichneten Ort in einer "Taxizone" abgestellt gehabt habe.

Mit Schreiben vom 2. März 1993 benannte er eine Person mit Wohnort in "Sundhoffen", Frankreich. Die Behörde richtete mit Note vom 3. März 1993 an die Person ein Ersuchen um Bekanntgabe, ob sie der Lenker des Kraftfahrzeuges zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt gewesen sei; als Wohnort gab sie "Sandhofen" an. Der diese Sendung betreffende Zustellversuch fand dessen ungeachtet in Sundhoffen statt; die Sendung wurde mit dem Vermerk "Non reclame" an die Behörde zurückgeleitet.

Daraufhin erging an den Beschwerdeführer eine "Verfahrensanordnung" der Erstbehörde (Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Landstraße) vom 14. Mai 1993, mit der er aufgefordert wurde, "als geeignetes Beweismittel dafür, daß nicht Sie, sondern die namhaft gemachte Person Ihr Kraftfahrzeug gelenkt hat, eine notariell oder gerichtlich beglaubigte Erklärung des angeführten Lenkers vorzulegen, einschließlich vollständiger Führerscheindaten des angeblichen Lenkers. Als weiteres geeignetes Beweismittel wäre auch eine polizeiliche An- oder Abmeldung des Fremden, bei einer Hotelnächtigung ein Auszug aus dem Fremdenbuch zulässig. Schließlich können inländische Personen namhaft gemacht werden, die vom Aufenthalt und der Kraftfahrzeuglenkung dieser Person wissen, deren zeugenschaftliche Vernehmung sodann von hieramts veranlaßt werden wird".

Diese Aufforderung beantwortete der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 3. Juni 1993 dahingehend, daß ihn nach der Angabe von Name und Anschrift des Lenkers keine weitere Verpflichtung treffe (in diesem Schreiben bezeichnete er den Wohnort der angegebenen Person mit "Sandhofen"; in weiteren Eingaben im Verwaltungsstrafverfahren lautete die Ortsangabe "Sundhoffen" bzw. "Sundhofen").

Mit Strafverfügung der Erstbehörde vom 14. Juni 1993 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, es als Zulassungsbesitzer des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges unterlassen zu haben, der Behörde darüber Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug an dem gegenständlichen Ort abgestellt habe, sodaß es dort am 21. Jänner 1993 von 20.20 Uhr bis 20.44 Uhr gestanden sei, "da Sie einen ausländischen Lenker bekanntgegeben haben und der Behörde innerhalb der gesetzten Frist keine Beweise für dessen Anwesenheit in Österreich bzw. das Verwenden des Kraftfahrzeuges durch diese Person erbracht haben". Über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Infolge rechtzeitiger Erhebung eines Einspruchs erging nach Gewährung des Parteiengehörs das Straferkenntnis der Erstbehörde vom 2. November 1993 mit einem der Strafverfügung wörtlich gleichen Spruch.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die gegen das

Straferkenntnis vom 2. November 1993 erhobene Berufung

abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt,

daß die Tatumschreibung zu lauten habe, der Beschwerdeführer

habe es "als Zulassungsbesitzer des KFZ ... unterlassen, der

Behörde auf ihr schriftliches Verlangen ... darüber Auskunft zu

erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug in ... abgestellt hat, sodaß

es dort am 21.3.1993 von 20.20 Uhr bis 20.44 Uhr gestanden ist".

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß die Angabe der Tatzeit der der Lenkeranfrage vom 15. Februar 1993 zugrundeliegenden Verwaltungsübertretung im Spruch des angefochtenen Bescheides mit "21. März 1993" - wie sich aus dem Datum der Anfrage und dem ihrer Beantwortung (2. März 1993) ergibt - ganz offensichtlich auf einen Schreibfehler der belangten Behörde zurückgeht. Der Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten gibt auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß es eine auf diesen Zeitpunkt bezogene Anfrage überhaupt gegeben hätte. Der genannte Umstand vermag daher keine die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach sich ziehende Rechtswidrigkeit zu bewirken.

1. Die belangte Behörde vertritt die Ansicht, daß die Auskunft des Beschwerdeführers vom 2. März 1993 unrichtig war. Sie begründete dies damit, daß der Beschwerdeführer den Namen der Gemeinde, in der der angebliche Lenker wohnhaft sei, in drei verschiedenen Versionen (Sundhoffen, Sundhofen und Sandhofen) angegeben habe. Er sei sich daher selbst über diesen Umstand im unklaren.

Diese Annahme ist nicht schlüssig. Die in der Auskunft vom 2. März 1993 angegebene Bezeichnung lautet auf Sundhoffen. Einen solchen Ort gibt es - wie sich aus den postalischen Vorgängen, insbesondere den französischen Poststempeln - ergibt, tatsächlich. Die Rücksendung an die Behörde mit dem Vermerk "Non reclame" (= nicht behoben) sagt nichts darüber aus, ob es den Empfänger (an der angegebenen Anschrift) gibt oder nicht. Wenn der Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens den Namen der Ortsgemeinde unrichtig wiedergegeben hat - ein Fehler, der der belangten Behörde selbst unterlaufen ist -, so läßt dies nicht zwingend darauf schließen, der in der Auskunft genannte Ortsname sei unzutreffend. Dies stellt eine die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach sich ziehende Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG dar.

2. Für das fortzusetzende Verfahren sei angemerkt, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 18. Oktober 1989, Zl. 89/02/0105) die Erteilung einer unrichtigen Auskunft der gänzlichen Unterlassung gleichkommt. Das nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 strafbare Verhalten liegt darin, daß der befragte Zulassungsbesitzer (innerhalb der gesetzten Frist) keine richtige Auskunft erteilt hat. Bei der Erteilung einer unrichtigen und bei der Unterlassung jeglicher Auskunft handelt es sich nicht um zwei verschiedene und voneinander zu unterscheidende Verwaltungsübertretungen.

3. Der Beschwerdeführer irrt auch, wenn er die Auffassung vertritt, er sei nicht verpflichtet, die Existenz des angegebenen Lenkers mit Wohnsitz im Ausland sowie den Umstand, daß dieser sich zum fraglichen Zeitpunkt in Österreich aufgehalten habe, glaubhaft zu machen. Die diesbezügliche Vorgangsweise der Erstbehörde nach Bekanntwerden des Scheiterns des Versuches, mit dem angegebenen Lenker im Ausland in Verbindung zu treten, entspricht ebenfalls der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Juni 1991, Slg. Nr. 13452/A). Die grundlose Verweigerung der Mitwirkung der Herstellung eines Kontaktes zwischen der Behörde und dem angegebenen Lenker berechtigt in der Regel zur Annahme, die erteilte Lenkerauskunft sei unrichtig (vgl. das Erkenntnis vom 19. April 1989, Zl. 88/02/0210).

4. Der angefochtene Bescheid war aus dem zu Punkt 1. genannten Grund aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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